Daten-Management

Abgleich zwischen ERP- und CRM-Software

02.08.2009 von Thomas Höfling
Die Firma LohrElement E. Schneider sorgt für saubere Daten in der Warenwirtschaft und dem CRM-System.

Es klingt einfacher, als es in Wirklichkeit ist. Alle Vorgänge und Dokumente, die ein Warenwirtschaftssystem (ERP-Software) generiert, wie zum Beispiel Angebote, Rechnungen, Belege etc. sowie die zu jeder Adresse gehörigen Daten, werden einfach auch im CRM-System hinterlegt. Schnittstellen dafür gibt es. Allerdings ist so nicht automatisch gewährleistet, dass Adressen doppelt angelegt werden. Spezielle ERP-CRM-Schnittstellen können jedoch helfen, Adressdubletten zu vermeiden, indem sie alle Datenbestände von ERP-System und CRM-Software automatisch miteinander abgleichen. Beispielsweise werden Artikel der Warenwirtschaft an das CRM-System ebenfalls als Produkte übertragen. So soll es idealerweise sein, ist es aber nicht immer.

Bei der Firma LohrElement E. Schneider GmbH aus Gemünden-Langenprozelten im Spessart waren die bestehenden ERP- und CRM-Daten nicht mehr aktuell.

Kopplung zwischen CAS genesisWorld und Selectline

Der Spezialist für industriell gefertigte Schalungen sowie Pionier und Erfinder der "verlorenen Schalung" war daher nicht mehr in der Lage, im CRM-System "genesisWorld" von der CAS Software AG sinnvolle Auswertungen anzufertigen. Die alte Schnittstelle war in der Ausführung unvollständig.

Außerdem hatten sich die Anforderungen geändert. Künftig sollten die Daten zwischen ERP-Applikation ("Selectline" vom gleichnamigen Hersteller) und CRM-Software wie beispielsweise E-Mail, Rufnummern, Notizen, Rabatte, Angebote und Rechnungen detailgenau aufeinander abgestimmt sein.

Außendienstmitarbeiter sollten jederzeit auf Umsatzzahlen, Besuchsberichte, Kundenbewertungen, Marketing-Aktionen, Termine etc. zugreifen können. Auch via Web-Browser mittels Smartphone, BlackBerry oder Notebook sollte die Abwicklung der Geschäftskommunikation gewährleistet sein.

Eine Schnittstelle des Augsburger Systemintegrators dateITup GmbH sollte das Defizit beheben. Das Interface wurde so angepasst, dass es beispielsweise möglich war, Belege als PDF-Datei in das CRM-System zu übertragen. Nach der Einführung waren im ERP-System abgebildete Daten auch im CRM-System sichtbar. Alle wichtigen Kunden- und Lieferantendaten stehen nun abteilungsübergreifend in einer Datenbank zur Verfügung. Dies erlaubt ein noch kompetenteres Auftreten bei Kundengesprächen und verbessert die Auswertungsmöglichkeiten und Marktanalyse sowie die Angebotsverfolgung und -quote. Somit gibt es nun einen idealen Informationsfluss zwischen Außen- und Innendienst. Alle Tages,- Monats und Jahresauswertungen sind in einer Maske im CRM möglich.

Dubletten erkennen und bereinigen

Voraussetzung für die hohe Datenqualität war unter anderem auch, dass bei der Zusammenführung der Daten aus ERP- und CRM-Beständen keinesfalls doppelte, falsche und unvollständige Einträge übernommen wurden. Solche Dubletten mussten nicht nur aufgespürt, sondern auch bereinigt werden. Das betraf während des Projekts etwa drei Prozent des Datenbestands.

CRM-ERP-Integration
1. Wann benötigen Anwender eine CRM-ERP-Integration?
Eine CRM-/ERP-Integration bietet sich dann an, wenn das Unternehmen einen ausreichend großen Kundenstamm besitzt, der Auftragsdurchsatz somit hinreichend hoch ist und eine Kopplung der Systeme entscheidende Effizienzvorteile für das Unternehmen bietet - beispielsweise durch die Automatisierung des Auftragseingangs. <br/><br/> Generell fördert eine Integration beider Systeme die Zusammenarbeit von Vertrieb und abwicklungsnahen Bereichen von Front- und Back-Office. Dies erlaubt es Unternehmen, ihre Prozesse durchgängiger sowie effizienter zu gestalten. Das spart Zeit und Geld. <br/><br/> Die Kopplung beider Systeme hilft ferner, doppelte <a href="http://www.computerwoche.de/knowledge_center/software/598378/">Datenpflege</a> zu vermeiden. Anwender der jeweiligen Business-Lösung lassen sich komfortabel mit Informationen aus dem anderen Datentopf versorgen. Legt der Sachbearbeiter einen neuen Auftrag an, werden beispielsweise die Auftragskopfdaten und die Kundendaten aus dem CRM-System in das ERP-System überführt. <br/><br/> Von Vorteil für Anwender sind integrierte Schnittstellen für die CRM-/ERP-Kopplung
2. Warum kann das ERP-System nicht die CRM-Aufgaben mit abdecken?
ERP- und CRM-Programme tragen unterschiedlichen Philosophien Rechnung. CRM-Systeme wurden für die Unterstützung aller Arbeitsabläufe in allen kundennahen Bereichen im Unternehmen wie Marketing, Vertrieb und Service konzipiert. Benutzerfreundlichkeit, breite Anwenderakzeptanz sowie schnelle Anpassung an neue Abläufe sind Anforderungen, denen ein CRM-System gerecht werden muss. <br/><br/> Die Kontaktverwaltung eines CRM-Programms kennt neben Kunden auch Leads und Interessenten und führt eine umfassende Kontakthistorie, Tools zur Vertriebssteuerung (Verwaltung von Opportunities und Angeboten), <a href="http://www.computerwoche.de/schwerpunkt/k/Kampagnen-management.html" target="_blank">Kampagnen-Management</a> für das Marketing bis hin zum professionellen Reklamations- und Wartungs-Management im Service. <br/><br/> Das ERP-System hingegen unterstützt das klassische Back-Office. Hier geht es darum, Prozesse möglichst effizient abzuwickeln, nicht aber ums Verkaufen. Es bietet damit meist nur unzureichende CRM-Funktionen und ist an Abwicklungsprozesse in <a href="http://www.computerwoche.de/schwerpunkt/m/Materialwirtschaft.html" target="_blank">Materialwirtschaft</a>, <a href="http://www.computerwoche.de/schwerpunkt/p/Produktionssteuerung.html" target="_blank">Produktion</a>, <a href="http://www.computerwoche.de/knowledge_center/erp/1869162/" target="_blank">Rechnungswesen</a>, <a href="http://www.computerwoche.de/schwerpunkt/p/Personalsoftware.html" target="_blank">Personalwirtschaft</a> und Controlling angepasst. <br/><br/> Die ERP-Software "kennt" in der Regel nur Kunden, wenn sobald er im System angelegt ist. Alles was davor kommt, findet im CRM-System statt. Interessenten für ein neues Produkt beispielsweise sind noch nicht im ERP-Programm vorhanden. Dennoch muss ein Vertriebsmitarbeiter in der Lage sein, diesem potenziellen Neukunden ein Angebot zu unterbreiten. Funktionen für Marketing und Vertrieb und damit auch Methoden, um Kunden zu binden, können ERP-Programme in der Regel nicht vorweisen. <br/><br/> Zudem erschweren es systemrelevante Restriktionen oft, Datensätze von Ansprechpartnern im ERP-System anzulegen. Auch eine Kundenkontakthistorie sucht man in einer ERP-Lösung meistens vergeblich, da sie dafür ausgelegt ist, auftragsrelevante Daten zu verwalten.
3. Auf welche ERP-Daten greift ein CRM-System zu?
CRM-Systeme greifen auf bestimmte ERP-Daten zu, die der Vertrieb und der Service für die individuelle Kundenbetreuen benötigen. In der Praxis sind dies beispielsweise <a href="http://www.computerwoche.de/schwerpunkt/s/stammdaten.html" target="_blank">Kundenstammdaten</a>, Zahlungs- und Lieferbedingungen, Zahlungsstatus, Materialstamm, Preislisten, teilweise Angebote inklusive Lieferumfang (wenn diese Funktion nicht in der CRM-Lösung abgebildet wird) sowie Aufträge nebst Lieferumfang. In jedem <a href="http://www.computerwoche.de/schwerpunkt/c/crm-projekt.html" target="_blank">Projekt</a> muss der Anwender festlegen, welche Daten ausgetauscht werden sollen.
5. Wie wichtig sind Standardschnittstellen (es muss doch sowieso immer angepasst werden)?
Standardschnittstellen bringen bereits einen vordefinierten Funktionsumfang mit. Dadurch kann in einigen Fällen der Einführungsaufwand reduziert werden. Allerdings weichen ERP-Implementierungen oft stark vom Standard ab. Zudem sind die Anforderungen an die Schnittstelle teilweise individuell. Aus diesem Grunde sollten Anwender die Bedeutung von ERP-Standardschnittstellen nicht überbewerten (siehe auch <a href="http://www.computerwoche.de/knowledge_center/crm/1861381/" target="_blank">"Audi testet CRM"</a>). Wichtig ist aber, dass das CRM-Tool Methoden bietet, um unterschiedliche Drittsysteme flexibel zu integrieren (siehe auch <a href="http://www.computerwoche.de/knowledge_center/crm/1858536/" target="_blank">"Schwerpunkt CRM"</a>).
7. Wann ist eine direkte CRM-ERP-Kopplung sinnvoll, wann eine Integrations-Middleware?
Sinnvoll ist eine <a href="http://www.computerwoche.de/knowledge_center/software_infrastruktur/1873146/" target="_blank">Integrations-Middleware</a> dann, wenn, wenn mehrere Systeme miteinander gekoppelt werden müssen (n-zu-m-Beziehungen). Andernfalls ist eine Investition in eine Middleware wenig zweckmäßig und die direkte CRM-ERP-Kopplung die bessere Alternative.
8. Gibt es bei einer CRM-ERP-Kopplung fest definierte Datenhoheiten?
In der Regel ist die Definition von führenden Systemen bei Kopplungen eine wichtige Grundlage zur optimalen Nutzung der beteiligten Applikationen (siehe auch <a href="http://www.computerwoche.de/knowledge_center/software_infrastruktur/" target="_blank">"Knowledge Center Software-Infrastruktur"</a>. Hierunter darf man sich jedoch keine starre Zuordnung von Master-Tabellen zu bestimmten Systemen vorstellen. Gerade bei der gemeinsamen Nutzung von Kontakten über Systemgrenzen hinweg ist es sinnvoll, die Datenhoheiten nach bestimmten Klassifizierungen (etwa Interessent und Kunde) bis auf Feldebene zu definieren. Allerdings muss das CRM-System dazu in der Lage sein.
9. Benötige ich zusätzliche ERP-Lizenzen, wenn ich ein CRM-System anbinde?
Ob und wie viel zusätzliche <a href="http://www.computerwoche.de/knowledge_center/it_strategie/1858897/" target="_blank">ERP-Lizenzen</a> benötigt werden, hängt vom Lizenzmodell des jeweiligen ERP-Anbieters ab.
10. Wie funktioniert die ERP-Anbindung, wenn ich ein SaaS-CRM nutze?
Bei der Nutzung von CRM als <a href="http://www.computerwoche.de/knowledge_center/it_strategie/1867273/" target="_blank">Software as a Service (SaaS)</a> ist die Integration in bestehende Systeme machbar, aber problematisch. Da die Lösung bei einem externen Dienstleister läuft, existieren nur sehr eingeschränkte Anpassungsmöglichkeiten. Nicht zu letzt ist das Ausfallrisiko bei SaaS-CRM immer vorhanden. Eine ERP-CRM-Integration bei Nutzung von SaaS-CRM ist daher nur unter hohem Aufwand und unter bestimmten Voraussetzungen möglich. (fn)

Findet die Software eine Dublette, darf sie natürlich nicht einfach gelöscht werden. Der Doppler wäre zwar eliminiert, allerdings auch eine der beiden kompletten Adressen. Das wäre fatal, denn schließlich könnte es sich nur um einen Tippfehler handeln und die Adresse als solche richtig sein. Die Dublette muss also korrigiert werden, was bei großen Datenbeständen manuell nicht mehr möglich ist. Aus diesem Grund wurde gemeinsam mit dateITup ein Regelwerk aufgestellt, das solche Vorgänge vereinfachen soll. Darin war genau definiert, nach welcher Priorität zwei scheinbar identische Datensätze miteinander verglichen und verändert wurden. Wenn beispielsweise eine Dublette identifiziert wurde, bei der zwei Adressen eine unterschiedliche Telefonnummer aufwiesen, musste klar sein, welche der Nummern übernommen werden sollte.

Umfassende Abgleichmöglichkeit aller Kundendaten

Mit Hilfe der in die Schnittstellenlösung integrierten Dublettensoftware von dateITup können die Mitarbeiter von LohrElement doppelte oder fehlerhafte Einträge innerhalb eines Feldes automatisiert mit einem Klick korrigieren. Die Daten müssen dabei nicht wie bei vielen anderen Lösungen aus einer Anwendung exportiert und in die Dublettensoftware importiert werden: Die Schnittstelle sorgt dafür, dass der Anwender direkt auf die zu ändernde Datenbank zugreifen und Dubletten aus einer übersichtlichen Dublettenliste bereinigen kann. Dublettensuche und -bereinigung funktionieren während des Arbeitsalltags im laufenden Betrieb. Dabei wird nicht der Datenbankrechner belastet, sondern lediglich der Windows-PC, auf dem die Dublettensoftware läuft.

Es war ein langer Weg, bis die individuellen Bedürfnisse und Anforderungen der verschiedenen Abteilungen berücksichtigt waren. Aber es hat sich gelohnt. Zu den Wünschen der Fachanwender des CRM-Systems zählte, Umsatzzahlen und Artikelauswertungen abrufen sowie Kreditlimits prüfen zu können.

Die Ziele - möglichst umfassende Abgleichmöglichkeit aller Kundendaten und Informationen im ERP- und CRM-System - sind übertroffen worden. Für die Zukunft sind Erweiterungen wie beispielsweise die Bearbeitung von Reklamationen oder Kundenanfragen geplant. (fn)