Windows Essential Business Server

Was hinter der neuen Microsoft-Suite steckt

24.11.2008 von Peter Gruber
Das Chaos für IT-Administratoren in mittelständischen Unternehmen könnte sich lichten. Mit dem "Essential Business Server 2008" hat Microsoft eine Suite auf den Markt gebracht, die sie im Alltagsgeschäft entlasten soll. Linux- und Unix-Produkte bekommen durch das Server-Bundle jedenfalls ernsthafte Konkurrenz.

Mit dem Essential Business Server 2008 (EBS) hat Microsoft eine Suite entwickelt, die aufgrund ihres Server-Bundles relativ einzigartig ist und eine vorhandene Marktlücke schließen soll. Das Paket umfasst in der Standard-Edition den Windows Server 2008, den Exchange Server 2007 sowie den Forefront Security for Exchange Server. Optional kann in der Premium-Edition zusätzlich der Microsoft SQL Server 2008 erworben werden. Der Konzern adressiert mit dem EBS Unternehmen mit 50 bis 300 Anwendern, deren Administratoren händeringend nach einer Lösung suchen, um ihre IT-Umgebung leichter im Auge behalten können.

Der mittelständische Administrator braucht Hilfe

Microsoft fand in einer Marktanalyse heraus, dass kleine und mittelständische Firmen dieser Größenordnung in der Regel höchstens zwei Angestellte beschäftigen, die für die tägliche IT-Routine zuständig sind. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Generalisten mit breitem, aber in vielen Fällen relativ oberflächlichem IT-Wissen. Die meiste Zeit verbringen diese Personen damit, auf Probleme im Netzwerk zu reagieren. Deshalb, so das Ergebnis der Marktforschung, sind diese Administratoren an einer Lösung interessiert, die nicht nur den Support erleichtert, sondern darüber hinaus auch einen Überblick über die Bereiche Sicherheit sowie Anwendung und Management von Hard- und Software gibt. Hinzu kommt die Kontrolle und Verwaltung der Bestände - sprich IT-Assets. Mit anderen Worten: IT-Manager in mittelständischen Firmen kämpfen mit vielen Problemen, die auch ihre Kollegen in großen Unternehmen haben, allerdings verfügen sie im Normalfall wegen viel geringerer Budgets nicht über informationstechnische Hilfsmittel, die ihnen formalisierte Strukturen sowie vorbeugende Handlungsmöglichkeiten an die Hand geben.

Konsole verschafft den Überblick

Mit dem EBS verfolgt Microsoft nun die Idee, diesen IT-Verantwortlichen ihre Arbeit zu erleichtern. Mit der Suite sollen sie sich laufend ein Bild vom Status ihrer IT-Landschaft machen können. Das heißt, sie sehen, ob der Netzwerk- und der E-Mail-Betrieb funktionieren, ob die Sicherheitssysteme ihren Dienst tun, ob der Internet-Zugang und Log-on für die Anwender gewährleistet ist, und ob alle Lizenzkriterien erfüllt sind. Außerdem können sie laut Microsoft durch Plug-ins mit der Konsole sämtliche Hardware verwalten und kontrollieren.

Die Entwicklung des EBS ist unter anderem das Resultat der jährlich 6,5 Milliarden Dollar hohen Investitionen von Microsoft in Produkte und Supportprogramme für kleine und mittelständische Unternehmen. Der Konzern trägt damit ebenso wie andere Hersteller der Zielgruppe mittelständischer Firmen Rechnung, die auf der Suche nach neuen Umsatzfeldern immer interessanter und lukrativer wird. Mit der Suite verfolgt Microsoft das Ziel, die genannten Probleme der IT-Manager zu lösen und einen Best-Practise-Ansatz zu liefern.

Konkurrenz durch Linux- und Unix-Produkte

Alexander Kubsch: Der Windows Essential Business Server ist eine Alternative zu Linux-Lösungen.
Foto: Alexander Kubsch

Alexander Kubsch, Analyst bei Techconsult, teilt das Ergebnis der Marktanalyse. Seiner Meinung nach ist im Mittelstand der Bedarf an einer Suite wie dem EBS vorhanden. Dem Experten zufolge gibt es zwar sowohl in der Linux- als auch Unix-Welt eine Sammlung von Produkten, die dieselben Aufgaben erfüllen können wie der Essential Business Server, allerdings sei der damit verbundene Administrationsaufwand deutlich höher. "Es wäre sogar denkbar, dass Anwender, die unterdessen ihre Erfahrungen mit Linux gesammelt haben, wegen der aufwändigen Administration und des fehlenden Supports zu Microsoft zurückwechseln und den ESB einsetzen", sieht Kubsch gute Chancen für die neue Suite. Dafür spreche auch, dass der Mittelstand ohnehin sehr Windows-affin ist. Voraussetzung für einen Erfolg des EBS im Markt sei jedoch, dass Microsoft seinen Vertriebspartnern klarmacht, wo die Vorteil der Suite liegen. Dies sei dringend erforderlich, weil das Produkt noch sehr unbekannt ist.

Volles Leistungspotenzial des EBS erfordert drei Server

Um den Funktionsumfang des EBS komplett ausschöpfen zu können, benötigen die Lizenznehmer drei Server. Für Firmen mit geringerem IT-Budget und weniger Anwender bedeutet dies unter Umständen eine sehr anspruchsvolle und wohl abzuwägende Investition. Da der EBS aber für bis zu 300 Nutzer oder Geräte konzipiert wurde und ein breites Spektrum an Diensten beinhaltet, sind folgende drei Server erforderlich:

1. Management Server

Zunächst ist ein Management Server Voraussetzung, der gewissermaßen als eine Art "Hub" für alle Operationen im Netzwerk fungiert. Der Management Server umfasst

2. Messaging Server

Vonnöten ist auch ein Messaging Server, der für den Ablauf aller Exchange- und anderer Mail-relevanten Services sorgt und als zweiter Domain Controller arbeitet. Auf dem Messaging Server laufen

3. Security Server

Vor den beiden genannten Servern sitzt der Edge- oder Security Server, der die Server und alle anderen Komponenten im Netz vor Bedrohungen schützen soll. Er beinhaltet:

Die geschilderten Elemente sind Bestandteile der Standard Editon. Die Premium Edition umfasst zusätzlich eine Lizenz für den Windows Server 2008 sowie den SQL Server 2008 Standard Edition.

Probleme schon vor der Entstehung ausschalten

Der EBS stellt ein Tool dar, mit dem IT-Umgebungen in Midsize-Netzen gezielt untersucht und kontrolliert werden können. Die Suite "überwacht" dabei 91 Problemfelder in den Bereichen Wartung sowie Konfiguration, die sich in der Vergangenheit als für die Anwender besonders virulent herausgestellt haben. Dazu zählen zum Beispiel Probleme mit dem Active Directory, im Networking, mit Exchange sowie die Konfiguration des Windows Server. Die Entwickler von Microsoft haben sich dieser kritischen Punkte angenommen und versuchen, sie mit dem EBS automatisch für die Anwender auszuschalten. Allerdings gibt es auch für alle, die nicht in den EBS investieren wollen, eine gute Nachricht: Sie können diese Tools kostenlos hier im Web abrufen. Auf dieser Seite finden sich aber auch für Firmen, die den EBS implementieren wollen, Preparation und Planning Tools, die Aufschluss darüber geben, wie das Netwerk nach der Installation aussehen wird.

Konsole zeigt Komponentenstatus an

Mit der Installation der Suite steht dem Administrator die Windows Essential Business Server Administration Console zur Wahrnehmung seiner Aufgaben zur Verfügung. Mit Hilfe der Konsole wird auch der Status von Geräten oder Software anderer Hersteller im Netz durch integriertes Monitoring abgebildet. Zu diesem Zweck haben Partner und Drittanbieter ergänzende Anwendungen durch Plug-ins realisiert. Dazu gehören laut Microsoft Angebote von den Hardwareherstellern AMD, Dell, HP, IBM, Intel, Lenovo und Sun Microsystems sowie von den Softwareherstellern Computer Associates, Citrix Systems, Symantec und Trend Micro. Allerdings will auch Microsoft selbst noch in Sachen Integration aktiv werden. Der Hersteller kündigte kürzlich an, auch seine Business-Lösungen Dynamics CRM 4.0, NAV 2009 und AX 2009 auf den EBS anpassen zu wollen.

Mengenrabatt auf die Lizenzen

Ein Vorteil für mittelständische Unternehmen, die mit dem EBS liebäugeln, könnte im Preis- bzw. Lizenzmodell liegen. Mit dem Kauf der Suite fallen für die EBS Standard Edition laut Microsoft-Listenpreis 7.799 Dollar plus 112 Dollar für die Client Access License (ACL) je Nutzer an. Die Premium Edition kostet 10.213 Dollar plus 274 Dollar pro Anwender. Jede EBS-Server-Suite beinhaltet standardmäßig fünf CALs. Damit ist die Anschaffung des EBS-Pakets mit den entweder drei Servern der Standard-Edition oder den vier in der Premium-Edition enthaltenen Servern kostengünstiger als der Kauf der einzelnen Server-Produkte. Würde ein Unternehmen die jeweiligen Produkte separat kaufen, fielen je Server sowohl der Grundpreis als auch die jeweiligen Lizenzgebühren pro User an.

Umstieg bei Ablösung alter Windows-Installationen

Techconsult-Analyst Kubsch hält das Angebot des Server-Pakets in Gestalt des EBS für einen klugen Schachzug des Herstellers. "Microsoft war mit Bundles, zum Beispiel dem Small Business Server, stets erfolgreich", meint er und nennt die Zielsetzung, die sich dahinter verbirgt: "Die Strategie von Microsoft ist es, mit dem günstigeren Paketpreis möglichst viele Produkte beim Kunden zu platzieren. Dadurch kann das Unternehmen die eigene Basis auch dort erhöhen, wo zuvor Wettbewerbsprodukte installiert waren." Allerdings werden die CIOs in mittelständischen Betrieben nach Einschätzung von Kubsch nicht automatisch auf die EBS-Plattform umsteigen: "Warum sollten sie eine laufende Umgebung ohne Not ändern?". Ein Wechsel werde in den meisten Fällen nur dann erfolgen, wenn die Ablösung älterer Windows-Installationen anstehe oder Unternehmen beispielsweise mobile Mitarbeiter einbinden sowie die Administration vereinfachen wollen.

SCE-Konsole gibt Diagnose-Tipps

Auf einem HP Bladecenter c3000 mit drei Proliant BL260c G5 Server-Blades, die jeweils über 10 GB RAM verfügten, war der Setup-Prozess der Testinstallation sehr anspruchsvoll. Es dauerte nahezu eineinhalb Tage, bis die Server-Umgebung stand und die Konfiguration auf den drei Maschinen für den realen Betrieb abgeschlossen war. Die EBS Administration Console erwies sich dann in ihrer Handhabung aber als intuitiv und schaffte in der Tat die meisten lästigen, jedoch alltäglichen Aufgaben eines Administrators aus dem Weg. Das heißt: Es war leicht, Anwender-Accounts anzulegen, Rechner im Netz zu identifizieren sowie ihren Status und die Performance zu überwachen, Update-Funktionen auszulesen und auftretende Fehler zu erkennen. Für die meisten Probleme, die von den System Center Essentials Agents (SCE) auf den Netzwerk-Computern entdeckt wurden, bot die SCE-Konsole weitere Informationen sowie mögliche Vorschläge zur Diagnose an. Allerdings war die SCE-Konsole zunächst schwer zu verstehen und zu navigieren. Ihre Handhabung sollte für Administratoren, die sie täglich nutzen, aber schnell kein Problem mehr sein.

Im Test stellte sich auch die E-Mail-Übertragung sowie der Empfang als unproblematisch heraus. Bewusst erzeugte Fehler auf dem Messaging Server wurden von der EBS Administration Console rasch bemerkt und mit Hilfe der SCE das auftretende Problem bestimmt. Zuverlässig arbeitet im Probebetrieb auch das Forefront Threat Management Gateway, das von Microsoft vorkonfiguriert auf die Anforderungen des EBS ausgeliefert wird.

Fazit

Alles in allem hat sich der EBS im Test bewährt und bedient die Suite zweifellos vorhandene Marktbedürfnisse. Sie hilft überlasteten Administratoren dabei, nicht mehr nur auf Probleme zu reagieren, sondern eine Umgebung zu schaffen, in der sie vorbeugende Kontrolle über das Netz ausüben können und mehr Freiraum für ihre Tätigkeit bekommen. Mit den Bereichen Mail, Sicherheit, Management sowie in der Premium-Edition auch noch Datenbank fährt Microsoft mit dem EBS einen wirklich umfassenden Ansatz im Marktsegment für mittelständische Kunden.

Dieser Beitrag basiert zum Teil auf Informationen der COMPUTERWOCHE-Schwesterpublikation http://www.computerworld.com/.