Nach Philips-Joint-Venture letzt Beteiligung bei Olivetti:

AT&T legt sich zweites Standbein in Europa zu

05.01.1984

ROM/NEW YORK (bi) - AT&T setzt seine nun auf den Welt-Teleltommunikationsmarkt abzielende Kooperationspolitik fort. Nahezu gleichzeitig mit Beendigung der Reorganisationsphase des bisher im US-Telefongeschäft monopolartig führenden Riesen und dem Start der Nachfolge-Unternehmen am 2. Januar 1984 wurde am 21. Dezember 1983 ein umfassender Kooperationsvertrag mit Olivetti. dem größten europäischen Informatik-Konzern (auf dem Kontinent), abgeschlossen. Gegenstand des Abkommens ist in erster Linie der gegenseitige Vertrieb. Die weitere Präsidentschaft des Olivetti-Chefs Carlo de Benedetti ist für die nächsten zehn Jahre vertraglich garantiert (vergleiche Kolumne Seite 7).

Nachdem erst im August vergangenen Jahres mit Philips ein ähnlicher Vertrag über die Vermarktung von öffentlicher Vermittlungstechnik getroffen worden ist, dürfte sich der italienische Partner von AT&T International wohl auf das Produktspektrum der privaten Vermittlungstechnik samt Software, Chips sowie Endgeräten aller Art beziehungsweise DFÜ-fähigen Personal Computern beschränken müssen. Allerdings erhält Olivetti die entsprechenden Vertriebsrechte für Europa exklusiv, wie aus einer VWD-Meldung hervorgeht. Die Amerikaner wollen dann ihterseits von Mitte 1984 an Olivetti-Erzeugnisse im US-Markt anbieten; eine Entscheidung über das Wie sei jedoch noch nicht gefallen, berichtet das Wall Street Journal. Auch wie die amerikanische Olivetti-Tochter Docutel Olivetti Corp. in die neue Zusammenarbeit eingebaut werden könnte, ist demzufolge noch unklar. Jedenfalls verspreche sich die Olivetti eine Festigung ihrer zur Zeit schwachen Marktstellung in den USA.

Beachtlich nehmen sich die Zahlen aus, die zum Vertragsabschluß genannt werden: AT&T beteiligt sich im Rahmen einer Kapitalerhöhung von 430 Milliarden Lire (260 Millionen Dollar) mit 25 Prozent an dem italienischen Unternehmen; diese Investition sei die bisher höchste eines US-Konzerns für eine Minderheitsbeteiligung außerhalb der Vereinigten Staaten, schreibt "Die Welt". Nach der Vereinbarung werde die AT&T Nachfolgeorganisation hundert Millionen junge Aktien nahezu völlig übernehmen. AT&T verpflichtet sich ferner, seinen Anteil in den nächsten vier Jahren nicht zu erhöhen. In den dann folgenden fünf Jahren soll die Beteiligung nicht über 40 Prozent steigen.

Wettbewerbsrechtlich wird der Übernahmevorgang aus der Sicht der EG-Kommission, wie VWD aus Brüssel schreibt, aufmerksam verfolgt.

Vorerst spekulativ und uneinheitlich sind die Angaben, die über das in Europa von Olivetti angebotene AT&T-Produktspektrum durchsikkerten. Angestrebt sei eine gemeinsame Produktlinie. Der Geschäftsführer der deutschen Olivetti in Frankfurt, Fritz Dieckmann, sprach von privaten digitalen Nebenstellenanlagen (PBX) und Personal Computern der 32-Bit-Größenordnung, die so weiterentwickelt werden sollen daß sie mit allen Netzen verträglich werden. Dem gegenüber steht, daß AT&T-Chairman Charles L. Brown, wie VWD wiederum berichtet, erst kürzlich erklärt hat, sein Unternehmen plane keinen Einstieg in den Markt der Personal Computer.

Für die notwendigen Produktanpassungen hat Olivetti jedenfalls vor, bis zu 25 Millionen Dollar in Softwaregesellschaften zu investieren, Jeweils zur Hälfte in Europa und in den USA; nach Agenturmeldungen aus Mailand wollen die neuen Kooperationspartner außerdem gemeinsam einen neuen Personal Computer entwickeln.