Kombi aus Process Mining und RPA

Automatisieren, was automatisierbar ist

09.09.2020 von Oliver Laitenberger  
Eine Automationskette besteht aus verschiedenen Teilen, die gut miteinander kombiniert viele Prozesse in den Unternehmen effizienter und schneller machen.

Neben dem Hype um Digitalisierung mit einem kundenzentrierten Fokus auf neue Geschäftsmodelle hat sich parallel ein zweiter Handlungsstrang der "Automation" entwickelt. Die ganze Wirkungskette eines Unternehmens verändert sich mit den neuen Möglichkeiten der Automatisierung derart, dass alles, was automatisierbar ist, auch automatisiert wird.

Eine Automationskette bringt die Prozesse im Unternehmen in Schwung.
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Anlass genug, die Elemente der Automationskette in eine verwendbare nützliche Logik zu bringen. Ausgangspunkt sind moderne Cockpit-Lösungen ("Kontroll-Tower") für das Management. Diese können mit Process-Mining-Technologien signifikant erweitert werden. Die Erkenntnisse daraus lassen sich mit Hilfe von Robotics Process Automation (RPA) Technologien automatisieren. Der Kreis schließt sich mit dem Nachhalten der Effekte, was wieder in der Cockpit-Lösung passiert.

Symbiotik "Kontroll Tower", Process Mining und RPA zur Automation
Foto: Oliver Laitenberger

Kontroll-Tower schafft Transparenz zur Steuerung und Optimierung

Obwohl viele Unternehmen über Big Data und Künstliche Intelligenz sprechen, herrscht in den Management-Etagen oft immer noch "Excel-Mania". Wichtige Kennzahlen zum Beispiel zu Vertrieb, Produktion, Prozessen oder Kunden werden manuell aus unterschiedlichen Systemen zusammengesammelt, verdichtet und dann in Excel-Berichten an Entscheidungsträger kommuniziert. Nicht selten kommt es dann in den Konferenzen zu Diskussionen über die Korrektheit und Vollständigkeit der zu Grunde liegenden Daten.

Dies geht auch anders: Mit Hilfe eines sogenannten "Kontroll-Towers" können Entscheidungsträger auch im Rahmen von Führungsrunden wichtige Geschäftsentscheidungen viel schneller und genauer treffen als es in der Vergangenheit möglich und üblich war. Führungskräfte erhalten dabei datengesteuerte Einblicke in die Geschäftsentwicklung. Dies ermöglicht auch Simulationen über die Zukunft. Die Steuerungsprozesse auf Management-Ebene werden deutlich einfacher und schneller.

Schematischer Aufbau eines Kontroll-Towers
Foto: Oliver Laitenberger/PAFnow

Ein solcher "Kontroll-Tower" lässt sich vergleichweise einfach bauen. Mit heutigen Technologien können strukturierte und unstrukturierte Daten aus heterogenen Quellen mit vergleichsweise geringem Zeit-/ Kostenaufwand integriert und mit einer einheitlichen Bedeutung ("Semantik") versehen werden. Dies gelingt mit Hilfe neuer Datenmanagement-Architekturen, den sogenannten logischen Data Warehouses (DWH). Sie vermeiden die bekannten Nachteile klassischer Ansätze eines DWH und bieten folgende Vorteile:

Alle Entscheidungsträger sehen die gleichen Informationen und erhalten Antworten auf Fakten-Basis, denen sie vertrauen können. Sie können die gesamte Geschäftsstrategie, ihre einzelnen Komponenten und die Ergebnisse dieser Strategie transparent einsehen. Der Kontroll-Tower hilft, die Strategie der Versicherung zu unterstützen und zu operationalisieren. Weiterhin lassen sich eine Reihe von möglichen Szenarien untersuchen und die Ergebnisse dazu nutzen, um zeitnahere und besser informierte Entscheidungen zu treffen. Unternehmen handeln schneller und agiler.

Process Mining visualisiert Prozesskomplexität

In vielen Unternehmen bildeten über Jahrzehnte hinweg detaillierte Prozesserhebungen in funktionsübergreifenden Workshops, manuelle Datenanalysen mit Excel und zeitintensive Führungskräfte-Interviews die Grundlage zur Optimierung. Verfahren, wie Six-Sigma oder Lean-Management sind oft daran gescheitert, dass die erforderlichen Prozessdaten nicht verfügbar waren.

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Process Mining beseitigt dieses Defizit und stellt so die nächste Evolutionsstufe für die Prozessoptimierung und schließlich auch die Automation dar. Die Idee dabei ist, "Spuren" in den IT-Systemen zur Visualisierung von Prozessen zu nutzen. Process Mining funktioniert immer dann, wenn Prozessinformationen vorhanden sind. In der Tat sitzen Unternehmen auf einem Berg von Prozessdaten zum Beispiel aus ERP-Systemen, ohne von diesem Wert zu wissen.

Prozessvisualisierung und -analytics
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Process-Mining liefert Unternehmen einen visuellen und faktenbasierten Nachweis für Automationsmöglichkeiten. Insbesondere mit Hilfe der Datenvisualisierung können Führungskräfte im Kontroll-Tower die Daten aufschlüsseln, Abweichungen vom idealen Prozess erkennen und Ursachen für Ineffizienzen erkennen.Das bildet die Basis für die Priorisierung von Verbesserungsaktivitäten. Weiterhin lassen sich so Prozesse effizienter überwachen und benchmarken, um einen nachhaltigen Nutzen zu erzielen. All das ist elementarer Bestandteil des oben beschriebenen "Kontroll Towers". Über die Datenvisualisierung können Anwender von Process-Mining-Software die Daten aufschlüsseln, Abweichungen vom idealen Prozess erkennen und Ursachen für Ineffizienzen erkennen.

Robotics Process Automation (RPA) unterstützt repetitive Tätigkeiten

Immer mehr Unternehmen setzen auf Robotic Process Automation (RPA), um Abläufe zu automatisieren und damit effizienter und schneller abzuwickeln. Laut Wikipedia sind Softwareroboter Anwendungen, die eine menschliche Interaktion mit Benutzerschnittstellen von Softwaresystemen nachahmen. Sie ersetzen damit viele repetitive Aufgaben von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in den Unternehmen. Nach der Aufzeichnung eines Prozessablaufs imitiert einen virtueller Bot die von Menschen ausgeführten Aktionen in der grafischen Benutzeroberfläche der Anwendung und automatisiert deren Ausführung.

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Die virtuellen Bots werden in bestehende Softwarelandschaften integriert. Ihre Steuerung erfolgt durch einfache Regeln in der Geschäftslogik. Prozessschritte lassen sich durch Mitarbeiter starten oder zeitunabhängig durchgeführen. Roboter können Volumensteigerungen problemlos bewältigen. Insofern ist Skalierbarkeit von Anfang an gewährleistet.

Der wesentliche Nutzen von RPA liegt in der Automation von hochvolumigen, repetitiven Tätigkeiten. Durch ihre Automation werden im Prozess Freiheitsgrade geschaffen, durch die das Unternehmen entweder Wachstum generiert oder Kosten reduziert.

Automation manueller Tätigkeiten (Prinzipdarstellung)
Foto: Oliver Laitenberger

Die erste Entscheidung innerhalb von RPA bezieht sich die Auswahl eines geeigneten Prozesses sowie in der Abschätzung des Potenzials für die Prozessautomatisierung. Hierfür bildet das vorher durchgeführte Process-Mining optimale Voraussetzungen.

Die meisten Systeme verfügen bereits über eine Form der Automatisierung, so dass die Betrachtung der aktuellen Automatisierungsraten innerhalb der Prozesse entscheidend ist. Durch den Vergleich der Automatisierungsraten im Kontroll-Tower können Führungskräfte erkennen, wo sich aktuelle Automatisierungslösungen verbessern lassen und wo zusätzliche Automatisierung Vorteile bringen könnte, wie zum Beispiel die Reduzierung von Durchlaufzeiten oder die Verbesserung anderer prozessbezogener Leistungskennzahlen.

Die Process-Mining-Visualisierung im Kontroll-Tower ermöglicht es den Führungskräften zu sehen, wie sich dann Prozesse mit RPA im Laufe der Zeit ändern. Man erkennt auch sofort, wann sich ein Prozess weiterentwickelt und wie Roboter sich an eine wechselnde Geschäftsumgebung anpassen müssen.

Kontroll-Tower, Process Mining und RPA kombinieren

Die Einzelkomponenten Kontroll-Tower, Process-Mining und RPA zahlen wechselseitig aufeinander ein. Sie sind Teile ein und desselben Puzzles. So sollten Anwender dabei vorgehen:

1. Entwickeln Sie einen ersten Kontroll-Tower ("Start Small"): Die Erstellung eines ersten Kontroll-Towers ist heute oft nur eine Frage der Orchestrierung von geeigneten Werkzeugen. Diese sind in der Umgebung zu installieren. In einer ersten fachlichen Runde gilt es dann, gemeinsam mit den Führungskräften die erforderlichen Darstellungen auf Grundlage der Daten zu erarbeiten.

2. Führen Sie Process Mining an einem geeigneten Prozess aus: Die Potenziale von Process Mining mit anschließendem RPA entfalten sich vor allem bei regelbasierten Prozessen mit einem signifikanten Anteil an manuellen Aufgaben. In diesen manuellen Prozessen hilft es als "Quick-Win", menschliche Bearbeitungsfehler zu identifizieren und zu beseitigen. Die Process Mining Analytik nimmt nur wenige Tage oder Wochen in Anspruch. Das Vorgehen ist durch einen Ende-to-Ende-Ansatz geprägt, der die gesamte Prozesskomplexität darstellt. Die Analyse ermöglicht die Identifikation der Schwachstellen für die Automation über RPA.

3. Automatisieren Sie den Prozess mit RPA: Bevor Sie eine Automation mit einem Roboter angehen, ist in jedem Fall ein Business-Case zu erstellen. Dieser muss insbesondere auch die laufenden Kosten für den Betrieb des Roboters berücksichtigen. Dem folgen die Auswahl und die Installation der geeigneten RPA-Anwendung.
Als Best Practice sollten Anwender anschließend damit beginnen, Roboter mit dem bestehenden Prozess zu trainieren. Die geschulten Roboter beginnen ihre Arbeit in einem Pilotprojekt und ihre Aktivitäten werden von den zugrunde liegenden IT-Systemen verfolgt.

4. Überwachung der Ergebnisse und kontinuierliche Verbesserung: Nach Einsatz des Roboters können die automatisierten Prozessinstanzen mit Hilfe der Process-Mining-Anwendung ausgewertet werden. Die Leistung des Roboters und die nicht robotergestützten Prozesse sollten verglichen werden, um die RPA-Implementierung bewerten zu können. Ein Durchlauf durch den Zyklus ist kein einmaliges Projekt, sondern erfordert eine kontinuierliche Verfolgung der Ergebnisse. Diese Erkenntnisse gilt es zu nutzen, um das System kontinuierlich zu verbessern. Hier bieten die Process Mining-Ergebnisse im Kontroll-Tower schnelle und aussagekräftige Einblicke in die Auswirkungen von RPA auf die KPIs der Prozessleistung, wie beispielsweise die Mengen und Durchlaufzeiten.

Kreislauf der Optimierung in Gang setzen

Der Optimierungskreislauf Kontroll-Tower, Process Mining und RPA ist heute bereits Realität in manchen Unternehmen. Dafür müssen keine teuren und aufwendigen Projekte aufgesetzt werden. Nutzen Sie agile Ansätze und machen Sie ein minimales Investment in einen Proof-of-Value. In Anbetracht der Millioneninvestitionen in die digitale Transformation dürfte die Verprobung dieser Technologien kaum ins Gewicht fallen.