Digital Skills Index

Beschäftigte benötigen mehr Digitalkompetenz

27.04.2023 von Hans Königes
Verstärkt Frauen - aber auch Männer - haben Defizite in der Digitalkompetenz. Unternehmen sind deshalb gut beraten, die Weiterbildung zu forcieren.
Unternehmen sollten auf fachliche Weiterbildung sowie Aufklärung und Austausch setzen, um unter den eigenen Mitarbeiter:innen Digitalkompetenzen aufzubauen und stetig zu verbessern.
Foto: Alexander Supertramp - shutterstock.com

Der Universitätsabschluss hat als einziges Zutrittskriterium in einen hochqualifizierten Job längst ausgedient. Immer mehr Unternehmen gehen dazu über, nach Kompetenzen einzustellen. Die aktuelle Ausgabe des Digital Skills Index von Salesforce zeigt: Für 82 Prozent der Personalverantwortlichen sind Kompetenzen bei der Beurteilung von Bewerber:innen wichtiger als ein Abschluss oder eine branchenspezifische Qualifikation.

Besonders gefragt sind Fähigkeiten in Datensicherheit, KI, Automatisierung sowie Programmierkenntnisse. Doch trotz der Tatsache, dass sich Frauen in diesen Bereichen weiterqualifizieren, bleiben sie in entsprechenden Tätigkeitsfeldern unterrepräsentiert. Angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels und der darunter leidenden Innovationsfähigkeit müssen Unternehmen deshalb mehr Maßnahmen ergreifen, um den Frauenanteil im Technologieumfeld zu erhöhen und dem weiblichen Geschlecht entsprechende Karrierechancen aufzuzeigen.

Tatsächlich ermöglichen nur wenige Berufsfelder Frauen so spannende Entwicklungspotenziale wie IT, Data Analytics oder Business Intelligence. Neben dynamischen Inhalten erlauben Möglichkeiten der virtuellen Mitarbeit flexiblere Karrierewege, beispielsweise in Bezug auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie - etwas, das Unternehmen unbedingt stärker fördern sollten. Während der Bedarf auf der Hand liegt, drängt sich die Frage auf: Wie lassen sich mehr Frauen überzeugen, ihre Fähigkeiten in den genannten Bereichen einzusetzen?

Weibliche Vorbilder gesucht

Auch heute noch interessieren sich Frauen oft noch zu wenig für einen Beruf in der Technologiebranche. Vermeintlich "typisch weibliche" Vorbilder, Mentor:innen und Communities können helfen, diese Lücke zu schließen. Eine Chance, um mehr Frauen für Jobs im Tech-Bereich zu motivieren, bietet etwa das Bring-Women-Back-To-Work-Programm von Salesforce. Dieses einjährige Bildungsangebot setzt sich aus diversen Weiterbildungs-, Coaching- & Mentoring-Modulen zusammen und richtet sich ausdrücklich auch an Frauen ohne IT-Vorkenntnisse. Entsprechend lautet das Motto "Hiring for Attitude and Train for Skills".

Gründerin des Programms ist Vanessa Gentile, Marketingdirektorin bei Salesforce Schweiz. Dort wurde die Initiative 2020 ins Leben gerufen: Aus dem ersten Jahrgang haben sich laut Gentile bereits zwei Drittel der Teilnehmerinnen erfolgreich auf eine Festanstellung beworben, viele davon im Alter zwischen 40 und 50 Jahren. "Viele Frauen bekommen nach einer Unterbrechung keine Chance, in ihre ehemalige Position zurückzukehren, und sind mehr oder weniger gezwungen, sich umzuorientieren", beschreibt sie die Arbeitsmarktlage. Gleichzeitig existiere in der Tech-Branche ein eklatanter Fachkräftemangel, nicht nur in technischen, sondern auch in Beratungs-, Vertriebs-, oder Marketingrollen. Das Programm solle deshalb Frauen jeglichen beruflichen Hintergrunds ermutigen, den Einstieg in diese Branche zu wagen und ihnen diesen erleichtern. Für Unternehmen auf der Suche nach Talenten erweitere sich damit der Kandidatinnen-Pool.

Frauen in IT-Jobs
Theresa Kölnberger - Scrum Masterin bei FTAPI
"Im Bereich Cybersicherheit ist man regelmäßig mit neuen Technologien konfrontiert. Das macht das Arbeiten einerseits sehr spannend, andererseits erfordert es, sich kontinuierlich fortzubilden."
Patricia Cabrera Perez - Senior Director EMEA Distribution bei Cradlepoint
"Wir sind überall von Technologie umgeben, und es ist ein Privileg, Teil der Branche zu sein, die sie vorantreibt und prägt."
Alina Bizga - Sicherheitsanalystin bei Bitdefender
"Frauen schenken tendenziell den Details eine größere Aufmerksamkeit. Auch emotionale Intelligenz kann die Kompetenzen in der IT-Sicherheit verbessern."
Birgit Grosser - Director Managed Cloud Operations bei Axway
"Als Frau in der IT war ich Mitte der 1990er noch die Ausnahme, als weibliche Führungskraft in der IT eher eine Exotin. In Vor-Ort-Meetings bei Kunden war ich häufig die einzige Frau im Raum."
Julia Plathner - Channel Sales Manager bei Aqua Security
"Um als Frau in der IT zu arbeiten, muss man nicht unbedingt einen technischen Abschluss haben."
Merium Khalid - Senior Manager Offensive Security bei Barracuda XDR
"Ein wichtiger Faktor, um mehr Frauen für die Technologie zu gewinnen, ist, ihnen vor Augen zu führen, wie andere Frauen in diesem Bereich erfolgreich sind und welchen Einfluss sie in der Welt der Technologie haben können."
Christine Grimm - Associate Partner bei Convista
"Seit meinem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens - noch als eine von wenigen Frauen – bin ich genauso selbstsicher meinen Weg gegangen wie meine männlichen Kollegen."

Daten analysieren heißt Fragen stellen

Auch Heidi Kalbe, IT-Beraterin bei der Woodmark Consulting AG, engagiert sich dafür, beruflichen Chancen für Frauen in der Tech-Branche aufzuzeigen. Als Spezialistin für die Data-Analytics-Plattform Tableau geht es ihr vor allem darum, das Bewusstsein für die Relevanz von Datenkompetenz als entscheidende Qualifikation am Arbeitsmarkt zu stärken. "Mit Hilfe von Daten treffen wir schneller fundiertere Entscheidungen und tragen so dazu bei, Produktivität und Innovationsentwicklung zu steigern", erklärt sie. Um sinnvolle Erkenntnisse aus Daten ableiten zu können, brauche es aber Datenkompetenz. Gemeint sei damit die Fähigkeit, Daten analysieren und darauf aufbauend Entscheidungen treffen zu können. Da das Thema Daten, so Kalbe, vielen Menschen jedoch erst einmal abstrakt erscheine, würden sie dagegen eine Abneigung entwickeln. Das betreffe besonders oft Mädchen und Frauen.

Hintergrund ist, dass viele von ihnen denken, bei Datenkompetenz ginge es allein um mathematische Kenntnisse und Technologie-Expertise, die sie sich unter Umständen nicht zutrauen. "Dabei umfasst das Konzept auch die Fähigkeit, sich in ein Problem hineinzudenken und die richtigen Fragen zu stellen", so Kalbe weiter. Um mit solchen Missverständnissen aufzuräumen und insbesondere Frauen zu ermutigen, sich intensiver mit dem Thema Daten auseinanderzusetzen, hat die IT-Beraterin 2019 die Initiative Data+Women Germany mitgegründet. "Mit dieser Initiative wollen wir eine Plattform bieten, die es Interessierten leicht macht, Datenkenntnisse zu erwerben und in spannenden Berufen Fuß zu fassen, sich zu vernetzen und die eigenen Fähigkeiten im Umgang mit Daten im regelmäßigen Austausch mit anderen zu verbessern", erläutert Kalbe das Konzept. Wichtig sei ihr, weibliche Vorbilder in der Daten-Community ins Scheinwerferlicht zu Stellen. diese Idole sorgen für einen Abstrahleffekt und tragen dazu bei, noch mehr Frauen für eine Laufbahn in der Datenbranche zu begeistern.

Heidi Kalbe, IT-Beraterin bei der Woodmark Consulting AG, ist Mitbegründerin der Intitative "Data+Women Germany", die Frauen für IT-Berufe motiviert.
Foto: Kalbe - Woodmark Consulting AG

KI-Fähigkeiten werden immer wichtiger

Unternehmen sollten auch auf fachlichen Austausch, Aufklärung und Weiterbildung setzen, um unter den eigenen Mitarbeiterinnen die Kompetenzen aufzubauen, an denen es an vielen Stellen mangelt. Der Digital Skills Index zeigt, dass das vor allem den Umgang mit KI-Anwendungen betrifft. Obwohl das Bewusstsein für die Relevanz entsprechender Fähigkeiten allmählich wächst, besteht nach wie vor eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. So wenden zwar zwei Drittel der deutschen Befragten laut Digital Skills Index digitale Kompetenzen in ihrem Arbeitsalltag an, doch bei wenigen gehen diese über die Nutzung von Collaboration-Tools, digitale Verwaltungsaufgaben oder Projektmanagement hinaus. Nur einer von zehn Befragten arbeitet in seinem Berufsalltag mit KI-Anwendungen - dabei ist der Umgang mit KI die Fähigkeit, deren Bedeutung in den vergangenen fünf Jahren am stärksten zugenommen hat ist. Mehr als die Hälfte der Frauen (55%) und knapp zwei Drittel der Männer (66%) sind sich laut der Erhebung bewusst, dass insbesondere generative KI-Anwendungen ihren Arbeitsalltag beeinflussen werden. Zugleich stehen Frauen den damit verbundenen Potenzialen etwas verhaltener gegenüber als Männer. So sagt jede zweite Befragte (52%) aus, positiv auf den Einsatz generativer KI-Anwendungen zu blicken, während dies 63 Prozent der Männer tun.

Communities für den Wissenstransfer nutzen

Um etwaige Zweifel auszuräumen und Mitarbeiter:innen adäquat auf den Umgang mit neuen Technologien vorzubereiten, können Betriebe auch Online-Angebote einbeziehen. Solche Lernplattformen bieten zum Beispiel modular aufgebaute, abrufbare Lerneinheiten zu diversen Digitalkompetenzen, die Mitarbeiter:innen flexibel im Selbststudium absolvieren können.

Rund um solche Angebote entstehen häufig Communities, innerhalb derer sich Menschen unabhängig von ihrem Hintergrund, Qualifikationsniveau oder Geschlecht frei austauschen und einander dabei unterstützen, sich weiterzuentwickeln. Diversität kann in diesem Rahmen dazu beitragen, den Lerneffekt zu vergrößern. Unternehmen können sich diese Dynamik zunutze machen und den internen Wissenstransfer durch die gezielte Förderung entsprechender Lerngruppen unterstützen. In einer Arbeitswelt, in der Kompetenzen formellen Titeln den Rang ablaufen, gilt es, Mitarbeiter:innen aller Erfahrungsebenen in Sachen Weiterbildung zu unterstützen und dabei vor allem Frauen gezielter anzusprechen. Nur, wenn Unternehmen ihre Mitarbeiterinnen ermutigen, ihre Potenziale zu entfalten, werden sie die Lücken hinsichtlich Fachkompetenz perspektivisch schließen können.

Diese IoT-Skills brauchen Unternehmen
Schaltkreisdesign
Geht es um Connected Devices, müssen Unternehmen sicherstellen, dass Chip-Design und -Entwicklung sich an den neuen Systemanforderungen orientieren. Applikationen, die beispielsweise von Batterien abhängig sind, brauchen unter Umständen spezielle Schaltkreise um den Energieverbrauch zu minimieren oder gleich mehrere Chips und Sensoren auf einer Platine.
Mikrocontroller-Programmierung
Das IoT besteht aus Milliarden kleiner, miteinander vernetzter Devices. Die meisten dieser Devices brauchen zumindest einen Mikrocontroller, um Daten verarbeiten zu können. Mikrocontroller sind günstige, energiesparende Chips, deren Programm- und Datenspeicher Teil des Systems sind.
AutoCAD
AutoCAD ist die derzeit am meisten verbreitete Design Software für Applikationen und erfährt aufgrund der Komplexität von IoT-Devices einen enormen Boom. Das liegt daran, dass gerade diese vernetzten Geräte nach völlig neuen Design-Grundsätzen entwickelt werden müssen – zum Beispiel wenn es um Hardware-Standardisierung oder Personalisierung geht.
Machine Learning
Smarte Appliances und Applikationen entstehen durch Machine-Learning-Algorithmen, die Sensordaten verarbeiten. Diese Algorithmen können zu Zwecken der Predictive Data Analysis verwendet werden. Das erfordert allerdings Experten für Big Data Management und Machine Learning.
Security-Infrastruktur
Laut einer Studie von TEKsystems hindert die steigende Angst vor Datenlecks Unternehmen maßgeblich daran, im IoT durchzustarten. „Firmen die bereits Erfahrung in Sachen Cloud Security haben, verfügen bereits über eine gute Basis. Allerdings machen die weitergehende Skalierung und Komplexität des Internet of Things die Dinge kompliziert.
Big Data
Das Internet der Dinge hat die Menge der Daten, die Unternehmen sammeln und auswerten, vervielfacht. Die Kunst besteht nun darin, redundante Datensätze direkt bei der Erhebung auszusortieren und relevante Daten zu schützen.
Elektrotechnik
Die nächste Generation der Connected Devices braucht nicht nur Software, sondern auch technische Expertise.
Security Engineering
IT-Sicherheit gehört zu den größten Sorgenkindern für den IoT-Markt. Prominente Datenlecks und Hacks haben nicht nur bei Unternehmen, sondern auch bei den Konsumenten ein neues Bewusstsein für IT-Security geschaffen.
GPS-Entwicklung
Der GPS-Markt steht dank des Internet of Things vor einer Renaissance. Insbesondere bei Unternehmen, die im Bereich Wearables, Connected Cars oder Logistik tätig sind.