Satire

CW-Wert

31.10.2003

Neulich bin ich über eine Bekanntschaftsanzeige gestolpert. Ja, ja, ich weiß, was jetzt kommt: SO was lesen Sie?

Nun, in meinem Alter muss man die Marktlage, die Angebote der Mitbewerber genau studieren. Außerdem habe ich unsere Gehaltsstudie von voriger Woche noch im Kopf, wonach SAP-Spezialisten und Consultants in der eh gut honorierten IT-Branche am besten, nämlich im Schnitt rund 80 000 Euro per annum, verdienen. Auch die sind ja meine Konkurrenten um die hochbeinigen, vollbusigen, blonden Traumgeschöpfe.

80 000 Euro! Hört sich doch gar nicht mal so schlecht an als Argument im Mein-Haus-Meine-Jacht-Mein-Bankkonto-Hamsterrennen der Alphamännchen, nicht wahr? Na, dann will ich Ihnen jetzt mal die Augen öffnen darüber, was am Markt der Lust- und Liebegetriebenen momentan wirklich Stand der Angebote ist.

Sicher erstreben auch Sie eine schlanke Blondine zwischen 25 und maximal 35 Jahren. Natürlich soll sie Stil, Bildung und Klasse haben, darüber hinaus parkettfest sein. Genau so ein ja nun nicht mal besonders bemerkenswertes Frauenzimmer sucht nämlich in der Wochenendausgabe der "Süddeutschen Zeitung" ein "Schweizer Multimillionär, 44 Jahre alt, 185 cm groß, dunkelhaarig, schlank, absolut sehr gutaussehend (Typ R. Gere)". Na, wie viele der geriatrisch relevanten Kleinwüchsigen, Übergewichtigen, Glatzköpfe sind bis hierher schon aus dem Wettbewerb ausgestiegen? Noch wer dabei?

Okay, hier kommen die technischen Daten: Geboten wird nicht weniger als "der Himmel auf Erden! Riesige Villa auf einem Grundstück, das bis zum Horizont reicht! Eigenes Gestüt mit edlen Pferden! 1000-PS-Yacht im besten Umfeld!"

So, Ihr selbstbewussten Großverdiener nicht nur aus der SAP-Kaste und Beraterszene: DAS ist der Preis für eine ganz normale Blondine. Mal ehrlich und mit Blick auf Euren nicht mal bis zum Horizont reichenden Balkon: Glaubt Ihr wirklich, 80000 Euro sind viel Geld? Ich meine, VIEL Geld?