Teamwork IT & HR

Wie Unternehmen die Employee Experience stärken

18.07.2019 von Oliver Ebel  IDG ExpertenNetzwerk
Unter dem Stichwort „Employee Experience“ wird das Wohl der Mitarbeiter in Betrieben zunehmend zum Faktor. Dabei spielt auch die IT eine wichtige Rolle.
  • Employee Experience hat das Ziel, für die Mitarbeiter die bestmögliche Arbeitsumgebung zu schaffen.
  • Die IT muss wissen, welche Ziele das Personalwesen hat.
  • Zufriedene Mitarbeiter sind treuer und erhöhen die Produktivität.

So wie die Customer Experience von den authentischen Bedürfnissen des Kunden ausgeht, orientiert sich die Employee Experience an den tatsächlichen Bedürfnissen der Mitarbeiter. Das betrifft unter anderem Kultur sowie die "Employee Value Proposition" und ist mitentscheidend für den Unternehmenserfolg. Die IT leistet dabei einen entscheidenden Beitrag zu einer positiven Employer Experience.

Das Management sowie die IT haben laut einer Citrix-Studie den größten Einfluss auf die Employee Experience.
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Bei dem Begriff Employee Experience geht es darum, sich in die Mitarbeiter hineinzuversetzen, um aus dieser Position die bestmögliche Arbeitsumgebung für sie und mit ihnen zu schaffen. Der Fokus auf Customer Experience hat in Unternehmen viel verändert, von der Produktgestaltung über das Marketing bis hin zur Vertriebs- und Nachkauferfahrung. Nun erreicht die "Experience Economy" auch die Mitarbeiter. Obwohl viele die Verantwortung dafür primär in der HR-Abteilung sehen, ist hier auch die IT besonders gefragt. Der Grund: Informationen, Daten und Technik spielen in der heutigen Arbeitswelt eine immens wichtige Rolle.

Moderner Arbeitsplatz und flexible Arbeitsabläufe

Einer aktuellen Citrix-Studie zufolge hat das Management selbst den größten Einfluss auf eine positive Employee Experience. Direkt darauf folgen allerdings bereits Faktoren, die alle im Wesentlichen von der IT-Abteilung mitbestimmt werden: So finden mehr als 40 Prozent der Befragten, dass eine hervorragende Gestaltung des Arbeitsplatzes, eine flexible Arbeitsgestaltung in Bezug auf Arbeitszeit und -ort sowie Verträge und Gehalt entscheidend sind. Zur Umsetzung eines solchen modernen Arbeitsplatzes und einer optimalen Gestaltung der Arbeitsabläufe muss die IT die erforderliche Technologie planen und vorhalten. Dieser Meinung ist ein Drittel der Umfrageteilnehmer.

Mitarbeiter wollen nutzerfreundliche Prozesse und Tools

Aus technischer Sicht sind es besonders drei Faktoren, die sich hinsichtlich einer positiven Employee Experience bezahlt machen: So muss die IT sicherstellen,

• dass Mitarbeiter einfachen Zugang zu Informationen haben (52 Prozent ist das wichtig),

• die Mitarbeiter von überall aus arbeiten können (48 Prozent)

• und dass sämtliche Prozesse und Tools möglichst nutzerfreundlich sind ("Ease of Use", 41 Prozent).

Wie Sie Mitarbeiter glücklich machen
So steigern Sie die Mitarbeiterzufriedenheit
Unternehmen sollten das Glück ihrer Mitarbeiter wie jeden anderen Produktionsfaktor optimieren. Um die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern, reichen oft schon kleine Veränderungen. Welche, verrät Dr. Anne-Katrin Sträßer, Dozentin an der FH Kufstein und Leiterin des Happiness Management Instituts in München.
Messbare Kriterien finden
Wie jeder Bereich, den Unternehmen optimieren wollen, sollte auch das weite Feld des „Glücks“ zunächst mit Blick auf messbare Faktoren betrachtet werden. Hier kommen Happiness Scorecards ins Spiel. Sie basieren auf dem Oxford-Glücksfragebogen, einem von Peter Hills und Michael Argyle erarbeiteten Fragenkatalog, mit dem Glück messbar ist.
Gezielt auf Stärken der Mitarbeiter setzen
Laut einer Umfrage des Gallup-Instituts sind Menschen in ihrer Arbeit sechs Mal engagierter, wenn sie sich jeden Tag auf ihre Stärken fokussieren können. Es lohnt sich also für Unternehmen, die Talente von Mitarbeitern zu fördern und abzurufen.
Auf einen wertschätzenden Führungsstil achten
Ein wertschätzender Führungsstil wird in der Regel eine positive Entwicklung in Gang setzen. Der Grund: Das, worauf Personen ihre Aufmerksamkeit richten, wird verstärkt. Wer also zum Beispiel nach Fehlern sucht, wird Fehler finden und sogar provozieren. Die Suche nach positiven Aspekten im Verhalten fördert hingegen ein solches.
Gestaltungsfreiräume schaffen
Die Kontingenztheorie für situatives Führen unterscheidet den Reifegrad eines Mitarbeiters. Er umfasst zwei Aspekte: einen sachlichen und einen psychologischen. In sachlicher Hinsicht wollen „reife“ Mitarbeiter Verantwortung. Sie entwickeln ihre Fähigkeiten und ihr Fachwissen selbständig. In psychologischer Hinsicht möchten „reife“ Mitarbeiter etwas erreichen. Sie sind motiviert und engagiert. Erhalten sie zu wenig Autonomie und Handlungsspielraum in ihren Tätigkeiten, wirkt sich das negativ auf ihr Glücksempfinden und schließlich auch auf ihre Motivation aus. Zu viel Kontrolle durch den Vorgesetzten wäre also kontraproduktiv.
Auf die Beziehungsebene achten
Die sogenannte „hohe Sachorientierung“ der deutschen Arbeitswelt schafft viele Probleme. Das heißt, das Ergebnis einer Aufgabe ist oft wichtiger als die Gestaltung der Beziehung mit jenen Menschen, mit denen die Aufgabe ausgeführt wird. In Deutschland ist es wichtig, schnell ein gutes Ergebnis zu erzielen, auch wenn dafür manchmal „klare Worte“ gesprochen oder direkte Konfrontationen in Kauf genommen werden müssen. Immerhin hat in vielen modernen und international geprägten Unternehmen mittlerweile eine informellere und sozial betontere Kultur Einzug gehalten.
Positive Grundstimmung erzeugen
Emotionen übertragen sich immer auch auf die Interaktionspartner. In Vertriebsschulungen wird Verkäufern deshalb aus gutem Grund nahegebracht, dem Kunden gegenüber gute Laune zu signalisieren. Ein solches Verhalten überträgt sich und steigert die Kaufbereitschaft. Auch Humor und Selbstironie tragen zum Wohlempfinden bei. Glückliche Menschen nehmen sich selbst nicht so ernst und sehen die freudvolle und lustige Seite jeder Situation. Diese Freude ist ansteckend und wirkt sich auf die direkte Umgebung aus. Auch Spontanität und Authentizität wirken sich positiv aus.

Gerade bei der Nutzerfreundlichkeit müssen sich Unternehmen an der Erfahrung messen lassen, die Mitarbeiter im Privatleben machen. So ist für ein Drittel der Befragten die Employee Experience dann gelungen, wenn sie der Nutzerfahrung als Verbraucher gleicht. Dazu gehört sowohl die Auswahl der Endgeräte (31Prozent) als auch der Anwendungen (25 Prozent).

IT und HR - das neue Tag-Team

Employee Experience ist eine große und wichtige Aufgabe. Wer es schafft, sie zu verbessern, der hat, so glauben 41 Prozent der Befragten, engagiertere Mitarbeiter. 29 Prozent der Studienteilnehmer sehen dann auch größere Chancen auf Mitarbeitertreue. Außerdem bewirkten Unternehmen dadurch eine steigende Produktivität (37 Prozent) und Kundenzufriedenheit (38 Prozent). Verantwortlich dafür sei laut den Interviewten in erste Linie die Personalabteilung (81 Prozent). Da aber Informationen, Daten und Technik generell in der heutigen Arbeitswelt eine so große Rolle spielten, sei auch die IT gefragt. Beide Abteilungen müssten hier bestmöglich zusammenarbeiten, um erfolgreich zu sein und die Mitarbeiter zufriedenzustellen.

HR-Trends: Das Personalwesen im Wandel
10 Trends in der Personalarbeit
Die Digitalisierung sowie der Fachkräftemangel wirken sich auch nachhaltig auf die Denk- und Arbeitsprozesse in Personalabteilungen aus. Der Bundesverband der Personalmanager (BPM) nennt zehn Trends, die zunehmend im Bereich Human Resources Platz greifen und die "digitale HR" prägen werden.
1. Künstliche Intelligenz ethisch hinterfragen
Künstlicher Intelligenz (KI) sorgt in Personalabteilungen für Effizienzgewinne. Personaler sollten deshalb den Nutzen intelligenter Techniken ethisch auszuloten und verantwortungsvoll damit umgehen.
2. Bildung in der Arbeitswelt 4.0
Die Arbeitswelt 4.0 erfordert eine Neuausrichtung der Weiterbildungsangebote in den Betrieben sowie eine neue Lern- und Bildungskultur in den Ausbildungseinrichtungen. Personaler sind gefordert, für diesen Bedarf entsprechende Lernangebote zu entwickeln.
3. Kollaborative Arbeitskonzepte
Aufgaben und Themen werden komplexer und lassen sich nur noch in interdisziplinären Teams erfolgreich bearbeiten, weshalb Co-Working-Konzepte, ortsunabhängiges Arbeiten und neue kollaborative Methoden der Zusammenarbeit im Team zur Standardanforderung für den Arbeitsplatz der Zukunft werden. Das Personalwesen steht vor der Herausforderung, aus den vielen Facetten des Arbeitsplatzes der Zukunft einen individuell passenden Rahmen für jeden Mitarbeiter zu konzipieren.
4. Recruitingmaßnahmen verändern
Fach- und Führungskräfte sind zunehmend wechselwilliger. Dieser Umstand macht bisherige Rekrutierungsmechanismen und Karriereangebote hinfällig. Die Bewerberansprache braucht neue Vorzeichen, um Fach- und Führungskräfte zu aktivieren. Ferner geht es um die Rekrutierung ausländischer Fachkräfte.
5. Mitbestimmung 4.0
Agilität wird auch in der Zusammenarbeit zwischen Personalern und Betriebsräten ein wichtiges Thema. Betriebsräte werden sich verstärkt Fragen nach agilen Arbeitsumfeldern stellen müssen. Im Schulterschluss mit der Personalabteilung geht es darum, die Betriebsverfassung an die Veränderungen anzupassen und neue Regeln für die Mitbestimmung abzuleiten.
6. Wettbewerbsfaktor Diversity
Die Wahrnehmung des Themas Diversity hat sich in Unternehmen gewandelt. Viele haben erkannt, dass sie im Wettbewerb erst erfolgreich sein können, wenn Mitarbeiter unterschiedlicher Prägung und aus unterschiedlichen Kulturen in Teams zusammenkommen.
7. Mitarbeiterpotenzial fördern
Auch in Zeiten von Robo-Recruiting bleibt das Herzstück der Personalarbeit, das Potenzial der Belegschaft zu entfalten. Dabei kommt es im Zuge einer wachsenden Technisierung vor allem darauf an, Mitarbeiter in ihrer Entwicklung aktiv zu unterstützen.
8. Agile Führung
Mit wachsender Komplexität und fortschreitender Digitalisierung muss auch die Führung agiler werden. Aufgabe der HR ist es, ihrer Führungsetage im Dialog mit den Mitarbeitern Hilfestellung zu geben. Ziel sollte sein, Führungskräfte zu Coaches und Vorbildern zu entwickeln, die offen und kritisch Themen reflektieren und ihren Mitarbeitern mehr Eigenverantwortung zugestehen.
9. Mitarbeitersicht einnehmen
Immer mehr Personaler verfolgen den Employee-Experience-Ansatz. Dieser hilft ihnen, die Sicht des Mitarbeiters einzunehmen, wenn es um die Akzeptanz von HR-Services geht.
10. Betriebliches Gesundheitsmanagement
Arbeitgeber werden zunehmend mit den Auswirkungen der Entgrenzung von Berufs- und Privatleben konfrontiert. Für die Personalentscheider geht es jetzt verstärkt darum, die schleichende Entgrenzung nicht zum Gesundheitsrisiko werden zu lassen. Das betriebliche Gesundheitsmanagement sollte integraler Bestandteil der Unternehmenskultur sein, um Achtsamkeit und Resilienz systematisch zu stärken.

Zum Teil geschieht das schon: So sorgen mehr als zwei Drittel (69 Prozent) der Unternehmen dafür, dass die IT-Abteilung weiß, welche Ziele die Human Resources (HR) hat. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Betriebe hat Experten eingestellt, die Erfahrung in beiden Welten haben und Brücken zwischen der IT und der HR bauen.