Nach der großen Entlassungswelle neue Prioritäten setzen

Der ostdeutsche DV-Nachwuchs muß noch mehr gefördert werden

19.06.1992

BAD HOMBURG (hk) - Nach dem radikalen Personalabbau in Ostdeutschland geht es mit der Schwerstarbeit weiter: Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit mit den vorhandenen Mitarbeitern. Dazu gehören solche Selbstverständlichkeiten wie Personalentwicklung und Weiterbildung. Dies alles in der jetzigen wirtschaftlich schwierigen Situation durchzuführen, ist kein leichtes Unterfangen, wie Personal-Managerin Regina Schöne von der Computerservice GmbH in Magdeburg gegenüber der CW am Rande einer Management-Circle-Veranstaltung erläuterte.

Wie nach jedem revolutionären Ereignis in der Geschichte beginnt die Atmosphäre am Tag nach der Begeistung für das Errungene in Ernüchterung umzuschlagen. Im Osten unserer Republik hält diese Katerstimmung - gepaart allerdings mit einer Portion Zweckoptimismus - nun schon über zwei Jahre an. Mit radikalen Einschnitten in das ehemalige System sind die Kombinate, einst Vorzeigeobjekte des Sozialismus, von der Bildfläche verschwunden und mit ihnen auch die Datenverarbeitungszentren (DVZ), die als Dienstleister auftraten und diese Betriebe mit RZ-Leistungen versorgten, aber auch eigene Software entwickelten.

Wie sieht nun die Bilanz dieser zwei Jahre aus der Sicht einer Personal-Managerin aus, die für das personelle Großreinemachen im ehemaligen DVZ Magdeburg zuständig war und nun in einer GmbH die Mitarbeiter nach westlichen Vorbild fit für den Wettbewerb machen will?

Regina Schöne gibt unumwunden zu, daß Personalarbeit in den letzten zwei Jahren keinen großen Spaß gemacht hat. "Von Anfang an war uns klar, daß wir mit der ursprünglichen Anzahl von Mitarbeitern keine Überlebensschance gehabt hätten", so die Ost-Managerin. Das Magdeburger DVZ sei, wie die meisten ostdeutschen Unternehmen, vom Personalbestand überdimensioniert gewesen und auch die ehemaligen Kunden gäbe es nicht mehr. So wurde die Anzahl der Mitarbeiter von 980 auf etwa 220 in ihrem Unternehmen reduziert. Am meisten traf es die Servicetechniker, die für die reparaturanfällige ESER-Anlagen zuständig waren und die Mitarbeiter des Rechenzentrums, in dem in drei Schichten gearbeitet wurde. Einige dieser Beschäftigten probieren es mit Umschulung, andere wiederum arbeiten bei kleinen DV-Vertriebsunternehmen.

Frau Schöne glaubt, jetzt einen Punkt erreicht zu haben, bei dem das Thema: Personalabbau nicht mehr im Vordergrund steht: "Jetzt geht es vielmehr darum, die Mitarbeiter weiter zu qualifizieren und Nachwuchskräfte für Führungsaufgaben vorzubereiten". Allerdings sei es gar nicht so einfach, junge talentierte Mitarbeiter zu einer Karriere zu bewegen, werde doch mit diesem Begriff eher ein Aufstieg assoziert, wie er früher in der Partei stattfand. In persönlichen Gesprächen versuche sie herauszufinden, wer dafür geeignet ist, Führungsaufgaben zu übernehmen.

"Dies sind Kinderkrankheiten, über die man hinwegsehen kann", so Frau Schöne. Wichtig sei für sie die gute fachliche Qualifikation ihrer Mitarbeiter als auch die Tatsache, "daß sie strebsamer sind als die Wessis, wollen wir doch sobald wie möglich den Niveauunterschied wettmachen".

Ein gravierender Niveauunterschied ist nach wie vor beim Gehalt festzustellen. Auch wenn die DV-Spezialisten in der Ex-DDR früher zu den Besserbezahlten gehörten, so läge ihr Salär heute, so Frau Schönes Schätzung, bei 40 Prozent des Westniveaus.