Klaus Plönzke

CSC-Spionage: "Absolut undenkbar"

21.11.2013
Von 


Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Der IT-Service-Provider CSC steht unter Spionageverdacht. Klaus Plönzke, Gründer des IT-Beratungshauses Ploenzke, aus dem später CSC Deutschland hervorging, hält das im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE für abwegig.
Klaus Plönzke, Gründer der Ploenzke AG, die Ende der 90iger Jahre an CSC verkauft wurde: "Eine haltlose Spionage-Unterstellung."
Klaus Plönzke, Gründer der Ploenzke AG, die Ende der 90iger Jahre an CSC verkauft wurde: "Eine haltlose Spionage-Unterstellung."
Foto: Janzen/Plönzke

CW: CSC Deutschland steht unter dem Verdacht, dass Erkenntnisse aus Behördenaufträgen etwa für das Innenministerium über den Weg der US-Mutter den US-Geheimdiensten übermittelt wurden. Ist das denkbar?

Plönzke: Die Beiträge in der Süddeutschen Zeitung, aber auch im Wiesbadener Kurier lesen sich, als würde spioniert. Die Artikel machen auch keinen Unterschied zwischen CSC USA und CSC Deutschland. CSC wird als Spionagefirma dargestellt.

Ich habe dreißig Jahre für die Firma gearbeitet, habe das Unternehmen geleitet und pflege auch heute noch Kontakte zu vielen Mitarbeiter. Insofern habe ich einen guten Einblick: Halte ich das für denkbar? Absolut nein.

CW: Warum? Die Zusammenhänge - in den USA erhebliche Tätigkeiten für Geheimdienste, in Deutschland sicherheitsrelevante Behördenprojekte - sind nicht von der Hand zu weisen.

Plönzke: Im öffentlichen Bereich wird sowohl die Firma als auch jeder Mitarbeiter sicherheitsüberprüft. Das wirkt sich sogar so aus, dass CSC-Mitarbeiter, die für das Militär arbeiten, nicht einmal nach innen ins eigene Unternehmen kommunizieren dürfen, was sie tun. Die Kollegen haben eine besonders kritische Sicherheitseinstufung, so dass man innerhalb von CSC Deutschland nichts Genaues weiß. Das gab es auch früher schon, als Ploenzke für die Marine Software für neue Fregatten entwickelt hat.

CSC-Übernahme: Deutsche Behörden haben nie nachgehakt

CW: Der NSA würden vermutlich schon Kontaktdaten reichen, die CSC-Mitarbeiter beispielsweise in Outlook speichern. Die stehen zentral im CSC-Server und sind damit mit etwas Fachwissen und Skrupellosigkeit einsehbar.

Plönzke: Das kann ich nicht einschätzen. Die CSC-Mitarbeiter und das Management können sich so etwas nicht vorstellen, ich auch nicht. Es ist meines Wissens nie jemand auf eine solche Verbindung angesprochen worden. Es ist eine haltlose Spionage-Unterstellung.

CW: Die Verbindung von CSC in den USA zum Militär und zu den Geheimdiensten bestanden schon immer. Gab es bei der schrittweisen Übernahme von Ploenzke durch CSC in den Jahren 1995 bis 1999 eigentlich Nachfragen seitens der Kunden aus dem Behördenumfeld?

Plönzke: Nein, die hat es nie gegeben. Wenn man bei den öffentlichen Auftraggebern einmal drin ist, und gute Arbeit leistet, dann ergeben sich feste Verbindungen. Behörden sind sehr treue und loyale Auftraggeber. Der Zugang ist schwer, und die Anfänge des Behördengeschäfts gehen auf eine Zeit zurück, als von CSC noch keine Rede war.

Die Kunden vertrauen Menschen, also Mitarbeitern. Weil sie so intensiv sicherheitsüberprüft werden, geht es auch nicht, das heute ein Kollege kommt und morgen ein anderer. CSC arbeitet für das Bundesinnenministerium, für das BKA und für die Bundesregierung - der öffentliche Dienst ist eine wichtige Säule im CSC-Geschäft in Deutschland.

Das Behördengeschäft ist auch nie global aufgestellt. Andere Segmente wie Banking und Industrie agieren global und tauschen sich weltweit aus. Im öffentlichen Bereich wird das überhaupt nicht gemacht. Innerhalb von Deutschland ja, etwa wenn Ministerien und Bundesländer sich abstimmen, welche Projekte sie betreiben, nicht aber international.

CSC hat Ploenzke internationalisiert

CW: Aus heutiger Sicht ist es dennoch erstaunlich, dass die deutschen Behörden bei der Übernahme von Ploenzke angesichts der CSC-Verquickung mit US-Diensten keine Bedenken hatten.

Plönzke: Im Gegenteil, man war froh, dass das alte Ploenzke-Unternehmen in Sachen Know-how und Management von CSC verstärkt wurde. Wir sind enorm gewachsen. Als ich 1995 50 Prozent plus eine Aktie an CSC verkaufte, hatten wir 1700 Mitarbeiter. Als ich fünf Jahre später ausgestiegen bin, hatten wir in Deutschland über 4000 Mitarbeiter. CSC hat uns internationalisiert und neue Verbindungen geschaffen.

CW: Im Zuge der Berichterstattung wurde die auffallende Nähe der CSC-Standorte zu US-Militärstützpunkten thematisiert. Das ist auch in Deutschland zu beobachten: Das hiesige Headquarter ist in Wiesbaden, wo auch die US-Army einen sehr großen Stützpunkt unterhält.

Plönzke: Der Standort Wiesbaden geht auf das Ploenzke-Geschäft zurück, bevor CSC nach Deutschland kam. In Wiesbaden bin ich groß geworden. Wir hatten zeitweilig sieben Niederlassungen in der Stadt und Kiedrich als Unternehmenszentrale. Um das zu bündeln, haben wir an der Abraham-Lincoln-Straße ein zentrales Büro gemietet. CSC hat damals noch keine Rolle gespielt.

Klaus Plönzke

Klaus Plönzke gehört zu den erfolgreichen IT-Gründern der ersten Stunde in Deutschland. 1969 verabschiedete er sich von seinem Angestellendasein bei IBM und gründete das "EDV-Studio Plönzke", das in den darauffolgenden Jahren zu einem der bedeutendsten Beratungshäuser in der Republik wurde. Im Jahr 1992 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft überführt und der Firmenname in das international leichter verdauliche Ploenzke AG verwandelt. Ab 1995 verkaufte Plönzke seine Anteile an der AG schrittweise an den US-Provider Computer Science Corp. (CSC). Ende 1999 stieg er ganz aus und gab alle operativen Aufgaben auf.

Kurze Zeit danach fing er an, sich an Firmen zu beteiligen, gründete selbst wieder eine Beratungsgesellschaft und initiierte das "Forum Kiedrich", ein Treffen von Gründern und Investoren. Über eine 1999 gegründete Holding koordiniert, entwickelt und steuert er bis heute das Plönzke-Netzwerk. Das ist ein virtuelles Unternehmen, das eigenen Angaben zufolge derzeit fast 1.400 Spezialisten für Beratungs- und Servicesaufgaben zusammenbringt.

Bei CSC in Deutschland wirken die Ploenzke-Ursprünge bis heute nach. Klaus Plönzke bekleidet dort kein offizielles Amt mehr, er ist im Unternehmen aber nach wie vor hoch angesehen und gut verdrahtet. Deutsche Geschäftsführer haben immer seinen Kontakt, oft auch seine Nähe gesucht. Bisweilen haben sie auch den "Plönzke-Geist" des engen Miteinanders zwischen Management und Mitarbeitern beschworen.

siehe auch CSC ist in die NSA-Falle getappt