SCHOLZ REPORT

Auswahl dezentraler Computer(Teil 1, Technische Probleme)

16.04.1976

Es wird für jeden EDV-Leiter eines großen Rechenzentrums immer aktueller, sich mit der Auswahl kleiner dezentraler Computer zu beschäftigen. Die wesentlichen Ursachen hierfür liegen in folgenden Punkten:

1. Auf dem Sektor der Kleincomputer hat sich in den letzten Jahren ein erstaunlicher Fortschritt vollzogen.

2. Mit zunehmender Integration von Anwendungen über die Groß-EDV wird es immer schwerer, Änderungen kurzfristig in die vorhandenen Anwendungssysteme hineinzubauen, so daß die Unzufriedenheit über die EDV wächst.

3. Kleine Lösungen lassen sich über einen Kleincomputer schneller und in vielen Fällen billiger realisieren.

4. Die Anwender wollen von der Groß-EDV möglichst unabhängig sein.

5. Viele Fachabteilungsmitglieder glauben, daß sie ihre Probleme schneller allein lösen können.

Es kommt in der Zukunft also immer mehr darauf an, das Nebeneinander dezentraler Computer zur Groß-EDV sinnvoll zu koordinieren. Keinesfalls sollte man mit Gewalt versuchen, Kleincomputer-Lösungen im Keime zu ersticken, man sollte vielmehr mit den Anwendern gezielt die Analyse derartiger Computer unterstützen.

Die Leistungsdaten dezentraler Computersysteme sind heute auf einem erstaunlich hohen technischen Niveau. Dies betrifft insbesondere die interne Geschwindigkeit dieser Rechnersysteme. Hier können sich diese Anlagen durchaus mit mittleren Anlagen der Groß-EDV messen. Naturgemäß sind dezentrale Systeme nicht auf übermäßig hohe Transferraten von Daten ausgelegt, weil diese von den Benutzern nicht gefordert werden. Es liegt ein anderes Anforderungsprofil vor. Es kommt nicht darauf an, daß in einer Sekunde etwa eine Million Bytes übertragen werden. Es genügt in den allermeisten Fällen eine Geschwindigkeit in der Größe, daß die Eingabe der Daten durch den Benutzer oder auch durch alle Benutzer (bei Erfassung über mehrere Plätze) mühelos verkraftet wird.

Die, Geschwindigkeiten werden interessant bei Druckern, weil die Benutzer doch dazu neigen, mehr und mehr Listen über ihren eigenen Computer drucken zu lassen. Wenn also die Geschwindigkeit des Druckers von Anfang an sehr niedrig ausgelegt wird, kann man später Probleme bekommen.

Ausbaufähigkeit

Man sollte von Anfang an darauf achten, daß die dezentralen Systeme über die entsprechende Ausbaufähigkeit verfügen. Dieser Gesichtspunkt wird allzugerne von den Fachbereichen vergessen. Da die Ermittlung der langfristigen Kapazitäten außerordentlich schwierig ist, unterbleibt die Untersuchung dieser Frage oft völlig, weil kurzfristig eine Lösung gesucht und gefunden werden muß.

Die Ausbaufähigkeit sollte man getrennt nach den einzelnen Einheiten untersuchen und sich von dem Hersteller bestätigen lassen. Dabei kommt es auch darauf an festzustellen, ob diese Ausbaufähigkeit lediglich geplant, ist oder ob sie schon realisiert wurde.

Besonderer Wert sollte auf die Ausbaufähigkeit des freien Speichers, der Plattenkapazität und der anschließbaren Terminals gelegt werden, da viele Installationen erfahrungsgemäß in diesem Punkt ihre Schwachstellen haben. Es sollte schon zu Beginn der Analysen überprüft werden, ob ein DFÜ-Anschluß verfügbar ist oder nicht.

Wenn ein sinnvolles Miteinander dezentraler und zentraler Computer überhaupt klappen soll, muß strikt darauf geachtet werden, daß eine Kompatibilität im Datenaustausch zwischen Groß-EDV und Kleincomputer gegeben ist. Diese Kompatibilität kann durch unterschiedlichste Medien hergestellt werden. Es bieten sich beispielsweise Lochstreifen,

Lochkarten Computerband, Disketten, Magnetbandkassetten oder ein DFÜ-Anschluß zur Groß-EDV an.

Es sollte zur Frage der Kompatibilität genau untersucht werden, ob diese auch langfristig besteht. Wenn etwa die Ausgabe auf Computerband der Speicherdichte 800 BPI erfolgt und der Zentralcomputer nur über Dichten von 1600 bzw. 6250 BPI verfügt, ist die Kompatibilität nicht mehr gegeben. Es ist demnach besonders wichtig, die geplante Hardwaresituation der Zentrale mit den dezentralen Belangen abzustimmen.

Entsprechende Untersuchungen sollte man auch anstellen, wenn man die Kompatibilität über Pooler herstellt. Hier kommen Pooler für Disketten oder Kassetten oder auch Computerbänder in Betracht.

Schließlich kommt es bei dem Problem der Kompatibilität darauf an, daß sie in beiden Richtungen gegeben ist insbesondere dann, wenn an das dezentrale System

Magnetplatten angeschlossen sind.

Kaufmännische und organisatorische Aspekte dezentraler Computer werden im nächsten Scholz-Report behandelt.