Unterrichtsmaterial in 15 Jahren neunmal erneuert:

Ausbilderjob umfaßt auch Akzeptanzförderung

19.12.1980

Wer Auto fährt, schätzt den Nutzen dieses Fortbewegungsmittels; daß er eine Fahrschule vorher besucht hat, ist selbstverständlich. Wer die EDV einsetzt, hat ebenso Nutzen (das Unternehmen sowie der einzelne am Arbeitsplatz) - warum also sollte nicht auch hier die Lernphase etwas Selbstverständliches sein.

Die eilig fortschreitende Informationstechnik bewirkt, daß sich immer mehr Menschen in immer kürzeren Intervallen mit diesem Thema auseinandersetzen müssen. Schon der Zehnjährige, der sein Jugendsparkassenbuch bei der Bank vorlegt, lernt, daß es Unterschiede in der Behandlung seines Sparkassenbuches zwischen Zweigstellen der Bank mit Terminals und ohne Terminals gibt. Hier schon treten, wenn auch zufällig im privaten Bereich, Fragen zur Datenverarbeitung auf. So wie den Zehnjährigen geht es aber auch 50jährigen Berufstätigen, die von der Datenverarbeitung noch sehr wenig gehört haben. Hier muß die Schulung einsetzen.

Die Statistik zeigt einen überproportionalen Anstieg von Grundlagenschulungen und systemneutralen Seminaren, was zeigt, daß die Veränderungen in der DV-Technologie auch Auswirkungen auf die Anzahl der Auszubildenden hat. Immer mehr Menschen kommen mit der EDV in Berührung und müssen ausgebildet werden. Neben der Grundlagenschulung, die sich verstärkt auch auf das Gebiet der Datenfernverarbeitung ausdehnt, geht es um die Spezialschulungen für die verschiedenen Berufsgruppen. Diese sind natürlich noch mehr den Veränderungen in der DV-Technologie unterworfen. Unter Berufsgruppen verstehe ich den künftigen Einsatz dieser Menschen beispielsweise als Anwendungsprogrammierer, Organisator, Operator, Systemprogrammierer, Systemberater, um nur einige zu nennen.

Die Anforderungen an die DV-Trainer durch die Veränderungen im Lehrstoff sind teilweise enorm. In den 15 Jahren, seit wir EDV schulen, haben wir Wissen vermittelt über Datenerfassungsgeräte, Magnetkontencomputer, Floppy-Disk-orientierte Abrechnungscomputer, Magnetplattenorientierte Dialogcomputer, Dialog-Systeme für Multi-User-Betrieb bis hin zu flächendeckenden Online-Netzen und dabei wenigstens neunmal unser gesamtes Unterrichtsmaterial neu geschaffen.

Das bedeutet, das gesamte Wissen muß neu aufgenommen, bearbeitet, nach didaktischen Regeln formuliert und gestaltet werden. Was die Seminarteilnehmer anbelangt, so müssen die Hersteller-Mitarbeiter in Organisation/Programmierung/Vertrieb selbstverständlich auch permanent dazu- oder umlernen. Die anderen Teilnehmer sind Mitarbeiter von Kunden, die neben den (wenn erforderlich) Grundlagenkursen auf zunächst nur einer Computerkategorie ausgebildet werden.

Wenn dieser Kunde "EDV-Aufsteiger" wird und dieselben Mitarbeiter "mitaufsteigen", so gilt auch für sie Fort- und Weiterbildung in der EDV.

Die Aufgaben einer Herstellerschule beschränken sich aber nicht nur auf die reine Wissensvermittlung, sondern - und dies sei an dieser Stelle erlaubt zu sagen - umfassen auch die Vermittlung einer emotionsfreien Grundeinstellung zur EDV. Die Lehrinhalte an unseren öffentlichen Schulen sind nämlich immer noch so geartet, daß in ihrem Gefolge Akzeptanzprobleme für die EDV auftreten. Das bedeutet, die Trainer müssen erst noch um Verständnis werben, klarmachen, daß durch die EDV-Techniken nicht Arbeitsplätze verlorengehen, sondern neue interessante, ausbaufähige Arbeitsplätze geschaffen wurden und werden.

Auch wird die Arbeit nicht schwieriger, sondern teilweise leichter, in jedem Falle interessanter, wenn man je nach Tätigkeit eine entsprechende Ausbildung oder Fortbildung durchläuft.

Albrecht Lüther ist Leiter der Kienzle-Fachschule für Datenverarbeitung. Sein Beitrag wurde aus dem soeben erschienenen "Blickpunkt Magazin" von Kienzle übernommen.