BCG-Studie: Deutschlands Forschung ist bei Zukunftstechnologien ausbaufähig

16.02.2007
Die Boston Consulting Group (BCG) hat in einer vergleichenden Untersuchung zur Innovations- und Forschungstätigkeit von Nationen festgestellt, dass Deutschland auf Technikfeldern führend ist, die heute zwar noch eine hohe wirtschaftliche Bedeutung besitzen, deren Wachstumsphase allerdings den Höhepunkt bereits überschritten haben.

Auf Forschungsgebieten, die heute und in Zukunft eine hohe Dynamik entwickeln, sei Deutschland hingegen schwächer. Fazit der BCG: "Je höher die Innovationsdynamik, desto schwächer ist die deutsche Position".

Die Unternehmensberater haben für diese Erkenntnis nach eigenen Aussagen 700.000 Patente in 17 Technologiefeldern in den Jahren 1998 bis 2005 analysiert. Die Ergebnisse flossen in die Studie "Innovationsstandort Deutschland - quo vadis?" ein. Die BCG-Studie untersucht die deutsche Forschungstätigkeit - gemessen an Patentanmeldungen - in 17 Anwendungs- und Querschnittstechnologien, innerhalb deren rund 150 Einzeltechnologien genauer betrachtet wurden.

In der Gruppe der zwölf Anwendungstechnologien - hier werden Forschungsergebnisse unmittelbar in Produkte umgesetzt - wurde die Wettbewerbsposition Deutschlands in den Bereichen Automobil und Maschinenbau, in der Verfahrens-, Bau-, Energie-, Umwelt-, Sicherheits- und Biotechnologie sowie der Telekommunikation oder in der Unterhaltungselektronik untersucht.

Spitze bei Autos

In der Automobilindustrie sind deutsche Hersteller nach den Erkenntnissen der BCG "auf allen zentralen Gebieten wie Antrieb, Steuerung, Fahrzeugstabilisierung, Materialien, Sitzkomfort und Sicherheit führend." Elektronische Steuerungen und vor allem auch "Embedded Software" würden hier weiter an Bedeutung gewinnen; zudem werde der Einsatz neuer Werkstoffe oder der Nanotechnologie Grundlage für künftige Innovationen in der Automobiltechnik sein.

Fazit: Deutsche Autobauer haben in der Forschung und Entwicklung eine gute Ausgangsposition, um künftige Herausforderungen wie die weitere Senkung des Treibstoffverbrauchs bei gleichzeitiger Leistungssteigerung oder erhöhte aktive und passive Sicherheit erfolgreich zu bewältigen.

Wenig los in der Mikroelektronik

In Querschnittsgebieten, die in unterschiedlichen Anwendungstechnologien Innovationsschübe auslösen können, habe Deutschland in der Werkstoffforschung, der Nano- und der weißen Biotechnologie eine gute Ausgangsposition, schreibt BCG. Dagegen stamme in der Mikroelektronik oder bei optischen Technologien nur ein kleiner Teil der weltweiten Patentanmeldungen aus Deutschland.

"Um auch in Zukunft innovative Wertschöpfung und hochwertige Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern, sollte die deutsche Forschungspolitik ihre begrenzten Ressourcen auf die Förderung industriell einsetzbarer Querschnittstechnologien ausrichten", sagt Studienautor Peter Strüven. Durch gezielte Förderung könne Deutschland durchaus zur Weltspitze aufschließen.

Energietechnik im Mittelfeld

Im Segment der erneuerbaren Energien wie Wind- und Wasserkraft sowie Energiegewinnung aus Biomasse kann Deutschland auf eine "dominierende Patentposition" verweisen. Dies spiegle, sagt BCG, den Erfolg staatlicher Förderpolitik. Der Anteil deutscher Patente bei Solar- und Brennstoffzellen sei bedeutsam, ließe sich aber noch weiter steigern.

Eine fast schon politische Kommentierung liefert die Boston Consulting Group beim Thema Kernkraft: Hier warnen die Autoren der Studie davor, durch den Ausstieg aus der Kernkraft die noch gehaltene technologische Führungsrolle zu verlieren.

Gar nichts los bei der IT

Beim Thema Speichersysteme, Bildverarbeitung und -wiedergabe, Kommunikationsplattformen oder IT-Applikationen hechelt Deutschland bei Patentanmeldungen hinter den USA und Asien her. Allerdings würden sich deutsche Forscher auf dem Feld der neuen Technologien in der anwendungsspezifischen Weiterentwicklung engagieren, fungierten also in der Rolle eines "Followers". Eine solche Strategie könne durchaus von Vorteile sein, meint BCG. Sie setze allerdings voraus, auch in der Lage zu sein, schnelllebige Produkt- und Investitionszyklen zu bewältigen.

Deutschland stark - aber...

Deutschland hat nach wie vor eine starke Innovationsbasis, sagt der Autor der Studie, Strüven. Ins Verhältnis zur Bevölkerungszahl gesetzt, sei die deutsche Forschungsleistung in den meisten Technologiefeldern mit der in den USA oder Japan vergleichbar. "Unsere Forscher dürfen sich zu Recht zu den Forschungsweltmeistern zählen. Doch im Wettbewerb entscheidet nun einmal die absolute Größe der vorhandenen Ressourcen", erklärt Strüven.

Der strukturelle Nachteil Deutschlands werde

durch die fortschreitende Globalisierung weiter verschärft: Hierzulande beliefen sich 2004 die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) auf 68 Milliarden US-Dollar, in den USA auf 313 Milliarden Dollar, in Japan immerhin auf 146 Milliarden Dollar. Immer mehr Innovationen kommen aus Asien. Vorreiter seien Japan und Südkorea.

China auf dem Vormarsch

Jetzt schon sei zudem klar, dass künftig mit China gerechnet werden müsse. Noch sei Chinas F&E-Budget zwar vergleichsweise niedrig. Aber ein schnell wachsendes Bruttosozialprodukt und ein steigender Anteil für F&E-Ausgaben sorge dafür, dass China nach den Berechnungen von BCG bereits 2013 das deutsche F&E-Niveau erreicht. (jm)