Service-Application-Providing geplant

Colt Telecom kombiniert Bandbreite mit Diensten

26.11.1999
MADRID (pg) - Die Colt Telecom GmbH schließt ihre acht Stadtnetze in Deutschland bis Juni 2000 zu einem bundesweiten Glasfaserring zusammen. Neben Bandbreite setzen die Frankfurter künftig außerdem auf Web-Hosting- und Web-Housing-Dienste für Geschäftskunden.

Im Auftrag von Colt Telecom vergraben derzeit Spezialfirmen Glasfaserstrecken am laufenden Meter. Mehr als die Hälfte des 2600 Kilometer langen Landesnetzes sind laut Deutschland-Chef Horst Enzelmüller bereits unter der Erde. 190 Eisenbahnstrecken, 1107 Trinkwasserleitungen, 114 Autobahnen sowie 2814 Straßen und Wege müssen insgesamt unterbohrt werden, bis sich der Glasfaserring im Sommer nächsten Jahres schließt.

Doch an der deutschen Grenze ist nicht Schluß. Bis Ende 2000 will Colt das deutsche Netz zu einem nordeuropäischen Ring ausdehnen. In diesen sind dann die Handelszentren Amsterdam, Rotterdam, London, Brüssel und Paris integriert. Für den Bau des Streckenabschnitts außerhalb der Bundesrepublik ist, wie Paul Chisholm, Vorstandsvorsitzender der Colt Telecom Group, mitteilte, der Carrier Level 3 verantwortlich. Während Colt für Level 3 in Deutschland Leerrohre mit einzieht, verlegen die Amerikaner solche im Gegenzug für Colt. Das Einziehen der Glasfaserkabel sowie der Netzbetrieb erfolgt dann jedoch jeweils in eigener Regie.

Dedizierte Wellenlänge für Geschäftskunden

Das europäische Netzwerk, das später auf Südeuropa erweitert werden soll, basiert auf dem Übertragungsverfahren Dense Wavelength Division Multiplexing (DWDM). Es erlaubt die mehrfache Belegung einer Glasfaser mit Licht unterschiedlicher Wellenlänge (Farbe). Dadurch wird laut Colt der Datendurchsatz vervielfacht. Pro Faser ist so eine Übertragungsrate von bis zu 320 Gbit/s möglich. Über ein Kabel im Backbone, das aus 16 Kabelsträngen mit jeweils zwölf Glasfasern besteht, könnten bis zu 1,8 Milliarden Telefongespräche gleichzeitig übertragen werden. Ein Vorteil dieser Technologie ist nach Ansicht Chisholms ferner, daß Geschäftskunden dediziert eine Wellenlänge (Farbe) im Netz zugewiesen werden kann.

Mit seinem Verkabelungsprojekt befindet sich Colt in größerer Gesellschaft. Auch andere Carrier errichten gegenwärtig extrem breitbandige Backbones in Europa. Angst, zu stark in Infrastruktur zu investieren, hat Chisholm jedoch nicht: "Man kann nie genug Bandbreite haben", sagte der Vorstand gegenüber der Presse in Madrid. Satellitenverbindungen seien für Unternehmen, die sich keinen Netzausfall leisten können, als Alternative viel zu unsicher und außerdem nicht kosteneffizient.

Dennoch macht sich Vorstand Chisholm keine Illusionen, daß mit Bandbreite allein in Zukunft Geld zu verdienen ist. Die Infrastruktur werde mittelfristig nicht mehr das Hauptgeschäft darstellen, erklärt er. "Künftig wird Colt seine Umsätze mit Dienstleistungen generieren, die auf der Bandbreite aufsetzen", fügt Enzelmüller hinzu.

Ein erster Schritt in diese Richtung sind die geplanten Web-Housing- und Web-Hosting-Services. Zu diesem Zweck wird Colt im nächsten Jahr in Frankfurt am Main eines von sechs Internet Solution Centres in Europa eröffnen. Ziel ist, Geschäftskunden europaweit Internet-Komplettlösungen aus einer Hand anzubieten. Das Angebotsspektrum soll dann vom Zugang bis hin zur Überwachung und Betreuung der Hard- und Software (Application-Service-Providing) reichen. Längerfristig soll das Portfolio des Netzbetreibers außerdem mit E-Commerce-Anwendungen angereichert werden.

Derzeit erwirtschaftet Colt den größten Teil des Umsatzes noch mit Sprachkommunikation. Allerdings sind die Einnahmen, die Colt aus Daten- und Internet-Diensten verbucht, stark steigend. Sie machten bereits einen Anteil von 34 Prozent am Gesamtumsatz aus. Die GmbH setzte im vergangenen Quartal 100 Millionen Mark um und wies damit erstmals ein positives Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen aus. Bundesweit betreut Colt unterdessen über 3600 Geschäftskunden, wovon 1254 Firmen direkt an eines der acht Stadtnetze angebunden sind.