Up- und Reskilling

Wie Automatisierung neue Jobprofile schafft

18.11.2020 von Nico  Bitzer und Julian  Beckers
Business Process Automation spielt eine immer wichtigere Rolle und schafft neue Berufsbilder wie den Automation Strategist und -Champion. Deren Rollenprofile erfordern eine anbieterunabhängige, system- und produktübergreifende Ausbildung.

Die Automatisierung von Business-Prozessen speziell durch Technologien wie Robotic Process Automation (RPA) ist für Unternehmen jeder Größe mittlerweile ein Muss. Der positive Einfluss von Business Process Automation auf den Geschäftserfolg ist - bei der richtigen Implementierung - unbestritten. Mitarbeiter, die Prozessabläufe im Unternehmen kennen und wirklich verstehen, sind daher eine sehr wertvolle, aber auch sehr seltene Ressource. Mit dem richtigen RPA Mindset ausgestattet, übernehmen sie Schlüsselfunktionen im Unternehmen.

Unternehmen tun gut daran, Mitarbeiter durch Up- und Reskilling mit einem Automation Mindset auszustatten. Sie sind dadurch in der Lage, Automatisierungspotenziale direkt in der Abteilung zu erkennen.
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Kein Wunder also, dass virtuelle Schulungen und Trainings für RPA-Software im Bereich Unternehmenslösungen von Anbietern wie UiPath, Automation Anywhere, Blueprism & Co. wie Pilze aus dem Boden schießen. Neben den Angeboten der RPA-Hersteller bereiten herkömmliche Akademieschulungen Fachleute auf die Rollen als RPA-Entwickler, Lösungsarchitekten, Infrastrukturingenieure, Implementierungsmanager und Geschäftsanalysten vor. Dieser Ansatz folgt traditionellen Rollenvorstellungen von RPA-Akteuren und einem inhaltlich monolithischen, eindimensionalen Ausbildungsverständnis von RPA mit sehr starkem Produktbezug. Dabei gießen die meisten Anbieter nur alten Wein in neue Schläuche, indem sie neue Technologien mit alten Lernmethoden vermitteln.

Sicherlich muss man konzedieren, dass COVID-19 entscheidenden Einfluss auf die Art des Up- und Reskillings hat und die zweite Infektionswelle das konventionelle Training in Klassenräumen in die Knie zwingt. Das bedeutet aber nicht, dass sich effiziente Weiterbildung mit viel Inhalt und Praxisbezug nicht auch durch den Einsatz neuer Tools und Methoden durchführen lässt, die über das klassische Webinar und Online-Schulungsformen hinausgehen.

Hybrider Automatisierungsansatz erfordert neue Skills

Wirft man einen Blick auf die technologische Entwicklung der letzten Jahre, muss man kein Prophet sein, um sagen zu können, dass sich in absehbarer Zeit die nachgefragten Fähigkeiten verändern werden. Ein hybrider Einsatz verschiedenster Automatisierungstechnik, wie beispielsweise Cloud Automation, erhöht die Flexibilität bei der praktischen Umsetzung und erfordert aber gleichzeitig andere Kompetenzen. Zur Implementierung von Cutting-Edge-Tools sind neue Rollenprofile und eine anbieterunabhängige, system- und produktübergreifende Ausbildung wichtig.

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Es gibt unzählige Tools, die das Gleiche machen, aber dennoch irgendwie anders. Deshalb ist eine Vorauswahl durch Experten schon während der Ausbildung notwendig, um zukünftig richtig aufgestellt zu sein. Dazu braucht es Automation Academies, die sich darauf fokussieren, neue Technologien mit starken Learning-Konzepten zu vereinen, um den maximalen Erfolg für den Lernenden zu garantieren. Neu geschaffene Rollen, die für eine erfolgreiche Automation Journey entscheidend sind, durchlaufen eine 360°-Weiterbildung zum Prozess- und Automatisierungsexperten.

360°-Weiterbildung

Die 360°-Weiterbildung verbindet individuelle Betreuung und effektive sowie interaktive Online-Learning-Plattformen mit hoher Lernflexibilität dank aufgezeichneter und jederzeit abrufbarer Online-Materialien und echter Anwendungsfälle aus der Praxis, präsentiert durch attraktive, namhafte Praxispartner. Berufsbegleitende und mindestens zweimal pro Woche stattfindende Live-Online-Sessions werden durch individuelles Coaching, eine aktive Learning Community und hochwertige E-Learning-Materialien sowie Aufzeichnungen der Online-Veranstaltungen ergänzt.

E-Learning: Wie Mitarbeiter neue Skills im Job erlernen
E-Learning im Job und Talent-Management
Unternehmen müssen im Talent-Management neue Wege gehen und verstärkt in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investieren. Folgende Tipps zum Thema E-Learning können den Experten von Right Management zufolge helfen, die Weichen in Sachen Skills und Ausbildung neu zu stellen und das Lernen attraktiv zu gestalten.
Tipp 1: Lernen ohne Ausbilder
Um Neues zu lernen, muss nicht immer ein Ausbilder präsent sein. E-Learning erlaubt Experten, Lehrpläne granular zu entwerfen, Kurse oder einzelne Lektionen aufzuzeichnen und alles über eine Online-Plattform abrufbar zu machen. Damit ist E-Learning ein wichtiger Schritt in Richtung selbstbestimmtes Lernen.
Tipp 2: Lernfreude im Team
Online- und selbstbestimmtes Lernen bedeutet nicht notwendig allein lernen. Die gemeinsame Schaffung von Lerninhalten sowie das Kategorisieren und Teilen von Content sind gut geeignet, einen Geist der Zusammenarbeit zu schaffen. Geschieht das unter Zuhilfenahme von Elementen aus Social Media, Smartphone-Apps und Spielen, erleben die Mitarbeiter die Faszination der Echtzeit-Zusammenarbeit.
Tipp 3: Lernen überall und jederzeit
In der modernen Business-Welt erweist sich der allgegenwärtige und zeitunabhängige Zugang auch zu sehr spezialisierten Informationen als großer Segen. Ein Lern- beziehungsweise Talent-Management-System sollte dabei auch stark die Aspekte einer zunehmend mobilen Welt berücksichtigen.
Tipp 4: Produktive Lernportale
Bei Weiterbildungsmaßnahmen ist zu vermeiden, dass sich Mitarbeiter langweilen und länger aus dem produktiven Business abgezogen werden. Das gelingt am besten über geeignete Lernportale, vor allem wenn sie populäre Trends wie zum Beispiel Gamification und Mikro-Learning berücksichtigen. Lernen wird so zur arbeitsbegleitenden Sofortmaßnahme, über die Mitarbeiter kontinuierlich ihre Qualifikation verbessern.
Tipp 5: Talent-Management & Learning
Lernen ein starker Treiber für Qualität und Leistung. Sicht- und messbar wird das aber nur, wenn die Disziplinen E-Learning, Personalwesen und IT ihre Synergien ausschöpfen. Tools, die E-Learning und Talent-Management-Programme zusammenführen, sind dafür eine gute Basis.
Tipp 6: Lernbereitschaft fördern
Um Lernakzeptanz bei den Mitarbeitern zu erzielen, empfiehlt sich für Unternehmen ein Mix aus traditionellem Lernen und digitalen, selbstbestimmten Lernprogrammen. Letztere wiederum sollten die gesamte Palette von einfachem E-Learning über Mischprogramme bis hin zu virtuellen 3D-Elementen abdecken.

Automation Strategist und Automation Champion

Mit neuen Jobprofilen wie dem Automation Strategist und dem Automation Champion betrachtet man das Thema Automatisierung ganzheitlich und schafft Rollen, die sich in den bestehenden Unternehmenskontext einbinden lassen. Das macht sie insbesondere für Up- und Reskilling-Themen interessant.

Der Automation Strategist ist der Projektmanager für Automatisierungsthemen. Er kennt alle relevanten Technologien, womit Automatisierung im Unternehmen betrieben werden kann. Außerdem kennt der Automation Strategist alle Cutting-Edge-Tools die Best Practice für die Umsetzung der jeweiligen Technologie sind. Er ist in der Lage, beim Aufbau eines Center of Excellence mitzuwirken und kann dort auch eingesetzt werden.

Der Automation Champion ist das Business-Pendant zum Automation Strategist. Er ist Prozessexperte und hat Erfahrungen in der operativen Prozessausführung in der jeweiligen Abteilung. Ein mögliches Profil könnte beispielsweise ein Accountant oder ein HR-Experte sein, die mehrjährige Berufserfahrung mitbringen und eine Affinität für Neues haben. Diese Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden mit dem Automation Mindset ausgestattet und sind in der Lage, Automatisierungspotenziale direkt in der Abteilung zu erkennen. Außerdem fungieren sie als Leuchtturm innerhalb der Abteilung für andere Kollegen.

Neue Rollenprofile durch verzahnte Automatisierungstechnik

Das Up- und Reskilling von Mitarbeitern zu RPA- und Automation-Experten ist zudem ein geeignetes Mittel, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Denn eine 360°-Weiterbildung verhilft IT-Freelancern und Mitarbeitern durch neue Skills und neue Rollenprofile zu einem Karrieresprung und befähigt Unternehmen, ihre Prozesse durch einen hybriden Technologieeinsatz noch effektiver zu automatisieren und somit effizienter und kostengünstiger zu arbeiten. Es geht nicht nur darum, die Grundlagen-Skills der Digitalisierung und Automatisierung zu vermitteln. Ziel ist es vielmehr, entgegen der landläufigen Ansicht, Automatisierung vernichtet Arbeitsplätze, mehr Arbeitsplätze durch neue Stellen zu schaffen, die der verzahnte Einsatz von Automatisierungstechnologien erst ermöglicht.

10 unentbehrliche IT-Skills
1. Kommunikation
Von vielen als "weicher " Faktor belächelt, sollte die Fähigkeit, mit anderen Menschen verbal zu interagieren, auch im "harten" IT-Geschäft nicht vernachlässigt werden. Die Welt im Datenzentrum verändert sich noch rascher als anderswo. Hier eine strukturierte Umgebung aufrechtzuerhalten erfordert Kommunikation - nicht nur mit dem Business, sondern auch innerhalb der IT-Organisation.
2. Service-Management
Viele Unternehmen beziehen bereits Teile ihrer IT-Services aus der Cloud. Diese Auslagerung verlangt von den IT-Verantwortlichen ein Umdenken in Sachen Service-Management. Sie müssen das komplexe Zusammenspiel von Kapazität und Nachfrage in einer nicht länger fest umrissenen Infrastruktur im Griff haben.
3. Unified Computing
Das "Unified Computing System" von Cisco, die "Blade System Matrix" von HP und die Cloud-Computing-Strategie von IBM stehen laut Rockwell Bonecutter, Data-Center-Experte bei Accenture, beispielhaft für einen Trend, der auch noch die kommenden Jahre kennzeichnen werde.
4. Projekt-Management
Wenn die Wirtschaft wieder anzieht, werden die Unternehmen auch ihre verschobenen IT-Projekte in Angriff nehmen. Aber sie werden darauf achten, dass sich die Investitionen am Ende auch auszahlen. Deshalb sind die Fähigkeiten zur Business-Analyse und zum effizienten Projekt-Management gefragt.
5. Ressourcen-Management
In einen Zusammenhang mit dem Thema Green IT gehört die Beherrschung der Wechselwirkungen zwischen IT- und Facilities-Management. Keine Kapazitätsplanung kommt heute ohne eine Betrachtung des Energieverbrauchs und der Wärmeabstrahlung aus. IT-Teams brauchen also dringend jemanden, der diese Faktoren auf dem Schirm hat und in der Lage ist, dieselbe Sprache wie die Facilities-Experten zu sprechen, also einen "Ressourcen-Manager". Auch der Data-Center-Chef selbst darf diese Aspekte nicht aus den Augen verlieren.
6. Engineering
Die Leute, die heute am verweifeltsten gesucht werden, sind, so Pricewaterhouse-Coopers, Mechanik- und Elektro-Ingenieure, die sich mit modernem IT-Equipment auskennen. Heutige Rechenzentrumskonzepte, beispielsweise virtualisierte Server, unterscheiden sich auch hinsichtlich der Elektrik und Kühlsysteme fundamental von denen der vergangenen Jahre.
7. Netzwerk-Know-how
Wenn ein Rechenzentrum ohne Menschen vor Ort auskommt (die Stichworte heißen hier "lights out" und "remote"), dann nur, weil es über ein Netz gesteuert wird. Folgerichtig braucht ein IT-Manager moderner Prägung ein solides Wissen hinsichtlich Netzkonfigurationen, - hardware, und -schwachstellen. Zudem sollte er Mitarbeiter einstellen, die über solches Know-how verfügen.
8. Finanzanalyse
Gerade in einer Wirtschaftskrise wird von einem IT-Verantwortlichen wirtschaftliches Denken verlangt. Er muss beispielsweise in der Lage sein, die Applikationen nach ihrer Bedeutung für das Business zu priorisieren und auf dieser Basis zu entscheiden, welche Lösung einen eigenen Server benötigt und welche beispielsweise in die Cloud ausgelagert werden kann.
9. Green IT
Mögen manche auch die Augen verdrehen - kein Unternehmen kommt an dem Mandat für eine "nachhaltige" Technologie vorbei.
10. Virtualisierung
Die Basistechnik für eine moderne IT-Infrastruktur ist eine Trumpfkarte für den, der sich mit ihr auskennt. Die Unternehmen packen immer mehr IT-Komponenten in flexible, leicht zu wartende und günstig zu betreibende, sprich: virtualisierte Umgebungen.

Gleichzeitig verändert die Automatisierung den Blick auf unsere Arbeit. Nichts macht den Menschen unfreier als Arbeit, die langweilig, stupide und eintönig ist. Die Automatisierung erlöst uns von stupiden, repetitiven Aufgaben, zu denen wir gezwungen sind, die uns aber nicht ausfüllen. Im Gegenzug eröffnet die Automatisierung Menschen die Chance - ganz im Sinne des New-Work-Gedanken von Frithjof Bergmann -, eine sinnhafte Tätigkeit auszuüben, Aufgaben, die sie wirklich wollen, was auf automatisierbare Jobs heute in der Regel nicht zutrifft. Das macht die Automatisierung und das damit verbundene, veränderte Skillset für das eine oder andere Jobprofil auch für Up- und Reskilling-Projekte interessant.