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Big Brother is watching you - und der Kollege schwitzt

30.01.2004

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einer Besprechung und auf Ihrem Notebook poppt eine Dialogbox auf, die meldet: "Achtung, Kollege Meier ist auf 180 und wird Sie gleich anbrüllen." Oder: "Frau Müller hat die Ohren auf Durchzug gestellt - keine weiteren Zahlen mehr präsentieren."

Geht es nach Peter Merkle, Forscher an den Sandia National Laboratories, könnte das bald Wirklichkeit sein. Er entwickelt mit seinen Kollegen ein System, das menschliche Emotionen erfassen können soll. Dazu werden verschiedene Sensoren am Körper angebracht und Stimmfrequenz sowie die Mimik erfasst und mittels Software ausgewertet. Aus der Kombination von Puls, Atemfrequenz und Gesichtsausdrücken soll das Programm errechnen, in welcher Stimmung der jeweilige Teilnehmer ist.

An das "Mentor/PAL" genannte System lassen sich mehrer Probanden anschließen. Reagieren Ihre Kollegen gelangweilt auf Ihren Vortrag, meldet das eine Dialogbox, ebenso wie einen bevorstehenden Wutausbruch oder Müdigkeit. Durch die Anwendung lässt sich Teamarbeit erheblich verbessern, behauptet Merkle. So werde ruhiger und stressfreier gearbeitet, da mehr Rücksicht auf die Kollegen genommen werde.

Datenschützer vergleichen das System eher mit dem berühmten Computer "HAL 9000" aus dem Film "2001 - Odyssee im Weltraum", der 1968 von Stanley Kubrik gedreht wurde, als mit einer sinnvollen Anwendung für Arbeitsgruppen. Die permanente Kontrolle und Veröffentlichung medizinischer Daten wie Herzschlag und Atemfrequenz stelle einen nicht zulässigen Eingriff in die Privatsphäre dar.

Laut Merkle ist die Verwendung des Systems im militärischen Bereich vorgesehen. So könne es für Soldaten im Einsatz lebenswichtig sein, zu wissen, wer momentan am ausgeruhtesten ist. Vor allem in kleinen Gruppen agierende Spezialkräfte seien auf solche Informationen angewiesen. (lex)