Der lange Weg zum Komplettanbieter

Kampf der IT-Titanen

24.08.2010 von Martin Bayer
Branchenschwergewichte wie IBM, Hewlett-Packard, Cisco und Oracle positionieren sich mehr und mehr als Komplettanbieter. Lesen Sie, wie sich die IT-Titanen in Stellung bringen und wo die Stärken und Schwächen im Portfolio liegen.

Sich als Komplettanbieter und One-Stop-Shop für die Kunden einen möglichst großen Anteil der IT-Budgets bei den Anwenderunternehmen zu sichern - das ist das Ziel, das immer mehr IT-Anbieter anvisieren. Um ein mehr oder weniger vollständiges IT-Portfolio offerieren zu können, gehen einzelne Hersteller weit über ihr bisheriges Stammgeschäft hinaus. Hewlett-Packard drängt mit den Übernahmen von EDS und 3Com in den Service- und Netzwerkmarkt, Oracle versucht mit der Akquisition von Sun Microsystems einen Fuß in die Tür des Hardware-Marktes zu bekommen und Cisco will sich mit eigenen Blade-Servern und sowie Kooperationen mit Storage-Anbietern einen größeren Anteil vom Rechenzentrumsgeschäft sichern.

Oracle / Bea Systems: 8,5 Milliarden Dollar
In der Liste der größten IT-Übernahmen taucht Oracle gleich zweimal auf. Im Januar 2008 übernahm der Datenbank-Konzern den Middleware-Anbieter Bea Systems für 8,5 Millarden Dollar. <br /><br /><a href="http://www.computerwoche.de/heftarchiv/2008/04/1222214/" target="_blank">Oracle greift für Bea tief in die Tasche</a>
Oracle / Peoplesoft: 10,3 Milliarden Dollar
Nach einer langen Übernahmeschlacht übernahm Oracle im Jahr 2004 den HR-Spezialisten Peoplesoft für 10,3 Millarden Dollar. <br /><br /><a href="http://www.computerwoche.de/nachrichtenarchiv/551768/" target="_blank">Oracle macht Peoplesoft-Übernahme perfekt</a>
Symantec / Veritas: 12,5 Milliarden Dollar
Der Sicherheitsspezialist Symantec kündigte im Jahr 2004 die Übernahme des Speicherspezialisten Veritas an. Im Juni 2005 stimmten die Aktionäre dem Vorhaben zu. Das Volumen belief sich auf 12,5 Milliarden Dollar. <br /><br /><a href="hZttp://www.computerwoche.de/heftarchiv/2005/1/1050060/" target="_blank"> Symantec kauft sich in neue Märkte ein</a>
Hewlett-Packard / Compaq: 23,5 Milliarden Dollar
Hewlett Packard übernahm im Jahr 2001 für 23,5 Milliarden Dollar den Mitbewerber Compaq. <br /><br /><a href=" http://www.computerwoche.de/heftarchiv/2001/42/1071370/" target="_blank">Fiorina und Capellas verteidigen HP-Compaq-Fusion</a>
Worldcom / MCI: 37 Milliarden Dollar
1998 kaufte der US-Telekomgigant Worldcom die Telefongesellschaft MCI für 37 Milliarden Dollar. <br /><br />Die aus der Fusion hervorgegangene MCI Worldcom war die drittgrößte Telefongesellschaft der Welt, bis sie 2002 nach öffentlich gewordenen Bilanzfälschungen und dem dadurch erfolgten Aktiensturz Insolvenz anmelden musste. Firmengründer und CEO Bernard Ebbers wurde wegen Fehlbuchungen von 11 Milliarden Dollar zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Anfang 2006 ging MCI dann in Verizon Communications auf, die heute außerhalb der USA unter dem Namen Verizon Business firmiert.<br /><br /><a href="http://www.computerwoche.de/heftarchiv/1998/30/1092842/" target="_blank">Cable & Wireless dringt in die Phalanx der Internet-Größen ein</a>
Telekom / Voicestream: 39 Milliarden Euro
Mit der Übernahme des US-Carriers Voicestream schuf sich die Deutsche Telekom im Jahr 2001 ein Standbein in den USA. Der Wert der Übernahme belief sich laut Geschäftsbericht auf 39 Milliarden Euro in Aktien und Bargeld. <br /><br /><a href=" http://www.computerwoche.de/nachrichtenarchiv/1861105/" target="_blank"> Ron Sommer verteidigt VoiceStream-Kauf</a>
AT&T / Bell South: Summe unbekannt
2006 übernahm der britische TK-Anbieter AT&T den Konkurrenten Bell South. Die gezahlte Summe wurde nie bekannt, bei zusammen 63 Millionen Kunden bewegt sich das Übernahmevolumen nach Meinung von Experten jedoch im oberen zweistelligen Milliardenbereich. <br /><br /><a href="http://www.computerwoche.de/heftarchiv/2006/10/1208329/" target="_blank">AT&T greift nach Bell South</a>
AOL / Time Warner: 182 Milliarden Dollar
2000 kaufte AOL (America Online) den Medienkonzern Time Warner für satte 182 Milliarden Dollar. Wirklich gebracht hat es nichts. Im Gegenteil: AOL will Time Warner möglichst wieder <a href="http://www.computerwoche.de/knowledge_center/web/163781/" target="_blank">loswerden</a>.<br /><br /><a href="http://www.computerwoche.de/heftarchiv/2001/3/1062891/" target="_blank">AOL darf den Medienriesen Time Warner übernehmen/</a>
Vodafone / Mannesmann: 190 Milliarden Dollar
Die teuerste Übernahme der IT-Geschichte gab es in Deutschland: 2000 kaufte Vodafone den direkten Konkurrenten Mannesmann für 190 Milliarden Dollar. Im Telekommunikationsmarkt saß das Geld schon immer lockerer als anderswo. <br /><br/> <a href="http://www.computerwoche.de/heftarchiv/1999/46/1090220/" target="_blank">Vodafone rüstet zur feindlichen Übernahme des Mannesmann-Konzerns</a>

Während sich so mancher IT-Riese bereits seit Jahren in diese Richtung bewegt, tun sich andere Hersteller und Lieferanten schwerer und stecken noch mitten in ihrer Metamorphose. Ihre Strategien sind unterschiedlich: Die einen versuchen mit Hilfe von Akquisitionen, Lücken im Portfolio zu stopfen, andere bemühen sich, ein möglichst engmaschiges Partnernetz rund um die eigene Produktpalette zu knüpfen.

COMPUTERWOCHE-Marktstudie

Mehr zum Thema IT-Giganten erfahren Sie in der aktuellen Marktstudie der COMPUTERWOCHE, die Sie hier herunterladen können.

IBM - der Supertanker

IBM hat den Abstand zu den Verfolgern vergrößert, meint Rüdiger Spies, Independent Vice President von IDC. Auch wenn der IT-Pionier seine Pole Position im Rennen um den höchsten Jahresumsatz zuletzt an Hewlett-Packard verloren hat. Konsequent hat sich Big Blue in den vergangenen Jahren von Geschäftsfeldern getrennt, die sich in Richtung Commodity entwickelten und damit rückläufige Margen befürchten ließen. Dazu zählen beispielsweise das PC- und Festplattengeschäft. Im Gegenzug baute IBM die Segmente Software und Services kontinuierlich aus, die einen besseren Zugang zu den Schaltzentralen bei den Kunden und bessere Margen versprachen. Steuerte die Softwaresparte im Jahr 2000 rund 25 Prozent zum Vorsteuergewinn bei, waren es acht Jahre später bereits 40 Prozent. Im gleichen Zeitraum verringerte sich der Gewinnanteil der Hardwaresparte von 24 auf neun Prozent. Insgesamt gingen im Geschäftsjahr 2008 etwa 82 Prozent des Vorsteuergewinns auf das Konto der Software- und Servicesparte - im Jahr 2000 waren es noch 65 Prozent.

Der Trend, die Sparten Software und Services zu forcieren, dürfte sich fortsetzen. Im Krisenjahr 2009 brachen vor allem die Geschäfte mit Hardware massiv ein. IBM verzeichnete beispielsweise im weltweiten Server-Geschäft deutliche Rückgänge. Kompensiert werden diese Einbußen zumindest zum Teil durch bessere Service- und Softwaregeschäfte. Experten sagen etwa dem Outsourcing-Markt gute Zeiten voraus, da viele Anwenderunternehmen überlegen, welche Teile ihrer IT eigentlich einen Wettbewerbsvorteil bieten und überhaupt noch von eigenen Mitarbeitern betrieben werden sollten.

IBM-Chaf Samual Palmisano hat jüngst die "Decade of Smart" ausgefufen.
Foto: Ronald Wiltscheck

IBM will diesen Trend mit seiner starken Consulting-Sparte ausnutzen. Diese ist aus Sicht von Forrester-Analyst Matzke ein klarer Vorteil, weil der Konzern damit den Zugang zu den Fachbereichsverantwortlichen seiner Kunden findet, die mehr und mehr die IT-Entscheidungen beeinflussten. IBM-Chef Samuel Palmisano positioniert sich genau an der Schnittstelle zwischen IT und Business. Erst Anfang Januar hat der 57-jährige Manager die "Decade of Smart" ausgerufen. Begonnen hat diese Marketing-Kampagne bereits im vergangenen Jahr unter dem Motto "Smarter Planet". Den Kunden werden Szenarien angefertigt, wie sie mit Hilfe von IT ihr Geschäft effizienter betreiben und damit bessere Ergebnisse erwirtschaften können.

Unterstützt wird diese Ausrichtung von einer zielgerichteten Partner- und Akquisitionsstrategie. Vor allem im Softwarebereich hat sich der Konzern in der Vergangenheit laufend verstärkt. Beispielsweise schluckte Big Blue im vergangenen Jahr die beiden Business-Intelligence-Anbieter Cognos und SPSS. Wenige Monate später lieferte Palmisano den theoretischen Überbau. Er warb gegenüber den Kunden dafür, alle relevanten Daten möglichst schnell und effizient zu erfassen und auszuwerten. Heute stelle die IT die notwendigen Kapazitäten bereit, um den immer weiter wachsenden Datenberg sinnvoll analysieren zu können, sagte der IBM-Lenker jüngst auf einer Veranstaltung in London: "Mit diesem Wissen können wir Kosten reduzieren, Effizienz und Produktivität verbessern sowie die Qualität unserer Produkte, unserer Unternehmen und unserer gesamten Umwelt zu erhöhen."

Darüber hinaus forciert der amerikanische Konzern etliche Geschäftsfelder, die in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden, seine Bilanz aber merklich aufpolieren. Dazu gehört beispielsweise der Bereich Embedded Systems. Fast alle Game-Controller basieren auf dem IBM-eigenen Cell-Prozessor. Außerdem verdient der Anbieter gut an seinen Patenten. Das Ranking des US-amerikanischen Patentamts führt IBM mit deutlichem Vorsprung an. In der Mitte Januar veröffentlichten Liste liegt IBM mit 4919 Patenten für das Jahr 2009 zum 17. Mal in Folge an der Spitze, gefolgt von Samsung (3611) und Microsoft (2906).

Kennzahlen IBM

Börsenwert: 173 Milliarden Dollar*;

Mitarbeiter: 398.500;

Umsatz 2008: 103,6 Milliarden Dollar;

Gewinn 2008: 12,3 Milliarden Dollar.

* Stand Januar 2010

Hewlett-Packard - der Verfolger

Hewlett-Packard hat in den zurückliegenden Jahren zwar fulminant seinen Umsatz gesteigert, von 86,7 Milliarden Dollar im Geschäftsjahr 2005 auf zuletzt 114,6 Milliarden Dollar im Fiskaljahr 2009, und sich damit die Position als umsatzstärkster IT-Anbieter weltweit gesichert. Allerdings steckt der Konzern mitten im Umbau und hat noch etliche Baustellen zu bearbeiten. Vor allem das Hardwaregeschäft hat den Konzernverantwortlichen zuletzt Kopfzerbrechen bereitet. Während sich IBM in den vergangenen Jahren konsequent von problematischen Geschäftsfeldern im Hardwarebereich getrennt hat, bedeuten für Hewlett-Packard die Segmente Drucker, PC/Notebook, Server und Storage nach wie vor ein wichtiges, aber zunehmend wackliges Standbein.

Die Probleme zeigten sich in der jüngsten Jahresbilanz 2009. Das Produktgeschäft ging im Vergleich zum Vorjahr von 91,7 Milliarden Dollar um über 19 Prozent auf 74,1 Milliarden Dollar zurück. Demgegenüber verbesserte sich zwar das Servicegeschäft um über 50 Prozent von 26,3 auf 40,1 Milliarden Dollar, da erstmals die Zahlen des übernommen Servicespezialisten EDS mit verbucht wurden. Das reichte jedoch nicht aus, um ein Minus beim Gesamtumsatz von 3,2 Prozent von 118,4 auf 114,6 Milliarden Dollar aufzufangen.

Obwohl Hewlett-Packard sein Portfolio in den vergangenen Jahren beharrlich ausgebaut hat, bezeichnen missgünstige Wettbewerber den IT-Konzern auch heute noch despektierlich als Druckerhersteller. Und in der Tat steuerte die Printing Group im zurückliegenden Geschäftsjahr immerhin noch 21 Prozent zum Gesamtumsatz von 114,6 Milliarden Dollar bei. Unter dem Strich betrug der Anteil der Druckersparte am operativen Profit des Konzerns von insgesamt 13,4 Milliarden Dollar sogar 32 Prozent.

Doch das profitable Printer-Business lief längst nicht mehr so rund wie noch vor wenigen Jahren. Die Finanzkrise sorgte dafür, dass die Verkaufszahlen in den zurückliegenden Quartalen stetig zurückgingen. Allein im dritten Quartal 2009 brach der Absatz im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent ein. Um derartige Schwankungen besser abfedern zu können, muss der Konzern seine Geschäfte weiter auffächern. Dazu haben die Verantwortlichen in den vergangenen Jahren tief in die eigenen Taschen gegriffen. Die Zukäufe von EDS im Jahr 2008 und 3Com im November 2009 hat sich das Unternehmen insgesamt rund 15,7 Milliarden Dollar kosten lassen. Die Erweiterung des Portfolios ist indes auch mit Herausforderungen verbunden. HP muss sich mit den neuen Geschäftsfeldern neu aufstellen und verändern. Deutschland-Chef Volker Smid gab Ende vergangenen Jahres unumwunden zu, dass sich der eigene Schwerpunkt in Richtung Services verschoben habe.

Allerdings verläuft die Transformation HPs nicht reibungslos. Branchenbeobachter wie Andreas Zilch, Analyst bei der Experton Group, sehen massive Probleme in der wichtigen Servicesparte durch die Übernahme von EDS, die schleunigst überwunden werden müssten. Aus Sicht von IDC-Analyst Spies haben die HP-Verantwortlichen den Aufwand für die Integration von EDS offenbar unterschätzt. Dabei müssten völlig unterschiedliche Firmenkulturen unter einen Hut gebracht werden. Spies moniert außerdem, dass der Konzern momentan auf dem Software-Standbein relativ schwach sei. Die Sparte, die sich hauptsächlich auf System-Management für die eigene RZ-Infrastruktur spezialisiert hat, steuerte im zurückliegenden Geschäftsjahr gerade einmal 3,1 Prozent zum Umsatz bei.

Die HP-Verantwortlichen wollen die Lücke in der Softwaresparte offenbar durch Kooperationen schließen. Erst Mitte Januar kündigten die Verantwortlichen ein Abkommen mit Microsoft an. Beide Unternehmen beabsichtigen in den kommenden drei Jahren rund 250 Millionen Euro zu investieren, um ihren Kunden integrierte und vorkonfigurierte Gesamtpakete aus HP-Hardware und Microsoft-Software anzubieten. Damit reagiere man auf die veränderten Ansprüche der Anwender, sagte HP-Chef Mark Hurd. Diese wollten sich in Zukunft auf einige wenige, aber dafür vertrauenswürdige IT-Lieferanten verlassen. Mit der Kooperation, die sich IDC-Analyst Spies zufolge bereits abgezeichnet hat, planen beide Partner, ihr Standing gegen Konkurrenten wie IBM und Oracle zu verbessern.

Kennzahlen Hewlett-Packard

Börsenwert: 124 Milliarden Dollar*;

Mitarbeiter: 321.000;

Umsatz 2009: 114,6 Milliarden Dollar;

Gewinn 2009: 7,7 Milliarden Dollar.

* Stand Januar 2010

Cisco - der Netzwerker

Netzspezialist Cisco arbeitet seit Jahren konsequent daran, seine Marktposition auszubauen - in erster Linie durch Übernahmen. Kaum ein anderes Unternehmen kauft so regelmäßig ein wie der US-Konzern. Seit Anfang der 90er Jahre finden sich fast jeden Monat neue Namen auf der Übernahmenliste von Firmenlenker John Chambers. Im vergangenen Jahr erhöhten die Verantwortlichen den Einkaufstakt. Fast wöchentlich akquirierte Cisco andere Hersteller. Dementsprechend erweiterte sich auch das Portfolio: Zu den Stammgeschäften mit Telefon- und Netzequipment wie Router und Switches kamen laufend neue Bereiche hinzu wie Sicherheitslösungen, Produkte für Storage Area Networks (SANs), Ausrüstung für Heimnetze, IP-TV, Web-Conferencing und Camcorder. Erst im vergangenen Jahr sicherte sich Cisco mit Tandberg einen Spezialisten für Web-Konferenz-Systeme und mit Pure Digital den Hersteller der populären Flip-Camcorder. Und die Shopping-Tour dürfte weitergehen. Experten zufolge ist Ciscos Kriegskasse mit etwa 15 Milliarden Dollar gut gefüllt.

Cisco-Chef John Chambers ist einer der fleißigsten Einkäufer im internationalen Markt der IT-Anbieter.
Foto: Cisco

Doch Cisco hat nicht nur durch Zukäufe expandiert Das Unternehmen beschäftigt eigenen Angaben zufolge über 20.000 Entwickler und Ingenieure. Das entspricht fast einem Drittel der mehr als 63.000 Köpfe zählenden Gesamtbelegschaft. Mit 5,2 Milliarden Dollar investierte Cisco im Geschäftsjahr 2009 etwa 14 Prozent seines Umsatzes in den Bereich Research & Development (R&D). Mit diesem Verhältnis liegt der Konzern beinahe auf dem Niveau von IT-Größen wie Intel und Microsoft, die sich ihre Entwicklungsabteilungen 16 beziehungsweise 15 Prozent vom eigenen Umsatz kosten lassen. IBM und Hewlett-Packard liegen mit Anteilen von sechs beziehungsweise drei Prozent deutlich niedriger, stecken aufgrund der wesentlich höheren Einnahmen absolut jedoch kaum weniger Milliarden in den Bereich Research & Development.

Darüber hinaus knüpft der Netzwerker ein engmaschiges System an Partnerschaften. Im vergangenen Jahr vereinbarte Cisco beispielsweise eine enge Kooperation mit Speicheranbieter EMC und dessen Tochter VMware, bekannt für ihre marktführende Rolle im Markt für Virtualisierungssoftware. Zum einen haben die Partner die "Virtual Computing Environment Coalition" gegründet. Sie soll gemeinsam neue Produkte und Produktpakete entwickeln, die Kunden dabei helfen, eine Private-Cloud-Computing-Infrastruktur aufzubauen. Zum anderen wurde das Joint Venture Acadia aus der Taufe gehoben, das Kunden und Partnerunternehmen unterstützen soll, die neuen Pakete zu installieren und zu betreiben.

Das Jonglieren mit Eigenentwicklungen, Partnerschaften und Zukäufen ist indes nicht gerade einfach und führt fast zwangsläufig zu Konfrontationen im Markt. Die Ankündigung Ciscos im Frühjahr vergangenen Jahres, eigene Blade-Server auf den Markt zu bringen, war eine Kampfansage an etablierte Server-Anbieter wie IBM, Dell und Hewlett-Packard - Partner, die viele Jahre lang auch Ciscos Netzprodukte im Markt verkauft haben. Die Antworten ließen nicht lange auf sich warten. IBM und Dell begannen, ihre Kontakte mit Cisco-Konkurrent Juniper auszubauen, und Hewlett-Packard kaufte im Herbst 2009 den Netzspezialisten 3Com.

Marktbeobachter bescheinigen Cisco-Chef Chambers dennoch ein glückliches Händchen mit seiner Strategie. Der Konzern beeindrucke mit seinem Partner- und Ökosystem sowie den verschiedenen Allianzen, sagt Forrester-Analyst Matzke. Die Verantwortlichen entwickelten neue Business-Modelle und gingen damit proaktiv auf ihre Kunden zu. Allerdings hatte der Hersteller wie alle anderen eher produktorientierten Anbieter zuletzt Probleme. Im Fiskaljahr 2009 ging der Gesamtumsatz vor allem aufgrund eines rückläufigen Produktgeschäfts um 8,7 Prozent von 39,5 auf 36,1 Milliarden Dollar zurück. Zuwächse beim Service, der mittlerweile ein knappes Fünftel zu den Gesamteinnahmen beiträgt, konnten den Rückgang nicht kompensieren. Grundsätzlich sei ein Anbieter wie Cisco in der Lage, die notwendigen Services über ein gut ausgebautes Partnernetz anzubieten, sagt PAC-Analyst Stephan Kaiser. In der Krise kämen Anbieter mit einer ausgeprägten eigenen Dienstleistungssparte aber besser weg. Langfristig gehe es jedoch um innovative Lösungen. Hier sei Cisco durch sein Netzwerk nicht schlecht positioniert.

Kennzahlen Cisco

Börsenwert: 140 Milliarden Dollar*;

Mitarbeiter: 63.800;

Umsatz 2009: 36,1 Milliarden Dollar;

Gewinn 2009: 6,1 Milliarden Dollar.

* Stand Januar 2010

Oracle - der Softwarespezialist

Während Anbieter wie IBM und Cisco bereits seit den 90er Jahren ihr Portfolio konsequent durch Zukäufe erweitern, begann Oracle erst relativ spät mit seiner Akquisitionsstrategie. Zudem verlief der Start holprig. Erst nach einem zähen Ringen ließ sich der Business-Software-Anbieter Peoplesoft Anfang 2005 übernehmen. Seitdem folgte jedoch Schlag auf Schlag. Kontinuierlich kaufte Oracle-Chef Lawrence Ellison weiter zu. Dem Datenbankspezialisten ging es dabei in den vergangenen Jahren vor allem darum, das Geschäft mit Business-Software sowie das eigene Middleware-Portfolio auszubauen. Dafür schluckte Oracle beispielsweise große Softwareanbieter wie Siebel und Bea.

Einen Überraschungscoup landete Ellison im Frühjahr vergangenen Jahres mit der Ankündigung, Sun Microsystems für 7,4 Milliarden Dollar übernehmen zu wollen. Erst kürzlich hat die EU-Kommission den Deal nach monatelanger Prüfung abgesegnet. Mit Sun steigt Oracle in die Liga der System- und Lösungsanbieter auf. Aus seinen Zielen macht Ellison keinen Hehl. Ihm geht es darum, gegen den Erzrivalen IBM anzutreten.

Mit der Übernahme von Sun Microsystems will Oracle-Chef Lawrence Ellison den Druck auf IBM erhöhen.

Ob Oracle gegen den großen Konkurrenten bestehen kann, muss das Unternehmen jedoch noch beweisen. Bislang konnte der Anbieter seine Akquisitionen im Softwarebereich eindrucksvoll in Wachstum umsetzen. Zwischen 2005 und 2009 verbesserte sich der Jahresumsatz um fast 100 Prozent von 11,8 auf 23,3 Milliarden Dollar. Der Profit stieg von 2,9 auf 5,6 Milliarden Dollar. Ob Sun diese Erfolge in Zukunft weiter stützen kann, ist allerdings fraglich. Der Server-Spezialist beklagt seit Jahren rückläufige Umsätze und schrieb zuletzt tiefrote Zahlen. Dazu kommen die Verzögerungen durch die Prüfung seitens der europäischen Kartellbehörden. Die Situation verunsichert die Kunden, was sich wiederum die Konkurrenten zunutze machen. Beispielsweise meldete kürzlich Hewlett-Packard, dass es im Geschäftsjahr 2009 gelungen sei, 350 Sun-Kunden auf HP-Plattformen zu ziehen.

Wie Oracles Server-Geschäft künftig aussehen wird, ist noch unklar. Experten hatten nach der Übernahmeankündigung offen darüber spekuliert, Ellison werde nur die Sun-Software behalten und das Hardwaregeschäft schnell wieder abstoßen. Diese Vermutungen wurden in Oracles Chefetage kategorisch zurückgewiesen. Man werde Suns Hardware behalten, versicherte der Führungszirkel. Als Beleg dafür präsentierte das Management ein Highend-Datenbanksystem, das auf Sun-Hardware basiert.

Das Beispiel dieser Database Machine könnte Oracles weiteren Hardwareweg weisen. Es gehe darum, den Kunden gegenüber als Komplettanbieter aufzutreten, sagte Deutschland-Chef Jürgen Kunz. Diese erwarteten komplette Lösungen für konkrete Business-Probleme. Das beinhalte ein umfassendes Angebot von der Applikation über die Infrastruktur bis hin zur Plattform. Was jedoch angesichts dieser spezialisierten Pakete aus den Commodity-Servern von Sun werden soll, steht noch in den Sternen.

Klar scheint dagegen vorerst die Servicestrategie. Wie Cisco baut auch Oracle beim Thema Dienstleistungen vorwiegend auf Partner. Das eigene Serviceangebot beschränkt sich auf die Produkte aus dem Hause Oracle. Dies werde auch in Zukunft so bleiben, sagt Kunz. Man sei mit dieser Strategie in der Vergangenheit gut gefahren. Außerdem vermeide der Konzern mit einer klaren Abgrenzung Konflikte innerhalb der Partner-Community. Ob die Service-Roadmap so in Stein gemeißelt ist, wie die Oracle-Verantwortlichen glauben machen wollen, bleibt abzuwarten. Die anderen Komplettanbieter wie IBM und HP forcieren das Dienstleistungsgeschäft. Und schließlich hatte Ellison vor wenigen Jahren auch noch behauptet, das Hardwaregeschäft sei für seinen Konzern völlig uninteressant.

Kennzahlen Oracle

Börsenwert: 126,5 Milliarden Dollar*;

Mitarbeiter: 83.300;

Umsatz 2009: 23,3 Milliarden Dollar;

Gewinn 2009: 5,6 Milliarden Dollar.

* Stand Januar 2010

Die Fronten verhärten sich

Die Auseinandersetzung zwischen den großen IT-Anbietern dürfte sich nach Aussicht von Marktbeobachtern weiter verschärfen. Immer mehr Fronten tun sich im weltweiten IT-Markt auf. Oracle macht IBM und HP im Hardwaregeschäft sicher geglaubtes Terrain streitig. Auch Cisco geht mit den eigenen Blade-Servern im Server-Markt auf Konfrontationskurs und pflegt mit Partnerschaften sein System- und Lösungsgeschäft. HP kontert die Angriffe mit der Übernahme von 3Com und der engeren Kooperation mit Microsoft. Außerdem will der weltweit umsatzgrößte IT-Konzern mit Hilfe der EDS-Akquisition dem Erzrivalen IBM das Wasser im Service-Business abgraben.

Eine spannende Frage dürfte auch sein, wie sich andere Branchenschwergewichte wie Microsoft und SAP künftig positionieren. Von Ambitionen, ein Komplettanbieter zu sein, sind diese Firmen weit entfernt. Allerdings wird sich ein Konzern wie Microsoft, der mit einem Börsenwert von über 270 Milliarden Dollar alle anderen IT-Anbieter weit hinter sich lässt, kaum mit einer Nischen- oder Zuliefererrolle zufrieden geben. Microsofts Bündnis mit HP zeigt, dass auch die Redmonder ihre Fäden im weltweiten IT-Markt spinnen. Allerdings braucht der Softwarekonzern zusätzlich Bündnisse mit den anderen Hardwareanbietern, um sein Standing im Markt zu sichern.

Angesichts dieser Entwicklungen dürfte die Konsolidierungs- und Übernahmewelle weiterrollen sowie die Suche nach Bündnissen und Kooperationen weitergehen. Das alles wird auch künftig kräftig für Unruhe im Markt sorgen. Brent Bracelin von Pacific Crest Securities sagt: "Es ist ein Aufeinanderprallen der Titanen."