"Kanzlei online" soll Mandantengeschäft via Internet ermöglichen

Datev nimmt Rechtsanwälte und Auslandsgeschäft ins Visier

16.07.1999
Von Beate Kneuse* NÜRNBERG - Die Umsatzmilliarde ist geschafft, der Wandel vom Rechenzentrum hin zum Software- und Servicespezialisten weiter vorangeschritten: Die Datev eG, Nürnberger DV-Dienstleister für den steuerberatenden Beruf, hatte 1998 nur wenig Grund zur Klage.

Mit einer Steigerung von 2,3 Prozent stiegen die Einnahmen der Datev von 977,7 Millionen Mark im vorangegangenen Geschäftsjahr auf jetzt knapp über eine Milliarde (1000,1 Millionen) Mark. Beim Betriebsergebnis indes mußten die Nürnberger gegenüber 1997 Abstriche machen. Nach den vorjährigen 61,6 Millionen Mark verzeichneten sie 1998 nur noch 47,8 Millionen Mark. Ursächlich dafür waren laut Vorstandschef Dieter Kempf die Aufwendungen, die man zur Unterstützung der Mitglieder (mittlerweile rund 25000 Kanzleien) aufbringen mußte.

Weiter verändert hat sich 1998 auch die Verteilung der Einnahmen. Das angestammte Rechenzentrumsgeschäft ist zwar mit 640 Millionen Mark nach wie vor der wichtigste Umsatzträger, mit einem Rückgang um 52 Millionen Mark reduzierte sich sein Anteil aber von 69 auf 64 Prozent. Dies ist durchaus im Sinne der Nürnberger, die vor zwei Jahren begonnen haben, sich zum Software- und Servicespezialisten zu wandeln.

Im Gegenzug will die Datev ihr Dienstleistungsangebot weiter ausdehnen. Dazu gehört seit neuestem auch das Netz- und System-Management, das die Rundumbetreuung des kompletten Systems in Kanzleien ohne eigene DV-Spezialisten gewährleisten soll. Es beinhaltet unter anderem die Administration des DV-Systems, die Fehlerüberwachung der aktiven Netzkomponenten und des Servers sowie die Koordination von Datev-Systempartnern für den Vor-Ort-Service.

Das Thema E-Commerce haben sich die Franken ebenfalls auf die Fahnen geschrieben. Ab November dieses Jahres, für das der Datev-Chef einen Umsatz von rund 1,2 Milliarden Mark ins Visier genommen hat, will man mit einem Online-Dienst namens "Kanzlei online" die angeschlossenen Steuerberater in die Lage versetzen, ihr Mandantengeschäft auch via Internet abzuwickeln. Der neue Dienst soll es Unternehmen erlauben, ihre beim Steuerberater geführten Daten über das Netz der Netze einzusehen und abzurufen und zudem den Zahlungsverkehr mit elektronischer Unterschrift abzuwickeln.

Darüber hinaus arbeiten die Nürnberger weiterhin daran, auch Rechtsanwälte für sich zu gewinnen. Denn beim DV-Einsatz zur Selbstorganisation bei dieser Klientel sieht Kempf eine der Wachstumschancen der Zukunft für die Datev.

Heftiger denn je liebäugelt die Datev auch mit dem Gang ins Ausland. "Die Großen der Branche sind ohne Ausnahme international aufgestellt", nahm Kempf Bezug auf das Wettbewerbsumfeld seiner Company. Obwohl es dafür noch einiger Satzungsänderungen bedarf, soll noch in diesem Jahr mit Hilfe einer Kooperation ein erster Schritt nach Tschechien getan werden.

*Beate Kneuse ist freie Journalistin in München.