Mikros, Arbeitsplatzrechner, Workstations:

Der Vertrieb sucht nach neuen Profilen

26.10.1984

Der Mikrocomputer das "enfant terrible" der DV-Branche, gewinnt an Akzeptanz in der deutschen Wirtschaft. Die Möglichkeiten seines multifunktionalen Leistungsbildes erlangen zunehmend Aufmerksamkeit in allen Wirtschaftsbereichen. Da sich die Anforderungen für den Mikroeinsatz in kleineren Betrieben wesentlich von denen der Großanwender unterscheiden, ist der Vertrieb aufgefordert, seine Leistungen entsprechend anzupassen.

Kleine Handwerksbetriebe haben die Entlastungschancen bei routinisierten Büroangelegenheiten erkannt. Mittlere und große Betriebe sehen, daß eine lokale Intelligenzerhöhung mittels Arbeitsplatzcomputer für bestimmte Tätigkeitsbilder eine Flexibilität und Nutzbarkeit bietet, die dem Zugriff auf zentrale Rechnerkapazitäten häufig überlegen ist.

Obwohl von einem Boom im Absatz dieser Mikrocomputer für die Bundesrepublik bislang keine Rede sein kann, muß konstatiert werden, daß zu Beginn dieses Jahres die Nachfrage lebhafter wurde und für 1984 insgesamt mit einer relativ kräftigen Marktentwicklung gerechnet werden kann. Die zunehmende Funktionserweiterung von Arbeitsplatzrechnern und deren Anpassung an spezifische Tätigkeitsmuster bietet die idealen Voraussetzungen, maßgeschneiderte multifunktionale Workstations bereitzustellen.

Ein Zusammenwachsen der verschiedenen technisch gegebenen Kommunikationsmöglichkeiten ist absehbar und wird bereits ansatzweise praktiziert. Telekommunikation, Textverarbeitung und Sachbearbeitung können integriert an einem Gerät abgewickelt werden. Leistungsfähige lokale Netzwerke und die Verknüpfung zu einem zukünftigen ISDN (Integrated Service Digital Network) der Bundespost sind weitere technologische Akzente dieser Entwicklung.

Mit zunehmender Komplexität der Gerate (Hard- und Software) gewinnt auch das Beratungsaufkommen im Rahmen des Vertriebs an Komplexität und Bedeutung. Sind für die kleinen Betriebe Fragen vertikaler Branchensoftware von Interesse, so stehen bei größeren Betrieben die Vernetzungsgesichtspunkte und die Verknüpfbarkeit mit Kommunikationsdiensten wie Teletex, Btx im Vordergrund.

Die Beratungsleistung wird immer spezifischer und damit für den einzelnen Fachhändler erschwert, will er nicht seine Zielgruppe stark reduzieren. Stärkeres Gewicht erhalte demnach größere Fachhändler, die ihre Vertriebsmannschaft entsprechend spezialisieren können und System-/Softwarehäuser die unmittelbar beratend tätig sein können. Ein Cash&Carry-Geschäft, wie es im Homecomputer-Markt möglich ist erscheint für kommerzielle Anwendungen undenkbar. Die Hersteller sind gefordert, umfassende Vertriebsunterstützung zu gewährleisten, sofern sie keinen direkten Vertriebsapparat haben.

Wie die neueste Comtec-Studie der Infratest-Kommunikationsforschung, München, unter dem Titel "Mikrocomputer - Workstations für die kommerzielle Anwendung" analysiert, hat sich das Bild der Vertriebskanäle deutlich geändert. 1982 beispielsweise lagen System- und Softwarehäuser als Einkaufsquellen für Mikrocomputer bei Fachabteilungen größerer Betriebe mit 15 Prozent getätigter Verkäufe noch hinter den Büromaschinenhändlern und den Herstellern.

Die Comtec-Studie, die zur Zeit den Berichtszeitraum 1983, Stichtag 1. 1. 84, auswertet, untersucht im Rahmen ihrer umfassenden Marktanalyse auch die heutigen Kaufquellen. Dabei wird der Markt kommerzieller Anwendungen sowohl unter quantitativen als auch unter qualitativen Gesichtspunkten betrachtet. Mit dem Comtec-Programm ist es möglich, nicht nur die Ausstattung der Unternehmen mit Mikrocomputern zu recherchieren, sondern die gesamte kommunikationstechnische Ausstattung von Betrieben in die Untersuchung einzubeziehen.

* Eduard Stupening ist Comtec-Projektleiter bei Infratest Kommunikationsforschung, München.