Im August 1992 hatten die Mitglieder der Video Electronics Standards Association (Vesa) eine Norm fuer den Local-Bus verabschiedet. Ueber diesen koennen Grafikkarten und andere Computerteile direkt mit dem Arbeitsspeicher verbunden und Informationen wesentlich schneller uebertragen werden als ueber den normalen System-Bus.

Am 12. Februar 1993 behauptete Dell in einem Brief an verschiedene Bauteilehersteller und Mitglieder der Vesa, dass sie moeglicherweise ein Patent von Dell verletzten. Zur Klaerung besteht William Martin Junior, der Chef von Dells Rechtsabteilung, auf einem Treffen, bei dem die Vorwuerfe ueberprueft werden sollen. Werde die jeweilige Firma nicht bis zum 15. Maerz 1993 vorstellig, so behalte sich Dell weitere rechtliche Schritte vor. Grundlage fuer das Schreiben sei das US-Patent Nummer 5 036 481 vom 30. Juli 1991, das unter anderem eine Verbindung zum Arbeitsspeicher beschreibt, ueber die eine Erweiterungskarte eines Rechners sowohl mit dem Arbeitsspeicher als auch mit dem normalen System-Bus verbunden werden kann.

Gerichtliche Klaerung steht noch aus

Bis Redaktionsschluss lagen noch keine Hinweise vor, dass Dell seine Drohung wahrgemacht hat. Auch die Vesa und ihre Mitglieder schweigen bisher, so dass nicht klar ist, wie viele Briefe Dell verschickt beziehungsweise wer einen Brief bekommen hat.

Immerhin war von der Vesa zu erfahren, dass sie von Dells Patentanspruch "ueberrascht und enttaeuscht ist. Dell hatte als Mitglied der Vesa auch schriftlich garantiert, dass die zu schaffende Norm nicht gegen Patentrechte, eingetragene Warenzeichen oder aehnliches verstoesst. Die Vesa prueft zur Zeit, ob Dell gegen die Spielregeln verstossen hat." Ron McNabe vom Vesa- Vorstand sieht allerdings keine Eingreifmoeglichkeit fuer seine Vereinigung, weil sie nicht direkt in den Patentrechtsstreit verwickelt sei. Vorlaeufig beschraenke man sich darauf, alle anstehenden Klagen beim Vesa-eigenen Patentanwalt zu pruefen.

Vor wenigen Tagen meldete sich jetzt eine der Vesa-Firmen zu Wort. Die Advanced Logic Research GmbH (ALR) erklaert in einem Schreiben Dells Patent fuer ungueltig, weil ALR bereits 1986 die patentrechtlich geschuetzten Teile in einem Rechner eingebaut und ausgeliefert habe. Dell koenne folglich diese Verbindung nicht als seine eigene Erfindung beanspruchen. Dazu Michal Whittington, Geschaeftsfuehrer der ALR Deutschland GmbH: "Es ist bezeichnend fuer die derzeitige Situation, dass die Hersteller, die bislang nur ueber den Preis verkauft haben, jetzt mit unsauberen Methoden versuchen, ueber Wasser zu bleiben."