Jahresrückblick 2017

Der Siegeszug der Public Cloud hält an

29.12.2017 von Wolfgang Herrmann
Die Public Cloud gewinnt in der Unternehmens-IT weiter an Bedeutung. Spezialisten wie AWS und Salesforce.com erzielen traumhafte Wachstumsraten, die etablierten Softwarehersteller drehen ihr Geschäftsmodell Richtung Cloud.
Marktforscher von IDC und Forrester rechnen mit einem anhaltenden Boom im Public-Cloud-Markt.
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Wer Anfang 2017 mit einem allmählichen Abflauen des Cloud-Booms gerechnet hatte, wird zum Jahresende eines Besseren belehrt. Alle bisher vorliegenden Daten aus Anwender- und Anbieterunternehmen deuten darauf hin, dass das Wachstum insbesondere im Public-Cloud-Markt ungebrochen ist. Nach Erhebungen des Marktforschungs- und Beratungshauses IDC sind die Umsätze im weltweiten Markt für Public-Cloud-Dienste allein im ersten Halbjahr um 29 Prozent gestiegen. Die Analysten rechnen bis 2020 mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von mehr als 20 Prozent.

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Forrester Research kommt zu ähnlichen Prognosen. Im Zeitraum von 2016 bis 2020 erwarten die Marktforscher jährliche Zuwachsraten von 22 Prozent (siehe Grafik). Der Einsatz von Public-Cloud-Diensten in Unternehmen nimmt stetig zu, beobachten die Analysten. In einer internationalen Forrester-Umfrage unter IT-Infrastrukturentscheidern gaben 33 Prozent an, bereits Ressourcen aus der Public Cloud zu nutzen. 2014 lag der Wert noch bei neun Prozent. Weitere 17 Prozent planen den Einsatz innerhalb der kommenden zwölf Monate.

Zu den am meisten genutzten Cloud-Services gehören File Sharing und Collaboration: Der auf Cloud-basiertes File Sharing spezialisierte Anbieter Box etwa steigerte seine Umsätze in den ersten sechs Monaten 2017 um fast 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Konkurrent Dropbox veröffentlicht als privat gehaltenes Unternehmen zwar keine Geschäftszahlen. Auf der Forbes Cloud 100-Liste rangiert Dropbox aber bereits auf Platz zwei.

Bis zum Jahr 2020 könnte der Markt für Public-Cloud-Dienste jedes Jahr um 22 Prozent wachsen, prognostiziert Forrester.
Foto: Forrester

Die Public Cloud wird für Unternehmen zur primären Plattform

Auch im Vergleich zu einer intern betriebenen Private Cloud gewinnt die Public Cloud laut Forrester an Bedeutung. Für 31 Prozent der interviewten IT-Manager ist sie mittlerweile sogar die primäre Cloud-Plattform. 2015 hatten sich erst 25 Prozent in diesem Sinn geäußert.

Besonders deutlich wird der anhaltendende Cloud-Boom an den schwindelerregenden Umsatzzuwächsen von Cloud-only-Anbietern wie Amazon Web Services (AWS) und Salesforce.com, die beide bereits Jahreseinnahmen von mehr als zehn Milliarden Dollar verbuchen. Im Herbstquartal 2017 etwa steigerte Saleforce.com seine Umsätze im Jahresvergleich um 26 Prozent, Amazons Cloud-Einnahmen wuchsen sogar um 43 Prozent.

Alibaba verdoppelt seine Cloud-Umsätze

Noch schneller wächst der chinesische E-Commerce-Riese Alibaba mit seiner Public-Cloud-Plattform Aliyun. Im Vergleich zu AWS erscheint Alibaba zwar international noch als kleines Licht. Doch im asiatischen Wirtschaftsraum ist der Cloud-Provider längst ein bedeutender Anbieter. Für den im Juni 2017 beendeten Abrechnungszentrum meldete Alibaba einen Umsatz von 1,2 Milliarden Dollar mit Aliyun. Forrester rechnet damit, dass sich Alibabas Einnahmen mit Public-Cloud-Services jedes Jahr in etwa verdoppeln. Der Konzern investiert zudem viel in seine internationale Expansion. Erst kürzlich erhielt der 2009 gegründete Geschäftszweig Alibaba Cloud als erstes Unternehmen weltweit das C5-Testat mit höherwertigen Anforderungen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).

Klassische Softwarehersteller mutieren zu Cloud-Anbietern

Selbst etablierte IT-Hersteller wie IBM, Microsoft, SAP und Oracle verstehen sich zunehmend auch als Cloud-Anbieter. Statt den Trend weg von On-Premise-Installationen zu bekämpfen, verändern sie ihre Geschäftsmodelle grundlegend in Richtung Cloud Computing. Ablesen lässt sich diese Entwicklung an den wachsenden Umsatzanteilen, die Cloud-Produkte im Portfolio der klassischen Softwareanbieter beisteuern. Forrester schätzt den SaaS-Anteil am gesamten Softwaremarkt für 2017 auf 28 Prozent. Oracle und SAP erzielten derzeit rund ein Fünftel ihrer Softwareumsätze in Form von Cloud-basierten Softwareabonnements. Oracle beispielsweise sei es gelungen, den Cloud-Anteil seiner Einnahmen innerhalb von zwei Jahren von 9,5 auf 19,9 Prozent zu erhöhen.

Das Wachstum geht zulasten des Geschäfts mit On-Premise-Software, auch das zeigen die Beispiele Oracle und SAP (siehe Grafik). So steigerte SAP seine SaaS-Umsätze innerhalb von zwölf Monaten (Stichtag 30. Juni 2017) um 31 Prozent. Oracle erzielte in einem vergleichbaren Zeitraum sogar ein Wachstum von 58 Prozent (Stichtag 31. August 2017). Dagegen sanken Oracles Einnahmen mit klassischer Software um ein Prozent, bei SAP stiegen sie um moderate fünf Prozent.

Mit klassischen Softwareprodukten erzielen die Branchengrößen SAP und Oracle kaum noch Wachstum. Der SaaS-Anteil am Geschäft legt dagegen zu.
Foto: Forrester

IaaS und PaaS wachsen am schnellsten

Sowohl IDC als auch Forrester erwarten das stärkste Wachstum in den Public-Cloud-Segmenten Infrastructure as a Service (IaaS) und Platform as a Service (PaaS). Die Forrester Auguren etwa rechnen bis 2020 mit einer durchschnittlichen jährlichen Zuwachsrate von 36 Prozent in beiden Bereichen. Besonders profitieren würden davon die Branchengiganten AWS und Microsoft mit seiner Azure-Plattform. Zwar weist Microsoft seine Azure-Umsätze nicht explizit aus. Doch Forrester schätzt das Umsatzvolumen im zum 31. Juli 2017 beendeten Fiskaljahr auf 3,2 Milliarden Dollar. Microsoft zufolge sind die Azure-Umsätze in diesem Zeitraum um mehr als 90 Prozent gestiegen. Für das erste Finanzquartal 2018 meldete der Konzern ähnlich hohe Zuwachsraten.

Public Cloud - die größte Disruption in 15 Jahren?

Forrester-Analystin Jennifer Adams wertet den Public-Cloud-Boom denn auch als "eine der größten disruptiven Veränderungen", die der Technologiemarkt in den vergangen 15 Jahren erlebt habe. IDC-Chefanalyst Frank Gens kommt zu einer ähnlichen Einschätzung: "Die Cloud hat sich in den vergangenen 24 Monaten zur Startrampe fast jeder IT-Innovation entwickelt." Dazu gehörten Technologien wie Künstliche Intelligenz, Blockchain oder auch Quantencomputer. Vieles spricht dafür, dass dieser Trend 2018 anhält.