Kolumne

"Ärmel aufkremplen und ab zum TÜV"

14.02.2003
Karin Quack Redakteurin CW

Warum lagert ein Unternehmen seine operationalen IT-Services aus? Streng genommen gibt es auf diese Frage nur eine Antwort: um die Betriebskosten zu senken. Alle Alternativargumente - Konzentration auf das Kerngeschäft, Nutzung von State-of-the-Art-Technik, Transparenz der Prozesse etc. - hängen direkt oder indirekt damit zusammen.

Tatsächlich wenden die meisten CIOs einen beträchtlichen Teil ihrer Budgets dafür auf, den Laden einfach nur am Laufen zu halten. Das Beratungsunternehmen A.T. Kearney schätzt den Rest, der für geschäftsstrategische Aktivitäten übrig bleibt, auf zehn bis 25 Prozent. Ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt - gehört das Consulting-Unternehmen doch dem Outsourcing-Spezialisten EDS. Aber der Deutsche-Bank-CIO Clemens Jochum bestätigt zumindest die Tendenz: Eigenen Angaben zufolge steckt er insgesamt 70 Prozent der von ihm zu verantwortenden Ausgaben in die Aufrechterhaltung des Betriebs. Er empfindet das als "unbefriedigend" und hofft, durch Outsourcing und Flexibilisierung der "Run-the-Bank"-Kosten ein "Fifty-fifty-Verhältnis" zwischen Betriebsaufwänden und "Change-the-Bank"-Investitionen zu erreichen.

Nun kann man wohl darüber streiten, wo eigentlich die Betriebskosten enden beziehungsweise die geschäftskritischen Investitionen beginnen. Zu Letzteren zählt sicher die Neuentwicklung von Softwareapplikationen, zu Ersteren deren Pflege. Wirklich? Diese Unterscheidung erweist sich in der Praxis als schwierig: Unklare Auftragnehmer-Auftraggeber-Beziehungen und diffuse Prozesse machen die Grenzen zwischen den Kostenstellen durchlässig. Da werden kleinere Neuentwicklungen - unter Umgehung des Business Case - als Maintenance verbucht. Andererseits übernehmen gewiefte Endanwender Wartungsarbeiten, die eigentlich Aufgabe des internen oder externen IT-Dienstleisters wären.

Als ultimatives Mittel zur Verringerung der laufenden IT-Kosten haben die Fachleute schon lange die Standardisierung ausgemacht - auf der Technik- wie auf der Prozessseite. Ein relativ neuer Gedanke ist das Lifecycle-Management der Softwareapplikationen. "Wir brauchen einen TÜV für Anwendungen", forderte kürzlich ein namhafter Anwender. Auf diese Weise ließen sich Applikationen, deren Betrieb nicht mehr wirtschaftlich sei, "aus dem Verkehr ziehen".

Das klingt logisch. Fragen wir uns nicht jedes Mal, wenn wir die handgenähten Budapester zum Schuster bringen, ob es auf Dauer billiger wäre, endlich ein neues Paar anfertigen zu lassen? Was also hindert den CIO daran, dieselben Überlegungen hinsichtlich seiner Software anzustellen? Möglichweise die allzu enge Verflechtung zwischen unterschiedlichen Prozessen und den sie unterstützenden Applikationen. Da hilft nur eins: Ärmel aufkrempeln und richtig aufräumen. Vielleicht erübrigt sich dann sogar das Outsourcing.