ARD-Bericht: Kinderpornographie in "Second Life"

08.05.2007
In der ARD-Sendung "Report Mainz" haben zwei Journalisten über Fälle von Kinderpornographie berichtet, die sich in der virtuellen Welt "Second Life" zugetragen haben. Über die virtuelle Welt soll es auch zu Kontakten mit Händlern von kinderpornographischen Bildern gekommen sein.

Nick Schader und Thomas Dauser, Redakteure des ARD-Politikmagazin hatten in der der Report-Mainz-Ausgabe vom 7. Mai 2005 einen Beitrag ausgestrahlt, der belegt, dass in Second Life kinderpornographische Inhalte geboten werden. Außerdem konnten sie zeigen, dass ein Second-Life-Spieler aus Deutschland mit kinderpornografischen Bildern gehandelt hat. Ihr Material, das zum Teil gesendet wurde, haben sie der Zentralstelle gegen Kinderpornographie bei der Staatsanwaltschaft Halle übergeben. Diese leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt ein.

Oberstaatsanwalt Peter Vogt von der Staatsanwaltschaft Halle sagte dem Sender zu dem Bilderhändler: "Wir werden versuchen, diese Person namhaft zu machen. Dieser Straftatbestand wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren geahndet." Der ARD-Sender zitiert Robin Harper, die Vize-Präsidentin von Linden Lab, der Betreiber-Firma von "Second Life", mit den Worten: "Wir werden herausfinden, wer dahinter steckt und dann die Polizei informieren."

Der Beitrag deckte auf, wie Spieler in Second Life als Kinder dargestellte Avatare missbrauchen und vergewaltigen. "Mir fehlen einfach die Worte", so Oberstaatsanwalt Vogt in der Sendung, "dieses Angebot ist ein kinderpornografisches Angebot." Linden Lab kündigte gegenüber Report Mainz an, dem Online-Spiel jetzt ein Altersverifikationssystem vorzuschalten. Dadurch soll es Kindern und Jugendlichen unmöglich gemacht werden, Zugang zu bestimmten Bereichen des Spieles zu bekommen.

Jugendschützer in Deutschland fordern laut ARD-Mitteilung weitergehende Schritte. Friedemann Schindler von der für Jugendschutz im Internet zuständigen Behörde "jugendschutz.net" kritisierte in Report Mainz: "Linden Lab hätte ganz einfache Möglichkeiten, den sexuellen Missbrauch zu verhindern, indem sie einfach die Welt so programmieren, dass zum Beispiel der sexuelle Kontakt zwischen Kindern und Erwachsenen nicht möglich ist."

Der Fernsehbeitrag dokumentiert, dass es etliche Nutzergruppen in "Second Life" gibt, deren Mitglieder kindliche Spielfiguren gegen Geld sexuell missbrauchen. Dazu sagte Lutz-Ulrich Besser vom Zentrum für Psychotraumatologie und Traumatherapie Niedersachen in dem ARD-Politikmagazin: "Wenn man sich dann vorstellt, dass dort hinter diesen Spielfiguren reale Menschen stehen, die sozusagen diese Figuren und die Befehle und das, was dort an sexueller Ausbeutung und Erniedrigung passiert, auch noch steuern, dann sind das wirklich Anleitungen zu sexueller Ausbeutung, zu sexuellen Verbrechen an Kindern."

Deutsche am häufigsten in Second Life

Die "Süddeutsche Zeitung" zitiert eine Studie des Londoner Marktforschungsinstituts ComScore aus London, wonach die meisten Teilnehmer von Second Life aus Deutschland stammen. Mit 209.000 Mitgliedern, die über 15 Jahre alt sind, stellt Deutschland weltweit mehr User in der von Linden Lab entwickelten virtuellen Welt als jede andere Nation. Die Amerikaner reichen mit 207.000 Teilnehmern knapp an diese Zahl heran.

Das Marktforschungsunternehmen Gartner geht davon aus, dass bis zum Jahr 2011 rund 80 Prozent der Internetnutzer ein virtuelles Zweitleben führen werden. Viele Unternehmen testen bereits, ob sich eine Präsenz in Second Life lohnt und wie virtuelle Welten für ein Geschäftsmodell genutzt werden können. Allerdings ist die virtuelle Entwicklungsplattform auch schon ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. (jm)