Schwarz-Schilling wirbt für Privatisierung

Der Bundespostminister fordert eine Änderung der Verfassung

22.05.1992

BONN (gfh) - Bundespostminister Christian Schwarz-Schilling möchte im Rahmen der "Postreform II" die Privatisierung der Post vorantreiben. Haupthindernis ist dabei allerdings der Artikel 87,1 des Grundgesetzes, in dem der Gehördenstatus der Post festgelegt ist. Daher dringt der Minister auf die Änderung dieser Bestimmung.

Die Umwandlung von Postbank, Briefpost und der Telekom in Aktiengesellschaften soll nach den Vorstellungen Schwarz-Schillings sowohl die Personal- und Finanzprobleme dieser Bereiche lösen als auch die Telekom international konkurrenzfähig machen. Als Markt schwebt ihm dabei vor allem das Gebiet des ehemaligen Ostblocks vor, wo private Mitbewerber bereits dabei seien, Telefon- und Datennetze anzubieten.

Bei der für die Privatisierung unabdingbaren Grundgesetzänderung ist der Minister allerdings auf die Stimmen der Opposition angewiesen, um die nötige Zweidrittel-Mehrheit zu erreichen. Nach seiner Aussage hat er inzwischen genug SPD-Abgeordnete für sein Projekt gewonnen, um sich eine reelle Chance für die Durchführung auszurechnen.

Dieser Aussage stimmt Peter Paterna, Bundestagsmitglied der SPD und Vorsitzender im Ausschuß für Post und Telekommunikation, nur mit Einschränkungen zu. Nach der Darstellung von Paterna habe sich der parteiübergreifende Ausschuß zu einem Kompromiß durchgerungen, weil Schwarz-Schilling gedroht habe, eine Reform ohne Grundgesetzänderung platzen zu lassen. Der Entwurf unterscheide sich vor allem in einem Punkt von den Vorstellungen des Postministers: Die Post soll keine Aktiengesellschaft werden.

Aus diesem Grund verzichtet der Ausschuß aus SPD-Fraktionsmitgliedern, Vertretern der Postgewerkschaft sowie der Länder auf die Streichung der Bundespost aus dem Artikel 87 des Grundgesetzes. Statt dessen soll die Post von Absatz eins, der die Bundesbehörden aufführt, in den dritten Absatz verschoben werden. Dort ist geregelt, welche Funktionen des Bundes in Form von Anstalten des öffentlichen Rechts organisiert sind.

"Anders als bei der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft erlaubt diese Konstruktion", so Paterna, "den Unternehmen der Bundespost, im In- und Ausland weitgehend nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu agieren und gleichzeitig dem Auftrag der öffentlichen Hand nachzukommen, die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Postdiensten sicherzustellen." Darüber hinaus könnten diese Unternehmen auch die über 325 000 Beamten weiterbeschäftigen, deren Zukunft bei einer Post als Aktiengesellschaft ungesichert wäre.