Start-ups in den USA

"Am wichtigsten ist die Leidenschaft"

12.01.2012
Ein Ring für den Touchscreen, eine Software für die Zusammenarbeit und ein Projekt für bedürftige Kinder - die Computermesse CES in Las Vegas offenbart drei Gründergeschichten, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten.

Alle Start-ups aber vermitteln die Botschaft, dass die Leidenschaft für eine Idee am wichtigsten ist. Die Finanzierung kommt dann schon von ganz allein. Rund 100 junge Firmen und Projekte präsentieren sich in dieser Woche in der "Eureka Park TechZone" der Consumer Electronics Show. Während die großen IT-Konzerne wie Microsoft und Intel riesige Flächen im Las Vegas Convention Center belegen, haben die Kleinen der IT-Landschaft nur wenige Quadratmeter im Casino-Hotel "The Venetian", um meist zum ersten Mal ihre Angeboten auf einer Messe vorzustellen.

"Im November hatte ich die Idee, kurz vor Weihnachten war das erste Produkt hergestellt", sagt die 42-jährige Marni Peters aus Gastonia in North-Carolina. Das Produkt ist ein schwarzer Ring aus Silikon, der über den Zeigefinger gestreift wird und eine leichtere Bedienung auf allen Touchscreens verspricht. Ein kleiner metallverstärkter Nippel trifft die Tasten einer virtuellen Tastatur zuverlässiger als der ganze Finger. Für den Auslöser habe ihre Mutter gesorgt, die sie um Hilfe beim SMS-Schreiben auf ihrem Blackberry gebeten habe, erklärt die Erfinderin.

"Ich bin schon seit Jahren am Herumbasteln", sagt Peters im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. "1998 habe ich eine Lösung für das Abstreifen von Snowboards entwickelt, die Vermarktung war aber zu teuer. Diesmal habe ich mich wegen der Finanzierung an meine Familie gewandt, einen Hersteller habe ich im Web gefunden." Mit der Reaktion ist die Mutter von zwei kleinen Kindern sehr zufrieden, jetzt sucht sie für ihren "txtRng" einen Vertriebspartner für Europa.

Auch die drei Gründer des Bostoner Start-ups code-laboration haben sich im Mai vergangenen Jahres an Angehörige und Freunde gewandt, um die Startfinanzierung sicherzustellen. Außerdem fanden sie auch zwei Investoren. "Aber am wichtigsten ist die Leidenschaft", sagt der 21-jährige Jeffrey Glusman. "Es ist ziemlich einfach, in den USA eine Firma zu gründen. Die Probleme fangen erst an, wenn man Leute einstellt und größer wird." Dann gebe es so viele rechtliche Dinge zu beachten, dass man das oft nicht mehr allein schaffe.

Das junge Trio hat eine Software-Plattform für die Zusammenarbeit in Echtzeit und für das Organisieren von Fragen und Antworten entwickelt: Kleine Gruppen können mit "twykin" gemeinsam an einer Software oder an Texten arbeiten, so dass alle sehen, wer gerade was macht. Im Februar soll eine erste Testversion fertig sein. "Das hat sich etwas verzögert, weil unserer Programmierer gerade krank ist", erklärt Erich Seifert entschuldigend. Nächster Schritt sei eine Software-Schnittstelle für die Plattform zur Einbindung in Unternehmen.

Für den kleinen Stand auf der CES zahlte die junge Firma 1000 Dollar (790 Euro) - normalerweise wären es 5000 Dollar gewesen, erklärt Glusman. Aber für Start-ups gebe es in den USA viel Unterstützung. Neben dem Silicon Valley in Kalifornien gebe es auch in New York und Boston and der Ostküste der USA große Start-up-Zentren.

Gleich am Eingang des Startup-Treffs ist der Stand eines Projekts, das gar kein Business-Modell hat: Die freiwilligen Mitarbeiter bei Labdoo sammeln alte Notebooks, möbeln sie auf und transportieren sie an bedürftige Schüler in Afrika oder Asien oder auch an Waisenkinder in Italien. "Wir haben Anfang 2010 als Graswurzelbewegung begonnen und inzwischen mehr als 100 Notebooks verteilt", sagt der Jordi Ros-Giralt. "400 weitere sind noch in der Pipeline." Der Spanier lebt in Barcelona und arbeitet als Computerwissenschaftler in New York. Alle sechs Wochen fliegt er hin und her und nimmt dabei ein Notebook mit. Weitere Freiwillige tragen das Paket von Haus zu Haus, bis es an seinem Bestimmungsort eingetroffen ist.

Wie bei einem großen Logistikunternehmen können die Spender alter Notebooks sehen, wo sich das Gerät gerade befindet. Die Freiwilligen sorgen für eventuell nötige Reparaturen und installieren Ubuntu auf dem Computer, eine besonders einfach zu bedienende Linux-Version. Labdoo besteht inzwischen aus acht Zentren mit jeweils etwa zehn Freiwilligen. Ros-Giralt hat einen alten Toshiba-Laptop aus Barcelona nach Las Vegas mitgebracht, auf dem langen Weg von einer Stafette bis zur nächsten. Er hofft, dass das Netz immer engmaschiger wird und sagt: "Ich bin sicher, dass wir bald auch in Deutschland Leute haben." (dpa/tc)