Patentklagen verursachen deutlichen Unmut bei den Anwendern

DEC verlagert den Wettbewerb mit Drittanbietern vor Gericht

16.08.1991

ANAHEIM (CW) - Die Digital Equipment Corp. (DEC) kommt bei ihren US-amerikanischen Kunden zunehmend ins Gerede. Stein des Anstoßes sind Bestrebungen des Unternehmens, auf Erfolgskurs segelnde Drittanbieter von DEC-Komponenten mit Hilfe zweifelhafter Patentklagen auszubremsen.

Dabei kann der Maynarder Hardwareriese jedoch nach Ansicht vieler Anwender nicht unbedingt mit richterlichem Zuspruch rechnen - wohl aber mit aufkommenden Zweifeln an seinem Bekenntnis zu offenen Systemen.

Jüngstes "Opfer" des juristischen Feldzuges von DEC ist die Micro Technology Inc. (MTI), Anaheim, Hersteller von Speicherausbau-Komponenten, Systemsoftware und Connectivity-Tools für DECs VAX- und VMS-Minis sowie Unix-Umgebungen. Der DEC-Zulieferer sieht sich derzeit eigenen Angaben zufolge mit einer Patentverletzungsklage von Digital konfrontiert - zu Unrecht, wie Steven J. Hamerslag, MTI President und Chief Executive Officer, beteuert.

"Die Klage dient lediglich als Marketing-Instrument, um auf unfaire Weise den Wettbewerb einzuschränken", führt der MTI-Chef aus und verweist dabei auf die seiner Ansicht nach wahren Absichten der DEC-Verantwortlichen. Deren Bestrebungen gingen, so Hamerslag, vielmehr in die Richtung, Drittanbieter mit zum Teil qualitativ besseren Produkten vom Markt zu verdrängen. Die Klage sei "sachlich völlig unbegründet und einzig und allein als Ablenkungsmanöver für die Kunden von Drittanbietern gedacht".

Sein Unternehmen will zunächst eine Entscheidung der Gerichte abwarten. Bestärkt in der eigenen Position fühlt man sich vor allem auch durch den Zuspruch zahlreicher DEC-Kunden. Diese, so scheint es, registrieren DECs Aktivitäten, mittels juristischer Hilfen für eine Marktbereinigung zu sorgen, zunehmend mit Besorgnis und Entrüstung.

Vor allem aber zieht man dort das Engagement des zweitgrößten Computerherstellers bei offenen Systemen mehr und mehr in Zweifel. Nicht ohne eine gewisse Schadenfreude führt man jedenfalls bei MTI entsprechen de Äußerungen verärgerter Anwender ins Feld.

"DEC hat sich öffentlich für offene Systeme und Interoperabilität ausgesprochen - ein Bekenntnis, das wir nur begrüßen konnten", meint in einer MTI-Mitteilung beispielsweise Robert Irvin IS-Manager bei der Gesundheitsbehörde von Los Angeles.

Kein Verständnis für Marktbereinigungen

Nach Ansicht Irvins, verantwortlich für die größte Digital-Installation in der kalifornischen Metropole, könnten die DEC-Anwender von der Existenz von Zulieferern und Drittanbietern wie MTI "nur profitieren". Viele Anwender hätten ihre Investitionsentscheidungen im Vertrauen auf entsprechende Ankündigungen und aufgrund des Supports von Firmen wie MTI getroffen. Kein Verständnis hat Irvin deshalb in diesem Zusammenhang für etwaige "Marktbereinigungen" mit Hilfe von Justitia. Sein Fazit lautet daher, daß "Aktionen dieser Art dokumentieren, wie unaufrichtig DEC mit seinen Aussagen zu Unix und Interoperabilität war, und daß man sich dort offensichtlich mit der Produktpolitik nicht an den Bedürfnissen der Kunden orientiert".

Ins gleiche Horn stößt Timothy Brown, IS-Director bei der Anadac Inc. Für ihn wirft DECs Feindseligkeit gegenüber Drittanbietern "ernsthafte Fragen nach der Seriosität des Geschäftgebarens der Maynarder Konzernzentrale auf".

Daß die gerichtlichen Auseinandersetzungen völlig an den Interessen der Anwender vorbeigehen, macht in der MTI-Mitteilung Terry Larson, Manager of Computer Operations bei der CCN Inc., deutlich. Seine Company konnte durch den Einsatz des DEC-Equipments die eigenen Kapazitäten und den Kundenservice deutlich verbessern - allerdings, wie der CCN-Manager ausdrücklich feststellt, "durch den Einsatz sowohl von DEC- als auch von MTI-Technologie".