Hays-Fachkräfte-Index

Inflation schwächt den IT-Arbeitsmarkt 

24.11.2022 von Silvia Hänig
Die Nachfrage nach IT-Experten kühlt überraschend ab, weil weniger Stellen ausgeschrieben werden. Doch es gibt Jobs, die diesem Abwärtstrend trotzen.
Nach einem Boom wirken sich nun Inflation und steigende Zinsen negativ auf den IT-Arbeitsmarkt aus. Der Grund: Unternehmen setzen bei Projekten den Rotstift an und damit sinkt der Bedarf an IT-Fachkräften.
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Laut des aktuellen Fachkräfte-Index des Personaldienstleisters Hays zeichnete sich nach den Vorboten der vergangenen Monate im dritten Quartal 2022 erstmals eine deutliche Eintrübung der Nachfrage nach IT-Fachkräften ab. In Zahlen bedeutet das: Die Suche ist in diesem Zeitraum um zwölf Prozent zum Vorquartal - von 159 auf 147 Prozentpunkte - eingebrochen. Eine ungewöhnliche Entwicklung für die chronisch an Fachkräftemangel leidende IT-Branche, die sich aber erklären lässt: "Angesichts von Inflation und gestiegenen Zinsen wird der Return-on-Investment von IT-Projekten stärker hinterfragt. Vorhaben, die nicht unmittelbar auf den Unternehmenserfolg einzahlen, werden vermehrt aufgeschoben. Dadurch nimmt die Nachfrage spürbar ab", begründet Andreas Sauer, Bereichsleiter bei Hays, die Entwicklung.

Kein Boom mehr bei Entwicklern und Beratern

Dieser sprunghafte Rückgang überrascht umso mehr, wirft man einen Blick auf die Auswertung Anfang des Jahres. Mit absoluten Werten von 119.000 unbesetzter IT-Stellen im ersten Quartal sowie 108.000 im dritten Quartal ist eine Abkühlung der Nachfrage kaum vorstellbar, zumal die IT-Industrie seit Jahren an permanenter Unterbesetzung bei wichtigen Positionen leidet. Und dennoch ist auf einem generell hohen Nachfrageniveau eine Eintrübung zu beobachten, das heißt, ein Rückgang der ausgeschriebenen Stellen im zweiten Quartal um fünf Prozent sowie im dritten Quartal 2022 nochmals auf neun Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Selbst Datenbank-Entwickler (minus zehn Prozent) oder Web-Entwickler (minus 20 Prozent) werden derzeit in Stellenanzeigen weniger ausgeschrieben. Aber auch SAP- oder klassische IT-Berater sind aktuell weniger begehrt als noch vor Monaten.

"Zwar sind die Engpässe in diesen Positionen nach wie vor hoch, dennoch sinkt die Zahl der Stellenausschreibungen, sogar bei DAX-Konzernen", so Sauer. Tatsächlich haben auch große Arbeitgeber wie der Deutschen Telekom oder Mercedes-Benz weniger Stellen ausgeschrieben. Der Personalberater Hays sieht schon seit einigen Monaten, dass sich branchenübergreifend die Nachfrage nach IT-Experten leicht eintrübt. Von einer generellen Trendwende am Arbeitsmarkt kann den Marktexperten zufolge jedoch keine Rede sein.

IT-Security trotzt dem Abwärtstrend

Immerhin gibt es Berufsfelder, wo der Bedarf ungebrochen ist und die aktuelle Wirtschaftslage nicht negativ durchschlägt. Der Vermittler für projektbezogenes IT-Freelancing Etengo verzeichnet beispielsweise eine durchgehend hohe Nachfrage in den Kompetenzbereichen Softwareentwicklung und IT-Infrastruktur. Letzteres bezieht sich unter anderem auf die Jobausschreibungen für IT-Sicherheitsexperten.

Hier steigt die Nachfrage trotz Krisenstimmung weiterhin an, wenn auch - im Vergleich zum Jahresanfang - nur um zwei Prozent. "Viele Unternehmen sind Betreiber kritischer Infrastrukturen und verarbeiten sensible Kundendaten, die wiederum an regulatorische und gesetzliche Vorgaben gebunden sind. Ohne entsprechende Security-Experten wäre diese Aufgabe nicht zu meistern", erklärt Marktbeobachter Sauer diesen Markttrend.

Andreas Sauer, Bereichsleiter Hays: "Laufende Projekte effizient zum Ziel zu führen, das hat gerade in konjunkturell unsicheren Zeiten einen hohen Stellenwert."

Ohnehin habe sich, so Sauer, mit der zunehmend strategischen Bedeutung der IT-Security auch die Nachfrage nach entsprechenden Experten immer weiter ausdifferenziert. Vor zehn Jahren habe es in vielen Unternehmen nur einen IT-Netzwerk-Administrator gegeben, der zusätzlich etwas von Security verstand. Inzwischen hätten Unternehmen in Sachen Cybersecurity einen ganz anderen Reifegrad erreicht.

Der Chief Information Security Officer (CISO) gehört inzwischen zum Standard. Oft gibt es bereits ganze Teams oder Abteilungen, die sich schwerpunktmäßig mit Cyber Security beschäftigen. Qualifikationsprofile, wie der IT-Security-Administration-Spezialist, der Penetration-Testing-Manager oder auch Softwareentwickler sind daher nach wie vor sehr begehrt, und das nicht nur, weil die Zuständigkeiten immer spezialisierter werden. Zu wenig Security-Personal gilt heute nämlich als eines der größte Sicherheitsrisiken, denn es ist eine Sache, die Unternehmens-IT über bestehende Zuständigkeiten abzusichern, aber eine andere im Ernstfall schnell und umfassend zu reagieren. Daher wird es im Bereich Security künftig immer mehr um den synchronisierten Einsatz ganzer Security-Einheiten gehen.

Schwache Konjunktur erfordert starke IT-Projektmanager

Aber nicht nur die Nachfrage nach Security-Spezialisten ist hoch. Auch IT-Projektmanager sind Nachfrage-Dauerbrenner. Laut Hays-Fachkräfte-Index stehen sie mit einem Plus von fünf Prozentpunkten bei den Unternehmen hoch im Kurs. Auch dafür hat Sauer eine Begründung: "Laufende Projekte effizient zum Ziel zu führen, das hat gerade in konjunkturell unsicheren Zeiten einen hohen Stellenwert. Denn bei der Einführung neuer IT-Systeme geht es nicht nur um Innovationen, sondern um viel Geld. Diese Budgets möchte man in guten Händen wissen."

Zudem kurbelt der Bereich E-Mobilität zusätzlich die Nachfrage nach IT-Experten an. Genauer gesagt nach Entwicklern für Embedded Systems (plus zwei Prozentpunkte). Bei der Steuerung-Software haben deutsche Automobilhersteller den mit Abstand größten Nachholbedarf gegenüber den Wettbewerbern. Daher wird der Bedarf an solchen Spezialisten hoch bleiben. (pg)

So optimieren Sie Stellenanzeigen
Tipps für das ideale Jobangebot
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Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) berücksichtigen
Hierbei geht es weniger um eine Empfehlung als vielmehr um eine Pflicht: Bei der Formulierung einer Stellenanzeige muss das AGG, auch Antidiskriminierungsgesetz, eingehalten werden! Personenbezogene Merkmale wie beispielsweise Alter, Geschlecht und Herkunft dürfen bei der Profilbeschreibung keine Rolle spielen. Das erfordert möglichst neutrale Formulierungen - und auch den Verzicht auf indirekte Einschränkungen wie beispielsweise den Wunsch nach einer spezifischen Muttersprache.
Stellenanzeigen breit streuen
Um die Wahrscheinlichkeit ein passendes Talent zu finden, zu erhöhen, sollte die Stellenanzeigen möglichst breit gestreut werden und nicht nur auf der eigenen Karriereseite und in den gängigen Online-Jobbörsen veröffentlicht werden. Auch über Karrierenetzwerke und (je nach Zielgruppe) Social Media lässt sich Reichweite generieren, die das Recruiting vorantreiben kann. IT-Fachkräfte sind rar gesät. Neben dem passiven Schalten einer Stellenausschreibung ist auch das aktive Ansprechen potentieller Kandidat:innen - das sogenannte Active Sourcing - empfehlenswert.