Widerstand gegenüber Angriffen aus Washington läßt nach:

Brasilien lockert Software-lmportstopp

29.01.1988

WASHINGTON (IDG/ujf) - Der brasilianische Präsident Jose Sarney will die Importhemmnisse für DV-Produkte lockern, mit denen das lateinamerikanische Land einen zu großen Einfluß der US-Konzerne zu verhindern suchte. Doch die Reagan-Regierung, zu Strafzöllen auf brasilianische Produkte entschlossen, bleibt hart. Einer der Hauptstreitpunkte ist das Einfuhrverbot für Microsoft.

Der Halbleiterkonflikt mit den Japanern, der "Spaghetti-Krieg" gegen die europäische Gemeinschaft sind noch in frischer Erinnerung, da startet die amerikanische Regierung ihre nächste Attacke gegen ein Land, das es exportorientierten US-Firmen schwer macht. In Washington bereitet man derzeit eine Liste mit brasilianischen Produkten vor, die mit einem 100-Prozent-Strafzoll belegt werden sollen, weil sich das südamerikanische Schwellenland bisher dem Verlangen der US-Regierung nach Öffnung der Zollschranken widersetzt hatte.

Besonders verärgert zeigte sich die Reagan-Administration darüber, daß es das Informatik-Sekretariat in Brasilia der Microsoft Corp. untersagt hatte, die Version 3.2 seines Betriebssystems MS-DOS auf dem größten Markt Südamerikas zu vertreiben. Die für die Hard- respektive Software zuständigen US-Lobby-Organisationen Cbema und Adapso drängten ihre Regierung zum Handeln, denn Brasilien gilt als Trendsetter, dem viele Entwicklungsländer nacheifern. Wer in Sao Paulo und Rio nicht verkaufen kann, findet auch zu anderen Märkten in Lateinamerika schwer Zugang.

Die Proteste aus den USA bewegten den unter einem Mangel an Problemen nicht leidenden brasilianischen Präsidenten zu ersten Zugeständnissen. So gab Sarney im Dezember seinen Segen zu einem Urheberrechtsgesetz für Softwareprodukte; außerdem legte er gegen eine vorgesehene Erhöhung des Zolls für importierte Software auf bis zu 200 Prozent sein Veto ein. Inzwischen entschied ein von der Regierung eingesetztes Gremium, MS-DOS 3.2 dürfe auch weiterhin nicht eingeführt werden, weil der einheimische PCHersteller Scopus Tecnologia SA ein entsprechendes Produkt anbiete. Lediglich für die neue Version 3.3 sind nun die Grenzen vorerst offen - bis Scopus sein "Äquivalent" dazu auf dem Markt hat.

Den Pressure-groups in den USA kommt das Einlenken zu spät. Die American Electronics Association (AEA) will jetzt den Zugang zum gesamten Computermarkt erkämpfen. Denn auch Hardware darf bislang nicht eingeführt werden, sofern sie in Brasilien hergestellt werden kann. Nun steht in Washington ein totales Importverbot für brasilianische DV-Produkte zur Entscheidung an. Wesentlich gewichtiger ist allerdings ein Strafzoll-Tarif, der auf sonstige Produkte erhoben werden soll, etwa auf Lederwaren, Orangensaft und Kaffee; dabei geht es um mehr als 100 Millionen Dollar.

Die Hardwarehersteller-Organisation Cbema hegt inzwischen die Befürchtung, die Sanktionen könnten zu weit gehen. Die Regierung soll darauf achten, so Cbema-Funktionäre auf einem Hearing, daß die Strafaktion nicht auch brasilianische Ableger von US-Firmen träfen. Um einen Kompromiß bemüht sich jetzt auf Antrag Brasiliens auch die Welthandelsorganisation GATT (General Agreement on Tariffs and Trade).