Vom Kabelschacht in die Chefetage

Die Geschichte von Cisco

18.02.2016 von Kriemhilde Klippstätter 
Vom Infrastruktur-Lieferant für Netzwerke zum Allround-Anbieter. So lässt sich die bewegte Geschichte von Cisco Systems zusammenfassen.

Marktanteile und Umsatz lassen sich immer verbessern. Davon war John Chambers, der 20 Jahre lang die Geschicke der Cisco Systems Inc. bestimmte, überzeugt. Dafür gibt und gab es hauptsächlich zwei Wege: Firmenübernahmen und neue Geschäftsfelder. Cisco nutzt seit langem beide und überrascht dabei oftmals nicht nur die Konkurrenz.

Auch wenn Cisco immer wieder wirtschaftliche Einbrüche und Entlassungen hinnehmen musste, darf die Company doch als eine der erfolgreichsten der IT-Szene gelten. Vom Infrastrukturlieferant hat Cisco den Sprung zum Allround-Anbieter geschafft, oder wie es der Ex-Firmenchef Chambers ausdrückte: vom Kabelschacht in die Chefetage.

Die Geschichte von Cisco
Vom Kabelschacht in die Chefetage
Vom Infrastruktur-Lieferant für Netzwerke zum Allround-Anbieter. So lässt sich die bewegte Geschichte von Cisco Systems zusammenfassen. In unserer Bildergalerie blicken wir zurück.
2015 - Robbins kommt
Das Eigengewächs Chuck Robbins führt von jetzt an Cisco als CEO. Ganz unbeaufsichtigt ist er nicht: Übervater John Chambers zieht als Aufsichtsratschef weiter die Fäden im Hintergrund.
2015 - Chambers geht
Mit John Chambers geht eine der Ikonen des Silicon Valley von Bord. Er war 20 Jahre ununterbrochen im Amt und hat 168 Firmen zugekauft. Er übergibt an seinen Zögling Chuck Robbins, der seit 1997 im Unternehmen ist.
2014 - Sourcefire gekauft
Den auf Sicherheitsequipment spezialisierten Anbieter lässt sich Cisco 2,7 Milliarden Dollar kosten.
2013 - Tuszik neuer Deutschland-Chef
Mit Oliver Tuszik bekommt Cisco einen neuen Deutschland-Chef, der zuvor sein Geld an der Spitze des Systemhauses Computacenter verdiente.
2013 - Unter Verdacht
Hat Cisco Backdoors für die amerikanischen Geheimdienste in seine Router eingebaut? Während dies nur ein nicht bestätigter Verdacht ist, ist etwas anderes sicher: Die Geschäftserfolge lassen weiter nach.
2012 - Übernahme NDS
Rund fünf Milliarden Dollar lässt sich Cisco NDS kosten, einen Anbieter von TV-Software.
2011 - Gary Moore
Chief Operating Officer Gary Moore kündigte 2011 massive Einsparungen mit Massenentlassungen an.
2010 - Carlo Wolf
2010 wird Carlo Wolf neuer Geschäftsführer von Cisco in Deutschland, Vorgänger Michael Ganser wechselt ins „Central Theatre“.
2009 - Flip camcorder
Mit den Flip-Camers der 2009 übernommenen Pure Digital Technologies will John Chambers den Endkundenbereich stärken. Doch der Erfolg bleibt aus.
2009 - UCS-Familie
Mit Unified Comuting System (UCS) nahm Cisco den Servermarkt ins Visier und propagierte ein völlig neues Design für Rechenzentren.
2009- Cisco UCS
Firmenchef Chambers sorgte mit UCS 2009 für einen Paukenschlag: Mit eigenen Rechnern wurden die Platzhirsche IBM, HP und Dell attackiert.
2007 - IP-Traffic
Einschätzungen, wie sich der IP-Verkehr von 2007 bis 2011 entwickeln könnte.
2005 - Michael Ganser
Er wird 2005 Chef der deutschen Cisco-Niederlassung.
2003 - IP phone 7970G
VoIP-Telefonie mit 7970G, das sogar über einen Touch-Screen-Monitor verfügt.
2003 - Phone 7920
Drahtlose Voice- und IP-Kommunikation (VoIP) mit dem „7920“ von 2003.
2003 - Ciscos Expansionspläne
2003 hat Cisco Linksys übernommen und damit den Einstieg in das Geschäft mit privaten Endkunden vorbereitet.
2002 - MDS-Familie
Mit der MDS-9000-Familie bediente Cisco den Speichermarkt und griff die damaligen Größen McData und Brocade an
2002 - MDS-9000
Mitte 2002 kündigte Cisco an, in den Markt für Speichernetze einzusteigen.
1999 - Aironet 1200
Mit der Übernahme von Aironet Wireless Communications 1999 begann Cisco. Lösungen für drahtlose Kommunikation anzubieten. Aironet 1200 war die Basisstation für innerbetriebliche Funknetze.
1999 - The 12000
Der Router „Cisco 12000“ entwickelte sich zum Verkaufsschlager. Er konnte innerhalb eines Jahres mehr als 1000mal verkauft werden.
1996 - Andreas von Bechtolsheim
Er kreuzte zweimal Ciscos Wege: Zuletzt als Gründer von Granite Systems, das 1996 übernommen wurde. Von Bechtolsheim blieb einige Zeit bei Cisco und entwickelte die Catalyst-4000-Familie weiter.
1996 - Skizze Tag Switching
Tag-Switching, eine Neuerung, von der insbesondere die großen Carrier profitieren sollten. Den Nachfolger, Multiprotocol Label Switching (MPLS), nutzten viele für ihr Netzdesign.
1995 - John Chambers
Er kam 1991 zu Cisco, wurde 1995 President und CEO von Cisco.
1993 - Cisco 7000
Die „clean machine“ wurde der Router Cisco 7000 genannt, eine Weiterentwicklung der erfolgreichen AGS-Serie.
Catalyst-Familie
Die erfolgreichen Swichtes aus der Catalyst-Familie – ein Dauerbrenner für Cisco.
Maria Mazzola
Er war Chef von Crescendo Communications, das erste Unternehmen, das von Cisco übernommen wurde. Dessen „Catalyst“-Switche entwickelten sich für Cisco zum Verkaufsschlager. Mazzola blieb viele Jahre als Entwicklungschef bei Cisco.
1988 - John P. Morgridge
Er kam 1988 als President und CEO zu Cisco und brachte die Company 1990 an die Börse. Morgridge blieb bis 1995 Firmenchef, bevor er in den Aufsichtsrat wechselte.
1986 - Cisco erstes Produkt AGS
Als Advanced Server Gateway (AGS) vermarktete Cisco ab 1986 den ersten Multiprotokoll-Router, der auf den Entwicklungen der Blue Box in Stanford aufbaute.
Stanford University
Hier schlug die Geburtsstunde von Cisco: Sandy Lerner und Leonard Bosack arbeiteten beide hier bevor sie Cisco gründeten.
William Yeager
Yeager schuf das Herzstück für die Blue Box , das Netzwerkbetriebssystem NOS (Network Operating System), das sogar schon multitaskingfähig war.
Leonard Bosack
Mitbegründer von Cisco war an der Entwicklung der „Blue Box“ beteiligt.
Sandra Lerner
Mitbegründerin von Cisco, verließ 1990 das Unternehmen.
1985 MEIS
Das erste eigene Produkt von Cisco war MEIS, das Massbus Ethernet Interface Subsystem, das DEC-Großrechner verband. Es wurden nur wenige Exemplare geliefert.

Bei allem Wachstum vergaß die Cisco-Führungsspitze nie, soziale und ethische Aspekte zu berücksichtigen. So gibt es einen "Ethischen Entscheidungsbaum" , der den Mitarbeitern in schwierigen Situationen Orientierung geben soll.

Der Name der Company taucht seit 2008 Jahr für Jahr in der Liste der Firmen auf, die sich weltweit am besten an ethische Grundsätze halten.

Schließlich veröffentlicht Cisco jährlich einen Bericht zur sozialen Verantwortung (CSR), der nicht nur Umweltkennzahlen enthält, sondern auch Spenden und freiwillig geleistete Arbeitsstunden. Auch darin dürfte Cisco einen Spitzenplatz einnehmen.

Auf den folgenden Seiten präsentieren wir die wichtigsten Stationen und Meilensteine des Netzwerkriesen. In unserer Bilderstrecke können Sie die Cisco-Geschichte im Zeitraffer nachvollziehen.

2015: Die Ära von John Chambers geht zu Ende

Chuck Robbins löst 2015 John Chambers als CEO ab.
Foto: Cisco

Als Firmenchef John Chambers zur Jahresmitte nach 20 Jahren als CEO sein Amt abgibt, kann er stolz Bilanz ziehen. Der Umsatz steigerte sich von 1,2 Milliarden Dollar im Jahr 1995 auf über 47 Milliarden und die Zahl der Mitarbeiter wuchs von den ehemals rund 4000 Arbeitnehmern beim Amtsantritt auf heute rund 70.000. Natürlich profitierte Chambers vom Internet-Boom und der damit verbundenen Nachfrage nach Netzwerk-Equipment. Gelungen ist das aber auch durch gezielte Firmenübernahmen und der Ausweitung der Geschäftsfelder. Seit Chambers 1995 das Zepter übernahm kaufte er 168 Firmen auf, also im Schnitt mehr als acht pro Jahr.

Nachfolger von Chambers wird im Juli 2015 Chuck Robbins, der 1998 zu Cisco kam. Chambers rutscht in den Verwaltungsrat, wo er den Vorsitz übernimmt. Bei seinem ersten großen Auftritt als CEO skizziert Robbins, wohin die Reise gehen soll: Im Prinzip soll alles auf der Welt vernetzt werden. Und für das Internet of Things (oder Everything) soll Cisco die (sicheren) Produkte liefern.

Den eigenen Mitarbeitern steht verstärkter Druck ins Haus, denn der neue CEO drängt auf Geschwindigkeit: "I werde gnadenlos sein, denn ich habe das Gefühl, wir müssen schneller, schneller, schneller agieren." Kurz nach Amtsübernahme wechselt der neue CEO einen Teil der Top-Manager aus: So übernimmt beispielsweise Zorawar Biri Singh den Posten als CTO für Platforms and Solutions von Padmasaree Warrior. Die Top-Manager Wim Elfrink, verantwortlich für Globalisierung, Edzard Overbeek, Senior Vice President of Services sowie die Presidents Rob Lloyd und Gary Moore nehmen ihren Hut.

Zum Amtsantritt von Robbins findet sich Cisco auf Rang zwei der umsatzstärksten Hersteller von Equipment für das Data Center. Das hat die Synergy Research Group ausgerechnet. Sie zählt dazu Server, Server-Betriebssysteme, Speicher, Netzwerke und deren Sicherheitssysteme sowie Virtualisierungsprogramme. Im dritten Quartal 2015 dominieren laut den Marktforschern die drei IT-Schwergewichte HPE, Cisco und Microsoft den Markt, der ein Umsatzvolumen von derzeit rund 120 Milliarden Dollar im Jahr darstellt. HPE hatte erstmals im zweiten Quartal 2015 die Topposition errungen.

Der bisherige Spitzenreiter Cisco behält aber die Führung im viel kleineren aber dafür stark wachsenden Segment der Service-Provider. "Die Ausbreitung von Public-Cloud-Services zog den Bau vieler Hyperscale-Data Center nach sich, die entsprechend ausgerüstet werden mussten", beschreibt Chefanalyst Jeremy Duke den aktuellen Trend. Das habe zudem auch Auswirkungen auf die Unternehmen, die ihre Data Center anpassten.

Für Aufsehen sorgt in diesem Zusammenhang die noch engere Zusammenarbeit zwischen Cisco und Ericsson, die im November formalisiert wurde. Danach wollen die beiden auf den Feldern Cloud, 5G, IP und Internet of Things kooperieren. Zielkunden sollen dabei zunächst Service-Provider sein. Die gegenseitige Lizensierung der Patentrechte - zusammen angeblich über 50.000, die meisten von Ericsson - und eine Entwicklungsgemeinschaft für SDN und Virtualisierung sind ebenfalls geplant.

Marktbeobachter spekulieren darüber, wie die Sache am Ende ausgehen wird, da beide Unternehmen ja den ganzen Markt im Auge haben, ihn allerdings von verschiedenen Seiten in die Zange nehmen: Ericsson hat die Stärken im wireless-Geschäft, Cisco im IP-Segment. Zunächst soll wohl aber gemeinsam der Angriff aus China, besonders von Huawei abgewehrt werden.

Eine weitere prominente Zusammenarbeit besteht mit Apple und hat das Ziel, die Daten von Apples iOS-Geräten besser durch die Netzwerke zu schleusen.

Wie schon die Jahre zuvor kämpft Cisco auch 2015 immer wieder mit Sicherheitsproblemen. In einigen Router-Modellen finden sich Bugs, andere werden gekapert. Große Schwierigkeiten bereitet der sogenannte "ACC-Bug", der die Apache Common Collections Library infiziert und somit für Fehler in allerlei Programmen sorgen kann. Um mehr Sicherheit zu gewinnen, übernimmt die Company für 452 Millionen Dollar die Firma Lancope. Deren StealthWatch-Suite kontrolliert und analysiert die Datenströme im Netz.

Mit der hauseigenen Application Centric Infrastructure positioniert sich Cisco in Sachen SDN.
Foto: Cisco

Ein anderes Langzeitprojekt ist für Cisco das Thema Software Defined Networking (SDN), wo jetzt die Weichen für die Zukunft gestellt werden. Die Company positioniert sich dabei mit der hauseigenen "Application Centric Infrastructure" (ACI), im Prinzip eine programmierbare Ethernet-Fabric, die Hard- und Software verbindet. Eine andere Variante von SDN promotet VMware mit "NSX", das eine Softwareschicht über das Netzwerk legt. Bis eine praktikable SDN-Lösung gefunden ist, dürfte allerdings noch einige Zeit vergehen.

Als glatte Fehlinvestition (Kaufpreis 450 Millionen Dollar) stellt sich der Kauf von Whiptail, Anbieter von Flash-Arrays, heraus. Mitte des Jahres stampft Cisco die Produktlinie ein.

2014: Neue Koalitionen und starke Visionen

Einen neuen Schlag gegen EMC und die VCE-Allianz führt Cisco mit der Ankündigung, die Flash-Arrays von Pure Storage mit den hauseigenen UCS-Server-Systemen koppeln zu wollen. "FlashStack converged infrastructure" nennt sich die Kombination aus den Flash-Arrays der 400-Serie von Pure Storage, Ciscos UCS Blade Servern, Nexus Switche und VMware vSphere 5 und Horizon 6, für die eine Referenzarchitektur entwickelt wurde.

Zuvor war Cisco offiziell aus der VCE-Allianz ausgeschieden und ist nur mehr als stiller Teilhaber tätig. EMC hatte das einst selbständige Unternehmen VCE zurück in den Konzern geholt. Der aggressive Schritt von Cisco, sich mit Pure Storage zu liieren - dem Erzrivalen von EMCs Xtreme I/0 - muss die Tucci-Company als weiteren Affront ansehen. Zudem wendet sich Cisco immer mehr Red Hat zu, deren KVM-Virtualisierung im Wettbewerb zur Lösung der EMC-Tochter VMware steht. Zeitgleich tauchen Gerüchte auf, dass Ciscos eigenes Flash-Array "Invicta", das durch die Übernahme von Whiptail ins Haus kam, mit Performance-Problemen zu kämpfen hat.

Ebenfalls um die bessere Vermarktung der eigenen Hardware dreht sich die Kooperation zwischen Cisco und IBM. Unter dem Namen "VersaStack" werden die UCS-Server und Switche von Cisco mit den IBM-Speichersystemen Storwize 7000 gekoppelt. Die VersaStack-Maschinen ähneln damit den "Flexpod"-Systemen, wo Netapp die Speicher beisteuert.

Das Geschäft in Übersee, insbesondere in Brasilien und noch stärker in China, läuft nach Angaben von Firmenchef Chambers schlechter als erwartet und zieht den Abbau von acht Prozent der Mitarbeiter nach sich: 6000 Angestellte sollen gehen. Die Kosten der Verschlankung dürften bei rund 700 Millionen Dollar liegen.

Am 31. Juli ist es soweit: Die Application-Centric Infrastructure (ACI) kann ausgeliefert werden. Die Definition des Herstellers: "Die ACI sieht die Bereitstellung, Überwachung und Verwaltung des Netzwerks anhand eines Ansatzes vor, der DevOps und schnelle Anwendungsänderungen unterstützt. Dies wird durch die Reduzierung der Komplexität und ein einheitliches Richtlinien-Framework erreicht, über das die Bereitstellung und Verwaltung der Ressourcen automatisiert wird."

Anlässlich der Hausmesse "Cisco Live!" prognostiziert CEO Chambers eine weitreichende Konsolidierung der Netzwerkindustrie: "Die Kunden wollen keine Produkte sondern Lösungen für ihre speziellen Bedürfnisse." Cisco müsse sich deshalb bewegen und zwar schnell, so die Vorgabe für die eigenen Mitarbeiter. Die Ziele gibt er auch gleich vor: Das "Internet of Everything", "Intercloud" und die "Application-Centric Infrastructure". Damit will er der Konkurrenz der Boxenlieferanten begegnen, die auf herkömmlicher Hardware Open-Source-Programme laufen lassen. Mit Intercloud-Techniken sollen die privaten Cloud-Rechenzentren der Unternehmen mit den Data Centers der Public-Cloud-Anbieter verbunden werden.

Cloud und IoT

Während Chambers in San Franzisko seine Keynotes hält, tätigen seine Broker Aktiengeschäfte: Sie verkaufen über zwei Millionen langjährig gehaltene Cisco-Aktien zum durchschnittlichen Stückpreis von 24, 31 Dollar und spülen so rund 50 Millionen Dollar in die Taschen des CEO. Gleichzeitig üben sie in seinem Namen Rückkaufoptionen für 1,3 Millionen Cisco-Aktien zum Stückpreis von 17,86 Dollar aus, was ihn zirka 23 Millionen Dollar kostet. Die in der Keynote angekündigte Strategie gefällt offenbar den Analysten, denn der Aktienkurs steigt kurz nach dem Verkauf des Aktienpakets. Chambers dürfte sich auch gefreut haben über die rund 25 Millionen Dollar, die er an einem Tag verdient hat.

In den kommenden zwei Jahren will Cisco eine Milliarde Dollar für die Entwicklung seines globalen "Intercloud"-Angebots stecken. Im Fokus liegen Firmenkunden, die Cisco's Dienste für Hybrid-Cloud-Services nutzen sollen.

Mit "Nebel-Computing" (fog computing) will Cisco dem Internet of Things (IoT) zuleibe rücken. Das Betriebssystem iOX - eine Mischung aus Cisco IOS und Linux - soll die Daten von IoT-Geräten handhabbar machen. Beispielsweise könnte eine Anwendung auf einem Edge-Router die vielen Daten, die von Sensoren dorthin geschickt werden, schon mal vorverarbeiten und so die Datenmengen verdichten. Damit würden die Router mit Anwendungen bestückt werden.

2013: Auf dem Weg zu SDN

Die Application Centric Infrastructure ist 2013 Ciscos Antwort auf SDN.
Foto: Cisco

Zum Jahresende spuckt Cisco aus, was es in puncto Software-Defined Networking (SDN) anzubieten hat: Die "Application-Centric Infrastructure" (ACI). Eigenentwickelte Software auf neuen Switches soll den Administratoren in den Unternehmern mehr und bessere Kontrolle über die Netzwerke verschaffen - solange sie nicht die Hardware wechseln.

2,8 Milliarden Dollar lässt CEO Chambers für die Übernahme von Sourcefire, Anbieter von Security-Programmen, springen.

Trotz eines beträchtlichen Jahresgewinns in Höhe von 10,9 Milliarden Dollar und damit knapp einer Milliarde mehr als im Vorjahr will sich Firmenchef Chambers von 4000 Mitarbeitern trennen. In den beiden Vorjahren wurden bereits 6500 Stellen abgebaut.

Mit einem Roboter-System möchte Cisco den Verkauf seiner "Telepresence"-Systeme ankurbeln. Der virtuelle Kollege hört auf den Namen "AVA 500", also die Kurzform von "Avatar". Die mannshohe Säule fertigt iRobot. Sie enthält Ciscos "TelePresence EX60" und einen 21,5-Zoll-Monitor. Gesteuert wird der eiserne Kollege vom iPad aus.

Knapp eine halbe Milliarde (475 Millionen) Dollar lässt Cisco für das israelische Unternehmen Intucell springen. Die Company hat die Software "self-optimizing network" (SON) entwickelt, die automatisch den Verkehr zwischen Mobilfunkzellen ausbalanciert und so für einen gleichbleibend guten Service sorgt. Cisco will mit der Übernahme seine Stellung im Mobil-Segment stärken.

2012: Die Cloud taucht am Himmel auf

Zum Jahresende sieht sich Cisco mit massiven Vorwürfen aus China konfrontiert. Die Chambers-Company wird beschuldigt, die US-Regierung bei diversen Attacken auf die Infrastruktur des Landes unterstützt zu haben. China befürchtet, dass die USA in der Lage sind, bei Streitigkeiten die wichtigsten Kommunikationsverbindungen des Landes lahm legen zu können.

In der Folge ersetzt China Unicom, der Telekommunikationsriese im Reich der Mitte, die Cisco-Infrastruktur durch heimische Produkte. Die Vorwürfe treffen auch andere amerikanische IT-Schwergewichte wie IBM, Apple, Intel, Microsoft oder Google. Allgemein wird Chinas Reaktion als Retourkutsche zu den Untersuchungen in den USA gegen die chinesischen Unternehmen Huawei und ZTE angesehen, denen man "mit Argwohn" begegnen solle. Im Prinzip geht es jeweils darum, die heimische Industrie zu schützen und zu stärken.

Netz-Management aus der Cloud machte Meraki zu einem Übernahmekandidaten für Cisco.

1,2 Milliarden Dollar lässt Cisco für den Wifi-Spezialisten Meraki springen. Mit Meraki will der Netzwerkspezialist ein neues Geschäftsfeld erschließen: Cloud Network Computing. In der gleichen Woche im November gibt Cisco eine weitere Übernahme im Cloud-Segment bekannt: Cloupia, Anbieter von Cloud-Management-Software.

An Hadoop kommt keiner vorbei, auch Cisco nicht. Für Big-Data-Applikationen gibt es verschiedene Bundel bestehend aus den UCS-Servern der C-Serie und Switches der Nexus-5000-Serie. Da man für die Zukunft Clusterverbünde von mehr als 1000 Knoten erwartet, übernimmt Cisco für mehr als 100 Millionen Dollar Tidal Software. Unter dem Namen "Tidal Enterprise Scheduler" erlauben die Programme die Verwaltung komplexer Cluster-Landschaften von einem zentralen Ort aus - jetzt auch für Datenmühlen unter Hadoop.

2012 stellte Chambers erstmals seinen Rücktritt in Aussicht.
Foto: Cisco

Im Herbst legt CEO John Chambers seine Pläne offen und verkündet, er werde innerhalb der nächsten zwei bis vier Jahre zurücktreten. Die potenziellen Nachfolger bringen sich in Stellung.

Die EU billigt den Kauf des Verschlüsselungsexperten NDS, der seine Software hauptsächlich an Pay-TV-Anbieter vermarktet. Cisco blättert 5 Milliarden Dollar dafür auf den Tisch, Rupert Murdock kassiert 49 Prozent davon.

Cisco-Chef Chambers warnt auf dem Mobile World Congress in Barcelona die Telcos dieser Welt davor, den Trend zur mobilen Cloud zu verschlafen: "Cloud und Mobile werden das Geschäft der Service-Provider verändern. Wir bewegen uns von einer vernetzten Welt hin zu einer hyper-vernetzten Welt." Dabei kommen zwei Fünftel aller Cloud-Daten von Mobilgeräten mit Video-Filmen als Killer-Applikation, prognostiziert Chambers.

2011: Enttäuschte Investoren und verwirrte Angestellte

Chief operating officer Gary Moore kündigt 2011 massive Einsparungen mit Massenentlassungen an.
Foto: Cisco

Drei enttäuschend verlaufende Quartale in Folge veranlassen Firmenchef Chambers Anfang 2011 zu einem ungewöhnlichen Schritt: er veröffentlicht einen langen Brief indem er Angestellten, Kunden, Aktionären und Partner darlegt, dass die Unternehmensleitung die Misere diagnostiziert und Gegenmaßnahmen ergriffen habe.

Zusammengefasst liest sich das so: "Wir haben unsere Investoren enttäuscht und unsere Angestellten verwirrt". Er identifiziert fünf Kernbereiche ("routing, switching and services; collaboration; data centre virtualisation and cloud; architectures; and video") auf die sich Cisco in Zukunft konzentrieren wolle.

Der Rest steht zur Disposition. Tatsächlich wird im April der Flip-Unternehmensbereich im Zuge der Reorganisation des Consumer Business geschlossen, 550 Jobs gehen verloren.

Im Sommer machen Gerüchte um die Entlassung von 10.000 Mitarbeitern die Runde. Im August legt Gary Moore, kürzlich davor zum Chief Operating Officer (COO) befördert, die Einsparungen offen: Im ersten Quartal des neuen Fiskaljahres (beginnt am 31. Juli) werden 4.400 Angestellte entlassen und weitere 2.100 sollen in den Vorruhestand geschickt werden.

Zudem wird die Fabrik in Mexiko, wo Set-top-Boxen gebaut werden, verkauft. Weitere 5.000 Mitarbeiter verschwinden von der Gehaltsliste. Auch 1.200 Leiharbeiter sollen die Firma verlassen.

Um das Ziel zu erreichen, eine Milliarde Dollar einzusparen, kam auch das Management nicht ungeschoren davon: 17 Prozent der Vice Presidents und höher Positionierte mussten gehen. Der Personalstand am Ende des Fiskaljahrs 2010 (31.7.201) lag bei gut 70 000 Mitarbeiter, ein Jahr später waren es trotz rückläufigem Geschäft rund 1000 Arbeitnehmer mehr.

Der Einschnitt war notwendig geworden, weil sich die Ertragssituation weiter verschlechtert hatte: Lag der Nettogewinn im vierten Quartal 2010 noch bei 1,9 Milliarden Dollar, sank er in der Vergleichsperiode 2011 um 36,3 Prozent auf 1,2 Milliarden. Im Jahresvergleich reduzierte sich der Gewinn von 7,8 Milliarden Dollar im Fiskaljahr 2010 auf 6,5 Milliarden ein Jahr später, ein Minus von 16,4 Prozent.

Aber es gibt auch Erfreuliches zu berichten: Laut den Marktforschern der IDC erreicht Cisco hinter HP und IBM Rang drei im weltweiten Markt für Blade-Server - und das nur zwei Jahre nach Einführung der Produktlinie.

Außerdem legte der Umsatz zu: 3,3 Prozent im Vergleich der vierten Quartale 2010/2011 und im Jahresvergleich 2010 auf 2011 sogar um 7,9 Prozent.

Firmenchef Chambers erklärt, dass die Kürzungen überfällig gewesen waren. Jetzt aber werde man in die Belegschaft investieren und die "neue Cisco" bilden.

In London, Cisco zählt zu den Technik-Ausrüstern der kommenden Olympiade, gibt sich Chambers auf einer Hausmesse kämpferisch: "Wir wollen die Nummer Eins werden" unter den IT-Playern.

2009: Server ergänzen das Cisco- Portfolio

Mit UCS (im Bild ein Mini-System) mischt Cisco künftig im Server-Business mit.
Foto: Cisco

Im Frühjahr 2009 sorgt Cisco-Chef Chambers erneut für einen Paukenschlag mit der Ankündigung, nun auch eigene Server anbieten zu wollen. Mit dem Konzept "Unified Computing System (UCS) stellt sich die Company gegen die eigenen Kunden wie IBM, HP und Dell, die als strategische Partner immerhin für einen Großteil der Cisco-Umsätze sorgten.

Allein IBM verkauft zu dem Zeitpunkt Cisco-Produkte im Wert von etwa drei Milliarden Dollar an die eigene Kundschaft. Einige Marktbeobachter sprechen sogar von einer Kriegserklärung an die Allround-Anbieter. IBM und Cisco beruhigen die Gemüter mit der Versicherung, die Beziehung zwischen den Schwergewichten sei in Ordnung. In der Folge kann man aber Annäherungsversuche von IBM an die Cisco-Konkurrenten Juniper und Brocade feststellen.

Aber John Chambers gibt sich unverwundbar. Für ihn steht Cisco 2009 da, wo sich IBM 1970 am Beginn der Mainframe-Ära und Microsoft im PC-Zeitalter befanden: Im Brennpunkt einer neuen Zeit, in der digitale Netze die Plattform für Innovationen bilden. Er definiert die Position so: "Cisco ist der dominierende Lieferant der Netzwerkausrüstung, die das Internet betreibt."

Er macht 30 bis 50 neue Märkte aus, in die Cisco vordringen könne: Von der Heimelektronik bis zur smarten und vernetzten Kommune - Stichwort "green city".

Mit den Flip-Camers der 2009 übernommenen Pure Digital Technologies verstärkte Chambers den Endkundenbereich.
Foto: Cisco

Werden die passenden Produkte nicht selbst entwickelt, dann wird zugekauft: Im März kommt per Aktientausch im Wert von 590 Millionen Dollar Pure Digital Technologies aus San Francisco ins Haus. Diese Company hatte sich mit den "Flip" Videokameras einen Namen gemacht, mit denen sich Videoclips einfach aufnehmen und ins Internet stellen lassen.

Flip schien gut ins Consumer-Portfolio zu passen, für das schon 2006 die Firma Scientific Atlanta übernommen wurde, die Set-top-Boxen produzierte. Den Anfang in diesem Bereich hatte Cisco 2003 mit der Übernahme von Linksys begonnen, das Equipment für "Heimnetzwerke" lieferte.

Weiteres Video-Know-how erwirbt Cisco mit der Übernahme von Tandberg.
Foto: Tandberg

Um die 2006 gegründete Sparte "TelePresence" - das Geschäft mit Video-, Audio- und Datenverkehr über IP-Netze - zu stärken, erwirbt Cisco im Oktober 2009 den norwegischen Anbieter Tandberg. Kostenpunkt der Akquisition: drei Milliarden Dollar.

Angeblich hat Cisco 2009 eine "Kriegskasse" für Firmenübernahmen, die mit 33 Milliarden Dollar gefüllt ist. Analysten spekulieren, Cisco könnte im Notfall seine eigene Consulting-Gruppe aufbauen und dazu etwa Accenture kaufen. Tatsächlich gründen beide Firmen aber nur eine Business-Gruppe, die Anwenderunternehmen Lösungen für Smart Grids, Energieeffizienz und sichere Netze anbietet.

2010 wird Carlo Wolf neuer Geschäftsführer von Cisco in Deutschland, Vorgänger Michael Ganser wechselt ins „Central Theatre“.
Foto: Cisco

Im August 2010 wird Carlo Wolf neuer Geschäftsführer von Cisco Deutschland. Sein Vorgänger Michael Ganser wird neuer Senior Vice President für die Vertriebsregion "Central Theatre", die 17 Länder in Mittel- und Osteuropa umfasst.

2005:Alle drei Monate etwas Neues

Michael Ganser wird 2005 Chef der deutschen Cisco-Niederlassung.
Foto: Cisco

Cisco ist nach dem wirtschaftlichen und finanziellen Einbruch im Zuge der Dot-Com-Blase wieder auf Erfolgskurs - einige Marktbeobachter behaupten sogar, die Company gehe gestärkt aus der Krise hervor.

Firmenchef Chambers drängt weiter auf Expansion. Die Vorgabe lautet: Alle drei Monate muss das Unternehmen eine neue "Advanced Technology" erschließen. Darunter sind neue Techniken zu verstehen, mit denen auch neue Märkte erobert werden können - und zwar ganz konkret innerhalb von fünf Jahren. Bis dann soll damit jeweils ein Umsatz von einer Milliarde Dollar und ein Marktanteil von 40 Prozent erreicht werden.

Im September präsentiert Cisco Server Fabric Switches (SFS) auf Basis von Infiniband, die als Backbone-Lösungen das damals schicke Utility- oder auch On-Demand-Computing erleichtern sollen. Zusammen mit der Software "VFrame" sollen sich Rechenzentren virtualisieren lassen und Service-Providern eine stabile Basis liefern.

Ebenfalls im Herbst 2005 kündigt das Unternehmen eine Plattform für Radio Frequency Identification (RFID) an. Sie umfasst neben RFID- und Wireless-Location-Services insbesondere eine Anreicherung des "Application Oriented Network" (AON) mit RFID-Middleware-Komponenten.

In Deutschland wird mit Michael Ganser ein neuer Geschäftsführer berufen.

2002: Höhere Produktivität gesucht

Drahtlose Voice- und IP-Kommunikation (VoIP) mit dem „7920“ von 2003.
Foto: Cisco

CEO Chambers verordnet seinem Management im April 2002 die Aufgabe, bis 2007 die Produktivität zu verdoppeln: dann soll jeder Mitarbeiter eine Million Dollar erwirtschaften. Der dafür verantwortliche Zuchtmeister, CIO Peter Solvig, fordert, "dass Cisco nicht länger wie eine Gemeinschaft von Startup-Unternehmen agiere". Er setzt einen strengen Restrukturierungsprozess mit vielen Kontrollmechanismen in Gang.

Tritt Ciscos MDS-9000-Familie eine Lawine los, die zur Konvergenz von Daten- und Speichernetzen führt - das fragten sich 2001/2002 viele Marktbeobachter
Foto: Cisco

Im August des Jahres sorgt Cisco dann erneut für einen Paukenschlag: Die Company kündigt an, in den Markt für Speichernetze einzusteigen. Das 1,2-Milliardengeschäft machen zu dem Zeitpunkt vor allem McData und Brocade unter sich aus. Inrange, Gadzoox und Ancor sind andere Mitbewerber. Ende 2002 präsentiert Cisco die "MDS9000"-Serie der intelligenten Multilayer-Speicherswitches.

Zudem war in der Telekom-Industrie der Kampf um "die letzte Meile" entbrannt. Cisco bringt Kabel-Router und -Modems auf den Markt, die kompatibel sind zum neuen Standard DOCSIS (Data Over Cable Service Interface Specification). Damit lässt sich für die Netzbetreiber ein schneller Internet-Zugang realisieren.

2001: Die Dot-Com-Blase platzt

Der Einbruch der überhitzten Nachfrage nach Aktien von jungen Internet-Firmen trift auch Cisco. Die Company erreicht zwar 2001 nochmals ein neues Hoch bei Umsatz (mehr als 22 Milliarden Dollar) und Mitarbeiteranzahl (mehr als 38 500), muss dann aber rückläufige Zahlen hinnehmen.

Am 9. Mai 2001 steht Firmenchef Chambers zum zweiten Mal in seinem Leben vor der schweren Aufgabe, Massenentlassungen ankündigen zu müssen: 8500 Mitarbeiter - 18 Prozent der Gehaltsliste - sollen das Haus verlassen. Sein eigenes Gehalt reduziert er auf einen Dollar pro Jahr.

Ebenfalls im Mai 2001 mussdie Company 2,2 Milliarden Dollar beim Inventar abschreiben, weil die Lieferkette Informationslücken enthielt, die die sinkende Nachfrage ignorierten. Mit "eHub" wurde ein neues Konzept erstellt, das laut Pressmitteilung "mehr Transparenz auf allen Ebenen der Supply Chain liefert".

1999: Sprache, Video und Daten - Cisco will alles

Mit der Übernahme von Aironet Wireless Communications 1999 begann Cisco. Lösungen für drahtlose Kommunikation anzubieten. Aironet 1200 war die Basisstation für innerbetriebliche Funknetze.
Foto: Cisco

Mit der Vorstellung der Architektur für Voice, Video and Integrated Data (AVVID) legt Cisco seine Ideen zu einem Multimedia-Internet dar: Sprach-, Video- und sonstige Daten sollen über IP-Netze verschickt werden. Im gleichen Jahr werden der Company zwei Patente für Voice-over-IP-Techniken erteilt. Als Utopie gilt damals noch, dass Telefongespräche über Datenleitungen geführt werden können.

Im Bemühen, ein möglichst umfassendes Portfolio an Netzwerklösungen anzubieten, muss Cisco auch auf die drahtlose Kommunikation achten. Mit der Übernahme von Aironet Wireless Communications beginnt die Company, drahtlose Lösungen für mobile Geschäftsumgebungen zu vermarkten.

Cisco ist zur Jahrtausendwende das wertvollste Unternehmen - weltweit. Die Marktkapitalisierung liegt im März 2000 bei über 500 Milliarden Dollar. Die Cisco-Aktie wird an der New Yorker Börse NASDAQ zur "Aktie der Dekade" gewählt. Chambers ist Chef von knapp 35.000 Mitarbeitern und erwirtschaftet zusammen mit ihnen einem Umsatz von mehr als 18 Milliarden Dollar.

1998: Die Internet-Ökonomie beginnt

Verkaufsschlager: Ein Jahr nach der Vorstellung verkaufte Cisco den 1000sten Gigabit-Switch-Router.
Foto: Cisco

John Chambers trifft Regierungsbeamte in Washington mit denen er zusammen definiert, was als "Internet-Ökonomie" ab sofort die Wirtschaft revolutionieren wird. Cisco selbst verdient dabei nicht schlecht: Die Company ist das erste Unternehmen, das es nach nur 14 Jahren seit Gründung zu einer Marktkapitalisierung von 100 Milliarden Dollar brachte.

Chambers etablierte eine neue Abteilung: die Internet Business Solution Group (IBSG). Damit soll Cisco der Sprung "vom Kabelschacht in das Vorstandsbüro" gelingen. Das Team sammelt Best Practices darüber, wie ein Internet-Geschäft aussehen und zum Laufen gebracht werden kann - und liefert wenn möglich gleich das notwendige Equipment dafür. Die Art der Netzwerkinfrastruktur wird in den Anwenderfirmen zur Geschäftsentscheidung, die CIO und CEO gemeinsam treffen.

Nur ein Jahr nach seiner Vorstellung 1997 verkauft Cisco den 1000sten Gigabit-Switch-Router "Cisco 12000". Er entwickelt sich bei den großen Providern zum Verkaufsschlager beim Aufbau von IP/MPLS-Umgebungen.

1996: Chambers kauft ein

Andreas von Bechtolsheim ist bei Cisco für die Catalyst-4000-Serie verantwortlich.
Foto: Cisco

Um schnell an das erforderliche ATM-Knowhow zu kommen, kauft Chambers 1996 für 4,5 Milliarden Dollar Stratacom, das als Begründer von ATM angesehen werden kann. Zuvor hatte Cisco schon die ATM-Spezialisten Kalpana und Lightstream übernommen und die Konzepte für ein "Multi-Layer-Switching" entwickelt.

Dazu passt auch die Innovation, die das Design der Netze von Service-Providern revolutionieren sollte: Tag-switching, der Vorläufer von Multiprotocol Label Switching (MPLS). Später nutzen die meisten großen Carrier IP/MPLS für ihr Netzdesign.

Im zukunftsträchtigen Bereich Gigabit Ethernet Switch legt man sich im September für 220 Millionen Dollar das Startup-Unternehmen Granite Systems zu. Dessen Gründer war Andreas von Bechtolsheim, der somit erneut Ciscos Weg kreuzt. Er entwickelt die Granite-Produkte weiter und ist als General Manger für die "Catalyst-4000"-Serie verantwortlich.

Chambers positioniert Cisco für die folgenden Boom-Jahre und reorganisiert die Company in fünf Bereiche (Core, Workgroup, ATM, Access sowie InterWorks für die Anbindung an die IBM-Welt).

1995: John Chambers übernimmt das Ruder

John Chambers kam 1991 zu Cisco, wurde 1995 President und CEO von Cisco – und führte das Unternehmen bis 2015.
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John Chambers, der 1991 zu Cisco kam, wird vier Jahre später zum President und CEO ernannt, während gleichzeitig sein Vorgänger Morgridge zum Aufsichtsratsvorsitzenden (Chaiman oft the Board) bestellt wird.

Chambers, 1949 in Cleveland, Ohio, geboren, beginnt 1976 seine berufliche Laufbahn bei IBM, wo er Mainframes verkauft. 1983 kommt er zu Wang Laboratories, nachdem er Firmengründer An Wang bei einem Vortrag gehört und schätzen gelernt hatte. Wang überträgt ihm wie gewünscht die Leitung des asiatischen Verkaufsteams.

Als Wang 1990 einem Krebsleiden erliegt, übernimmt dessen Sohn Fred die Leitung der Firma, ist allerdings wenig erfolgreich. Statt die Entwicklung von PCs zu fördern, setzt Wang weiterhin auf teure Workstations. Nachdem Chambers kurz vor Weihnachten als amtierender Executive Vice President 5000 Mitarbeiter entlassen muss, kündigt er bei Wang und wechselt zu Cisco.

Als Chambers im Januar 1995 den Führungsstab von Morgridge übernimmt, führt er 2260 Mitarbeiter, die für mehr als eine Milliarde Dollar Umsatz sorgen.

Er verpasst der Company ein neues Standing mit der Devise "Das Netzwerk ist ein strategischer Aktivposten und nicht einfach eine Betriebsausgabe." Und er beginnt sofort mit der Umsetzung dessen, was er bei IBM gelernt hatte: Die Kunden lieben das One-Stop-Shoping, also alles bei einem Anbieter zu kaufen. Dazu muss die Produktpalette erweitert werden: Von Switches und Router hinein in den Telecom-Markt mit ATM-Geräten. Beim Asynchronous Transfer Mode (ATM) werden Daten in genormte Zellen codiert und über asynchrones Zeitmultiplexing transferiert was für eine bessere Quality of Service bei der Übertragung sorgt.

1993: Cisco kauft mit Crescendo sein erstes Unternehmen

Nach der Übernahme von Crescendo wird Mario Mazzola Entwicklungschef bei Cisco.
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Im September 1993 ist es soweit: Cisco übernimmt für knapp 90 Millionen Dollar seine erste Firma, das Startup-Unternehmen Crescendo Communications. Crescendo hatte Switching-Produkte entwickelt, mit denen sich einfach schnelle LANs aufbauen lassen: Mit den "Catalyst"-Switches sausen die Daten mit 125 Mbit/s über herkömmliche Telefonleitungen.

Die Catalyst-Serie begründet für Cisco ein ertragreiches Business, das zeitweise sogar erfolgreicher ist als das eigentliche Router-Kerngeschäft. Zudem bleibt Crescendos Gründer und CEO Mario Mazzola lange Jahre als Entwicklungschef bei Cisco. Im gleichen Jahr bringt die Company mit "Cisco 7000" eine Weiterentwicklung von AGS+ auf den Markt. Der Codename dafür ist "clean machine" weil sie klar - ohne internen Kabelsalat - konstruiert ist und sich zudem auch noch einfach warten lässt. Neu ist auch der CX-Bus, der zusätzliche Steckplätze bereit stellt. Der Router darf als einer der wichtigsten Netzwerkprodukte der 90er Jahre angesehen werden.

1990: Mit dem Börsengang gehen die Gründer von Board

Im Februar 1990 passiert mit Cisco das, was sich alle Geber von Venture Capital erhoffen: der Börsengang. Die Company mit dem NASDAQ-Kürzel "CSCO" hat damals gut 250 Mitarbeiter, die knapp 70 Millionen Dollar Umsatz erwirtschaften. Schon ein Jahr später werden die Aktien gesplittet.

Die Company wachst und CEO John Morgridge erweitert auch das Management - die Firmengründer Lerner und Bosack fühlen sich davon weiter in die Ecke gedrängt. Insbesondere Sandy Lerner kommt mit den neuen Chefs nicht klar mit der Folge, dass angeblich sieben Vice Presidents vom Investor Valentine eine Entscheidung einfordern: Entweder Lerner verlässt Cisco oder sie gehen.

Ende August ist es soweit: Lerner verlässt das Unternehmen und kurz darauf auch ihr Ehemann Bosack. Beide verkaufen sofort ihre Anteile für ungefähr 170 Millionen Dollar, die sie zum Großteil caritativen Zwecken zuführen.

1987: Ein Startup sucht Kapital und Erfahrung

Als Advanced Server Gateway (AGS) vermarktete Cisco ab 1986 den ersten Multiprotokoll-Router, der auf den Entwicklungen der Blue Box in Stanford aufbaute.
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1987 läuft die Produktion des Multiprotokoll-Routers "Advanced Gateway Server" (AGS) und des Nachfolgemodells AGS+ so richtig gut an. Cisco nimmt rund eine Viertelmillion Dollar pro Monat ein und zwar ohne professionelle Vertriebsmannschaft und ohne Marketing. Das Geschäft hebt ab und es wird Zeit, es auf solide Beine zu stellen. Die beiden Firmengründer Bosack und Lerner suchen nach Venture Capital und geraten an Don Valentine von Sequoia Capital.

Valentine ist ein erfahrener Mann, der zuvor schon Apple und 3Com Geld besorgt hatte. Er pumpt nicht nur Kapital in die Company sondern installiert auch ein Management-Team.1988 heuert er John P. Morgridge an, der als President und CEO den 30 Jahre jüngeren Firmengründern Lerner und Bosack vor die Nase gesetzt wird.

Von Anfang an gibt es Probleme zwischen jung und alt. Aber die Firma wächst und wächst. Und sie entwickelt erfolgreiche Produkte wie die MCI-Karte, die sowohl bridgen als auch routen kann. Das war wichtig geworden, weil die weit verbreiteten "bridged networks" zwar alle Protokolle verarbeiten können aber anfällig sind gegen die sogenannten "broadcast storms". Dabei werden die Netze mit einer Vielzahl irrgeleiteter Datenpakete überflutet und kommen zum Erliegen.

Router umgehen diese Probleme indem sie Subnetze anlegen. Die MCI-Card erlaubt beides - bridging und routing - und ist dabei auch noch sehr schnell und somit ein voller Erfolg.

1986: Im Clinch mit Stanford und Kollegen

Cisco-Mitgründerin Sandy Lerner verließ als erste Standford.
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Die Standford-Universität will 1985 den Campus neu vernetzen und dafür nur mehr das Internet Protokoll (IP) nutzen. Das erste Gerät, mit dem das gelingt, nennen die Entwickler nach der Gehäusefarbe "Blue Box". Cisco will das Gerät gerne vermarkten, aber Stanford hält die Rechte daran und verweigert die Zustimmung.

Cisco hatte als erstes Produkt das Netzwerk-Interface "MEIS" (Massbus Ethernet Interface Subsystem) entwickelt, das die 20 DEC-Mainframes von Stanford mit dem Universitätsnetz verbindet. Ab 1986 vermarktet Cisco seinen ersten Multiprotokoll-Router, den "Advanced Gateway Server" AGS. Die Verantwortlichen der Universität bemerken, dass die Cisco-Gruppe um Leonard Bosack ihre privaten Entwicklungen während der Arbeitszeit in Stanford erledigt und sich noch dazu des Knowhows der Universität bedient. Der AGS beruht auf der Blue Box und der Entwicklung von William Yeager, damals Staff Research Engineer von Standfords Medizinfakultät.

Im Juli 1986 überwarf sich dann auch Cisco-Gründer Bosack mit den Kollegen in Stanford.
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Im Juli 1986 verlassen Bosack und Kirk Lougheed, ebenfalls ein Standford-Mitarbeiter, im Unfrieden die Universität, Sandy Lerner war schon früher gegangen.

Damit begnügt sich die Universität aber nicht, sie will von Cisco Geld sehen und droht sogar mit einem Gerichtsverfahren. Im April 1987 einigt man sich darauf, dass Cisco 19.300 Dollar an die Universität zahlt und dazu noch Lizenzeinnahmen in Höhe von 150.000 Dollar. Zugleich sichert sich Stanford einen Preisnachlass bei der Anschaffung von zukünftigen Cisco-Produkten.

Bis heute äußern sich die damals Beteiligten nur ungern über die genauen Umstände. Softwareentwickler Yeager, der einen Teil der Lizenzeinnahmen erhielt, lieferte einen Großteil davon in seiner Abteilung an der Uni ab und beklagt bis heute, dass er von Cisco kaum öffentliche Wertschätzung für seine Pionierarbeit erfahre.

Leonard Bosack will sich angeblich nie mehr zu den Anfängen von Cisco äußern und Sandy Lerner glaubt, dass es damals ein guter Deal für alle war: "Stanford erhielt Geld und Cisco pflegte das Campus-Internet drei Jahre lang."

Universitätsgranden wie Tom Rindfleisch, damals Chef von Softwareentwickler Yeager, beklagten allerdings vor allem den immateriellen Schaden der Cisco-Erfahrung. Er fürchtet, dass in Zukunft Ideen, Informationen und Entwicklungen, die sich vermarkten lassen, nicht mehr geteilt würden und man so auf dem Campus nicht mehr von der Arbeit der anderen profitieren könne. Die Wissenschaft hatte erneut ihre Unschuld verloren.

1984: Die Gründung im Orwell-Jahr

Hier schlug die Geburtsstunde von Cisco: Sandy Lerner und Leonard Bosack arbeiteten beide hier bevor sie Cisco gründeten.
Foto: Stanford University

Im Märchen gründete sich Cisco so: Sandra Lerner, die an der Stanford University im kalifornischen Palo Alto die Computer der Graduate School of Business verwaltet, verliebt sich in Leonard Bosack, der an der gleichen Uni für die Rechner der Computerwissenschaften verantwortlich ist. Da ihre Rechnersysteme weit voneinander entfernt stehen und dabei auch noch inkompatibel sind, erfinden sie 1984 die ersten Multiprotokoll-Router. So können sich die beiden quer über den Campus Liebesbriefe auf ihre Rechner senden.

Soweit die romantische Dichtung. Die Wahrheit liest sich so, dass die beiden Verliebten nicht alleine den ersten Multiprotokoll-Router erfunden haben, sondern ein Team von Stanford-Mitarbeitern und Studenten.

Bue-Box - der erste Multiprotokoll-Router

William Yeager schuf das Herzstück für die Blue Box , das Netzwerkbetriebssystem NOS (Network Operating System), das sogar schon multitaskingfähig war.
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Das Rechnerboard innerhalb der Box hat ein anderer Stanford-Student entwickelt: Andreas von Bechtolsheim. Er konstruiert eigentlich Workstations, die er über die von ihm mitbegründete Firma Sun Microsystems vertreibt. Sein Computerboard "68000" ist mit damals unglaublichen 256 KB Hauptspeicher ausgestattet und damit attraktiv auch für die Netzwerker.

Die Netzwerkplatinen der Blue Box stammen ebenfalls von Studenten und Mitarbeitern der Uni in Palo Alto, Leonard Bosack ist einer davon.

Die Software für den Router - das Kernstück der Box - entwickelt aber William Yeager, damals Staff Research Engineer von Stanfords Medizinfakultät. Er nutzt Bechtolsheims Rechnerplatine und schafft mit NOS (network operating system) ein Netzwerkbetriebssystem, das auch noch multitasking-fähig ist. Mit ihm ist es möglich, verschiedene Protokolle, darunter auch das Internet Protokoll, zu routen und so Daten zwischen Workstations, Mainframe-Terminals, Drucker und Server auszutauschen.

Leonard Bosack und Kirk Lougheed, ein anderer Stanford-Mitarbeiter, der später ebenfalls zu Cisco kam, nehmen Yeagers Originalsoftware und verkürzen sie auf die ausschließliche Abarbeitung von IP-Traffic. Das Projekt ist ein voller Erfolg, der Campus wird über IP vernetzt. Allein auf dem Stanford-Campus arbeiten mehr als zwei Dutzend der Blue Boxes. Die Nachfrage steigt schnell, auch andere Universitäten wollen sie haben.