Kommunalprobleme führten zu neuem Informationssystem:

Bauleitplanung auch für Mini-Gemeinden

03.05.1985

MÜNCHEN (CW) - Datenverarbeitung in der Stadtplanung beschränkt sich bislang noch überwiegend auf größere Städte mit speziellen DV-Abteilungen und entsprechendem Fachpersonal. Der Beitrag des Planungsbüros Franck und Rauch, München, stellt das Informationssystem "Eidos" vor, eine Planungshilfe für mittlere und kleine Gemeinden.

Die Entwicklung in Städten und Gemeinden wird künftig mehr durch eine Konsolidierung des bisher Gebauten als durch großflächige Erweiterungen - wie in den vergangenen Jahrzehnten - geprägt sein. Die Planung befaßt sich zunehmend mit Aufgaben in den bereits bebauten Gebieten. Aufgabenstellungen solcher Art bedeuten stets Eingriffe in bestehende Strukturen und verlangen daher nach einer möglichst genauen Kenntnis der vorhandenen Gegebenheiten in baulicher und sozialer Hinsicht.

Die tägliche Arbeit in Bauämtern stützt sich in Fragen der Genehmigung von Bauanträgen und Bauanfragen auf Flurkarten, Bauakten, die persönliche Ortskenntnis und die Ziele der Bauleitplanung, soweit diese fomuliert beziehungsweise festgelegt sind. Exakte Angaben zur Struktur und Nutzungsintensität des Objektes und seiner Umgebung sind meist nicht verfügbar.

Für die Bauleitplanung werden flächendeckend nach Bedarf mehr oder weniger grobkörnige Erhebungen durchgeführt. Infolge der fortschreitenden Entwicklung veralten diese Erhebungen jedoch rasch und sind teilweise schon überholt, wenn die Pläne, für die sie als Grundlage dienten, Rechtskraft erlangen.

Die Ziele der Stadtentwicklung festgehalten im Flächennutzungsplan, sind in der Regel über ein Jahrzehnt gültig. In diesem Zeitraum können sich die Voraussetzungen, aufgrund derer die Ziele des Flächennutzungsplanes aufgestellt wurden, durch innere und äußere Anlässe gravierend ändern. Die betroffene Kommune kann sich dadurch gezwungen sehen, in Teilen eine Planungspolitik einzuschlagen, die von den Zielvorgaben des gültigen Flächennutzungsplanes abweicht. Die neuen oder veränderten Planungsziele können wegen der raschen Veraltung der Bestandsaufnahmen dann nicht mehr auf gesicherte Informationen über die tatsächlichen Verhältnisse des Bestandes gegründet werden.

Das allgegenwärtige Manko fehlender oder umständlich zu beschaffender Bau- und Strukturdaten war Hauptanlaß für die Entwicklung eines Informationssystems zur Stadtplanung. Die Lösung dieser Aufgabe begann mit der Aufstellung eines Ordnungssystems, in dem die Vielfalt der städtebaulichen Grund- und Strukturdaten in überschaubare Abteilungen mit einer sinnvollen Anordnung verwandter und logisch aufeinander bezogener Werte gegliedert wurden. Für die Erledigung der Rechenoperationen und der Speicherung wurden die Vorteile und Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung genutzt.

Das System "Eidos" verkörpert eine zehnjährige Planungs- und Untersuchungserfahrung der Entwickler und steht seit über drei Jahren in einer Stadt mit zirka 20 000 Einwohnern in praktischer Erprobung. Es ist in erster Linie geeignet für Planungs-Liegenschafts- und Vermessungsämter, weiterhin für Stadtplanungsbüros, Planungsverbände und Forschungsinstitute.

Datengrundlage des Systems ist eine parzellenscharfe Erhebung der Grundstücks- und Geschoßflächen, der Art(en) ihrer Nutzung, der Zahlen der Einwohner und Arbeitsplätze sowie der planerischen Festsetzungen und Vorhaben. Die adressenweise gespeicherten Daten enthalten sämtliche amtlichen Kennzeichnungen sowie eine kleinräumliche Gebietsgliederung, die mit den amtlichen Vorschlägen für die Auswertung von Großzählungen übereinstimmt. Die Datei wird durch Dokumentation amtlicher Vorgänge kontinuierlich fortgeschrieben.

Die Systeminformationen für den Benutzer entsprechen denen einer genauen und methodisch fortgeschrittenen städtebaulichen Strukturuntersuchung. Der Aussagebereich deckt die vorbereitenden Untersuchungen für die Flächennutzungsplanung, für Bebauungspläne und für eventuelle Sanierungsvorhaben ab.

Das Informationssystem enthält außer dem Untersuchungsprogramm städtebaulicher Bestandsaufnahmen eine Reihe von Modulen, deren Aussage durch den Einsatz von Rechnerleistung neu verfügbar wird. So können für beliebige Gebiete die Baurechtsreserven nicht nur nach planerischen Festsetzungen, sondern auch nach ° 34 BBauG auf rechnerische Weise ermittelt werden.

Durch umfangreiche und nach qualitativen Hinsichten steuerbar Rechnervorgänge lassen sich Schätzungen weit über das Maß hinaus präzisieren, das beim bisherigen Stand der Informationsgewinnung möglich und sinnvoll war. Entsprechendes gilt für Wirkungsprognosen.

Das System enthält ein Kalkulationsprogramm, das die zu erwartenden Auswirkungen von Planungsmaßnahmen quantitativ ausloten läßt. Mit zunehmender Laufzeit des Systems können statistische Untersuchungen der stattgehabten Entwicklung und eine Kräftemessung der Einflußfaktoren vorgenommen werden.

Als weitere Programmteile sind derzeit in Entwicklung: Erschließungskostenberechnung, Anschluß des Tiefbau- beziehungsweise Verkehrsplanungsamts, Satzungsentwurf für Bebauungspläne, Landschaftsplan.

Der Einsatz von "Eidos" führt zu keiner Automatisierung der Planung. Das System hat ausschließlich informativen Charakter. Es fällt weder Entscheidungen noch gibt es Empfehlungen aus. Die Entscheidungen bleiben nach wie vor der sachlichen Abwägung und der politischen Abstimmung überlassen. Sie werden lediglich besser vorbereitet und können deshalb in verantwortungsvoller Kenntnis getroffen werden.

"Eidos" auf einen Blick

Durch das System werden keine Arbeitsvorgänge wegrationalisiert. Es geschieht vielmehr eine Gewichtsverlagerung von einem verminderten Zeitaufwand für Routinen hin zu einem erhöhten Aufwand für die umfangreichere Informationsverarbeitung. Die verbesserte Wissensgrundlage bedeutet:

- Unterstützung und Entlastung der täglichen Arbeit in Bauverwaltungen durch sichere Entscheidungshilfen bei Bauanfragen und bei der Bearbeitung von Bauanträgen.

- Präzise Vorbereitung und Begleitung von Verfahren der verbindlichen Bauleitplanung (Bebauungsplan) durch exakte Kenntnis sowohl der Gegebenheiten im jeweiligen Planungsgebiet als auch der Randbedingungen aus der Umgebung.

Die vorbereitende Bauleitplanung (Flächennutzungsplan) kann aufgrund des stets aktuellen Informationsstandes nach Bedarf fortgeschrieben werden - nicht nur wie bisher in Dekaden abständen. Dadurch kann eine engere Verknüpfung von Flächennutzungs- und Bebauungsplanung erreicht werden, was allgemein zu einer Dynamisierung der gesamten Bauleitplanung führt.

- Das System eignet sich sowohl von der Programmstruktur als auch von der Bestandsaufnahme her zum schrittweisen Aufbau. Die Verwaltung, Fortschreibung und Abfrage der Grundstücksdatei stellt ein selbständig lauffähiges Subsystem dar.