Gegen Audiotracking

App soll „Spion Handy“ zur Strecke bringen

08.12.2016
Wer eine TV-Sendung verfolgt und gleichzeitig Smartphone oder Tablet aktiviert hat, sollte aufpassen: Möglicherweise informieren sich Dritte via Audiotracking über seine Konsumgewohnheiten. Eine österreichische Fachhochschule entwickelt nun eine Anwendung, die akustische Cookies aufspürt und deaktiviert.

Die Fachhochschule St. Pölten hat in dem Projekt "SoniControl" eine Methode entwickelt, mit der sich das geräteübergreifende Ausspionieren von Konsumenten unterbinden lässt. Hintergrund ist, dass Mobiltelefone und Tablets durch das sogenannte Audiotracking herausfinden und an Dritte übermitteln können, was Menschen in anderen Medien, etwa im TV, konsumieren oder ob sie Räume und Plätze wechseln.

Audiotracking funktioniert beispielsweise so, dass Werbespots, die im TV laufen, unhörbare akustische Signale aussenden. Diese werden von mobilen Endgeräten in der Umgebung aufgefangen, entschlüsselt und an den Sender des Signals zurückgesandt. Der kann auf diese Weise etwa feststellen, ob der Fernseher und das Mobilgerät derselben Person gehören und welche Werbung gerade gesehen wird. Ähnlich wie im Web seit langem das User-Verhalten mit Cookies getrackt wird, kommen hier Audio-Cookies zum Einsatz die geräteübergreifend funktionieren und von denen der Nutzer nichts weiß.

360-Grad-Spionage mit Cross Device Tracking

Mit solchem Cross-Device-Tracking lässt sich das Nutzerverhalten detaillierter verfolgen, und Benutzerprofile können miteinander verschmolzen werden. So entstehen besonders detaillierte User-Profile, die zu zielgerichteter Werbung und individuell aufbereiteten Internet-Inhalten führen können.

Während sich einfache Web-Cookies filtern lassen und die Nutzer abgefragt werden müssen, ob sie gesetzt werden dürfen, lassen sich die akustischen Cookies bislang nicht blockieren. Hier setzt das Projekt SoniControl der Fachhochschule St. Pölten an. Am Institut entsteht derzeit eine mobile Anwendung, die akustische Cookies aufspürt, Nutzer darauf aufmerksam macht und das Tracking auf Wunsch blockiert.

Das Handy weiß, wer noch im Raum ist

Die Projektbeteiligten wenden sich auch gegen das für Menschen nicht wahrnehmbare Senden akustischer Cookies über den Handy-Lautsprecher. Mit ihnen kann den Forschern zufolge der Standort von Benutzern erkannt werden und auch, welche Personen gerade in der Nähe sind. "Das Handymikrofon ist permanent aktiv, um Sprachbefehle entgegen zu nehmen", lässt sich Matthias Zeppelzauer, Leiter des Projekts und Senior Researcher in der Forschungsgruppe Media Computing am Institut für Creative\Media/Technologies der FH St. Pölten in einer Pressemitteilung zitieren. "Jede mobile Anwendung, die Zugriff auf das Mikrofon hat, sowie das Betriebssystem selbst können jederzeit das Mikrofon eines mobilen Endgerätes ohne Benachrichtigung aktivieren, abhören, akustische Cookies erkennen und über das Internet abgleichen."

Über diese Informationsübermittlung im laufenden Betrieb würden die User oft nicht informiert. Wollte man Abhilfe schaffen, müsste man das Mikro permanent deaktivieren - wodurch das Gerät als Telefon unbrauchbar würde. Zeppelzauer und sein Team nutzen Signalverarbeitungsmethoden, um akustische Cookies erkennen und Gerätebenutzer informieren zu können. Zur Maskierung werden via Ultraschall Störsignalen über den Lautsprecher des Mobilgeräts gesendet. So lassen sich dem Projektteam zufolge akustische Cookies neutralisieren, bevor Betriebssystem oder mobile Anwendungen darauf zugreifen können. Benutzer könnten Cookies selektiv blocken, ohne dass die Funktionsweise des Smartphones beeinträchtig werde.

Nach Abschluss des von der Initiative "netidee" geförderten Projekts will das Team seine Ergebnisse und die Applikation öffentlich unter einer Open-Source-Lizenz (Creative Commons) zur Verfügung stellen. Zwischenschritte werden in einem Blog dokumentiert. Die entstehende App soll auch im Google-Play Store zur Verfügung gestellt werden. (hv)