Jetzt geht auch Digital auf Einkaufstour

DEC will Information Systems vom Philips-Konzern übernehmen

26.07.1991

MAYNARD/EINDHOVEN (ciw) - Die Digital Equipment Corp. und die Philips Electronic NV haben in einem "Letter of intent" die Übernahme der angeschlagenen Product Division Information Systems der Holländer durch DEC ins Auge gefaßt.

Wird in den Details Einigkeit erzielt, stimmen die nationalen und europäischen Kartellbehörden dem Deal zu, wäre das nach Mannesmann-Kienzle bereits der zweite "Großeinkauf" von Kundenbasis, den die Digital Equipment Corp. in diesem Jahr tätigt.

Die Ende vergangener Woche aufgetauchten und von den Beteiligten heftig dementierten Gerüchte haben sich bewahrheitet. Der Verkauf der Division, die in erster Linie Minicomputer für den kommerziellen Markt herstellt, scheint perfekt. Das endgültige Abkommen wird den überwiegenden Teil der Aktivitäten der Product Division Information Systems umfassen, mit Ausnahme der Bereiche Diktiersysteme, Smart Cards und der Aktivitäten des Werkes Siegen Eiserfeld, das Ende 1992 aufgegeben werden soll. Digital will alle 7000 betroffenen Mitarbeiter der Division übernehmen .

Vorbehaltlich der Zustimmung der entsprechenden Gremien soll die Transaktion am 1. Oktober dieses Jahres abgeschlossen sein. Über die Einzelheiten des Abkommens wie zum Beispiel die Höhe der Kaufsumme äußern sich die beiden Unternehmen bisher nicht.

Beide Firmen wollen allerdings prüfen, ob weitere Möglichkeiten für Kooperationen auf verschiedenen Gebieten möglich sind. Dazu zählen Personal Computer, Bauelemente, Compact Disks und andere Multimedia-Anwendungen.

Jan Timmer, eiserner Sanierer und Präsident des holländischen Elektronikkonzerns, hatte bereits kurz nach seiner Ernennung zum Philips-Chef im vergangenen Jahr erklärt, das er auch vor Verkäufen einzelner Geschäftsbereiche nicht zurückschrecke, um das Konzern-Schiff wieder flott zu machen - allerdings erst dann, wenn man das eigene Haus in Ordnung gebracht habe. Die hohen Verluste der Division im vergangenen Jahr sollen jedenfalls im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres bereits beträchtlich abgebaut worden sein. Offenbar weit genug, um Digital für den Geschäftsbereich zu interessieren .

Jack Smith, Senior Vice-President Operations bei Digital, erklärt das Motiv seiner Firma für diesen Schritt: "Die heutige Ankündigung fügt sich nahtlos in unsere Strategie ein, unsere Position in den Märkten für kleine und mittlere Unternehmen sowie bei Banken und Versicherungen zu verbessern. Philips verfügt in spezifischen für uns sehr interessanten Gebieten über eine gute Marktposition, hervorragende Produkte und tiefgehendes Fachwissen."

Timmer hingegen macht die bittere Notwendigkeit des Schrittes in seinem Kommentar deutlich: "Dieser Transfer muß im Zusammenhang mit der fortschreitenden Rationalisierung in der Computerindustrie gesehen werden. Obwohl die Restrukturierungsmaßnahmen in unserer Division Information Systems zu beträchtlichen Verbesserungen der Ertragslage geführt haben, sind wir davon überzeugt, daß die längerfristigen Interessen unserer Kunden und unserer Mitarbeiter durch die Übertragung auf die ausgezeichnete Digital-Organisation (...) besser gewahrt werden können." Auf diese Weise, so der Philips-Chef weiter, sei man nunmehr in der Lage, die Kräfte auf das PC-Geschäft zu konzentrieren, das seit einiger Zeit von der Division Consumer Electronics betrieben werde.

In Deutschland ist der Vertriebsbereich für Computersysteme der PKI in Nürnberg betroffen. Der Vorstand der PKI betonte jedoch, daß die anderen Aktivitäten auf dem Sektor der Büro- und Informationssysteme insbesondere Nebenstellenanlagen, Datenkommunikationssysteme und Diktiersysteme nicht Bestandteil der Übereinkunft seien .

Außerdem äußerten die Verantwortlichen die Überzeugung, daß der Verkauf des Computervertriebs für die davon betroffenen rund 800 Mitarbeiter die bestmögliche Lösung darstellt.