Jeder hat - abhängig von seiner Rolle, seinen Interessen und Schwerpunkten, sowie seiner Arbeitsumgebung - ein anderes Verständnis von Digitalisierung und digitaler Transformation; so auch die verschiedenen Rollen in der Industrie. Im Marketing-Umfeld wird Digitalisierung als modernes Content Marketing, Social Media Marketing oder AdTech ausgelegt. Im Kontext der Software-Entwicklung werden besonders die Aspekte rund um Continuous Delivery oder DevOps als Digitalisierung dargestellt.
Sensorik (IoT), Smart Analytics, aber auch eine reine Effizienzsteigerung beziehungsweise Modernisierung einer existierenden IT, werden häufig ebenfalls unter Digitalisierung verstanden. Allgemein kann man sagen, die Digitalisierung oder auch digitale Transformation ist der Weg der Veränderung eines Unternehmens hin zu einem digitalen Unternehmen.
Wichtig ist: Digitalisierung ist deutlich mehr als nur die Investition in digitale Technologien, oder in smarte Geschäftsprozesse sowie trendige Zusammenarbeits- und Organisationsformen. Digitalisierung bedeutet das zukünftige Geschäft eines Unternehmens völlig neu zu gestalten.
Wie gehen Unternehmen mit diesem Veränderungsdruck um?
Die Beantwortung dieser Frage war die treibende Kraft, eine internationale Studie zur digitalen Transformation anzufertigen. Ziel war es, die kritischen Erfolgsfaktoren der digitalen Transformation herauszuarbeiten und konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten, um den Ergebnissen eine hohe Praxisrelevanz zu geben, die in vielen anderen Studien nicht gegeben ist.
Die Umfrage zur DX - Studie 2017 wurde mit mehr als 100 Teilnehmern vornehmlich aus Europa durchgeführt. Wobei mehr als 75 Prozent der Teilnehmer aus dem Management der beteiligten Unternehmen kommen.
Der Ausgangspunkt der Studie war, in welcher Phase der Digitalisierung sich die Unternehmen befanden und wie der Erfolg der damit verbundenen Aktivitäten eingeschätzt wurde. Wie aus Abbildung 1 zu entnehmen ist, haben ein Großteil der Unternehmen die Digitale Transformation bereits in Angriff genommen und befinden sich entweder mitten in der Umsetzung (63%) oder starten gerade damit (23 %).
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Wachstum, Stillstand oder Schrumpfen?
Traditionelle Geschäftsmodelle stehen stark unter Druck und ein Wandel ist unausweichlich. In manchen Industrien früher, in anderen später, aber dass ein Wandel vollzogen werden muss, ist den meisten Unternehmen klar (sh. Abbildung 2). Neue Geschäftsmodelle greifen Marktanteile traditioneller Geschäftsmodelle ab. Viele Erfolgsbeispiele beziehen sich zwar auf Unternehmen, die von Anfang an digital gestartet sind, wie Uber oder Airbnb. Inzwischen sehen aber auch viele traditionelle Unternehmen die veränderten Marktgegebenheiten und die Möglichkeiten neuer Technologien als Chance.
Notwendigkeit der Veränderung
Die aktuelle Notwendigkeit zur Veränderung ist jedoch anders als in den letzten Jahrzehnten. Denn die übliche Fragestellung "Was wirkt auf uns?" wird grundlegend anders beantwortet, insbesondere weil die Treiber der Veränderung nicht mehr zu einer evolutionären Weiterentwicklung bestehender Produkte führen (bessere Autos mit weniger Kraftstoffverbrauch, schickerem Interieur etc.). Sie führen zu radikaleren beziehungsweise disruptiven Veränderungen, die uns eher von einer Revolution sprechen lassen (z.B. plattform-basierte Geschäftsansätze wie Mobility as a Services).
Drei Treiber seien hier besonders hervorgehoben.
Drei wesentliche Treiber der Veränderung
Der erste Treiber ist das veränderte Konsumverhalten in der Gesellschaft.
Die so genannten Digital Natives, die Generation-Y & Generation-Z, haben neue Erwartungen. Diese lassen sich im folgenden Zitat treffend zusammenfassen: "um Digital Natives für sich zu gewinnen und dauerhaft zu halten, müssen Händler auf neue Wege der Kundenbindung setzen. Sie sollten ihre Kompetenzen und Methoden mit Blick auf digitales Shopping zwingend überdenken und neugestalten." Auch tritt der Wunsch nach Besitz immer stärker in den Hintergrund, was sich zum Beispiel in Trends wie Sharing Economy wiederspiegelt.
Ansatzpunkte diesen Erwartungen zu begegnen sind beispielsweise.:
Jederzeit Transparenz über Angebote und Preise
Einheitliches Kundenerlebnis, unabhängig vom gewählten Kanal
Personalisierte Interaktion mit Relevanz
Abonnement-basierte Geschäftsmodelle
Der zweite Treiber sind neue Technologien.
Sie haben das Potenzial, die Möglichkeiten in der Ausgestaltung von Geschäftsmodellen zu revolutionieren. Charakteristisch sind hier die neuen Möglichkeiten zur Vernetzung auf inhaltlicher wie technischer Ebene. Als Beispiel sei Sensorik im Internet of Things genannt, wodurch neue - meist serviceorientierte - Geschäftsmodelle möglich werden, durch die sich Unternehmen vom reinen Produktanbieter zum Servicedienstleister wandeln können (z.B. John Deere[3]).
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Der dritte Treiber ist der Markt selbst.
Die digitale Disruption fordert gestandene Unternehmen und deren Praktiken heraus. Typischerweise bedienen etablierte Unternehmen einen großen Kundenstamm mit traditionellen Geschäftsmodellen, die sie so lange wie möglich zu erhalten versuchen.
Aber es wird einen Wendepunkt geben, wenn das Festhalten an alten Praktiken nicht mehr nachhaltig ist. Da die etablierten Unternehmen im Vergleich zu den angreifenden Unternehmen langsamer sind, müssen sie den richtigen Zeitpunkt finden, um die notwendigen Änderungen vorzunehmen.
Diesen Treibern liegt zugrunde, dass sie eine hohe Affinität zur IT eines Unternehmens haben. Das heißt, ein wesentlicher Teil der Antwort auf den Digitalisierungsdruck liegt in der IT der Unternehmen. Diese ist aber in vielen traditionellen Unternehmen gekennzeichnet durch eine über Jahrzehnte gewachsene komplexe IT-Landschaft. Eine hohe Komplexität in der IT mündet jedoch häufig in einem Rückstand in der Modularisierung von Geschäftsfähigkeiten und einem Mangel an Flexibilität und Effizienz, was sich massiv auf die Ausgestaltung neuer Geschäftsmodelle auswirkt.
Mit diesen Treibern verändert sich der Stellenwert der IT deutlich. Bisher wurde die IT in den Unternehmen oftmals als reine Unterstützungsfunktion gesehen. Im Kontext der Digitalisierung wird sie aber ein Kernbestandteil der Produkte und Services der neuen digitalen Geschäftsmodelle.
Die kritischen Erfolgsfaktoren
Auf Basis der Umfrageergebnisse der von Carsten Sensler, Dr. Dirk Rohweder, Dr. Thomas Grimm, Andre Karalus, und Thomas Hänel durchgeführten Studie, gepaart mit Erfahrungen aus großen Digitalisierungsprojekten verschiedener Industrien, konnten fünf kritische Erfolgsfaktoren identifiziert werden, die besondere Aufmerksamkeit auf dem Weg zum digitalen Unternehmen erfordern.
Die Abbildung 3 fasst die fünf kritischen Erfolgsfaktoren zusammen. Diese sind
das neue Geschäftsmodell,
eine veränderte Sicht auf den Kunden,
die Leistungsfähigkeit der IT,
die Integration von Partnern und
die Kultur bzw. Organisation von Unternehmen.
Zu jedem Erfolgsfaktor gehören Aktivitäten, von welchen hier die wichtigsten umrissen werden:
Geschäftsmodell
Ausbau beziehungsweise Umbau der Geschäftsmodelle mit verstärkter Öffnung nach außen, um integrierte und flexible Wertschöpfungsketten realisieren zu können.
Umbau des Leistungsangebots von einem reinen Produktgeschäft hin zu einem eher service-basierten Leistungsangebot.
Integration von Datenschutz & Datensicherheit als elementare Grundlage für den Erfolg des Geschäftsmodells
Kunde
Umfassende Besetzung der digitalen Kundenschnittstelle, personalisierte Kundenansprache und Aufbau von omni-channel Fähigkeiten
Stärkere (Ein-)Bindung des Kunden über die gesamte Customer Journey
Auf- beziehungsweise Ausbau von Advanced Analytics zur Hebung verborgener Datenschätze, die zum Beispiel für eine personalisierte Kundenansprache genutzt werden können.
Schaffung eines sensiblen Umgangs mit personenbezogenen Daten, um dem Bedürfnis nach Datenautonomie der Kunden gerecht zu werden.
Leistungsfähigkeit der IT
Integrieren der IT in führender Rolle bei der Ausgestaltung der Geschäftsmodelle als essenzieller Bestandteil der Wertschöpfung.
Steigerung der Flexibilität, Modularisierung und Effizienz der IT, um die digitale Transformation und insbesondere eine flexiblere und geänderten Kundenbedürfnissen anpassbare Leistungserbringung zu ermöglichen.
Enge Verzahnung der IT mit dem Business durch die Enterprise Architektur, um eine an der Unternehmensstrategie ausgerichtete zielgerichtete Umsetzung der Digitalisierung sicherzustellen.
Konsequente Umsetzung der EU Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im Umgang mit den verarbeiteten Daten.
Partner
Auf-/Ausbau der Fähigkeit, Partner in die Unternehmensprozesse zu integrieren, zur Flexibilisierung der Wertschöpfungskette und -tiefe, um auf Marktveränderungen beziehungsweise -disruptionen möglichst rechtzeitig reagieren zu können.
Auf-/Ausbau der Fähigkeit, sich in die Wertschöpfungskette anderer Unternehmen integrieren zu können.
Kultur & Organisation
Entwickeln einer Organisationsstruktur, in der Verantwortungen Ende-zu-Ende vergeben und gelebt werden können.
Schaffung einer zentralen Verantwortung für die Digitalisierung, um die Veränderung erfolgreich umsetzen zu können.
Entwickeln einer Kultur, die es ermöglicht, flexibel und schnell auf geänderte Markt- und Kundenbedürfnisse reagieren zu können.
Schaffung einer Zusammenarbeitskultur, die vernetzter, digitaler und flexibler sein wird.
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Call for Action!
Abschließend sei gesagt, dass es immens wichtig ist, die digitale Transformation aktiv anzugehen und zu gestalten. Für die konkrete inhaltliche Ausgestaltung sind folgende Grundsätze entlang der kritischen Erfolgsfaktoren zu berücksichtigen, denn sie entscheiden später über den Erfolg der Transformation eines Unternehmens.
Überdenken Sie kritisch Ihre aktuellen Geschäftsmodelle. Vielleicht ergeben sich neuartige Geschäftsmodelle, in die sich Ihre vorhandene Wertschöpfungskette integrieren lässt.
Stellen Sie den Kunden in den Mittelpunkt Ihrer Überlegungen. Lernen Sie aus jeder Interaktion mit dem Kunden und ermöglichen Sie damit eine personalisierte Kundenansprache.
Stellen Sie eine konsistente Customer Experience in ihren Kanälen bereit, so dass Sie als einheitliches und professionelles Unternehmen wahrgenommen werden.
Denken Sie über Ihre Unternehmensgrenzen hinweg und seien Sie offen für Partnerschaften. Nicht immer ist eine hundertprozentige Eigenfertigung das Beste für ein Unternehmen und seine Kunden.
Schaffen Sie die Voraussetzungen für eine erfolgreiche digitale Transformation durch Erhöhung der Leistungsfähigkeit der IT, indem Sie in Modularisierung von Geschäftsfähigkeiten, Automatisierung und in die Integrationsfähigkeit von Partnern investieren.
Ernennen Sie in ihrem Unternehmen einen zentralen Sponsor der digitalen Transformation, welcher mit all seiner Energie und Willensstärke die Transformation erfolgreich umsetzen kann - auch im Falle von auftretenden Schwierigkeiten.
Schaffen Sie eine enge Verzahnung zwischen Business und IT mit Hilfe der Werkzeuge einer ganzheitlich aufgesetzten Enterprise Architektur.
In diesem Artikel sind die Kernpunkte der DX - Studie 2017 zur digitalen Transformation dargestellt. Die komplette Auswertung der Studie können sie hier abrufen. Auch können sie dort aktiv an der Diskussion über die Ergebnisse teilnehmen.