Best-Practice-Beispiele

Wie die IT grün wird

11.11.2010 von Jan-Bernd Meyer
Der Wettbewerb "GreenIT Best Practice Award 2010" hat es bewiesen: Mit den richtigen Strategien lässt sich ökologisch und ökonomisch eine Menge bewegen.
Das ist der Blick, mit dem eine Wärmebildkamera in den Gang eines Rechenzentrums sieht und die Wärmepunkte aufzeichnet.
Foto: Knürr AG

Über Techniken wie etwa freie Kühlung oder das Beheizen von Bürogebäuden durch die Abwärme aus Rechenzentren wird nicht mehr nur trefflich theoretisiert. Die Avantgarde der deutschen IT-Szene nutzt diese Optionen. Sie spart damit Geld und leistet einen Beitrag zur Verbesserung des Klimas und der Eindämmung von umweltschädlichen Emissionen.

An dieser Stelle möchten wir zeigen, wie einige der Wettbewerbsteilnehmer State-of-the-Art-Techniken und -Anwendungen nutzen, um die Umwelt - und den eigenen Geldbeutel - zu schonen.

Was ein Rechenzentrum kann: Abwärme heizt Büros

Der Logistiker Dachser aus Kempten kann nicht klagen: Die Geschäfte laufen gut, das Unternehmen wächst. Konsequenz war, dass sowohl ein größeres RZ als auch mehr Bürofläche hermussten.

Aus dieser Not machte das Unternehmen eine Tugend und verwob Architektur- und IT-Planung. Anstatt die in einem Data Center entstehende Wärme kostspielig herunterzukühlen, leitet der Konzern sie in einen neu gebauten Bürokomplex um. Zwei Gebäude, die zunächst einmal wenig miteinander zu tun haben, wurden in dem Dachser-Konzept somit ökologisch sinnvoll verbunden.

Die Allgäuer machten dabei eine angenehme Erfahrung, die interessierte Nachahmer ermutigen sollte: In vielen Gesprächen der Projektbeteiligten aus den Bereichen "Bau und Immobilien" sowie "IT" kam heraus, dass kein einziger Teilnehmer von nennenswerten technischen oder administrativen Problemen berichtete. Die Idee, die überschüssige Wärme eines RZ für die Beheizung anderer Gebäudeteile zu nutzen, ist also weder weltfremd, noch stellt sie die Beteiligten vor unüberwindliche Probleme.

Nicht von ungefähr sprechen die Dachser-Verantwortlichen von einem Projekt, das Modellcharakter für andere Firmen habe. Sie betonen dabei explizit den hohen ökologischen Nutzen und die finanziellen Anreize.

Ganz ähnliche Erfahrungen machte die Heinrich-Böll-Stiftung. Auch sie nutzt die Abwärme des Data Centers, um ihre Büros zu heizen. Darum hat die Stiftung kurzerhand ihre Geschäftsbereiche IT und Facility-Management zusammengelegt. Diese scheinbar banale Maßnahme ist in Wirklichkeit von essenzieller Bedeutung: Diverse Untersuchungen von Gartner oder Experton belegen, dass viele IT-Verantwortliche allein deshalb die Energiekosten ihrer Rechenzentren gar nicht kennen, weil sie für die Stromkostenbegleichung schlicht nicht zuständig sind. Durch die Zusammenlegung von IT und Facility-Management schafft die Heinrich-Böll-Stiftung die nötige Transparenz, die auch zu weiteren Aktionen führte, etwa dem Projekt, Abwärme des RZ für die Beheizung von Büros zu nutzen.

Mit ihren cleveren Ansätzen belohnen sich Dachser und die Heinrich-Böll-Stiftung gleich doppelt: Sie sparen Geld, und sie tun etwas für ihr Umweltgewissen.

Green IT interessiert die politische Prominenz

Gutes tun und darüber sprechen lohnt sich auch im Marketing. Bei der Einweihungsfeier ihres Öko-Gebäudes im September 2008 begrüßte die Heinrich-Böll-Stiftung nicht weniger als 700 Gäste und Mitarbeiter. Auch der damalige Bundespräsident Horst Köhler gab sich die Ehre. Es zeigt sich also, dass Green-IT-Projekte sehr wohl die Aufmerksamkeit der politischen Prominenz gewinnen, weil sie als gesellschaftsrelevant angesehen werden.

Die Stiftung ist noch aus einem anderen Grund einer Erwähnung wert: Entgegen oft geäußerten Kommentaren, wonach ein Rechenzentrum stark heruntergekühlt werden sollte, läuft ihr Data Center bei angenehmen 23 bis 27 Grad. Für ein eher warmes Raumklima im RZ wirbt auch der RZ-Dienstleister Strato AG. Die dortigen IT-Verantwortlichen sagen, moderne Systeme ließen sich problemlos bei 25 bis 30 Grad Celsius betreiben. Auch die Daimler AG hat festgestellt, dass man ein Data Center durchaus bei höheren Temperaturen betreiben kann. Ähnliche Ansichten vertreten mittlerweile eine ganze Reihe von IT-Managern.

Freie Kühlung

Die Strato AG hat zudem mit ihrem Projekt bewiesen, wie wirkungsvoll über eine direkte freie Kühlung Wärme aus einem RZ abgeführt und kühle Luft von außen zur Temperierung des Data Centers angesaugt werden kann. Dies geschieht ohne oder nur mit geringem Energieeinsatz von Rückkühlanlagen. Für die Realisierung solch eines Konzepts entstehen laut Strato lediglich geringe Kosten. Schon nach weniger als zwei Jahren habe sich das Projekt rentiert. Die angewandte Methode ist zudem alles andere als Raketentechnik. Von großem Vorteil ist darüber hinaus, dass freie Kühlung einfach gewartet werden kann. Schließlich lässt sich bei diesem Verfahren mit Fug und Recht behaupten, dass mit Ressourcen schonend umgegangen wird.

Strato nennt für freie Kühlung allerdings eine wesentliche Voraussetzung: Die genutzten Geräte müssen in solch einem gekühlten RZ eine erhöhte Wärme- und Feuchtetoleranz aufweisen. Ist diese Voraussetzung gegeben, was in der Regel nur für neue Systeme und Komponenten gilt, könne man aber mit enormen Energieeinsparungen rechnen. Die Strato-Verantwortlichen verschweigen nicht, dass Überzeugungsarbeit nötig war, um das Konzept der freien Kühlung zu realisieren. Immerhin lässt man damit im Data Center Temperaturschwankungen und ein - wie es Kühlungsexperten nennen - größeres Feuchteband zu.

In neun Schritten zum effizienten RZ
Bestandsaufnahme mit Asset-Management
Schritt 1: Die RZ-Betreiber müssen alle Geräte und Systeme, Hard- wie Software lückenlos erfassen und dokumentieren.
Outsourcing prüfen
Schritt 2: Als Alternative zum Eigenbetrieb sollte auch ein Komplett- oder Teil-Outsourcing in Betracht gezogen werden.
Standardisierung als Ziel
Schritt 3: RZ-Betreiber sollten auf eine standardisierte IT-Landschaft mit einheitlichen Lizenzen und einheitlichen Versionen hinarbeiten.
Kosten im Blick behalten
Schritt 4: Grundsätzlich sollten die Einkäufer darauf achten, möglichst schlank dimensionierte und verbrauchsarme Geräte einzukaufen.
Bessere Auslastung mit Virtualisierung
Schritt 5: Um Hardware zu optimieren, muss man sie reduzieren. Das funktioniert mit mehreren virtuellen Servern auf einem physikalischen Gerät.
Das passende Kühlkonzept
Schritt 6: Durch eine effizientere Auslastung der Rechner, lässt sich die Menge aller Stromabnehmer deutlich reduzieren.
Stromverbrauch planen
Schritt 7: RZ-Betreiber müssen die Richtwerte für den Stromverbrauch pro Quadratmeter RZ-Fläche realistisch planen.
Die richtige Dimension
Schritt 8: Ein Raumkonzept hilft, die vorhandenen Räumlichkeiten, Klimatisierung sowie Systeme und Geräte aufeinander abzustimmen.
Monitoring
Schritt 9: Ein umfassendes Monitoring sollte den Rechner-Pool, Stromversorgung, Kühlsysteme und die USV-Anlagen beinhalten.

Wer die fast schon religiös anmutenden Dispute um die "richtige" Temperatur in einem Rechenzentrum kennt, weiß, welche Überzeugungsarbeit manchmal vonnöten ist, um ein ökologisch sinnvolles Kühlungskonzept durchzusetzen. Letztlich aber belegen auch die wesentlich niedrigeren Stromkosten bei freier Kühlung die Richtigkeit des Ansatzes. Allerdings hat Strato bei seinem Freiluftprojekt einige Erfahrungen machen müssen, die für andere Unternehmen sehr lehrreich sein dürften.

Bei schlechter Außenluft wird wieder herkömmlich gekühlt

Ein großes Problem der Freikühlung ist die Verschmutzung der Außenluft. Dieses Faktum wird dann kritisch, wenn es keine Trennung mehr zwischen Innen- und Außenluft gibt. Negativen Einfluss hat vor allem Qualmentwicklung. Sie kann bei Bränden auf der Straße eintreten oder aus einem Nebengebäude kommen. Auch zu viel Staub wirkt sich negativ aus. Treten solche Umstände ein, muss gesichert sein, dass Außenluft sofort nicht mehr angesaugt und auf die herkömmliche Kühlung umgeschaltet wird.

Strato hat hierzu die Luftqualität untersucht. Die Ergebnisse waren bemerkenswert: Beim Freie-Kühlungs-Verfahren muss die Außenluft statt mit normalerweise genutzten Filtern der Klasse G4 mit solchen der Klasse F7 gereinigt werden.

Laut Definition dienen Filter der Klasse G3 und G4 unter anderem für die Klima- und Lüftungstechnik zur Feinstaubabscheidung, zur Vorfilterung für Schwebstofffilter oder als Vorfilter in der Stahl- und Hüttenindustrie. Ein anderes Kaliber sind Filter der Klasse F7: Sie kommen zum Einsatz, wenn es gilt, die Feinstaubfilterung in klimatechnischen Systemen mit sehr hoher Luftreinheit sicherzustellen, etwa als Zuluftfilter für hochwertige Montageräume, Schaltanlagen oder bei der Lebensmittelerzeugung. Sie dienen auch als Vorfilter für Reinraumanlagen in der pharmazeutischen Industrie sowie in Sterilisations- und OP-Räumen.

Sogar das Bauamt kommt bei Freie-Kühlungs-Projekten ab und an ins Spiel: Dann nämlich, wenn - wie bei Strato - die Fassade des Rechenzentrums verändert werden muss.

In Wohngebieten müssen Klimaschränke leise arbeiten

Die Lage spitzt sich weiter zu, wenn das Data Center in einem Wohngebiet (baurechtlich als Mischgebiet bezeichnet) steht. Wer sein Data Center hier frei kühlen will, muss dafür Sorge tragen, dass die Lärmemission der Klimaschränke die Umgebung "nicht wesentlich stört". Strato musste also Schalldämpfer in die Klimaschränke einbauen.

Vergleichbare Erfahrungen machten die Betreiber des Rechenzentrums Nord des am 3. Juni 2012 zu eröffnenden Hauptstadtflughafens Berlin Brandenburg International (BBI). Sie haben sich ebenfalls am GreenIT-Best-Practice-Award beteiligt. Das RZ-Nord nutzt eine hybride, indirekte freie Kühlung. Kaltwassersätze auf dem Dach beinhalten ein so genanntes Free Cooling System, das automatisch geregelt wird und die maschinelle Kühlung unterstützt. Auch bei den Hauptstädtern ist Lärmemission ein Thema. Deshalb sind die Kaltwassersätze in "Low-Noise"-Bauweise ausgelegt. Sie besitzen einen Schalldruckpegel von 55,1 dB(A) in fünf Metern. Das kann sich hören lassen.

Einen weiteren Stein legt das Mietrecht ökologisch denkenden IT-Managern in den Weg: Der Vermieter - technisch ausgedrückt der Gebäudeträger - muss den mit einer freien Kühlung verbundenen Maßnahmen zustimmen. Für Strato bedeutete das, eine Rückbauverpflichtung für den Fall der Kündigung zu unterschreiben.

Frei gekühlt, viel Geld gespart

Bei so vielen Vorgaben mag der eine oder andere innovationsfreudige IT-Verantwortliche leise Abstand nehmen von diesem Kühlungskonzept. Die wirtschaftlichen Zahlen aber sprechen eine eindeutige Sprache zugunsten dieser Technik. Die finanziellen Mittel für solch ein Projekt, so die Erfahrung von Strato, sind überschaubar, die Realisierung "denkbar einfach". Die Anschaffungskosten für das neue Kühlsystem sind gering, die Folgekosten auch. Die Filter müssen gewartet, Strom für die Ventilatoren und die Klimaschränke gezahlt werden. Macht man einen Strich unter die Gesamtrechnung, so ergibt sich bei Strato, dass seit der Einführung der freien Kühlung die Energiekosten von fast 200.000 Euro pro Jahr auf rund 23.000 Euro verringert wurden. Bei solchen Einsparungen kann man auch mal einen Beamten vom Bauamt vorstellig werden lassen.

Wer übrigens glaubt, dass freie Kühlung wirtschaftlich nur in Regionen extremer Kälte wie dem Nord- und Südpol zu betreiben ist, der irrt. Die Experten beim RZ-Nord in Berlin rechnen vor, dass sich freie Kühlung nicht nur für die Zeit von Dezember bis Februar rechnet. Dann klettert das Thermometer in der Bundeshauptstadt in der Regel nicht über fünf Grad Celsius. Vielmehr unterstützen die Kältemaschinen auf dem RZ-Dach die herkömmliche Kühlung auch in den Übergangszeiten. Schon unter einer Außentemperatur von 18 Grad Celsius, so die Berliner IT-Experten, spielt die indirekte freie Kühlung ihren Vorteil gegenüber konventionellen Kältemaschinen aus.

Wasserkühlung der Server-Racks

Vieldiskutiert ist auch die Wasserkühlung von Rechnern. Möglicherweise verbindet der eine oder andere hiermit die Rechnergattung der Mainframes, die traditionell wassergekühlt werden. Die Boliden haben seit Jahren ein Imageproblem. Deshalb vielleicht ist bei manchem das Thema Wasserkühlung von Servern in Verruf geraten.

Unternehmen wie der BBI-Flughafen, Dachser oder die Daimler AG setzen aber auf diese Technik. Sie ist wesentlich effizienter als die Umluftkühlung. Das liegt zum nicht geringen Teil an der wesentlich höheren Wärmekapazität von Wasser im Vergleich zur Luft. Zudem werden durch die direkte Rack-Kühlung Verluste im Kühlstrom verringert. Mit weniger Energie zum Transport des Kühlmediums kann so mehr Wärme abtransportiert werden.

Geothermie

Natur nutzen, um Natur zu schützen - dieser Ansatz lässt sich mit Geothermie verfolgen. Die Delta plus Datensysteme GmbH hat es mit dem Projekt "GeoCool" eindrucksvoll bewiesen. Geothermie ist nicht nur für die klassische Tiefengeothermie relevant. Vielmehr soll bei diesem Verfahren die konstante Temperatur des Grundwassers herangezogen werden.

Das in Erdtiefen von bis zu 120 Metern vorhandene Grundwasser hat eine Temperatur von 14 bis 16 Grad Celsius, die keinen jahreszeitlichen Schwankungen unterliegt. Durch spezielle Erdsondenbohrungen, die - so Delta plus - technisch meist unproblematisch sind, lässt sich das temperierte Grundwasser zur Kühlung von Rechenzentren nutzen.

Mit der GeoCool-Lösung werden an die Server-Schränke spezielle Wärmetausch-Module angeflanscht. Über diese lässt sich die aufbereitete Kühlluft gezielt den Servern und der IT-Infrastruktur zuführen. Die IT-Gerätschaft kommt bei diesem Vorgehen nicht mit wasserführenden Komponenten in Kontakt, was im Havariefall, etwa einer Leckage oder anderen Problemen, natürlich von Vorteil ist.

Strom wird bei diesem Verfahren auf die Versorgung der Umwälzpumpen reduziert, die den Wasserfluss in den Zu- und Ableitungen aufrechterhalten müssen. Außerdem benötigen geregelte Ventilatoren für die gezielte Steuerung der Kühlluft Energie.

In einem Pilotprojekt konnte - so behauptet Delta plus - mit dieser Lösung ein PUE-Wert (Power Usage Effectiveness) von 1,05 erzielt werden. Nun sind PUE-Messungen von vielen Faktoren abhängig, die ein Ergebnis massiv beeinflussen können. PUE-Werte können also auch in Maßen irreführend sein. Sollte der angegebene Wert von 1,05 PUE stimmen, würde das eindrucksvoll die Potenziale der geothermischen Kühlungsvariante für Rechenzentren beweisen.

Nach ersten Hochrechnungen könnte mit diesem Verfahren eine Stromersparnis von über 90 Prozent realisierbar sein. Der Betrieb eines geothermisch gekühlten Data Centers ist zudem fast geräuschlos, die Wartungsanfälligkeit niedrig und Grundwasser - normalerweise - ausreichend verfügbar.

Wie energieeffizient solch eine Lösung ist, hat auch die Retarus GmbH erfahren dürfen. Das Unternehmen nutzt für die Klimatisierung seines Hauptrechenzentrums die Option, mit Grundwasser zu kühlen. Retarus weist darauf hin, dass bei dem Geothermie-Verfahren der Einsatz von klimaschädlichen Kühlmitteln vermieden wird. Das Unternehmen kann einen um zwei Drittel gesunkenen Stromverbrauch vermelden.

Zudem gewinnt Retarus den für die Grundwasserpumpe sowie die Umluftkühlgeräte benötigten Strom aus regenerativer Energieerzeugung (Wasserkraft). Die Kühlung und Energieversorgung seines Rechenzentrums gestaltet Retarus so nach eigenen Worten völlig CO2-neutral.

Virtualisierung

Das Konzept der Virtualisierung von Systemen verschiedener Hierarchieebenen (Server, Storage, Clients) wurde - insbesondere auch in der Computerwoche - immer wieder beschrieben. Die Effekte sowohl monetärer wie ökologischer Art sind mittlerweile allseits anerkannt und gängige Praxis in ITK-Szenarien. Auch die Teilnehmer des Green IT-Best-Practice-Awards nutzen Virtualisierungskonzepte vielfältig. Der Versicherungskonzern Generali etwa hat die Zahl seiner physischen Intel-Server durch Virtualisierung um 40 Prozent reduziert. Die Igel Technology GmbH konnte durch ein Projekt, das die Vorteile der Server- und Desktop-Virtualisierung mit einem Thin-Client-Konzept verbindet, den Stromverbrauch um über 40 Prozent verringern. Auch die Plattform Immobilienscout 24 hat trotz steigender Zahl der Server mittels Virtualisierung den Energiebedarf um 25 Prozent senken können.

Wie viel Geld man mit Virtualisierungstechniken spart, weiß wohl keiner besser als das Jury-Mitglied Thomas Schott. Der Leiter IT bei der Rehau AG & Co. gehört nicht nur zu den wenigen IT-Chefs, die den Energieverbrauch ihrer IT schon sehr früh konsequent gemessen haben - im Fall von Rehau schon vor 18 Jahren. Schott weiß auch, wie viel Geld man mit Virtualisierung sparen kann.

Sein IT-Team hat 170 Windows-Linux-Server virtualisiert und dann laut Schott "rund 600.000 Euro an Fremdkosten gespart, also an weiteren Investition, Wartungskosten etc." Zudem habe Rehau so die Personalkosten halbiert. Ferner vollzog der IT-Mann schon vor über einem Jahr die Virtualisierung der gesamten SAP-Landschaft auf Intel-Blade-Systeme. Zuvor waren HP-"Superdomes" und IBM-"Power"-Systeme im Einsatz. "Wir sparen heute bedeutend bei der Anschaffung und im Betrieb." Mit der Desktop-Virtualisierung soll nun die Effizienz weiter erhöht werden.

Grünes Output-Management

Wie Virtualisierungstechniken sind auch Strategien zur Verschlankung des - neudeutsch - Output-Management-Geräteparks, also der Drucker, Kopierer, Scanner, nichts Neues. Schon vor drei Jahren merkte Roland Krieg, Senior Vice President IT der Fraport AG, an: "Drucker mögen vielleicht nicht sexy sein, aber man kann viel Geld mit ihnen sparen." Das Beispiel der SAP, die sich mit einem Printer Optimization Program als einem von drei Teilprojekten am Wettbewerb beteiligte, beweist das. Zudem belegt das SAP-Projekt, dass man Kriegs Aussage heute erweitern kann um positive Öko-Effekte. Im Vergleich zu früheren Jahren sank der Stromverbrauch des SAP-Druckerparks 2009/10 um zwölf Prozent.

Das renovierte Output-Management sorgte darüber hinaus für eine Verringerung der Kosten für die gesamte Druckerlandschaft um 30 Prozent. Auch bei dem größten deutschen Softwarehaus gehen also Ökologie und Ökonomie Hand in Hand.

Leitfaden als unternehmensweite Handlungsanweisung

Wie wichtig es für den Erfolg eines Green-IT-Konzepts ist, unternehmensweite Richtlinien zu haben, beweist der Sparkassen- und Giroverband. Die Finanzdienstleister haben ihren IT-Benchmark um Öko-Analyse-Op-tionen und -Instrumente erweitert. In einem umfassenden Green-IT-Projekt wurden drei Ziele formuliert:

1) Transparenz schaffen, wie eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle IT realisiert werden kann. Hierzu wurde eine Best-Practice-Broschüre entwickelt, in der richtungweisende und nachahmenswerte Green-IT-Beispiele und -Maßnahmen von Instituten der Sparkassen-Finanzgruppe aufgeführt wurden. Sie zeigten, wie Energiekosten eingedämmt und reduziert, wie die Energieeffizienz im IT-Bereich und in der Betriebs-organisation der Sparkassen verbessert und die Kohlendioxidemissionen reduziert werden können.

2) Außerdem entwickelte der Bankenverbund Checklisten, anhand derer allen Beteiligten Hilfsmittel und Ratschläge an die Hand gegeben wurden, die typische Fragen erörterten und beantworteten.

3) Ehrgeiziges Ziel war es, in den 620 Instituten der Sparkassen-Finanzgruppe die Energiekosten um insgesamt 20 Millionen Euro zu senken und ihre Institute mittelfristig "klimaneutral" ausrichten zu können.

Wichtig ist hier festzuhalten, dass der wesentliche Erfolgsfaktor die einheitliche Strategie eines Unternehmens ist.

Konsolidieren und zentralisieren

Konsolidierung und Zentralisierung der Server-Landschaften sind ebenfalls keine Entwicklungen der letzten Monate, sondern werden - unter anderem auch von großen Hardwarekonzernen wie IBM, Hewlett-Packard und Intel - seit Jahren propagiert. Sie haben ihre in die Hunderte gehenden Rechenzentren massiv reduziert.

Das Beispiel der Bundesagentur für Arbeit (BA) belegt, in welchem Umfang hier durch die Modifizierung der unternehmensinternen IT energieeffizient operiert werden kann. Die BA konsolidiert ihre 200 dezentralen Rechenzentren auf elf. Allein das Energieeinsparpotenzial gibt die Bundesagentur mit 40 Gigawattstunden an.

An einem Beispiel seien hier einmal die Größenordnungen verdeutlicht:

Nach Angaben des Elektrizitätswerks Jona-Rappertswil AG verbraucht ein von über drei Personen bewohntes Einfamilienhaus rund 7750 Kilowattstunden pro Jahr. Hierfür nutzen die Bewohner einen Elektroboiler für Warmwasser, verbrauchen Strom für Licht etc., waschen und trocknen Wäsche und kochen elektrisch. Die BA würde mit ihrem Zentralisierungs- und Konsolidierungsprojekt den Energiebedarf von etwa 6000 Einfamilienhäusern decken.

Der ganzheitliche Aspekt

Eine bemerkenswerte Einsicht formulierte die Daimler AG: "Green IT darf nicht lediglich als Kosteneinsparprogramm angesehen werden, sondern muss auf einem ganzheitlichen Ansatz beruhen und auch von Management und Mitarbeitern so verstanden werden." Diese Aussage macht deutlich, dass nicht lediglich buchhalterische Aspekte eine ökologische IT-Konzeption definieren sollten. Der Autobauer legt aber noch nach: "Nutzenpotenziale können nur entlang dem gesamten Lebenszyklus der IT von der Ausschreibung bis zur Entsorgung entfaltet werden." Eine Green-IT-Strategie sollte im besten Fall also umfassend ausgelegt werden, sich auf alle Abläufe eines Unternehmens erstrecken und in den Köpfen der Mitarbeiter verankert sein.

Der Konzern betont deshalb auch die Bedeutung der engen Zusammenarbeit seiner Green-IT-Protagonisten mit allen anderen Unternehmensbereichen und -projekten. Allein die intensive Kooperation des Green-IT-Teams mit der Einkaufsabteilung und die damit einhergehende Änderung des IT-Beschaffungsprozesses sowie eine Überarbeitung der Sortimente hätten zu erheblichen Reduzierungen des Energieverbrauchs geführt. In Zahlen: In einem Jahr wurde der Energieverbrauch um 26,7 Millionen Kilowattstunden gesenkt.

So macht Daimler grüne IT

Von großer Bedeutung ist es nach Ansicht der Daimler AG, eine Green-IT-Strategie in bereits bestehende Energieoptimierungsvorhaben zu integrieren. Erst durch die Verflechtung der IT mit anderen bereits bestehenden Projekten ließen sich ganzheitliche ökologische Ziele erreichen.

Folglich hat die Daimler AG ihre Green-IT-Konzeption in thematische Arbeitsgruppen aufgeteilt, die mit ihren ökologisch ausgerichteten Zielen die Gesamtheit des Unternehmens im Blick haben.

  • • Im Rechenzentrum werden gezielte Luftführung, alternative Kälteerzeugung, Kaltgangeinhausungen, Wasserkühlung und die Anhebung des Temperaturniveaus verfolgt.

  • • Die Arbeitsgruppe IT-Infrastruktur und Betrieb senkt den Energieverbrauch der Server- und Storage-Systeme durch bekannte Techniken wie Virtualisierung, durch Komponenten mit niedrigem Energieverbrauch etc.

  • • Allgemein weniger beachtet, dabei von hohem Effekt bezüglich der Energiebilanz sind die Aspekte Netze und Telekommunikation. Daimler nutzt unter anderem Techniken wie Videokonferenzsysteme oder Voice-over-IP-Kommunikation, um den Energiesaldo positiv zu beeinflussen.

  • • Auch die Endgeräte, also Clients, Drucker etc., kamen unter Kuratel. Hier galt die Aufmerksamkeit dem Lebenszyklus der Geräte und der Frage, wie sich dieser auf die Energieeffizienz auswirkt. Bei der Typenauswahl richtet Daimler das Augenmerk stark auf die Energie-Effizienz-Standards der einzelnen Produkte.

  • • Daimler betont bei seinem Green-IT-Konzept den ganzheitlichen Ansatz. Nicht überraschend gehört hierzu eine geeignete Kommunikation zum Öko-Konzept mit der Belegschaft.

Green IT ist nicht nur Technik

Wie wichtig ein umfassender Öko-Ansatz ist, zeigt auch das seit Jahren verfolgte Konzept von Host Europe. Der RZ-Betreiber geht von der Idee aus, dass man sich überlegen müsse, dass das Internet zwar grundsätzlich eine sehr positive Technikentwicklung sei. Leider entstehen durch die Web-Nutzung aber auch enorme Energieanforderungen, die sich in umweltschädlichen Effekten niederschlagen.

Ausgehend von dieser Erkenntnis hat Host Europe sich - wie es heute so gern formuliert wird - eine ganzheitliche IT-Strategie verpasst. Im Zuge derer nutzt das Unternehmen alles, was es an Technikentwicklungen in Sachen Green IT gibt. Egal ob es sich hierbei um Virtualisierung der Server und deren Konsolidierung handelt, um die konsequente Einhausung von Kalt- und Warmgängen, ob man freie Kühlung für die Unterstützung der konventionellen Temperaturregulierung nutzt oder die Abwärme im Data Center für die Beheizung von Büroräumen verwendet - Host Europe hat im besten Sinn die gesamte Bandbreite und nicht lediglich Teilaspekte der heute zur Verfügung stehenden Green-IT-Technik in seinen RZs verwirklicht.

Man mag darüber streiten, ob die Öko-Rechnung aufgeht, in Südafrika 25 Bäume für jeden in Deutschland neu gekauften Server-Socket zu pflanzen. Host Europe behauptet, auf diese Weise die durch Server verursachten CO2-Emissionen nicht nur auszugleichen, sondern etwa viermal so viel Kohlendioxid zu neutralisieren, als durch die Server emittiert wird.

Um die Firmenphilosophie in Sachen Green IT einschätzen zu können, dürfte eine Aussage aus der Bewerbung bezeichnend sein: "In unserem Verständnis lässt sich Green IT nicht nur auf die reine Technik beschränken. Für eine saubere Umwelt zu sorgen ist zwar eines unserer Kernanliegen, trotzdem sind uns die Menschen, die in dieser Umwelt leben, ebenso wichtig wie die Umwelt, die sie umgibt. Aus diesem Grund lassen sich beide Komplexe nicht trennen."