Internet-Highflyer landete unsanft

DCI versucht Neuanfang

16.03.2001
MÜNCHEN - Im derzeit eisigen Internet-Klima hat sich die DCI AG kräftige Erfrierungen zugezogen. Mit einem rigorosen Sparkurs hofft der Spezialist für B-to-B-Marktplätze nun auf Besserung. Von Beate Kneuse*

Vor einem Jahr quasi auf der Sonnenseite des Lebens, schreitet DCI-Gründer Michael Mohr heute mit seinem Unternehmen durch ein tiefes Tal der Tränen. "Wir helfen dem Internet auf die Sprünge", tönte er noch vor zwölf Monaten. Und packte jede Gelegenheit beim Schopf, seinen elektronischen Marktplatz "Webtrade", eine Online-Handelsplattform für Ein- und Verkäufer von IuK-Equipment, über den grünen Klee zu loben und sein Unternehmen als Überflieger der europäischen B-to-B-Szene darzustellen. Die Finanzwelt war begeistert, das IPO am Neuen Markt Anfang März 2000 ein voller Erfolg: 81 Millionen Euro flossen in die Kassen des in Starnberg bei München ansässigen Unternehmens. Der Aktienkurs erreichte Höchststände von über 100 Euro.

Heute müssen sich die Starnberger erst einmal selbst auf die Sprünge helfen. Seit in der zweiten Jahreshälfte 2000 die Internet-Euphorie gekippt ist, herrscht auch in der B-to-B-Szene Überlebenskampf pur. Der DCI-Börsenkurs ist wie viele andere in den Keller gesaust, die Verluste wiederum sind in die Höhe geschnellt. Einem Umsatz von 10,6 (Vorjahr: 4,2) Millionen Euro steht ein Minus vor Zinsen und Steuern von 22,3 (Vorjahr: 3,5) Millionen Euro gegenüber. Der Aktienkurs dümpelt bei fünf Euro vor sich hin.

Kommentare jetzt zurückhaltenderUnd statt in überschwenglichen Sprüchen üben sich die DCI-Lenker jetzt in Old-Economy-bekannten Ausdrücken wie "Strategiewechsel", "Realisierung von Einsparpotenzialen" und "sozialverträglicher Personalabbau". Mit leiser Stimme erklärte Mohr auf der Bilanzpressekonferenz in München: "Wir haben Fehler gemacht, waren zu optimistisch."

Aber der DCI-Chef hat gehandelt und zumindest die Weichen für solidere Zeiten gestellt. Nicht nur, dass die längst überfällige Controlling-Abteilung aufgebaut wurde, auch Geschäftsmodell und Unternehmen bekamen eine neue Struktur. So ist das Webtradecenter heute nur noch eins von vier Bereichen, wenngleich nach wie vor der Kern aller Aktivitäten. Für die virtuelle Handelsplattform verzeichnete DCI im vergangenen Jahr einen kräftigen Anstieg der kostenpflichtigen Mitglieder auf 40137 (Vorjahr: 4704). Das vermittelte Umsatzvolumen belief sich auf 405 Millionen Euro nach 197 Millionen im Vorjahr. Abstand hat Mohr indes davon genommen, sein Einkaufsportal um zusätzliche Branchen zu erweitern.

Geld in die Kasse bringen soll darüber hinaus künftig vor allem die Vermarktung der E-Commerce-Software "Trademanager", angesiedelt im neuen Geschäftsfeld Business Software Solutions. Und mit Hilfe von Sicherheitslösungen für Marktplätze, für die die Tochter Bonitrus AG gegründet wurde, will Mohr künftig auch an den Transaktionen verdienen. Komplettiert wird das Modell schließlich durch den neuformierten Bereich DCI Medien. Kern ist hier das ursprüngliche Kundenmagazin "Webtrade", das mittlerweile als neutrales E-Business-Fachblatt und mit einer Auflage von 120 000 in der hiesigen Print-Szene mitmischt. Dafür hat DCI mit der Traget Press Publishing GmbH eigens eine Verlagstochter aus der Taufe gehoben.

Doch es gilt nicht nur zusätzliche Einnahmen zu generieren. Gefahren werden muss ein drastischer Sparkurs. Allein die Werbe- und Marketing-Ausgaben beliefen sich zuletzt auf 19,5 Millionen Euro, sie sollen bis Ende 2001 auf 12,7 Millionen zurückgeschraubt werden. Auch in Sachen Akquisitionen haben sich die Starnberger Zurückhaltung auferlegt. Zukäufe, wie Übernahmen, wie die des britischen Pendants Acequote.com im Mai 2000, für die DCI rund 22 Millionen Euro springen ließ, werden sich angesichts der miserablen Ergebnissituation vorerst nicht wiederholen.

Trotz aller Sparmaßnahmen aber wird es dem Unternehmen nicht gelingen, in diesem Jahr Profit zu machen, wie Mohr noch vor dem Börsengang versprochen hatte. Das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern wird mit einem Minus von 15 Millionen Euro deutlich rot bleiben. Dafür soll sich der Umsatz auf 20,1 Millionen Euro verdoppeln.

*Beate Kneuse ist freie Journalistin in München