Satire

CW-Wert

08.11.1996

Religion - the last frontier - jetzt auch im Web. Den vorläufigen Höhepunkt dieses Trends erklimmt ein israelisches Unternehmen namens "Virtual Jerusalem". Es offeriert gläubigen Juden in der Diaspora einen besonderen (Gottes-)Dienst: E-Mails an jenes höhere Wesen, das wir verehren.

Wie die CW-Schwester "Computerworld" meldet, sammeln die Israelis via Web-Page http://www.virtual.co.il die Gebete der Gläubigen aus aller Welt. Damit die Bitten auch Gehör finden, druckt Virtual Jerusalem sie aus und bringt sie dann zur Klagemauer, wo - gemäß jüdischer Tradition - Gott seine Messages empfängt. Mit ein wenig Java-Programmierung hätte sich wohl auch eine "virtuelle Klagemauer" im Web installieren lassen.

Eingefleischte Web-Fans vermuten den Ursprung allen Seins ohnehin im Computer selbst. Jedenfalls ist des öfteren zu beobachten, wie sie vor ihrem PC knien und hoffnungsvolle Gebete stammeln: "Mach schon, ich bitte dich, tu mir den Gefallen ...."

Alle anderen seien gewarnt: Die Verbindung von Informationstechnik und Religion birgt unvorhersehbare Gefahren, wie die Geschichte "Die neun Billionen Namen Gottes" von Arthur C. Clarke anschaulich macht: In einem abgelegenen Himalaya-Kloster verbringen Generationen von Mönchen ihre Zeit damit, die Buchstaben des Alphabets in immer wieder neuen Kombinationen aufzuschreiben. Wenn sie alle Möglichkeiten gefunden haben, so glauben sie, hört die Welt auf zu existieren. Da kommt jemand mit einem Computer. - Oops!