IT-Jobs

Die sieben wichtigsten IT-Skills

06.11.2020
Von Redaktion Computerwoche
DevOps, Data, Cloud, Automation – auf diese und drei weitere Aufgabengebiete sollten sich IT-Profis konzentrieren, um erfolgreich zu sein. Lesen Sie, welche IT-Jobs wichtig werden.
  • Diese Themen haben Zukunft: DevSecOps, Cloud, Data Management, Customer Experience, Automation, Plattformen und Cybersecurity
  • Unternehmen sollten nicht blind einstellen; in der IT bringen eher wenige, sehr gute Mitarbeiter Erfolge
  • Vorsicht im Recruiting-Prozess: Techies wollen mit Techies reden, nicht mit Personalern

Die meisten Firmen haben den Notstand bei Tech-Talenten noch immer nicht auf ihrer Management-Agenda, wundern sich die Management-Berater von McKinsey. Hintergrund dieser Erkenntnis ist eine Analyse, wonach keine Technologie-Investition auch nur annähernd so viel Einfluss auf den digitalen Fortschritt hat wie gutes Fachpersonal. McKinsey spricht von der "Talent Transformation" und stellt fest: Nur 27 Prozent der Unternehmen weltweit haben sich in den vergangenen zwei Jahren systematisch damit beschäftigt. Und lediglich 15 Prozent planen, ihr Defizit in den kommenden zwei Jahren zu beseitigen.

Die Berater von McKinsey sind in die Zukunft gereist und haben dort allerlei Interessantes vorgefunden.
Die Berater von McKinsey sind in die Zukunft gereist und haben dort allerlei Interessantes vorgefunden.
Foto: Dan Jamieson - shutterstock.com

Dabei wisse in der IT jeder Beschäftigte, dass die Vielzahl an neuen Technologien von Cloud Computing über künstliche Intelligenz (KI) bis hin zur Blockchain enorme Herausforderungen bezüglich der Skills mit sich bringen. IT- und Personalverantwortliche müssten endlich aktiver werden, doch es fällt ihnen schwer Mitarbeiter einzustellen und fortzubilden, wenn sie gar nicht so genau wissen, für welche Aufgaben.

Für eine Studie zu den künftigen Arbeitsgebieten von IT-Profis hat McKinsey Hunderte von CIOs befragt und die Trainingsmaßnahmen für Talente in drei globalen Regionen untersucht. Außerdem haben sich die Consultants mit 30 wichtigen Technologietrends und den jeweiligen Anforderungen beschäftigt. Das Beratungshaus hat dabei rund 4000 Tech-Skills identifiziert, die in sieben übergeordneten Betätigungsfeldern gebündelt wurden.

In der Untersuchung geht es ausschließlich um technische Skills, die Berater weisen aber ausdrücklich darauf hin, dass Kultur- und Change-Management-Aspekte eine ebenso wichtige Rolle spielen und dass soziale und emotionale Eigenschaften beim Recruiting und in der Aus- und Weiterbildung außerordentlich wichtig sind.

IT-Jobs mit Perspektive

Folgende Schauplätze ("Battlegrounds"), in denen Unternehmen Mitarbeiter einstellen sowie im Rahmen von Re- und Up-Skilling-Maßnahmen fortbilden werden, macht McKinsey aus:

1. DevOps: Schon seit Jahren stellen insbesondere die großen IT-Unternehmen moderne Software-Engineering-Praktiken in den Mittelpunkt ihres Wirtschaftens. Andere Branchen folgen jetzt im Zuge des digitalen Wandels, allerdings in unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Agile Ansätze, DevOps und andere Methoden helfen diesen Unternehmen, viel schneller neue Produkte auf den Markt zu bringen.

Allerdings wachsen damit auch die Risiken, Sicherheitsmängel zu übersehen oder regulatorische Bestimmungen zu verletzen. Deshalb gehört die Zukunft dem DevSecOps-Ansatz, der über den gesamten Produkt-Lebenszyklus hinweg Sicherheitsaspekte tief in Agile- und DevOp-Methoden integriert. Im Idealfall können so neue Software-Releases nicht mehr nur quartalsweise oder wöchentlich, sondern sogar täglich ausgespielt werden. Verzögerungen, ausufernde Kosten, Produktfehler, Schwachstellen - das alles wird stark heruntergefahren und in viel kürzeren Zeitabständen behoben.

Zu den wichtigsten Tech-Skillsets zählt McKinsey beispielsweise agiles Product Lifecycle Management, DevSecOps-Kenntnisse, Continuos Integration and Delivery (CI/CD) sowie das Verständnis von Microservice-Architekturen. Unternehmen brauchen demnach Entwickler, die in der Lage sind, ein integriertes Betriebsmodell zu schaffen, sichere konsumierbare Services zu bauen, Entwicklungs- und Release-Prozesse zu automatisieren und Produktarchitekturen zu entwickeln.

2. Customer Experience: Während die einen noch theoretisieren, sind andere schon ein ganzes Stück weiter und haben die positive Kundenerfahrung ganz nach oben auf ihre Prioritätenliste gesetzt. Das geht so weit, dass Kennzahlen rund um Customer Experience wichtiger geworden sind als das kurzfristige Erreichen wirtschaftlicher Ziele. Der Hintergrund ist klar: Eine gute Customer Experience zieht in aller Regel einen Zuwachs an Kunden oder bessere Verkaufszahlen pro Kunde nach sich. Damit sollten gute Geschäftszahlen über kurz oder lang von selbst eintreten.

Unternehmen müssen ihrer Klientel Top-Erlebnisse über das gesamte Spektrum der Vertriebskanäle und Touchpoints bieten. Eine personalisierte Ansprache ist genauso Pflicht wie ein individuell zugeschnittenes Angebot - selbstverständlich immer unter strenger Wahrung der Datenschutzbestimmungen.

Um hier Fortschritte zu machen, müssen Unternehmen ständig dazulernen und testen. Die hierfür erforderlichen Qualifikationen sind Methoden des Design Thinking, Predictive Analytics für die Analyse künftiger Kunden- und Markterwartungen, Testen und Lernen in immer kürzeren Zyklen sowie automatisiertes Testing und Prototyping.

3. Cloud Computing: IT-Infrastruktur wird mehr und mehr durch Cloud-Architekturen bereitgestellt. Schon heute nutzen 90 Prozent der Unternehmen in irgendeiner Form Cloud-Dienste, dieser Trend ist nicht mehr aufzuhalten. Die Betriebe können auf diese Weise viel schneller Services anbieten und kurzfristig aktuelle Marktanforderungen bedienen. Cloud-Lösungen lassen sich zudem besonders einfach skalieren. Das alles wirkt sich unmittelbar positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit aus (Lesen Sie auch Cloud-Trends 2021).

Doch noch sind viele Firmen nicht am Ziel: Sie haben Schwierigkeiten mit der Kostenkontrolle und beklagen sich oft darüber, dass sie nicht den erwarteten Nutzen aus der Cloud-Migration ziehen können. McKinsey begründet das damit, dass diese Unternehmen oft mit einem traditionellen Sourcing- und (Infrastruktur-)Konsum-Mindset agieren. Die Betriebe müssten daran arbeiten, einen Realtime-Blick auf ihre Anforderungen zu bekommen und Nutzungsentscheidungen kontinuierlich zu treffen - nur dann seien bedarfsgerechter Verbrauch und größtmögliche Kosteneffizienz realistisch.

Jede Menge Arbeit also für Spezialisten unterschiedlicher Art. Auf jeden Fall sollten IT-Profis in diesem Umfeld die Containertechnologien Kubernetes und Docker beherrschen, etwas von Multi-Cloud- und Hybrid-Cloud-Architekturen verstehen und sich mit elementaren Sicherheitsfragen beschäftigt haben. Weitere Betätigungsfelder sind Smart Distribution/Metering, Edge Computing und betriebswirtschaftliche Fragestellungen.

4. Automatisierung: War vor zwei Jahren noch die reine Geschäftsprozess-Automatisierung ein Gebot der Stunde, so geht es heute - differenzierter - darum, betriebliche Modelle zu hinterfragen, Unternehmensfunktionen intelligent im Sinne von Ende-zu-Ende-Prozessen zusammenzuführen und das Zusammenspiel von Mensch und Technologie zu optimieren. In den meisten Unternehmen laufen hierzu Projekte, oft haben sie das Pilotstadium verlassen und werden nun in der Breite umgesetzt.

Immer mehr Unternehmen erklären Automatisierung zu einer strategischen Priorität. Konkret arbeiten sie an der Einführung von Geschäftsprozess-Management-Plattformen und Robotic Process Automation (RPA). Hinzu kommen Computer-Vision-Technologien, Machine-Learning-Algorithmen und automatisiertes Process-Mining. Auch Sprachassistenten und Chatbots zur Optimierung von Kundenschnittstellen oder die schnelle Bedienung von Mitarbeiteranfragen liegen weiter im Trend.

Laut McKinsey steht die europäische Wirtschaft dennoch erst am Anfang einer Automatisierungswelle, die vor allem in Handel und Industrie Abermillionen an Arbeitsplätzen kosten wird. Bis 2030 könnten 22 Prozent der EU-Arbeitsplätze durch Automatisierung entfallen, heißt es. Doch um die Automatisierung auf der Prozessebene voranzutreiben und auch das Entwickeln, Testen und Bereitstellen von Software technisch zu optimieren, braucht es IT-Experten, die etwas von Software-Bots (RPA), Machine Learning und KI-basierter Analytics verstehen. Später kommen noch kognitive KI und vermutlich auch Quanten-Computing hinzu.

5. Plattformen und Produkte: Plattformen sind in aller Munde, jeder meint etwas anderes, wenn er davon spricht. Das Beispiel einer Großbank mag verdeutlichen, was Unternehmen gerade tun, wenn sie vom Plattform-Business sprechen. Der Finanzkonzern hat mittlerweile 30 verschiedene Plattformen kreiert, eine davon im Bereich Payment. Allein dort wurden 60 Anwendungen zusammengeführt, die vorher unabhängig voneinander entwickelt und gemanagt worden waren.

Mehr als 300 IT-Profis, die mit den Payment-Apps zu tun hatten, wurden mit den zuständigen Mitarbeitern auf der Fachseite zu mehreren Teams zusammengeführt. Unter einer gemeinsamen Führung können diese Teams heute viel schneller Bedarfe aufgreifen und zum Beispiel Business-Initiativen vorantreiben oder die IT-Infrastruktur modernisieren. Sie agieren intern wie eine Payment-as-a-Service-Einheit.

Umbauarbeiten dieser oder ähnlicher Art gibt es derzeit in allen Industrien, dabei bilden PaaS-basierende Betriebsmodelle (PaaS = Platform as a Service) die Grundlage und sorgen für die Einsetzbarkeit von wiederverwendbarem Code. Durch den Einsatz vorgefertigter Building Blocks werden Softwarereleases schneller fertig, Prozesse lassen sich flexibler gestalten.Die für die Plattformentwicklung erforderlichen Skills betreffen unter anderem den Bereich Lifecycle-Management über verschiedene Plattform-Layer hinweg, Industrial Internet of Things sowie Software as a Services für vertikale Märkte.

6. Data Management: In den vergangenen Jahren haben viele Unternehmen parallel zu ihrer Legacy-Infrastruktur neue Datentechnologien wie Data Lakes oder Plattformen zur Kundenanalyse ausgerollt, um schneller und zielgenauer auf Marktanforderungen reagieren zu können. Nur so waren personalisierte Angebote, Realtime-Hinweise oder auch Predictive-Maintenance-Projekte realisierbar. Doch damit stieg die Komplexität der Datenarchitekturen enorm.

Laut McKinsey ist die Cloud ein "disruptiver Treiber" für einen neuen Datenarchitektur-Ansatz, AWS, Microsoft und Google hätten die Art und Weise revolutioniert, in der heute Unternehmen aller Größen modernste, KI-getriebene Dateninfrastrukturen, -plattformen und -anwendungen betreiben und ausrollen könnten.

Doch um tiefe, datenbasierte Einblicke in geschäftliche Details möglichst in Echtzeit zu erhalten, braucht es immer noch Fachkenntnisse. Zu den hier erforderlichen Technik-Skills zählt McKinsey das Lifecycle-Management von Use Cases, Daten-Governance, synthetische (von Algorithmen erzeugte) Daten und automatisiertes Machine Learning.

7. Cybersecurity und Datenschutz: Spätestens seit dem Ausbruch der Covid-Pandemie und den Sicherheitsfolgen in Bereichen wie Remote Working und weltweite Zulieferketten ist klar, wie verwundbar digitalisierte Geschäftsabläufe sind. Hinzu kommt eine Fülle von Cyberangriffen, von denen zuletzt sogar IT-Unternehmen wie Sopra Steria oder die Software AG nicht verschont blieben. Gleichzeitig bleibt das Thema Datenschutz akut, spätestens seitdem der EU-US-Privacy-Shield gekippt wurde, besteht in der weltweiten Cloud-Nutzung jede Menge Rechtsunsicherheit.

McKinsey erwartet einen hohen Bedarf an Experten für sichere Softwareentwicklung (Shift-left Security) sowie an Profis für automatisiertes Testen. Gefragt dürften außerdem Spezialisten für Zero-Trust Security, bei der sich Sicherheit an sensiblen Daten, deren Bewegungen sowie den Zugriffen darauf orientiert. Außerdem dürften Experten für Datenschutzrecht und -Praktiken gute Chancen am Arbeitsmarkt haben.

Wie die Management-Berater feststellen, gibt es in diesen sieben Schlüsselbereichen der IT schon heute erhebliche Skill-Lücken. In den nächsten drei Jahren sollen die größten Engpässe bei Data Analytics, Mobile IT und Webdesign entstehen. Allein in Deutschland werden laut McKinsey bis 2023 rund 700.000 zusätzliche IT-Spezialisten gebraucht.

Legacy-Programmiersprachen bleiben ein Thema

Akut gefragt sind demnach auch Agile-Professionals und Big-Data-Talente. Weltweit sollen hier bis 2021 rund 3,5 Millionen IT-Positionen nicht besetzt werden können. Hinzu kommt das Problem der langsam aussterbenden Experten für ältere Programmiersprachen wie Cobol oder LISP. Ohne sie wird es schwierig, Projekte rund um die Legacy-Modernisierung voranzutreiben.

Um die Herausforderungen anzugehen, empfehlen die Berater eine Kombination von mehreren Vorgehensweisen, die das Anheuern neuer Talente ebenso betreffen wie das Trainieren vorhandener Mitarbeiter für neue Aufgaben (Reskilling) oder die Weiterbildung innerhalb einer Rolle (Upskilling). Möglichkeiten liegen zudem in der neuen Priorisierung von Aufgaben sowie im Outsourcing.

Der erste Schritt sei eine "rigorose Disziplin" aufzubauen, um systematisch herauszufinden, welche Talente man wirklich braucht. Dazu gilt es, die Trends der kommenden Jahre zu identifizieren und auf ihre Bedeutung für das eigene Unternehmen hin zu untersuchen. Gelingt das, kann nicht nur die Jagd auf die besten Talente eröffnet, sondern auch ein sinnvolles Trainingsprogramm für vorhandene Mitarbeiter zusammengestellt werden.

Stellen Sie nicht viele, sondern gute Leute ein!

Beim Anheuern neuer Mitarbeiter gilt das Motto: Klasse statt Masse! Manche Organisationen neigen dazu, angesichts der Fülle der anstehenden Aufgaben und begrenzten Ressourcen am Markt relativ wahllos neue Mitarbeiter mit IT-Hintergrund anzuheuern. McKinsey stellt aber fest, dass ein sehr guter Experte oder besonders begabter Ingenieur in etwa so produktiv sei wie acht (!) Neueinsteiger.

Gute IT-Organisationen bauten sich in der Regel um einen kleinen Kader besonders leistungsfähiger Mitarbeiter auf, die Selbstorganisation, viel Motivation und ein tiefes Verständnis agiler Vorgehensweisen mitbrächten. Diese Leute zu finden und gut zu bezahlen lohne sich auch deshalb, weil andere Talente sich angezogen fühlten und interessiert seien, mit solchen Profis zusammenzuarbeiten. Wichtig sei es daher auch im Einstellungsverfahren eine direkte Verbindung zwischen den Techies untereinander herzustellen. Die HR-Abteilung mit ihren Recruitern solle sich im Hintergrund halten.

Ein Schlüsselkriterium bei der Auswahl von IT-Profis ist deren Fähigkeit und Bereitschaft zu lernen. Das sei noch wichtiger als die Skills, die ein Mitarbeiter von Haus aus mitbringe. Unternehmen müssten eine Lernkultur etablieren, die für Talente besonders attraktiv sei und sie inhaltlich herausfordere.

IT-Profis sind ungeduldig

Und schließlich empfiehlt McKinsey noch, bei Stellenbesetzungen schnell zu agieren, denn: IT-Profis sind ungeduldig! Laut McKinsey beklagen sich 57 Prozent über zu lange Wartezeiten nach einem Einstellungsgespräch. 23 Prozent wenden sich ab, wenn sie nicht innerhalb von einer Woche eine Zusage erhalten.

Die Berater rechnen vor, dass es im Durchschnitt 30.000 Dollar koste, einen neuen IT-Profi an Bord zu holen - den Aufwand für erste Trainings noch gar nicht eingerechnet. Vorhandenes Personal auf neue Aufgaben zu trainieren, schlage im Durchschnitt mit nur 20.000 Dollar oder weniger pro Mitarbeiter zu Buche. Auch seien vorhandene Mitarbeiter meistens loyaler, während neu eingestellte Talente zwei bis dreimal so häufig in frühen Phasen wieder kündigten. Es lohne sich also über Re- und Upskilling nachzudenken.

Anstatt breite Trainingsprogramme zu etablieren, sollten sich die Firmen jedem einzelnen Mitarbeiter zuwenden und individuelle "Learning-Journeys" ausarbeiten, die exakt auf die Prioritäten des Unternehmens einzahlen. Die Berater empfehlen zudem, Mitarbeiter ohne technischen Background nicht zu vergessen: Auch sie müssten im Zuge der Digitalisierung weitergebildet werden.

Technologie sei kein "IT-Ding" mehr. Alle Beschäftigten müssten ihre Anwendungen vernünftig bedienen und die relevanten Daten für ihre Arbeit in der entsprechenden Aufbereitung nutzen können. Zudem lohnt es sich, ein Auge auf affinen Mitarbeiter jenseits der IT-Organisation zu haben. Oftmals können sie im Rahmen eines Reskilling-Programms für IT-Aufgaben mobilisiert werden. (hv)