Das war 2009

Der große IT-Jahresrückblick

15.12.2009 von Martin Bayer
Die weltweite Finanzkrise hat die IT-Branche in diesem Jahr kräftig durchgeschüttelt und die Anbieterlandschaft durcheinander gewirbelt.

Gleich zu Jahresbeginn erwischte die weltweite Finanzkrise, die schon Ende 2008 für Aufregung gesorgt hatte, die IT-Branche mit einer vollen Breitseite. Renommierte Anbieter wie Intel und Nokia, die jahrelang sämtliche Börsenstürme schadlos überstanden hatten gerieten plötzlich mächtig ins Wanken. Beim Primus der weltweiten Halbleiterbranche brach der Gewinn zum Jahresanfang um die Hälfte ein, der Umsatz schmälerte sich um ein Viertel. Nicht besser erging es dem Marktführer im weltweiten Handy-Geschäft. Nokias Gewinn schmolz von rund 1,2 Milliarden Euro ein Jahr zuvor auf gerade einmal ein Zehntel zusammen. Die Einnahmen gingen um etwa 25 Prozent zurück.

Die Finanzkrise hat nicht nur die Anbieter, sondern auch die Analysten und Marktforscher kräftig ins Schwitzen gebracht. Angesichts der extrem volatilen Märkte seien Prognosen zurzeit extrem schwierig, ließen viele Analystenhäuser verlauten, um sich für den Fall möglicher Fehlprognosen eine Hintertür offenzuhalten. Und in der Tat: 2009 lag so mancher Marktforscher daneben. Selten wurden im Laufe eines Jahres so viele Vorhersagen revidiert und neu justiert, was natürlich den Wert derartiger Aussagen in stürmischen Zeiten grundsätzlich in Frage stellt. Andererseits wären Unternehmen gerade in der Krise auf verlässliche Aussagen so genannter Experten angewiesen gewesen.

Carol Bartz wird Yahoo-Chefin
Carol Bartz ist eine erfahrene Managerin. 14 Jahre stand sie an der Spitze von Autodesk. Nun soll sie den Suchmaschinenbetreiber Yahoo! aus der Krise führen.
Dr. Steffen Roehn wird CIO der Telekom
Wer einen Job gut macht, bekommt manchmal einen zweiten dazu. Steffen Roehn ist CIO von T-Mobile und nun auch von der Deutschen Telekom.
Gisbert Rühl wird CEO von Klöckner
Erst IT- und Finanzvorstand, dann CEO. Gisbert Röhl stieg beim Stahlkonzern Glöckner auf.
Volker Smid wird Deutschland-Chef von HP
Volker Smid löste Uli Holdenried als HP-Chef in Deutschland ab. nach dem Kauf von EDS gab es auch in Deutschland zahlreiche Entlassungen.
Christoph Ganswindt: Von der Lufthansa zu T-Home
Festnetz statt Flugzeug: Christoph Ganswindt verlässt seinen Arbeitgeber, die Deutsche Lufthansa AG, und wechselt in den Vorstand des Telekom-Bereichs T-Home.
Paul Schwefer: Von Conti zu DHL
Bis Juni war Paul Schwefer noch CIO von Conti, Mitte September meldet er sich als neuer COO von DHL Global Forwarding, der Logistiktochter der Deutschen Post, zurück.
Rolf Schwirz: Vom Oracle zu SAP
SAP hat einen spektakulären Personal-Coup gelandet und den hochrangigen Oracle-Vertriebler Rolf Schwirz als neuen Head of Mature Markets für die Region Emea (Europa, Nahost und Afrika) gewonnen.
Preiträger 2009: Angelika Gifford wird Managerin des Jahres
Angelika Gifford hat einen fünfjährigen Sohn und hat trotzdem ins Top-Management geschafft. Sie ist kümmert sich in der Geschäftsleitung von Microsoft Deutschland um die Bereiche Öffentliche Verwaltung, Bildung und Gesundheitswesen. Dafür ist sie zur "Managerin des Jahres" ausgezeichnet worden.
Michael Gorriz, Daimler, wird CIO des Jahres (Großunternehmen)
Michael Gorriz kann Innovation und Reorganisation. Er hat mit dem Autoverleihsystem "car2go" Maßstäbe gesetzt und die IT-Systeme von Daimler und Chrysler entflochten.
Matthias Schulz, Easy Cash, wird CIO des Jahres (Mittelstand)
Wenn Matthias Schulz ( im Bild links) etwas anfasst, macht er es auch richtig. So beispielsweise die Konsolidierung der Rechenzentren und das Insourcing des IT-Betriebs bei der Easycash GmbH. Darum zeichneten ihn COMPUTERWOCHE und CIO zum CIO des Jahres 2009 in der Kategorie Mittelstand aus.

Ein Beispiel: Im März sagte Gartner den PC-Anbietern weltweit den schlimmsten Abschwung aller Zeiten voraus. 2009 sollte der Absatz gegenüber dem Vorjahr um mehr als neun Prozent einbrechen. In den folgenden Monaten hellten sich die Prognosen sukzessive auf - von minus sechs Prozent im Sommer über minus zwei Prozent im Herbst, bis zuletzt im November sogar von einem Plus in Höhe von 2,8 Prozent die Rede war. Vielleicht wäre es in den vergangenen Monaten an der einen oder anderen Stelle ehrlicher gewesen zu sagen: "Wir haben keine Ahnung, wie sich der Markt entwickelt - lasst uns einfach abwarten, was passiert."

Der Gewinner des Jahres

Unbeeindruckt von allen Krisenstürmen präsentierte sich 2009 Apple. Der iPhone-Hersteller eilte von einem Rekordquartal zum nächsten, als ob es keine Konjunkturprobleme gäbe. Mit ihrer Produkt- und Markenstrategie traf die Jobs-Company im abgelaufenen Jahr genau den Nerv der Kunden. Ein Beispiel: Apple zufolge wurden inzwischen weit mehr als zwei Milliarden Applikationen und Spiele für das iPhone und den iPod Touch heruntergeladen.

Mit einem blauen Auge davongekommen

Passiert ist dann aber doch weniger, als von vielen befürchtet. Zwar entwickelten sich einige Märkte gelinde gesagt katastrophal: So brach beispielsweise der internationale Server-Markt teilweise um bis zu 30 Prozent beim Umsatz und den Absatzzahlen ein, und auch die Handy-Hersteller mussten weltweit Abstriche im zweistelligen Prozentbereich hinnehmen. Ebenso blieben etliche IT-Größen das ganze Jahr über im Krisensumpf stecken. Beispielsweise gelang es bis zuletzt weder Dell noch Nokia, einen Befreiungsschlag zu landen und sich aus den Abschwungsfesseln zu befreien.

Doch das Gros der IT-Anbieter kam mit einem blauen Auge davon. Bei Branchengrößen wie Cisco, IBM, Intel, Hewlett-Packard, Microsoft, Oracle und auch SAP stabilisierten sich im Lauf des Jahres die Geschäfte. Die Hoffnungen ruhen aber in erster Linie auf dem kommenden Jahr. Dann soll der Konjunkturmotor wieder anspringen und damit auch die IT-Geschäfte ankurbeln. Das glauben auch viele Analysten und die großen Branchenverbände. 2009 ist abgehakt, die internationale IT-Gemeinde will den Geschäftseinbruch, der im Vergleich zu anderen Branchen alles in allem moderat ausfiel, möglichst schnell vergessen.

Dazu kommt es darauf an, dass die Kunden mitspielen - und das ist alles andere als sicher. Viele Anwender haben Projekte auf Eis gelegt, geplante Investitionen verschoben und die Anbieter zurück an den Verhandlungstisch gezwungen, um bestehende Verträge neu zu verhandeln. Dass Anwender künftig mit weniger Druck auftreten, ist unwahrscheinlich. Viele dürften gemerkt haben, dass es durchaus Spielraum gibt, die bestehende IT-Infrastruktur effizienter auszunutzen und Kosten einzusparen. Darauf drängen vor allem die Finanzchefs. Denn nach wie vor steht das Thema Kostensparen ganz oben auf ihrer Agenda.

Der Abschied des Jahres

Foto: SAP

Im Januar gab Henning Kagermann die operativen Zügel bei SAP aus der Hand, Ende Mai verließ der langjährige Vorstandssprecher den Softwarekonzern endgültig. Kagermann arbeitete seit 1982 für SAP. 1991 rückte er in den Vorstand auf. Von 1998 bis 2003 stand er gemeinsam mit SAP-Gründer Hasso Plattner an der Spitze des Softwareherstellers. Seit 2003 leitete der Physikprofessor SAP als alleiniger Vorstandssprecher. Kagermann hatte im zurückliegenden Jahrzehnt den Umbau des SAP-Produktportfolios in Richtung Service-orientierte Architektur vorangetrieben. Überschattet wurde sein Abschied vom Streit um die Erhöhung der Wartungsgebühren. Erboste Anwender warfen dem Konzern vor, das Gefühl für die Situation bei den Kunden verloren zu haben.

Anwender gewinnen an Selbstvertrauen

Das Selbstvertrauen der Anwender ist 2009 gewachsen. Längst lassen sich die Unternehmen nicht mehr alles gefallen, was ihnen ihre IT-Lieferanten vorschreiben wollen. Den Zorn der Kunden, den sich SAP bereits ein Jahr zuvor mit der überraschenden Erhöhung der Wartungsgebühren zugezogen hat, bekam der Softwarekonzern auch 2009 noch zu spüren. Vehement fordern die Anwender von den Walldorfern einen Nachweis, dass ihnen der teurere Enterprise Support einen Mehrwert bringt. Das gemeinsam von SAP und den Anwendervereinigungen initiierte Prüfungsprogramm scheint diese Frage noch nicht gelöst zu haben. Jedenfalls hat der Konzern die Entscheidung über die anstehende Preissteigerung im Rahmen der Einführung des Enterprise Supports vorerst auf Anfang 2010 verschoben.

Das Einknicken dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass etliche Großkunden den Druck auf SAP massiv erhöht haben. Beispielsweise soll Siemens damit gedroht haben, den Wartungsvertrag komplett zu kündigen und in Sachen Support auf Drittanbieter auszuweichen. Dieser Schritt hätte SAP Millionen Euro gekostet. Bislang drang nicht an die Öffentlichkeit, wie sich beide Seiten geeinigt haben. Jedenfalls darf SAP die Siemens-Systeme weiter pflegen allerdings dürften die Münchner ihrem Softwarelieferanten massive Zugeständnisse abgetrotzt haben. Und Siemens wird kein Einzelfall gewesen sein.

Die härtere Gangart der Kunden hinterließ auf Herstellerseite Spuren. Genau wie die Anwender traten auch die Anbieter kräftig auf die Kostenbremse. Zu spüren bekamen das in erster Linie die Mitarbeiter. Zehntausende Jobs wurden gestrichen - auch von IT-Größen, die bis dato nicht mit Stellenabbau auf sich aufmerksam gemacht hatten. Überraschend hatte beispielsweise Microsoft zu Jahresbeginn nach enttäuschenden Quartalszahlen bekannt gegeben, 5000 Stellen quer durch alle Abteilungen des Softwarekonzerns zu streichen. Die SAP-Verantwortlichen kündigten an, ihren bereits 2008 eingeschlagenen Sparkurs zu verschärfen. Sechs Prozent beziehungsweise 3000 Stellen sollten wegfallen. Die Liste der IT-Anbieter, die im vergangenen Jahr ihre Personaldecke ausgedünnt haben, lässt sich beliebig fortsetzen. Es fehlt kaum einer der bekannteren Namen.

Allerdings spürte so mancher Anbieter auch Gegenwind aus den Reihen der Mitarbeiter: Beispielsweise protestierten die EDS-Beschäftigten mit europaweiten Aktionen über Wochen hinweg gegen den geplanten Stellenkahlschlag. Nach der Übernahme durch Hewlett-Packard sollten weltweit fast 25.000 Jobs bei dem Serviceanbieter gestrichen werden - und das, obwohl der Konzern schwarze Zahlen schreibe, so der Vorwurf von Seiten des Betriebsrats und der Gewerkschaften.

Die Strafe des Jahres

Der weltgrößte Chiphersteller Intel hat nach Ansicht der EU-Kommission mit illegalen Absprachen versucht, Konkurrenten aus dem Wettbewerb zu drängen, und damit seine dominante Marktstellung missbraucht. Dafür muss nun Intel eine Strafe von 1,06 Milliarden Euro an die Europäische Union zahlen, das höchste Bußgeld, das die Kartellbehörde jemals verhängt hat. Dabei hätte die Strafe auch noch höher ausfallen können, warnten die Kartellwächter. Intel bezeichnete die Entscheidung als falsch und legte Berufung gegen das Urteil ein. Das Verfahren dürfte sich über Jahre hinziehen.

Die neuen IT-Riesen

Wenn die Wirtschaft lahmt und Unternehmen in Schwierigkeiten geraten, bieten sich für die starken Player Kaufgelegenheiten. Den ersten Aufreger gab es im März: IBM verhandelte über einen Kauf von Sun Microsystems. Als die Übernahmegespräche offenbar am Preis scheiterten, schlug völlig überraschend Oracle zu und schnappte sich Sun für 7,4 Milliarden Dollar. Das war der Auftakt für eine Reihe weiterer Deals. Im Juli erwarb EMC den Deduplizierungsspezialisten Data Domain für 2,1 Milliarden Dollar, und IBM schluckte die Statistik-Softwarefirma SPSS für rund 1,2 Milliarden Dollar. Das Akquisitionskarussell drehte sich im Herbst munter weiter. Mit Perot Systems, das sich Dell für 3,9 Milliarden Dollar einverleibte, und ACS, die von Xerox für 6,4 Milliarden Dollar übernommen wurden, verschwanden zwei renommierte Serviceanbieter von der IT-Bildfläche.

Außerdem übernahm Adobe den Web-Analyse-Spezialisten Omniture für 1,8 Milliarden Dollar, und Hewlett-Packard stieg mit dem Kauf von 3Com (2,7 Milliarden Dollar) zum weltweit zweitgrößten Netzwerkausrüster nach Cisco auf. Doch auch Cisco hat wieder tief in die Taschen gegriffen und im Markt für IT-Anbieter zugeschlagen. Der weltweit größte Netzausrüster legte 2,9 Milliarden Dollar für Starent Networks auf den Tisch, einen Anbieter von IP-Lösungen für Mobilfunknetze. Weitere drei Milliarden Dollar investiert der Konzern in den norwegischen Anbieter von Videokonferenz-Systemen Tandberg.

Allerdings verlief längst nicht jedes Geschäft reibungslos. Die Tandberg-Aktionäre verweigerten sich zunächst dem Werben des US-Konzerns. Cisco-Chef John Chambers sah sich gezwungen, sein Angebot deutlich aufzustocken. Der Übernahme von Data Domain ging ein wochenlanger Bieterstreit zwischen Netapp und EMC voraus. Zunächst schienen sich Netapp und Data Domain mit einem Preis von 1,5 Milliarden Dollar schon handelseinig. Dann funkte EMC zunächst mit einem Angebot von 1,8 Milliarden Dollar dazwischen und gewann den Deal schließlich mit 2,1 Milliarden Dollar. Böse Zungen behaupten indes, EMC habe lediglich den Preis in die Höhe treiben wollen, um dem Konkurrenten Netapp zu schaden, und habe gehofft, der Konkurrent toppe das letzte Angebot noch einmal.

Während die eben genannten Deals weitgehend abgeschlossen sind, muss Oracle noch um die Übernahme von Sun Microsystems bangen. Nachdem die Transaktion schon in trockenen Tüchern schien, beide Unternehmen sowie die US-amerikanischen Aufsichtsbehörden das Geschäft abgesegnet hatten, meldete im Herbst mit einem Mal die EU-Kommission Bedenken an. Die europäischen Kartellwächter wollen prüfen, welches Schicksal Suns quelloffene Datenbank MySQL bei Oracle erwartet und wie dies den Datenbankmarkt beeinflussen könnte. Eine Entscheidung soll erst Ende Januar 2010 fallen.

Das Comeback des Jahres

Apple-Chef Steve Jobs ist wieder zurück: Elf Monate nach seinem letzten öffentlichen Auftritt feierte der 54-Jährige im September in San Francisco unter dem Beifall der versammelten Apple-Fans sein Comeback. Jobs hatte sich Anfang 2009 wegen massiver Gesundheitsprobleme aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Zunächst hatte es geheißen, sein Gewichtsverlust sei auf Ernährungsprobleme zurückzuführen. Im Sommer sickerte durch, der Apple-Chef habe sich einer Lebertransplantation unterziehen müssen. Er verdanke sein Leben der Spenderleber eines jungen Mannes, der bei einem Autounfall ums Leben gekommen sei, sagte Jobs. Seine Gesundheitsprobleme bezeichnete er als gelöst.

Das aktuelle IT-Wetter: Wolkig

Die vielen Übernahmen und Bündnisse wie beispielsweise das von Cisco und EMC sind ein Beleg dafür, dass sich die großen IT-Unternehmen mehr und mehr als Komplettanbieter im Markt positionieren wollen. Mit dem Versprechen, vorintegrierte Out-of-the-Box-Lösungen liefern zu können, wollen sich die IT-Giganten natürlich einen möglichst großen Anteil an den IT-Budgets der Anwenderunternehmen sichern. Doch Vorsicht: Die Gefahr der Abhängigkeit von einem oder wenigen Anbietern wächst. Das ist wohl der Preis für den geringeren Integrationsaufwand.

Außerdem dürfte es darum gehen, wer die großen Rechenzentren der Zukunft mit seiner Infrastruktur bestückt und sich damit eine gute Ausgangsposition für das Zukunftsgeschäft mit Cloud Computing verschafft. Die IT aus der Wolke war 2009 das beherrschende Gesprächsthema, auch wenn die Cloud nach wie vor schwer zu greifen ist. Zwar trommelten viele Hersteller kräftig für das neue IT-Bezugsmodell, doch in das Marketing-Getöse mischten sich auch kritische Stimmen. Viele Experten warnten vor überzogenen Erwartungen. Außerdem gebe es noch etliche unbeantwortete Fragen zu klären, beispielsweise zu Security- und Governance-Themen. Daher verwunderte es auch wenig, dass sich die meisten Unternehmen Umfragen zufolge bis dato noch kaum mit Cloud Computing beschäftigt haben.

Scheidung des Jahres

Seit Anfang April gehen Fujitsu und Siemens getrennte Wege. Das gemeinsame Joint Venture Fujitsu-Siemens Computers ist nach zehn Jahren Geschichte. Fujitsu übernahm die Siemens-Anteile. Das Unternehmen macht als Fujitsu Technology Solutions weiter und will sich auch auf Dienstleistungen konzentrieren.

Zwischen Gesichtsbuch und Piepmatz

Viel und vor allem konkret beschäftigt haben sich die Nutzer dagegen mit Social Networks. Online-Plattformen wie Facebook und Twitter erlebten 2009 einen wahren Boom. 58 Prozent der Internet-Nutzer in Deutschland waren Anfang des Jahres auf einer der vielen Plattformen aktiv, mittlerweile dürften es noch deutlich mehr sein. Das Online-Netzwerk Facebook meldete kürzlich 350 Millionen Mitglieder, jedes Quartal kämen weitere 50 Millionen dazu. Twitter will in vier Jahren eine Milliarde Nutzer erreichen. Auch die finanziellen Pläne sind ambitioniert: 2013 soll bei einem Umsatz von 1,5 Milliarden Dollar unter dem Strich ein Gewinn von 100 Millionen Dollar stehen. Diejenigen, die in den vergangenen Jahren derartige Aussagen als Träumereien eher belächelt haben, müssen umdenken. Facebook meldete immerhin einen positiven Cash-flow, und Investoren pumpen Hunderte von Millionen Dollar in die Internet-Companies. Außerdem mehren sich die Anzeichen, dass Facebook und Twitter ernsthaft an einem Börsengang arbeiten. Es scheint also immer noch viel Phantasie im Online-Business zu stecken.

Die Pleiten des Jahres

Nach wochenlangen Querelen rund um eine mögliche Übernahme von Qimonda und langem Feilschen um Staatsbeihilfen musste das einstige Halbleiter-Vorzeigeunternehmen im Frühjahr Insolvenz anmelden. Alle Bemühungen um eine Beteiligung russischer beziehungsweise chinesischer Firmen waren fehlgeschlagen. Ende September begann der Ausverkauf des Mobiliars und des technischen Geräteparks.

Im Januar musste der einstige Netzwerkriese Nortel Gläubigerschutz beantragen. Zuletzt hatte sich das Jahresdefizit auf 5,8 Milliarden Dollar aufsummiert. Alle weiteren Rettungsversuche von Gläubigern und Investoren scheiterten. In der Folge wurden das Unternehmen zerstückelt und die einzelnen Teile an den jeweils Meistbietenden verkauft.

Datenschutz - und nichts dazugelernt

Mit der steigenden Popularität sozialer Netzwerke wächst aber auch der Bestand persönlicher und damit sensibler Informationen im Netz, warnen Datenschützer. Die Probleme in diesem Bereich nehmen zu. Wie schon im Vorjahr, war auch 2009 der Datenschutz einer der großen Verlierer des Jahres. Angesichts der katastrophalen Sicherheitslöcher, durch die Millionen an Datensätzen, beispielsweise Bankverbindungen und Meldedaten, verloren gegangen waren, hätte man meinen können, die Verantwortlichen würden das Problem in diesem Jahr ernsthaft angehen. Jedenfalls hatte der damals amtierende Innenminister Wolfgang Schäuble getönt, er werde den Kampf gegen die Datendiebe aufnehmen und Verstöße schärfer ahnden. Getan hat sich allerdings kaum etwas, wie die Welle an Datenpannen gezeigt hat, die Deutschland auch in diesem Jahr überrollt hat.

Trauriger Höhepunkt: Ein junger Hacker sorgte im Herbst für Schlagzeilen, als er ohne große Probleme etwa 1,6 Millionen Nutzerdaten des Online-Netzwerks SchülerVZ abgriff. Als der 20-jährige Mann wegen versuchter Erpressung in Untersuchungshaft landete, nahm er sich das Leben. Dabei hätte sich der Hacker mit seinem Datenklau nicht einmal strafbar gemacht. Nur wenn er dafür illegal Schutzmaßnahmen ausgehebelt hätte, wäre die Justiz aktiv geworden. Im Fall des Schüler- und Studentenportals lagen die Verhältnisse jedoch ganz anders. Die Tore zum System standen weit offen.

Der Flop des Jahres

Im Sommer hatte der Bundestag mit den Stimmen der großen Koalition weitgehende Befugnisse für das Bundeskriminalamt beschlossen, um Internet-Sperren einzurichten. Vorrangig sollten kinderpornografische Inhalte blockiert werden. Kritiker bezeichneten den Beschluss als Zensur und forderten wirksamere Maßnahmen gegen Kinderpornografie. Die Inhalte müssten aus dem Netz verschwinden und nicht hinter Stoppschildern versteckt werden. Im November schlug die neue gelb-schwarze Regierungskoalition einen anderen Kurs ein. Die Sperrung werde für ein Jahr ausgesetzt, hieß es. Stattdessen soll nun versucht werden, die kriminellen Inhalte ganz aus dem Netz zu löschen.

Doch es gab auch viel Skurriles rund um IT zu berichten. Ein Brite nutzte zum Beispiel geschickt Google Earth, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Er suchte Schulgebäude, Kirchen und Museen im Raum London nach Bleidächern ab. Diese demontierte er heimlich und verkaufte sie an Altmetallhändler. Angeblich soll er innerhalb von sechs Monaten knapp 100.000 britische Pfund eingenommen haben. Allerdings wurde er erwischt und zu einer Strafe von acht Monaten auf Bewährung und 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit verdonnert. Das Beispiel zeigt uns jedoch, dass die Geschäftsmöglichkeiten im allgegenwärtigen Internet schier unbegrenzt sind. Wir dürfen gespannt sein, was uns das nächste Jahr an dieser Stelle bieten wird.

Die Produkte des Jahres

Foto: Palm

Der angezählte Handheld-Pionier Palm schaffte mit dem "Palm Pre" buchstäblich die Rettung in letzter Sekunde. Angesichts fortlaufender Millionenverluste glaubte kaum noch jemand in der Branche an eine Rettung. Den iPhone-Konkurrenten, an dessen Entwicklung ein Ex-Apple-Manager maßgeblichen Anteil hatte, konnte der Hersteller gar nicht schnell genug produzieren, um die Nachfrage zu befriedigen. Damit gelang es Palm, die Verluste in den Griff zu bekommen und die Talfahrt zu verlangsamen.

Netbooks haben in diesem Jahr den PC-Markt gerettet, zumindest was die Stückzahl-Verkäufe anbelangt. Die Nachfrage nach den Bonsai-Rechnern riss auch 2009 nicht ab. Mittlerweile hat fast jeder Notebook-Hersteller die Minis im Programm. Marktforscher gehen davon aus, dass der Boom auch 2010 anhalten wird.

Foto: Amazon

2009 ist der E-Book-Markt endlich ins Rollen gekommen. Nachdem etliche Hersteller wie Amazon mit dem "Kindle" und Sony mit seinem "Reader 505" Lesegeräte in großen Stückzahlen auf den Markt geworfen haben, zogen die Verlage nach und kündigten eine breite Palette an elektronischen Büchern an.

Im Oktober hat Microsoft Windows 7 vorgestellt. Nach dem Flop mit dem Vorgänger Vista scheint nun wieder alles in Ordnung zu sein. Microsoft zufolge wird das neue System sogar deutlich besser angenommen als der erfolgreiche Vista-Vorgänger Windows XP. Allerdings deuten Umfragen an, dass die Unternehmenskunden vorerst noch abwarten wollen.

Foto: Cisco

Cisco hat mit dem Mini-Camcorder "Flip" einen Kassenschlager gelandet. Die Geräte bestechen durch eine puristisch auf das Nötigste beschränkte Ausstattung und eine einfache Bedienung. Videos lassen sich per Knopfdruck ins Internet beispielsweise auf Youtube hochladen. Das Konzept hat mittlerweile etliche Nachahmer gefunden.

Die Verlierer des Jahres

Nach dem Milliardenbetrug und der Bilanzfälschung bei Satyam wanderte Anfang Januar Firmengründer und Vorstandschef Ramalinga Raju ins Gefängnis. Ihm wird Betrug und Urkundenfälschung vorgeworfen. Es droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.

Im März hat der Schnüffelskandal den Ex-Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke eingeholt. Die Staatsanwaltschaft filzte Büros und Wohnungen, um zu klären, ob er nicht doch frühzeitig von den Spionageaktionen wusste und diese gedeckt habe.

Auch Siemens musste sich mit seinen Skandal-Altlasten herumschlagen. Wegen der Schmiergeld-Affäre machten sich zwei griechische Ex-Siemens-Manager aus dem Staub und wurden per internationalen Haftbefehl gesucht. Die ehemaligen Siemens-Chefs Heinrich von Pierer und Klaus Kleinfeld willigten in millionenschwere Vergleichszahlungen ein. Als Schuldeingeständnis sei dies selbstverständlich nicht zu werten, hieß es.

Nach dem Abschluss der staatsanwaltlichen Ermittlungen wegen Kinderpornografie droht dem Ex-Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss eine Anklage. Tauss soll gezielt nach Kinderpornos mit Jungen gesucht haben. Außerdem sprächen die Fundorte des Materials in der Berliner Wohnung für eine private Nutzung. Tauss war nach dem Fund von Kinderporno-Bildern von seinen SPD-Ämtern zurückgetreten und später zur Piratenpartei übergetreten. Mit Kinderpornografie habe er sich rein dienstlich beschäftigt, so der Abgeordnete.

Eine Selbstmord-Serie hat dem Ruf der France Telecom schwer geschadet. Gewerkschaftsangaben zufolge haben sich rund zwei Dutzend Mitarbeiter das Leben genommen. Zumindest ein Teil der Selbstmorde sei direkt auf die von extremem Druck geprägten Arbeitsbedingungen und den Konzernumbau zurückzuführen, hieß es. Zwischenzeitlich drängte sogar die französische Regierung auf ein Konzept zur Verhinderung weiterer Suizide.