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Thema des Tages

Comdex: Chambers - Internet ist Wissen ist Macht

17.11.1999
Thema des Tages

LAS VEGAS (ciw) - Auch Cisco-Chef John Chambers hielt auf der Comdex eine "Das-Internet-verändert-die-Welt"-Rede. Allerdings schaffte er es, der auch von seinen Vorrednern (Gates, Fiorina) beschworenen revolutionären Kraft des Internet einen weiteren Aspekt abzuringen. Durch das Web steige die Produktivität von Unternehmen und Nationen erheblich an, erklärte der Manager seinen rund 7000 Zuhörern.

Der enorme Produktivitätsanstieg, den der Einsatz von Internet-Applikationen bringe, führe zu einem praktisch inflationsfreien Wachstum, sagte Chambers und schob zum Beweis Zahlen nach. Sei in den USA die Produktivität 1990 noch um 1,6 Prozent pro Jahr gestiegen, liege die Verbesserung der Arbeitseffektivität 1999 bei schätzungsweise 4,2 Prozent. "Damit sind stabile Wachstumsraten von vier bis fünf Prozent per annum möglich," frohlockte der Cisco-Boß.

Noch vor zwei Jahren sei es in erster Linie die IT-Industrie gewesen, die von der Internet-Ökonomie gesprochen und Web-Applikationen vorangetrieben habe. Heute hätten das auch Geschäftsleute und sogar Politiker verstanden. "Jede Branche, jedes Unternehmen, jedes Land und jedes Individuum wird sich durch das Web verändern." Chambers zeigte sich überzeugt, daß Unternehmen und Länder sich regelrechte "Internet-Kriege" liefern werden. Die Firmen, die Internet-Applikationen am sinnvollsten einsetzten und die Länder, die die beste Infrastruktur bereitstellen könnten, verfügten über klare Wettbewerbsvorteile.

Dabei baut die Internet-Wirtschaft auf anderen Werten auf als die Industrie-Ökonomie. Lauten die traditionellen Meßlatten für Unternehmenserfolg noch "Umsatz pro Mitarbeiter" oder "Betriebskosten", gelten in Internet-getriebenen Unternehmen andere Regeln: Da wird gefragt nach der "Entscheidungsbefugnis der Mitarbeiter" ("empowered workforce"), den vorhandenen Schnittstellen ins Web ("E-everything interface") und nach "lebenslangem Lernen".

Dabei bringe das Mitspracherecht (empowerment) für die vielen Mitarbeiter, die bisher hierarchisch geführt wurden, den größten Produktivitätsschub. Das Web fördere Informationsverteilung und -austausch in einem solchen Maße, daß die Mitarbeiter eine bessere Wissensgrundlage für Entscheidungen bekämen.

Die wichtigste "E"-Entwicklung ist für Chambers neben dem elektronischen Handel das "E-Learning". Mit Hilfe des Webs lasse sich Wissen besser an viele Menschen gleichzeitig vermitteln. Um den Beweis für diese These anzutreten, brachte Chambers Beispiele amerikanischer Universitäten, die zu praktisch jedem Seminar eine Webseite anbieten, die für die Studenten zur "Pflicht-URL" (Uniform Resource Locator, Web-Adresse) erklärt wurde. Wichtige Informationen, Literaturlisten, Aushänge, Referate etc. werden über diese Seite kommuniziert. Wer nicht hineinschaut, kann das Seminar nicht erfolgreich abschließen, wurde ein Professor zitiert. Außerdem gab Chambers Einblick in die Cisco Network Acadamies, die es bereits in über 40 Ländern gibt und in denen Cisco via Web für seine Produkte schult.

Als größte Hürden für E-Learning bezeichnete der Netzwerkkrösus die noch zu starke Orientierung an Abschlüssen und Noten, das Fehlen von inhaltsreichen Anwendungen, das Fehlen von Replikationsmöglichkeiten sowie Mängel in der Infrastruktur. Dabei liegen die Vorteile auf der Hand. "Diese Art des Lernens ist kosteneffektiv und flexibel. Das erworbene Wissen ist leicht auffrischbar, und diese Art des Lernens bringt Wettbewerbsvorteile, weil es schneller geht." Bereits im nächsten Jahr werde das E-Learning den Kinderschuhen entwachsen, erklärte Chambers.

Für ihn gebe es zwei große Möglichkeiten, die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen, träumte Chambers öffentlich: "Es stehen zwei große Gleichmacher zur Verfügung: Internet und Ausbildung." Beide sinnvoll eingesetzt, erhielten auch die ärmeren Ländern eine Chance, zu konkurrieren. Denn: "Die Unternehmen werden sich im Zeitalter unbegrenzter Kommunikation dort niederlassen, wo sie die am besten ausgebildeten Leute finden." Daß das mit Produkten von Cisco am besten funktioniert, vergaß Chambers natürlich auch nicht zu erwähnen...