Akzeptanzmanagement

Wie Widerstand Projekte pusht

07.04.2024 von Petra Dolev
Widerstand ist Teil jeder Veränderung. Wie dessen Energie ins Positive gewandelt und für den Projekterfolg genutzt werden kann, lesen Sie hier.

Mit dem Widerstand verhält es sich ähnlich wie mit dem Regen, der oftmals verpönt wird, und doch wissen wir alle, dass er von elementarer Bedeutung für uns ist. Ebenso der Widerstand: Zwar sprießen durch ihn keine Blumen, aber er regt dazu an unsere Vorgehensweise - ja vielleicht sogar unsere geplante Veränderung - zu hinterfragen und den Beteiligten zu begegnen. Um ein Klima für solche Denkanstöße zu erzeugen, muss für die Mitarbeiter eine Akzeptanz geschaffen werden - sinnvollerweise mit einem guten Akzeptanzmanagement.

Führungskräfte sollten Gefühle und Widerstände nie ignorieren, denn ein IT-Projekt ist erst dann erfolgreich, wenn die Anwender nutzbringend mit dem System arbeiten.
Foto: ntkris - shutterstock.com

Unter Akzeptanzmanagement verstehen wir per Definition die Planung und Realisierung von Maßnahmen, um bei den Beteiligten die Akzeptanz für ein Produkt oder eine veränderte Situation zu fördern. Hierbei ist wichtig zu wissen:

Dabei ist wichtig nachzuvollziehen, dass Widerstand durchaus als Risiko, aber auch als Chance eines Projektes gesehen werden kann. Daneben ist es essenziell, Akzeptanzmanagement als elementare Möglichkeit der Begegnung zu verstehen.

Was ist ein Widerstand?

Es gibt verschiedene Arten des Widerstands, die pauschal in drei Gruppen eingeteilt werden können:

Natürlich können sich diese Arten von Opposition auch vermischen und überlappen. Aber diese Strukturierung hilft bei der Planung der für das Akzeptanzmanagement erforderlichen Maßnahmen.

Wie entsteht Widerstand in der Projektarbeit?

Widerstand entsteht unter anderem dann, wenn nicht ausreichend und klar kommuniziert wurde, beziehungsweise die Beteiligten nicht involviert wurden. Das Resultat daraus lässt sich wiederum in folgende Punkte aufteilen:

Wie diese Gefühle geäußert werden, ist sehr unterschiedlich. Nach dem Modell von Doppler/Lauterburg unterscheidet man zwischen aktiver und passiver Aktion auf verbaler und nonverbaler Ebene. Also jemand, der lautstark mit Vorwürfen um sich wirft und vielleicht sogar Drohungen ausspricht, vollzieht einen verbalen Angriff, befindet sich also im linken oberen Quadranten. Während jemand, der passiven Widerstand leistet, eher Symptome wie Unaufmerksamkeit oder Müdigkeit aufweist und vielleicht sogar krank wird. Eine solche Person ist im rechten unteren Quadranten zu finden. Es kann auch vorkommen, dass passiv Beteiligte gar nicht realisieren, dass ihre Symptome aufgrund des Veränderungsprozesses hervorgerufen wurden und Ängste freigesetzt haben, welche vielleicht sehr viel tiefer liegen als ihnen bewusst ist.

Symptome des Widerstands (nach Doppler/Lauterburg)
Foto: Dolev - Doppler/Lauterburg

Generell ist dem Angriff immer einfacher zu begegnen, weil diese Beteiligten dem Gegenüber die Möglichkeit geben, direkt mit ihnen zu kommunizieren und sie mit offenem Visier kämpfen. Wohingegen passiv Beteiligte, vor allem auf der non-verbalen Ebene in ihrer bewussten oder unbewussten Tarnung leicht untergehen.

Wie man Widerstand in Projekten begegnet

Die Möglichkeiten der Maßnahmen sind vielseitig, aber lassen sich prinzipiell in die drei Säulen Communication, Enablement und Commitment aufteilen.

11 Tipps für besseres Change Management
Klar definieren, wer jetzt was zu tun hat
Mit dem Change geraten Zuständigkeiten und Rollen ins Fließen. Von Tag Eins an muss jeder Mitarbeiter wissen, was er jetzt im Moment zu tun hat. Bis sich das ändert und eine neue Ansage kommt.
Die Aufgaben nur skizzieren
Wer seine Mitarbeiter mitgestalten lässt, erreicht mehr. Deshalb ist es ratsam, eine grobe Skizze des Veränderungsprojektes zu zeichnen und das Team Vorschläge zur Ausarbeitung machen zu lassen, als einen schon komplett ausgereiften Plan zu präsentieren.
Die Team-Perspektive einnehmen
Wie betrifft der Change die Team-Mitglieder, was bedeutet die Initiative aus ihrer Sicht – wer diese Perspektive einnimmt, hat die Mitarbeiter auf seiner Seite.
Erfahrungen teilen
Erfahrungen teilen: Soweit möglich, sollten Mitarbeiter an konkreten Aktivitäten wie etwa Besuchen beim Kunden teilnehmen. Je näher sie den Change miterleben, umso besser.
Fragen zulassen
Fragen, die aus dem Team kommen, dürfen nie als Widerstand gelten. Ganz im Gegenteil. Ein Chef, der Fragen zulässt und sie beantwortet, kann schneller Teilverantwortungen an die Mitarbeiter übertragen.
Die Wirtschaftlichkeit darstellen
Neben viel Kommunikation mit dem Team geht es auch darum, Metriken und Kennzahlen für das Veränderungsprojekt zu entwickeln und diese deutlich zu machen.
Wissen, wo der Fokus ist
Innerhalb eines Changes ist viel Kleinteiliges zu klären und zu organisieren. Der Fokus darf darüber nicht vergessen werden. Regelmäßige Treffen müssen sich immer wieder auf diesen Fokus beziehen, eindeutige Metriken müssen deutlich machen, wo das Team gerade steht.
Teilziele updaten
Nicht jeder Meilenstein wird so zu erreichen sein wie ursprünglich geplant. Es ist daher wichtig, gemeinsam mit dem Team Teilziele regelmäßig auf den aktuellen Stand zu bringen.
Sich abstimmen
Gemeinsame Kalender für das Veränderungsprojekt und gemeinsam entwickelte Guidelines, die die Prioritäten festlegen: Das sind gute Wege, um die Arbeit der einzelnen Team-Mitglieder immer wieder aufeinander abzustimmen.
Commitment organisieren
Wer übernimmt die Verantwortung wofür und wie regelt das Team, dass diese Verantwortlichkeiten auch konkret ausgeführt werden? Solche Fragen sind gemeinsam zu klären. Die einzelnen Mitarbeiter müssen wissen, welchen Teil sie übernehmen, und sie müssen konkret formulieren können, was sie dafür von ihrem Chef brauchen.
Den Change in seine Geschichte einbinden
Das Team muss wissen, an welche früheren Punkte im Unternehmen der jetzige Change anknüpft und welche zukünftige Richtung sich damit abzeichnet.

Akzeptanz- trifft Projektmanagement

Wir alle kennen Widerstand. Ob bei uns selber oder in einem unserem Projekte. Jede größere Veränderung bringt ein gewisses Maß an Widerstand mit sich. Was an sich nicht schlecht ist, denn es ermöglicht uns, das Hinterfragen dieser Veränderung, die Einstellungen der Betroffenen zu verstehen und positive Dynamiken zu gewinnen. Jedoch dürfen wir einen Widerstand nie ignorieren, denn ein IT-Projekt ist erst dann erfolgreich, wenn die Anwender nutzbringend mit dem System arbeiten.

Erst eine Kombination aus klassischem Projektmanagement und integriertem Akzeptanzmanagement sichert einen nachhaltigen Projekterfolg. Typischerweise sollten für das Akzeptanzmanagement daher ca. 10 Prozent des Gesamtbudgets eingeplant werden. Die finale Berechnung sollte in Relation dazu stehen, wie groß die Auswirkung der Veränderung auf den Mitarbeiter ist. Damit werden die Risiken für Projektverzögerungen oder Projektabbrüche deutlich gesenkt, gleichzeitig eine Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit erreicht sowie die Möglichkeit eines nachhaltigen Projekterfolges.

In der heutigen Zeit müssen wir wandelbar sein, innovativ und flexibel. Wenn wir unsere Mitarbeiter befähigen, dies mitzumachen und den Ängsten erfolgreich zu begegnen, dann haben wir als Unternehmen die besten Voraussetzungen ganz vorne mitzumischen und vielleicht sogar darüber hinaus. (pg/fm)