Nach Gewinnwarnungen Absturz an der Börse

B-to-B-Spezialisten kämpfen gegen Krise

13.04.2001
MÜNCHEN (CW) - Nach den Gewinnwarnungen von Ariba, Commerce One, i2, Broadvision, Inktomi und Sybase fielen vergangene Woche Dow Jones und Nasdaq-Index zeitweise um mehrere hundert Punkte. Wie volatil derzeit die Situation an den Aktienmärkten ist, zeigte indes ein vergleichsweise positiver Ausblick des PC-Direktanbieters Dell, der wieder für einen Stimmungsumschwung sorgte.

Kurz nach der spektakulären Nachricht des Marktplatzspezialisten Ariba, der Anfang vergangener Woche im Zuge einbrechender Umsätze und Gewinne die geplante Übernahme des Softwarehauses Agile abblasen sowie - wie der SCM-Anbieter i2 - Entlassungen ankündigen musste (siehe CW 14/01, Seite 1 und 6), kam es für einige andere US-Softwarefirmen erst recht knüppeldick: Mit Commerce One, Broadvision und Inktomi sprachen jedenfalls drei weitere Blue Chips des E-Business-Sektors Gewinnwarnungen aus.

So geht Ariba-Konkurrent Commerce One davon aus, dass die Umsätze im ersten Quartal statt der ursprünglich prognostizierten 205 bis 210 Millionen allenfalls 170 Millionen Dollar betragen werden. Unter dem Strich rechnet man dabei nach Auskunft von Chairman und CEO Mark Hoffmann mit einem Minus von elf Cent je Aktie - also ein deutlich höherer Verlust als die sechs Cent je Anteilschein, die die Analysten bisher erwartet hatten.

Erst recht kein Ruhmesblatt dürften die eben erst beendeten jüngsten Dreimonatsperioden für Broadvision und Inktomi sein. Beide Companies kündigten nach einem offenbar völlig verhagelten ersten beziehungsweise zweiten Quartal die Entlassung von Mitarbeitern an. Broadvision wird sich demnach von 325 Angestellten und damit rund 15 Prozent der Belegschaft trennen.

Erste Maßnahme: Mitarbeiter müssen gehenMit dieser Restrukturierung ziehen die Kalifornier die Konsequenz aus der Tatsache, dass die Einnahmen im Berichtszeitraum statt der erwarteten gut 130 Millionen Dollar lediglich 85 bis 90 Millionen Dollar betragen. Gleichzeitig wird das Unternehmen erstmals seit zwölf Quartalen in Folge wieder einen Verlust ausweisen müssen - zwischen 14 und 16 Cent je Aktie. Nahezu identisch liest sich die Gewinn- und Umsatzwarnung von Inktomi: Dort bekommen in Folge des jüngsten Geschäftseinbruches (nur 36 bis 38 Millionen statt der geplanten 69 bis 73 Millionen Dollar Umsatz, 23 bis 25 Cent Verlust je Aktie) mindestens 250 Mitarbeiter den Stuhl vor die Tür gesetzt.

Beide Firmen machten, wie zuvor schon Ariba und Commerce One, vor allem das miserable Wirtschaftsklima in den USA verantwortlich. Viele Unternehmen würden sich aufgrund eigener Absatzprobleme mit der Realisierung aufwändiger IT- und E-Business-Projekte Zeit lassen, hieß es. "Unsere Auftrags-Pipeline ist eigentlich voll, aber einige Deals sind auf Eis gelegt worden", kommentierte Commerce-One-Chef Hoffmann die momentan eher düsteren Aussichten der früheren E-Business-Highflyer. Für eine allgemeine Konjunkturschwäche, die sich zunehmend auch auf die IT-Branche auswirkt, dürfte zumindest die aktuelle Gewinnwarnung von Sybase sprechen. Auch der Datenbankspezialist stimmte seine Aktionäre auf ein schwächeres erstes Quartal ein. So soll sich die Höhe des Umsatzes lediglich zwischen 227 und 231 Millionen Dollar bewegen, gleichzeitig rechnet man mit einem Nettoprofit je Aktie von 23 bis 26 Cent. Ursprüngliche Prognosen waren von mehr als 250 Millionen Dollar Umsatz und einem Nach-Steuer-Gewinn von 28 Cent je Aktie ausgegangen.

Von solchen "Einbrüchen" können Ariba & Co. im Moment allerdings nur träumen. Immer mehr Beobachter rechnen sogar damit, dass die einschlägigen B-to-B-Softwareanbieter erst am Anfang ihrer Probleme und gegebenenfalls vor einer Marktbereinigung stehen. Die Anwender scheuten aufgrund des hohen Wartungsaufwandes der Software und der Komplexität vieler E-Business-Projekte zunehmend das Risiko, einem "Nischen-Player" zu vertrauen, und liefen in Scharen zu "Komplettanbietern" wie SAP über.

Alles klammert sich an den Strohhalm DellDie Aktien von Ariba, Inktomi und Broadvision stürzten in der Folge zeitweise um mehr als 30 Prozent ab. Zwei Tage später war jedoch an der Wallstreet von Katzenjammer keine Spur mehr: PC-Direktanbieter Dell kündigte an, seine Prognosen für das am 4. Mai endende erste Quartal zu "erfüllen". Demnach sollen ein Umsatz von rund acht Milliarden Dollar sowie ein Gewinn nach Steuern von 17 Cent je Aktie in den Büchern stehen. "Momentan ist schon keine schlechte Nachricht eine gute Nachricht", wurde von einem Insider kommentiert. Offenbar spielte es für die Anleger keine entscheidende Rolle mehr, dass die Texaner bereits Mitte Februar ihre Prognosen auf die jetzt genannten Werte deutlich nach unten korrigiert hatten und Dells Chief Financial Officer James Schneider für das gesamte Geschäftsjahr aufgrund der "unsicheren wirtschaftlichen Lage" keinen weiteren Ausblick geben mochte.

Abb: Die Wallstreet warnt

Nur noch Makulatur sind die ursprünglichen Gewinn- und Umsatzprognosen der meisten B-to-B-Softwareanbieter. Quelle: CW