Compuserve als Partner im Gespräch

Burda Verlag stoppt Gelder für Europe Online

12.07.1996

Bei Europe Online (EOL) klingeln die Alarmglocken. Denn Burda will nicht nur die Gelder für die Anschubfinanzierung stoppen, der Verlag erwägt auch den Ausstieg aus der europäischen Dachgesellschaft Europe Online S.A. in Luxemburg.

Dort hält die deutsche Mediengruppe noch 26 Prozent. Insgesamt gibt es etwa zwölf Gesellschafter. "Ein kompliziert zu navigierendes Projekt", bemängelt der Burda-Sprecher Philip Welte die Gesellschafterstruktur. Seit geraumer Zeit drängt der Konzern auf die Reduzierung der Gesellschafterzahl. "Diese Neuordnung hat Luxemburg nicht erreicht", so Welte.

Parallel zu dem EOL-Engagement bot Burda in der Vergangenheit bereits eigene Dienste im Internet an, die, so das Unternehmen, verglichen mit EOL sehr viel billiger zu implementieren seien. Mit einer eigenen Redaktion, die Nachrichten und Reportagen der hauseigenen Print-Medien für den Internet-Gebrauch aufbereitet, verstärkt Burda künftig das Internet-Angebot zu Lasten des EOL-Engagements.

Die Luxemburger Zentrale beteuerte, auch ohne Burda das Online-Geschäft aufrechterhalten zu wollen. Derzeit führt EOL laut Ottmar Schipper, Marketing-Leiter der deutschen Niederlassung in München, mit Unternehmen aus dem Online- und TK-Bereich Gespräche über einen Einstieg als Gesellschafter. Namen wollte er allerdings nicht nennen.

Dennoch schlagen die Wogen der Spekulationen hoch und bringen vor allem einen Interessenten ins Rampenlicht: Compuserve. Schipper wollte diese Mutmaßung weder bestätigen noch dementieren, räumte allerdings mögliche Synergieeffekte zwischen den derzeitigen Konkurrenten ein. Compuserve hatte erst vor wenigen Wochen erklärt, den eigenen proprietären Client abschaffen und künftig auf eine Internet-basierte Infrastruktur setzen zu wollen. Dazu ist der älteste aller Online-Dienste auf der Suche nach einem Internet-Abrechnungssystem sowie einem Partner mit möglichsten vielen Einwählknoten. Beides kann Europe Online bieten. In Deutschland ist der Zugang zu dem vor einem halben Jahr gestarteten Service über 135 Einwählstationen möglich, wogegen Compuserve lediglich acht Knoten unterhält.