Public-Cloud-Anbieter im Porträt

Google Cloud Platform soll AWS Paroli bieten

12.09.2017 von Bernd Reder
Die Aufholjagd von Google bei Public-Cloud-Services war bislang nur mäßig erfolgreich. Auch Ende 2017 bleibt der Anbieter hinter Amazon Web Services und Microsoft der weltweit drittgrößte Cloud-Service-Provider. Doch das will Googles Cloud-Chefin Diane Greene nun ändern und mit der Google Cloud Platform (GCP) sogar den Marktführer Amazon angreifen.

Auf dem Cloud-Markt nichts Neues - oder besser gesagt nur geringfügige Veränderungen. So lässt sich die Situation bei Public-Cloud-Diensten beschreiben. Die Rangordnung ist im Herbst 2017 dieselbe wie vor einem Jahr. Bezogen auf den weltweiten Umsatz ist nach wie vor Amazon Web Services (AWS) der dominierende Anbieter. Nach Berechnungen von Skyhigh Networks, einem Anbieter von Sicherheitslösungen für die Cloud, betrug der weltweite Marktanteil von AWS im Bereich Public-Cloud-Computing an die 47 Prozent. Microsoft mit seiner Azure-Plattform folgte mit 10 Prozent Anteil auf dem zweiten Platz. Google dagegen rangierte mit vier Prozent wie im Jahr zuvor auf Rang drei.

Cloud-Markt-Entwicklung in Milliarden Dollar: Der weltweite Umsatz mit IaaS-Diensten könnte in drei bis vier Jahren den mit Software as a Service übersteigen.
Foto: Skyhigh Networks

Also alles wie gehabt? Nicht ganz, denn "Google hat durchaus eine gute Chance, sich zu einem starken Mitbewerber von AWS und Microsoft zu entwickeln", sagt Nigel Fenwick, Vice President und Principal Analyst beim Marktforschungshaus Forrester Research. Google werde zwar die beiden führenden Cloud-Anbieter nicht in naher Zukunft überflügeln können. Doch zählen laut Fenwick die Angebote des Unternehmens vor allem in technologischer Hinsicht zum Besten, was derzeit auf dem Markt zu finden ist.

Diane Greene will mit Google den Cloud-Marktführer AWS in etwa fünf Jahren überflügeln
Foto: Google

Diane Greene, die als Vice President bei Google für das Cloud-Geschäft zuständig ist, wird solche Worte gerne hören. Im Frühjahr 2017, im Rahmen der Konferenz Google Cloud Next, legte sie die Latte für sich und ihre Mitarbeiter deutlich höher als bislang: "Wir glauben, dass wir Amazon Web Services bis in fünf Jahren einholen können", so die ambitionierte Aussage.

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Google-Cloud Umsatz wächst kräftig - vermutlich

Diane Greene stieß Ende 2015 zu Google. Pikanter Weise ist Greene die ehemalige Mitbegründerin und Geschäftsführerin von VMware. Sie trat unter anderem gegen ihren alten Arbeitgeber an, der mit "VMware vCloud Air" ebenfalls auf dem Public-Cloud-Markt präsent war. Allerdings konnte sich VMwares Cloud-Lösung nicht gegen die Konkurrenz von AWS, Microsoft, Oracle, IBM - und Google durchsetzen. Im Frühsommer 2017 kündigte der Rechenzentrumsbetreiber und Cloud-Service-Provider OVH an, die Sparte vCloud Air zu übernehmen. Ende August meldete das Unternehmen mit Hauptsitz in Roubaix (Frankreich) den Vollzug der Übernahme. Noch offen ist allerdings, welchen Stellenwert OVH dem Cloud-Geschäft beimessen wird.

In welchem Umfang die Google Cloud Platform zum Gesamtumsatz von Google beiträgt, lässt sich nur grob schätzen. Im Gegensatz zu AWS führt das Unternehmen in seinem Geschäftsbericht keine separaten Zahlen auf. Der Bereich "Andere Geschäftsaktivitäten", unter dem Google unter anderem die Einnahmen aus dem Cloud-Geschäft verbucht, verzeichnete in den ersten zwei Quartalen des Geschäftsjahres 2017 im Vergleich zum Vorjahr einen Umsatzzuwachs von 42 Prozent auf rund 3,1 Milliarden Dollar. Das Geschäft mit Online-Anzeigen von Google erreichte im Vergleich dazu in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres ein Volumen von 22,67 Milliarden Dollar.

Das Marktforschungsunternehmen Canalys taxiert den weltweiten Umsatz von Google mit IaaS-Diensten (Infrastructure as a Service) im ersten Quartal 2017 auf etwa 500 Millionen Dollar.
Foto: Canalysis

Das Marktforschungsunternehmen Canalys taxiert den weltweiten Umsatz von Google mit Cloud-Diensten im Bereich IaaS (Infrastructure as a Service) im ersten Quartal 2017 auf etwa 500 Millionen Dollar. AWS kam auf 3,5 Milliarden Dollar - ein Plus von 43 Prozent im Vergleich zu 2016. Microsoft konnte den Umsatz fast verdoppeln (+93 Prozent) und verbuchte einen Umsatz von rund 1,5 Milliarden Dollar.

Google baut Cloud-Infrastruktur aus

Ein Manko von Google war bis Ende 2016 die geringe Zahl von Cloud-Rechenzentren. Während beispielsweise AWS seine Cloud-Dienste weltweit in zwölf "Regions" anbot, kam Google auf vier Regionen, davon zwei in den USA und jeweils eine in Ostasien und Westeuropa. Das hat sich mittlerweile geändert, auch wenn AWS immer noch die Nase vorn hat.

Das Netz der Regionen und Zonen der Google Cloud Platform: In Europa unterhält Google Cloud-Rechenzentren an fünf Standorten.
Foto: Google

So ist Google derzeit in zehn Regionen mit einem Cloud-Data Center vertreten und bietet seine Services in 30 Zonen an. Jede Region besteht aus mindestens einem Datacenter. Eine Zone ist laut Googles Diktion "ein isolierter Ort innerhalb einer Region". Ein Beispiel: Die Region Westeuropa, die über das Datacenter in Saint Ghislain in Belgien abgedeckt wird, weist drei Zonen auf. Diese unterscheiden sich durch die Server-Ausstattung, etwa die Typen der Prozessoren und die Zahl der Rechenkerne der Maschinen. Auch in Frankfurt am Main bietet Google drei Zonen an.

Zum Vergleich: AWS deckt derzeit weltweit 16 geografische Regionen ab und unterhält 44 Verfügbarkeitszonen. Weitere fünf Regionen und 14 Zonen sind in Planung.

In der Region Westeuropa unterhält Google derzeit in Großbritannien (London), Belgien (St. Ghislain) und Deutschland (Frankfurt am Main) Cloud-Data Center. Außerdem will Google auch über die vorhandenen Rechenzentrums-Standorte in den Niederlanden und Finnland Cloud-Dienste anbieten.

Damit sind alle Cloud-Rechenzentren in der Europäischen Union angesiedelt. Das Data Center in London wird erst mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU aus diesem Verbund herausfallen. Die Platzierung in einem EU-Land ist vor dem Hintergrund der EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) wichtig. Sie trat bereits im Mai 2016 in Kraft, ab 25. Mai 2018 kommt die Strafbarkeit bei Verstößen hinzu. Die DSGVO umfasst für alle Unternehmen, die personenbezogene Daten verarbeiten, deutlich schärfere Vorgaben. So sind Unternehmen und Organisationen gehalten, solche Daten in Rechenzentren innerhalb der EU zu speichern und zu verarbeiten.

Dies tangiert natürlich auch Nutzer von Cloud-Services. Google kann somit seinen Kunden eine rechtskonforme Verarbeitung sensibler Informationen anbieten. Zudem haben Unternehmen die Option, mithilfe der GCP eine ausfallsichere Cloud-Umgebung einzurichten, etwa indem sie zwei oder mehr Cloud-Data Center von Google in unterschiedlichen Regionen nutzen, beispielsweise in Deutschland und Finnland.

Google verfolgt somit eine ähnliche Strategie wie seine Mitbewerber. Ein Großteil der Cloud-Service-Provider aus den USA hat bereits Rechenzentren in der EU und Deutschland eingerichtet. Dazu zählen AWS, IBM/Softlayer, VMware und Salesforce. Microsoft eröffnete 2016 ein Data Center nahe Magdeburg, ein zweites in Frankfurt am Main. Dort werden Daten von Kunden aus Deutschland unter Treuhänderschaft von T-Systems gespeichert und verarbeitet.

Vor allem für Unternehmen aus Deutschland ist es wichtig, dass ein Cloud-Service-Provider Services über Rechenzentren in Deutschland anbietet. Einer Studie des Beratungshauses KPMG zufolge spielt dieser Faktor für 76 Prozent bei der Wahl des Providers eine zentrale Rolle. An die 70 Prozent bevorzugen Cloud-Services, die über Datacenter in einem EU-Mitgliedsland bereitgestellt werden.

Die Google Cloud Platform erfüllt somit dieses Kriterium. Ein noch weitergehender Ansatz, wie ihn beispielsweise Microsoft mit dem Treuhändermodell verfolgt, ist für Google allerdings zumindest derzeit keine Option.

Google Cloud mit mehr als 60 Services

Rechnet man Entwickler-Tools wie Cloud SDK (Software Development Kit) oder Cloud Endpoints für den Aufbau von Services auf Grundlage von RESTful-APIs (Application Programming Interfaces) mit ein, stehen über die Google-Plattform derzeit mehr als 60 Public-Cloud-Services zur Verfügung. Allerdings sind darin auch Angebote enthalten, die sich erst in der Betatest-Phase oder einem noch früheren Stadium befinden. Dazu zählten beispielsweise Cloud Functions, eine Serverless-Umgebung für das Erstellen und Verknüpfen von Cloud-Diensten, oder das Cloud Identity-Aware Proxy. Mit diesem Service können Administratoren den Zugriff auf Cloud-Dienste mit der Identität des Nutzers verbinden.

Immerhin hat Google die Zahl seiner Cloud-Angebot innerhalb eines Jahres um mehr als ein Fünftel erweitert. Die Grundlage der Google Cloud Platform bilden nach wie vor die Compute-Dienste. Dazu zählen die "Compute Engine" für das Verlagern von virtualisierten Workloads in die Cloud sowie die "Container Engine". Sie ermöglicht es, Docker-Container auf der Cloud-Plattform zu platzieren und zu verwalten.

Außerdem stellt Google Ressourcen in den Bereichen Storage und Networking (Load Balancing, Content Delivery, virtualisierte Netzwerkfunktionen) zur Verfügung. Ein Beispiel für die Monitoring- und Management-Werkzeuge, die via Google Public Cloud bereitstehen, ist "Stackdriver". Mit ihm können IT-Fachleute das Laufzeitverhalten von Applikationen überwachen, die in Cloud-Umgebungen von Amazon Web Services und Google ausgeführt werden. Treten Probleme auf, etwa durch zu hohe Latenzzeiten, werden die Administratoren gewarnt und aufgefordert, eine weitergehende Analyse durchzuführen.

Entwicklungsplattform für mobile Applikationen

Mit App Engine ist außerdem eine Entwicklungsplattform für mobile Applikationen und die entsprechenden Backend-Strukturen verfügbar. Entwickler können auf Tools und Frameworks wie Eclipse, IntelliJ, Maven, Git, Jenkins und PyCharm zurückgreifen.

Ein zentraler Bestandteil des Public-Cloud-Angebots von Google sind Big-Data-Dienste wie "BigQuery", ein Data-Warehouse für die Analyse großer Datenbestände, sowie Services wie Dataflow, Dataproc und Datalab. Auf diesem Gebiet verfügt Google, bedingt durch die Vermarktung von Suchmaschinen-Anfragen, über eine hohe Kompetenz. Diese nutzt der Anbieter, um Unternehmen und öffentlichen Auftraggebern "Big Data & Analytics" zugänglich zu machen. Ein Argument, das Google anführt, ist der günstige Preis. Im Vergleich zu AWS Elastic MapReduce und Microsoft Azure HDInsight sei die Verarbeitung von 50 Terabyte Daten mit Dataproc um 500 Dollar (AWS) beziehungsweise 1100 Dollar (Azure) günstiger.

Google setzt Akzente bei Cloud-Security

Zu den Bereichen, in denen Google sein Angebot gezielt erweitert hat, zählt Cloud Security. Mit dem Key Management System und der Data Leak Prevention API hat das Unternehmen seine Cloud Platform um Dienste erweitert, mit denen Administratoren einzelne Anwendungen von Kunden schützen können. Die DLI API identifiziert mehr als 40 Datentypen, etwa Kreditkartennummern und Kontaktdaten. IT-Fachleute von Unternehmen können dann festlegen, auf welche Weise solche Informationen vor Missbrauch und dem unerlaubten "Absaugen" durch illoyale eigene Mitarbeiter geschützt werden sollen.

Für Nutzer der Google Cloud Platform dürfte zudem ein weiterer neuer Service interessant sein: das Identity-Aware Proxy (IAP). Es ermöglicht es Unternehmen, statt Virtual Private Networks ein Modell zu verwenden, mit dem sich der Zugriff auf jede einzelne Applikation steuern lässt. Als Grundlage dienen dabei die Identität eines Users sowie dessen Berechtigungen und Rollen. IAP basiert auf dem BeyondCorp-Framework. Google hat es ursprünglich für interne Zwecke entwickelt. Es ermöglicht den Zugriff auf das Unternehmensnetz von unsicheren Netzwerken aus, ohne dass dazu ein VPN erforderlich ist. Nun soll auch Nutzern der GCP diese Technik zur Verfügung stehen.

Google Cloud: Machine Learning und Internet of Things

Ein Feld, auf dem sich Google von AWS, Azure und anderen Public-Cloud-Diensten abheben möchte, ist die Sparte maschinelles Lernen (Machine Learning). Angeboten werden cloudgestützte Dienste für die Bildanalyse, die Spracherkennung und für Übersetzungsdienste. Interessanter ist jedoch die Cloud Machine Learning Engine. Sie greift auf das TensorFlow-Framework zurück, das als Open Source frei verfügbar ist. Das Framework nutzen auch Googles eigene Angebote, etwa Google Photos und Google Cloud Speech.

Derzeit umfasst Googles Angebot sieben Services im Bereich Machine Learning. Cloud Speech wandelt beispielsweise Sprache in Text um. Cloud Vision API extrahiert Informationen aus Bildern (Fotos); Cloud Video Intelligence, das sich derzeit noch im Betatest befindet, ermöglicht dasselbe mit den Metadaten von Videos.

Maschinelles Lernen wird künftig eine wichtige Rolle spielen, beispielsweise in Diagnosesystemen in der Medizin, bei Analyselösungen für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen sowie bei autonomen Systemen, etwa selbstfahrenden Fahrzeugen und Robotern. Services wie Cloud Video Intelligence lassen sich beispielsweise nutzen, um Videodatenbanken nach bestimmten Bildmustern zu durchsuchen. Als Einsatzgebiet kommt somit auch die Auswertung der Aufnahmen von Überwachungskameras in Betracht.

Ein weiteres Feld mit hohem Potenzial ist das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT). In diesem Bereich stellt Google mit Cloud IoT Core eine IoT-Plattform aus der Cloud bereit. Sie greift für das Speichern und Auswerten der Daten auf weitere Services der Google-Cloud zu, etwa Cloud Dataflow, BigTable und Data Studio. Bei Cloud IoT Core arbeitet Google mit mehreren Partnern zusammen, darunter Intel, Sierra Wireless, NXP (jetzt Qualcomm), ARM und Cisco. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob sich Googles IoT-Cloud-Plattform auf dem Markt durchsetzt. Neben AWS (IoT Platform) und Microsoft (Azure IoT Hub, IoT Suite) sind in diesem Bereich weitere namhafte Unternehmen aktiv, etwa SAP, Oracle und Automatisierungsspezialisten wie Siemens (Mindsphere).

Mit Cloud IoT Core bietet Google auch eine cloudgestützte IoT-Plattform an. Mit ihr lassen sich Daten erfassen und verarbeiten, die Sensoren in Maschinen, Fahrzeugen und Konsumgütern übermitteln.
Foto: Google

Schwachpunkt Business-Anwendungen

Zu den Stärken der Google Cloud Platform zählen Tools für Entwickler und Cloud-Services in Bereichen wie Rechenleistung (Compute), Big Data und Datenbanken. In Online-Foren äußern sich Anwendungsentwickler immer wieder lobend über Werkzeuge wie Kubernetes und App Engine. Ähnliches gilt für die Analytics-as-a-Service-Angebote wie BigQuery. Dagegen liegen Bereiche brach, in denen AWS, Microsoft, aber auch SAP, Oracle, die Telekom und VMware punkten können. Dazu zählen Geschäftsanwendungen beispielsweise für das Customer Relations hip Management (CRM) und Enterprise Resource Planning (ERP) aus der Cloud.

Das amerikanische Beratungshaus Dresner Advisory Services stellt denn auch in einer Studie von 2017 fest, dass weltweit 73 Prozent der Unternehmen eine Business-Intelligence-Lösung aus der Cloud am liebsten bei AWS buchen. Google und Microsoft Azure gelten als zweite Wahl. Allerdings hat Googles Cloud Platform dabei leichte Vorteile gegenüber Azure.

Unternehmen setzen vorzugsweise auf AWS, wenn sie Business-Intelligence-Dienste aus einer Public Cloud beziehen möchten. Google rangiert zusammen mit Microsoft auf Platz zwei, noch vor IBM.
Foto: Dresner Advisory Services

Auch Dienste, welche die Ausweitung von Private-Cloud-Umgebungen in die Google-Cloud vereinfachen, sind bei Google nur ansatzweise vorhanden. Zu dieser Kategorie zählen beispielsweise Services für die Migration von Applikationen und Daten in die Cloud-Umgebung. Auch das Angebot an Sicherheitsservices ist noch ausbaufähig. Immerhin stellt Google Dienste für das Identity and Access Management (IAM) und einen Security-Scanner für die App Engine bereit.

Gut ist, dass Google diese Lücken sukzessive schließt. So hat das Unternehmen 2017 eine Partnerschaft mit SAP geschlossen. Im Rahmen der Kooperation werden nicht nur SAP-Applikationen über die Google-Cloud als Service angeboten. Auch bei der Entwicklung neuer Cloud-Applikationen arbeiten beide Unternehmen zusammen. Dadurch versprechen sich beide eine stärkere Akzeptanz ihrer Cloud-Software seitens der Unternehmenskunden.

Cloud Launcher mit mehr als 250 Apps

Ebenso wie AWS, Microsoft, IBM und andere Cloud Service Provider hat Google mit dem Cloud Launcher einen App Store für Cloud-Applikationen aufgebaut. Er enthält derzeit mehr als 250 Anwendungen. Allerdings sind etliche davon parallel in mehreren Rubriken wie "Infrastruktur" und "Datenbanken" aufgeführt. Dadurch reduziert sich das Angebot und liegt deutlich unter dem von Mitbewerbern. So stellt AWS über seinen Marketplace sechs Windows-Server-Versionen und über 100 Distributionen von Linux bereit. Google kommt auf drei Windows-Varianten (Windows Server 2008, 2012 und 2016) sowie ein Dutzend Linux-Distributionen, etwa von Red Hat, Suse, Debian und Ubuntu.

Über Google Launcher stehen Nutzern der Google-Cloud derzeit weniger als 250 Applikationen zur Verfügung. AWS und Microsoft stellen auf ihren Cloud-Plattformen mehrere 1000 Anwendungen bereit.
Foto: Google

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den unterstützten Datenbanken. Google stellt 50 Produkte bereit, darunter MySQL, PostgreSQL und MongoDB. Dazu kommen mehrere NoSQL-Datenbanken wie Cassandra und der NewSQL-Datenbankdienst Spanner. Bei AWS sind es, inklusive Caching- und Analyse-Lösungen, mehr als 370 Produkte. Zum Vergleich: 2016 lag die Zahl der Lösungen bei etwa 270. Darunter finden sich auch Programmpakete von namhaften Anbietern wie SAP, Microsoft (SQL), Oracle (Oracle Database) sowie MariaDB. Ebenfalls mehr zu bieten hat Microsoft Azure Marketplace. Im deutschen Marketplace waren im Herbst 2017 mehr als 350 Datenbanken aufgeführt.

Selbstverständlich bedeutet "Masse nicht gleich Klasse". Doch ist für Unternehmen, die Cloud-Dienste nutzen möchten, in jedem Fall eine größere Auswahl an cloudbasierten Lösungen von Vorteil.

Google unterbietet manche Preise von AWS und Azure

Für Google spricht dagegen der Preis. Das Evidence Lab des Schweizer Bankhauses UBS hat 2016 ermittelt, dass bei vergleichbaren Public-Cloud-Diensten Google um bis zu 45 Prozent preisgünstiger ist als AWS. Der Studie zufolge liegt Microsoft Azure in puncto Kosten wiederum etwa 25 Prozent höher als AWS. Einen direkten Vergleich zwischen Diensten von Microsoft und Google führte UBS nicht durch. Der Grund: Es gibt nach Angaben der Analysten keine Servicekonfigurationen beider Anbieter, die eine solche Einschätzung zulassen.

Berechnet man die Rabatte mit ein, haben bei virtuellen Servern je nach Konfiguration Google, AWS oder Microsoft das günstigste Angebot.
Foto: Simform

Aktuellere Daten hat das amerikanische Technologieberatungshaus Simform ermittelt. Demnach ergibt sich im Sommer 2017 beispielsweise bei virtuellen Servern ein differenziertes Bild. Abhängig von der Konfiguration der Systeme haben bei einzelnen Angeboten Google oder AWS die Nase vorn, in einer anderen Konstellation Microsoft. Betrachtet man dagegen nur den Listenpreis, ist das Angebot von Google meist besser. Simform zufolge lassen sich bei Cloud-Services im Bereich Compute über ein Jahr gerechnet Preisnachlässe zwischen rund 30 und 37 Prozent erzielen.

Für Nutzer bedeutet dies, dass sie sich nicht alleine an den Preislisten orientieren sollten. Vielmehr gilt es, direkt bei einem Cloud-Service-Provider oder dessen Partnern nachzuhaken, wie denn der "echte" Preis ausfällt. Kein Wunder, dass sich mittlerweile Dienstleister etabliert haben, die solche komplexen Preisvergleiche gegen Honorar durchführen.

Allerdings hat Google angekündigt, sich nicht an den Preiskämpfen zu beteiligen, die in den vergangenen Jahren vor allem AWS und Microsoft im Cloud-Bereich ausfochten. Vielmehr will das Unternehmen Kunden durch innovative und zuverlässige Cloud-Dienste überzeugen. Das gilt auch für mittelständische Unternehmen - bislang eher ein weißer Fleck bei Google.

Unternehmenskunden stärker im Fokus

Analysten wie Lydia Leong, Vice President und Cloud-Spezialistin bei Gartner, kritisierten noch vor wenigen Monaten, dass die Google-Cloud primär für interne Zwecke konzipiert wurde, nicht für die Vermarktung von Cloud-Diensten. Das spiegle sich in der Vermarktungsstrategie wider: Ebenso wie andere Analysten bemängelte Leong, dass es Google nur in begrenztem Maße geschafft habe, Unternehmenskunden von seinen Public-Cloud-Angeboten zu überzeugen. Dies, in Verbindung mit der relativ schmalen Palette von Cloud-Services, lasse Anbieter wie AWS und Microsoft in den Augen von Kunden aus dem Unternehmensumfeld als attraktiver erscheinen.

Diese Kritik hat sich Google offenkundig zu Herzen genommen und die Bemühungen intensiviert, Unternehmenskunden zu gewinnen. Eine Maßnahme: Customer Reliability Engineers sollen künftig für einen effizienten Wissenstransfer und eine bessere Unterstützung beim Betrieb und der Optimierung von Workloads auf der Google-Cloud-Plattform sorgen. "Die Rolle und die Art und Weise, wie der Support geleistet werden sollen, lehnt sich an das Konzept des Site Reliability Engineer an, das Google vor ein paar Jahren entwickelt und mittlerweile als Best Practices für den Betrieb von Cloud-Infrastrukturen optimiert hat", sagt Carlo Velten, CEO des deutschen IT-Research- und Beratungsunternehmens Crisp Research.

Hinzu kommt ein weiterer Trend: Die Betreiber der großen Public-Cloud-Plattformen arbeiten besser zusammen - zumindest in einem gewissen Rahmen. Der Grund ist laut Velten, dass speziell größere Unternehmen und Firmen aus dem gehobenen Mittelstand eine Multi-Cloud-Strategie verfolgen. Sie setzen Cloud-Dienste mehrerer Anbieter ein, um Risiken zu minimieren. Eine Konsequenz dieser Entwicklung: Google etabliert sich auch als Windows-Plattform; Microsoft Azure hat sich wiederum für Open-Source-Software geöffnet. Auch AWS unterstützt beide Welten.

Kunden: Coca-Cola, Airbus, Apple - aber kaum deutscher Mittelstand

Derzeit sind es vor allem größere Unternehmen, die auf die Google Cloud Platform setzen. So hat der Musik-Streaming-Service Spotify 2016 seine IT-Infrastruktur auf die Cloud-Plattform von Google portiert. Zu den weiteren Kunden zählen unter anderem Disney, der Rüstungskonzern Northrop Grumman, der Flugzeughersteller Airbus und Coca-Cola. Auch Apple greift auf IaaS-Ressourcen von Google zurück. Das Unternehmen nutzt diese für seine Cloud-Plattform iCloud.

In Deutschland, das durch mittelständische Unternehmen geprägt ist, nimmt die Google Cloud Platform dagegen noch keine Spitzenposition ein. Laut einer Studie des deutschen Beratungshauses Crisp Research war GCP im Jahr 2016 nur bei 24 Prozent der mittelständischen Unternehmen ein Teil der Cloud-Strategie. Zum Vergleich: Rund 82 Prozent der Unternehmen planen mit AWS, an die 53 Prozent mit Microsoft Azure. Auch die SAP Hana Cloud Platform (27,4 Prozent) und IBM Softlayer (26,7 Prozent) liegen vor Google. Somit muss Google noch eine Menge Überzeugungsarbeit bei deutschen Unternehmen leisten, um zumindest SAP und IBM zu überholen. Dies gilt vor allem für Entscheidungsträger wie Geschäftsführer und CIOs. Diese sehen bei Googles Cloud-Angeboten offenbar Nachbesserungsbedarf, was deren Tauglichkeit für Geschäftskunden betrifft.

Fazit: Akzente setzen statt Gießkannen-Prinzip

Google verfolgt im Vergleich zu den beiden größten Mitbewerbern AWS und Microsoft eine andere Strategie. Statt jedes Jahr Dutzende neuer Cloud-Applikationen vorzustellen, setzt das Unternehmen stärker darauf, in einzelnen Bereichen Akzente zu setzen. Dazu zählen beispielsweise die Sparten Künstliche Intelligenz und Machine Learning, aber auch Sicherheit und Datenbanken, etwa in Form der NewSQL-Datenbank Spanner.

Doch um Amazon und Microsoft Marktanteile abjagen zu können, muss das Unternehmen etliche Dinge ändern. Ein zentraler Punkt ist, aktiv auf Geschäftskunden und deren Anforderungen zuzugehen. Das sieht auch Nigel Fenwick von Forrester so: "Google muss insbesondere die Unterschiede zwischen Business-to-Business- und dem Business-to-Consumer-Markt verstehen", so der Analyst. Zudem sei es notwendig, dass Googles Cloud-Angebot die unterschiedlichen regulatorischen Vorgaben in den diversen Regionen berücksichtige, beispielsweise Datenschutzregelungen und Compliance-Vorschriften.

Dazu ist mehr erforderlich als eine gut funktionierende Cloud-Plattform. Vielmehr gilt es Anwendern Wege aufzuzeigen, wie sie ihre vorhandene IT-Infrastruktur um eine Public-Cloud-Komponente ergänzen können. Zudem benötigen gerade Mittelständler dabei technische Unterstützung und Beratungsleistungen, auch in puncto Compliance und Datenschutz. Das heißt, Google muss sein Netzwerk von Partnern und eigenen Fachleuten weiter ausbauen. Andernfalls wird Google Diane Greenes Ziel wohl kaum erreichen: In fünf Jahren mit AWS auf einer Augenhöhe zu agieren.

Stärken und Schwächen von Google Cloud

Stärken:

Schwächen: