Cocom ist im Wandel begriffen

12.07.1991

Als zu Beginn des Jahres 1990 erstmals dezidiert von einer tiefgreifenden Änderung der sogenannten Cocom-Liste gesprochen wurde, brachte es Helmut Haussmann, seinerzeit Bundeswirtschaftsminister, auf den Punkt: "Sie behindern nicht nur den Reformprozeß in Europa, sondern fügen zugleich unserer Wirtschaft unnötigen Schaden zu." Mit diesen deutlichen Worten wurde die Stimmung charakterisiert, da Cocom in bisheriger Form ganz offensichtlich nicht mit den politischen und wirtschaftlichen Erfordernissen und dem "Klima" des Jahres 1990 harmonisierte. Dem können wir uns auch heute nur voll anschließen.

Der vordergründigen Logik der Exportbeschränkungen des Cocom für DV-Hardware standen schon immer gewaltige Nachteile gegenüber. Zunächst beraubte sich der Westen selbst größerer Märkte, deren Erschließung nun erst mit einigen Jahrzehnten Verspätung begonnen werden kann. Was aber die Cocom Bestimmungen aus westlichem Blickwinkel noch fragwürdiger erscheinen läßt, war ihre schon immer fehlende Wirksamkeit in den wirklich entscheidenden Bereichen.

Inzwischen haben sich die Cocom-Mitglieder glücklicherweise zu Änderungen entschlossen, die letztendlich tiefgreifend sein werden. Als erster Schritt schrumpften die Listen. Seit Anfang Juni 1990 galten für den Export von Computern gelockerte Bestimmungen. Mit Beginn des Jahres 1991 nahm das Cocom eine zweite Phase in Angriff, die Ende Mai zu einer weiteren Kürzung der Liste derjenigen Exporterzeugnisse führte, die der Kontrolle unterliegen.

Die Mitgliedstaaten des Cocom-Ausschusses einigten sich auf eine neue Liste, die am 1. September 1991 in Kraft treten soll und nur noch etwa die Hälfte der bisher überwachten Produkte umfaßt.

Für diese allerdings sind strengere Kontrollvorschriften vorgesehen.

Mit der Liberalisierung tragen die Cocom-Partner der veränderten strategischen Situation in Europa nach der politischen Öffnung des Ostblocks und der wachsenden wirtschaftlichen Verknüpfung mit dem Westen Rechnung: Insbesondere der Wunsch der westeuropäischen Länder, die Reformstaaten Ungarn, Polen und die Tschechoslowakei von nationalen Cocom-Genehmigungsverfahren freizustellen, ist weitgehend erreicht worden.