Auch die Mac-Company setzt alles auf die Internet-Karte

Apple-Chef Amelio reorganisiert und strafft die Produktpalette

24.05.1996

Für alle Software-Aktivitäten wird in Zukunft der Geschäftsbereich Applesoft zuständig sein, so Jan Gesmar-Larsen, Geschäftsführer der Apple Computer GmbH. In der Praxis bedeutet dies beispielsweise, daß bei der Frage, welche Software auf zukünftige Macintosh-Systeme aufgespielt wird, nicht automatisch Apple-eigene Anwendungen den Vorzug erhalten. Ungeklärt blieb bislang, wie sich diese Strategie auf Apples Softwareschmiede Claris auswirken wird.

Für Internet-Strategien wird in Zukunft der Geschäftsbereich Applenet verantwortlich zeichnen. Als dritte Suborganisation soll Appleassist alle kundenorientierten Fragestellungen erledigen.

Die Hardware-Aktivitäten unterteilt Amelio in vier Divisionen: Der Bereich Macintosh kümmert sich um die angestammte Mac-Rechner-Plattform, Hochleistungs-Server sowie die "Powerbook"-Notebooks. Neue Technologien wie den "Newton" und das abgespeckte Macintosh-Betriebssystem "Pippin" fallen in die Verantwortlichkeit von Information Appliances. Der Geschäftsbereich Alternative Platforms kümmert sich um Systeme etwa aus der Unix-Welt. Darüber hinaus installierte Amelio die Division Imaging. Über Partner hofft der Apple-Chef, die Kundenbasis weiter zu vergrößern. In Zukunft sollen verstärkt Rechte für die Macintosh-Technologie an Dritte lizenziert werden.

Mit einem rigorosen Kahlschlag plant Apple, die Macintosh-Produktpalette übersichtlicher zu machen: 84 Basismodelle mit unterschiedlichen Systemplatinen und sechs Betriebssystem-Varianten seien nicht mehr überschaubar. Innerhalb von zwölf Monaten soll die überbordende Variantenvielfalt auf 42 Modelltypen reduziert werden. Langfristig, so Gesmar-Larsen, peilt Apple ein Produktspektrum von nur mehr 30 unterschiedlichen Modellen an.

Um das Internet-Engagement zu dokumentieren, bringt Apple nach Meldungen des Brancheninformationsdienstes "Computergram" in den USA ein Gerät auf den Markt, das im Sinne des Network-Computings als Internet-Terminal dienen soll. Hierbei handelt es sich im Prinzip um die Technologie des japanischen Herstellers Bandai Company Ltd. Dieser hatte vergangenes Jahr Lizenzrechte an Pippin für seine Spielekonsolen erworben.

Seit etwa zwei Monaten vertreibt Bandai das "Atmark"-Gerät im Land der aufgehenden Sonne und seit kurzem auch in den USA. Prinzipiell handelt es sich hierbei um eine Box mit CD-ROM-Laufwerk und einer Power-PC-CPU. Auf der CD ist unter anderem das Betriebssystem aufgespielt. An die Atmark-Box lassen sich Komponenten wie Monitor, Fernseher oder eine Tastatur anschließen. Mit einem Modem kann der Anwender auch Online-Dienste nutzen.

Apple will in das Mac-Betriebssystem zusätzliche Internet-Features einarbeiten, um Anwendern die Benutzung der Online-Dienste zu erleichtern. Laut Dataquest ist Apple mit einem Anteil von 41 Prozent der dominierende Anbieter von Werkzeugen zur Entwicklung von Web-Seiten. Darüber hinaus seien 17 Prozent aller Internet-Server Macintosh-Systeme, und mehr als jeder fünfte Internet-Benutzer (21 Prozent) arbeite mit einem Apple-Rechner.

Bereits vorgestellt hatte Apple die "Cyberdog"-Suite, ein Paket mit der Compound-Document-Technologie "Opendoc" konformer Software-Tools, das Anwendern unter anderem den Zugriff auf das Internet aus Macintosh-Applikationen heraus ermöglicht. Mit welcher Personaldecke Amelio seine hochgesteckten Ziele realisieren will, ist noch unklar. Bis heute wurden keine Angaben zu weiteren Entlassungen gemacht, die über die bereits veröffentlichte Zahl von 2800 Mitarbeitern hinausgehen.