Grundwissen Arbeitsrecht, Teil 12

Welche Pflichten hat der Arbeitnehmer?

31.05.2010 von Renate Oettinger
Im zwölften Teil der Serie von Michael Henn und Christian Lentföhr erfahren Sie, welche Pflichten sich aus dem Arbeitsvertrag für den Arbeitnehmer ergeben.

Die Pflichten des Arbeitnehmers unterteilen sich in eine Hauptpflicht und Nebenpflichten.

1. Arbeitspflicht als Hauptpflicht

Der Arbeitsvertrag ist ein Unterfall des Dienstvertrags nach § 611 BGB. Er bezieht sich im Gegensatz zu freien Dienstverträgen statt auf die Verpflichtung zu selbständiger, unabhängiger Arbeitsleistung auf abhängige, persönlich weisungsgebundene Arbeit. Gemäß § 611 I BGB obliegt dem Arbeitnehmer als vertragliche Hauptpflicht die "Leistung der versprochenen Dienste". Diese Hauptpflicht des Arbeitnehmers bezieht sich auf Art, Zeit und Ort der geschuldeten Arbeit, die sich primär aus dem Arbeitsvertrag herleitet, wobei ergänzend die gesetzlichen Vorschriften, gegebenenfalls Bestimmungen des Tarifvertrags bzw. einer Betriebsvereinbarung, sowie allgemeine Arbeitsbedingungen, betriebliche Übung, Gleichbehandlungsgrundsatz sowie das Direktionsrecht des Arbeitgebers zu beachten sind.

Die Arbeitspflicht hat der Arbeitnehmer grundsätzlich gemäß § 613 S. 1 BGB durch seine eigene Person zu erbringen, wobei die Personengebundenheit des Arbeitsverhältnisses gemäß § 613 S. 2 BGB grundsätzlich auch den Arbeitgeber betrifft. Die hieraus abgeleitete langjährige Rechtsprechung des BAG hinsichtlich eines Widerspruchsrechts des Arbeitnehmers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses vom bisherigen zum neuen Arbeitgeber sowie die Pflicht des bisherigen oder neuen Arbeitgebers zur Unterrichtung über den Betriebsübergang ist seit 23.03.2002 gesetzlich gefasst in § 613a V und VI BGB.

Quelle: Fotolia, Y. Arcurs
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Die Arbeit darf die Grenzen der Zumutbarkeit nicht überschreiten (z.B. vermeidbare Gewissenskonflikte). Zu Nebenarbeiten wie z.B. Putzen, Materialheranschaffung u.ä., die nicht der vertraglich übernommenen Arbeitsleistung bzw. bei Auszubildenden der Berufsausbildung entsprechen und dienen, ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet. Allenfalls bei Notfällen kann der Arbeitnehmer aufgrund einer gesteigerten Treuepflicht zur Leistung von Nebenarbeiten außerhalb des arbeitsvertraglichen Rahmens verpflichtet sein.

Regelungen zur Arbeitszeit

Hinsichtlich der Arbeitszeit gilt: Der Arbeitnehmer muss nicht länger arbeiten, als nach dem ArbZG erlaubt ist. Wenn eine über § 3 ArbZG hinausgehende werktägliche Arbeitszeit vereinbart sein sollte, wäre eine entsprechende arbeitsvertragliche Bestimmung gemäß § 134 BGB aufgrund Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz nichtig. Nach § 3 ArbZG ist eine werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden einzuhalten, wobei diese auf 10 Stunden verlängerbar ist, wenn innerhalb von 6 Monaten bzw. 24 Wochen eine durchschnittliche Tagesarbeitszeit von 8 Stunden nicht überschritten wird. Länger als 6 Stunden hintereinander darf der Arbeitnehmer gemäß § 4 ArbZG nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden. Gemäß § 2 I ArbZG gehören Ruhepausen nicht zur Arbeitszeit.

In außergewöhnlichen Fällen kann nach § 14 ArbZG von den grundsätzlichen Arbeitszeitbegrenzungen des ArbZG abgewichen werden bzw. sind Abweichungen tarifvertraglich gemäß § 7 ArbZG möglich.

Für über die gesetzliche Arbeitszeit hinausgehende Mehrarbeit gelten Einschränkungen für Mütter in § 8 II MuSchG, sowie ein Freistellungsanspruch für Schwerbehinderte nach § 124 SGB IX. Nach § 8 Abs. 1 JArbSchG dürfen Jugendliche nicht mehr als 8 Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich beschäftigt werden. Allerdings können Jugendliche gemäß § 8 Abs. 2 a JArbSchG bei Verkürzung der Arbeitszeit an einzelnen Werktagen auf weniger als 8 Stunden an den übrigen Werktagen 8,5 Stunden beschäftigt werden.

Gemäß § 15 JArbSchG dürfen Jugendliche grundsätzlich nur an fünf Tagen in der Woche beschäftigt werden. §§ 9 ff JArbSchG beinhalten weitere zeitbezogene Sondervorschriften für Jugendliche wie z.B. das Erfordernis von Ruhepausen gemäß § 11 JArbSchG bei einer Arbeitszeit von mehr als 4,5 Stunden bis zu 6 Stunden von mindestens 30 Minuten bei jeweils mindestens 15-minütiger Pause und von 60 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden. Nach § 14 JArbSchG darf ein Jugendlicher nur in Ausnahmefällen nach 20 Uhr beschäftigt werden, sowie gemäß §§ 16, 17 JArbSchG grundsätzlich nicht am Samstag bzw. Sonntag. Für Berufsschulunterricht sind Jugendliche gemäß § 9 JArbSchG bzw. gemäß § 7 BBiG freizustellen. Von diesen Bestimmungen kann nach § 21 a JArbSchG nur tarifvertraglich abgewichen werden, einzelvertraglich sind sie unabdingbar.

Aushangpflicht

Nach § 48 JArbSchG besteht für einen Arbeitgeber, der regelmäßig mindestens drei Jugendliche beschäftigt, eine Aushangpflicht bzgl. der täglichen Arbeitszeit und Pausen.

Die Anordnung von Mehrarbeit oder Vor- und Abschlussarbeiten kann der Arbeitgeber durch sein Direktionsrecht nur anordnen, wenn es arbeitsvertraglich vorgesehen ist oder in außergewöhnlichen Fällen i.S.d. § 14 ArbZG bzw. in Notfällen, sowie nicht gesetzlichen Verboten wie z.B. § 8 II MuSchG widerspricht.

2. Nebenpflichten

Der Arbeitnehmer hat nach dem Grundsatz von Treu und Glauben die Interessen seines Arbeitgebers bzw. den Zweck des Arbeitsvertrags zu berücksichtigen. Letztlich lassen sich sämtliche Nebenpflichten des Arbeitnehmers auf diese Treuepflicht zurückführen:

Der Arbeitnehmer ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die sich aus der allgemeinen Treuepflicht ergebende Verschwiegenheitspflicht umfasst Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie durch die betriebliche Tätigkeit dem Arbeitnehmer zur Kenntnis gelangte Tatsachen, die die Person des Arbeitgebers oder eines Arbeitnehmers besonders betreffen. Darüber hinaus ist ein Arbeitnehmer zur Verschwiegenheit nur dann und insoweit verpflichtet, als hierüber eine vertragliche Vereinbarung mit dem Arbeitgeber getroffen ist oder der Arbeitgeber die betreffende Tatsache als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet hat und soweit die weitergehende Verschwiegenheitspflicht durch betriebliche Belange gerechtfertigt ist.

Der Arbeitnehmer hat Schäden, Störungen oder voraussichtliche Arbeitsverhinderung mitzuteilen und sich an die Schutz- und Unfallverhütungsvorschriften zu halten (vgl. §§ 15, 16 ArbSchG).

Der Arbeitnehmer darf keine Arbeitnehmer abzuwerben versuchen, oder sich sonst illoyal bzgl. des Arbeitgebers verhalten.

Wettbewerbsverbot

Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses gilt für den Arbeitnehmer ein Wettbewerbsverbot, wonach er nur mit Einwilligung des Arbeitgebers mit diesem konkurrierende Geschäfte auf eigene oder fremde Rechnung betreiben dürfte. Allerdings kann der Arbeitnehmer noch während Bestehens des Arbeitsverhältnisses Vorbereitungen für eine nachvertragliche Konkurrenztätigkeit treffen, wenn er keine Arbeitnehmer abwirbt oder schon als Konkurrent tätig ist.

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot muss eigens vereinbart werden und ist nur nach den Maßgaben der §§ 74 ff HGB, auf deren entsprechende Anwendung § 110 GewO verweist, wirksam. Gemäß § 74 I HGB muss das nachvertragliche Wettbewerbsverbot als schriftliche Urkunde dem Arbeitnehmer vorliegen, darf die Höchstdauer i.S.d. § 74a I 3 HGB von 2 Jahren nicht übersteigen und muss dem Arbeitnehmer nach § 74 II HGB eine Karenzentschädigung von mindestens jährlich der Hälfte der zuletzt bezogenen Leistungen für die Dauer des Wettbewerbsverbotes gewährt werden. Anderweitiger Erwerb während des Wettbewerbsverbots ist nach den Maßgaben des § 74c HGB anzurechnen.

Hinsichtlich Mandantenschutzklauseln gilt Folgendes:

Wenn Mandantenschutzklauseln lediglich verbieten, Mandanten des bisherigen Arbeitgebers aktiv abzuwerben zu versuchen, gibt dies ein ohnehin bestehendes standesrechtliches Verbot wieder. Eine derartige Mandantenschutzklausel ist ohne Entschädigung zulässig. Soll der ausscheidende Arbeitnehmer jedoch verpflichtet sein, unabhängig von aktiver Werbung seinerseits keine Mandanten des bisherigen Arbeitgebers zu betreuen, so gelten bzgl. derartiger Mandantenschutzklauseln die Regeln zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot nach §§ 74 ff HGB analog.

Lesen Sie zum Thema zum Beispiel auch den Beitrag "AU-Vorlage immer am ersten Tag fällig".

Weitere Informationen zum Thema und Kontakt:

Michael Henn, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Präsident des VdAA, c/o Dr. Gaupp & Coll, Stuttgart, Tel.: 0711 305893-0, E-Mail: stuttgart@drgaupp.de, Internet: www.drgaupp.de und www.vdaa.de

Christian Lentföhr, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Mitglied im VdAA, c/o W. Schuster und Partner GmbH, Schuster, Lentföhr & Zeh, Tel: 0211 658810, E-Mail: lentfoehr@wsp.de, Internet: www.esp.de