Business-Service-Automation

Wege zur IT-Automation

08.05.2008 von Ralf Horstmann
Nachdem Business-Service-Management durch die Aufnahme in Itil 3 praktisch zur Pflichtdisziplin erklärt wurde, werben Hersteller nun für Lösungen zur Automatisierung des IT-Betriebs auf Prozessebene. Hier lesen Sie, wie Business-Service-Automation funktioniert und - am Beispiel eines monatlichen Rechnungsabschlusses - was es leistet. Ferner erhalten Sie einen Überblick über die wichtigsten Anbieter und ihre Produktstrategien.

Business-Service-Automation (BSA) wird in den kommenden Jahren das Bild des IT-Betriebs maßgeblich prägen und zu signifikanten Veränderungen in den Abläufen und der Organisation vieler Unternehmen führen. Die Erwartungen auf Seiten der Anwender und Hersteller sind groß, die Investitionen ebenfalls: Hewlett-Packard akquirierte Opsware für rund 1,6 Milliarden Dollar, BMC kaufte Realops und hat die Übernahme von Bladelogic bereits angekündigt. Das belegt, dass sich die großen Anbieter von RZ-Betriebslösungen intensiv auf das BSA-Thema vorbereiten. Da sich zukünftig niemand der voranschreitenden Industrialisierung der IT entziehen kann, ist es auch für Anwender höchste Zeit, sich mit Business-Service-Automation auseinanderzusetzen und den Nutzen, aber auch die Risiken abzuwägen.

Wie BSA funktioniert

Grundsätzlich lässt sich BSA in die beiden Bereiche Orchestration und Automation unterteilen. Unter Orchestration wird das Koordinieren und Anstoßen von Jobs im Kontext eines Business-Service in unterschiedlichen technischen Systemen verstanden. Typischerweise erfolgt dies durch ein Werkzeug, das Kenntnis über die Struktur und den aktuellen Status eines Business-Service hat, das aufgrund der bewerteten Informationen dynamisch in die Prozess-Steuerung eingreift, Automationen untereinander abstimmt und den Ablauf koordiniert. Die Ergebnisse der einzelnen Automationen werden dazu herangezogen, einen Prozess-Status zu bewerten.

Der Bereich Automation ist die techniknahe BSA-Komponente und ermöglicht es, revisionssicher, präzise dokumentiert und reproduzierbar Jobs auszuführen und den jeweils aktuellen Job-Status sowie Ergebnisse in einem Service- beziehungsweise Prozesskontext zur Verfügung zu stellen. Automationen gibt es in nahezu allen technischen Bereichen, sei es auf Ebene der Server (dezentral oder zentral), Desktops, Netze und Applikationen. Automatisiert werden die unterschiedlichsten Disziplinen und Themen, so zum Beispiel Provisioning, Capacity-Management, Change- und Configuration-Management sowie Incident-Management.

Besonders interessant für ein Unternehmen sind die Möglichkeiten und Mehrwerte, die sich aus dem BSA-Ansatz ergeben. Die klassische Automation arbeitet technologieorientiert und ist in der Regel ausschließlich zeitgesteuert. Ressourcenverfügbarkeiten, Prozesszustände und Ähnliches sind dabei selten berücksichtigt. Jobs werden seriell abgearbeitet und wertvolle Ressourcen und Zeit verschenkt. Der Status paralleler Prozesse ist unbekannt. Außerdem sind Prozesse sind nicht in der Lage, sich gegenseitig zu beeinflussen, sollte dies aus Effizienzgründen notwendig sein. Werden nun unter Kenntnis eines Prozessmodells die verschiedenen Disziplinen und Technologien miteinander kombiniert, ergeben sich völlig neue Möglichkeiten, wie folgendes Beispiel zeigt.

Beispiel Monatsabschluss

Nimmt man an, dass ein Unternehmen für einen Monatsabschluss regelmäßig am Monatsende Rechnungen erstellt, dann findet dieser Prozess zwar nur zwölfmal im Jahr statt, ist jedoch für das Unternehmen extrem wichtig, da mit ihm der Fluss der Geldmittel bestimmt wird. Typischerweise sind die betroffenen IT-Systeme während des Monatsabschlusses ausgelastet, die restliche Zeit werden sie dagegen kaum genutzt. Wer in diesem Szenario den Prozessablauf genau kennt und in einer BSA-Lösung konsequent implementiert, könnte die im Folgenden aufgeführten Vorteile erreichen.

IT-Automation im Rahmen einer Business-Service-Automation-Strategie trägt aufgrund ihrer Geschäftsprozess-Orientierung und Sparpotenziale stark zur Wertschöpfung bei.

Im Ergebnis bedeutet die Umsetzung des genannten Beispiels in einer BSA-Lösung ein regelmäßiges und beschleunigtes Abarbeiten der Rechnungsstellung. Bereits der frühere Versand der Rechnungen forciert den Geldeingang. Da die Planung knapper ausfallen kann und die parallele Verarbeitung weiterer Prozesse möglich ist, stellt sich auch hier die Wertschöpfung früher ein. Bei Personalwechsel oder anderen gravierenden Änderungen in der Organisation bleiben sämtliche Prozess-Schritte dokumentiert, nachvollziehbar und reproduzierbar. Dies ist besonders wichtig, da sich die Abhängigkeit wichtiger Unternehmensprozesse von Fluktuation, Krankheit oder Streik deutlich reduzieren lässt. Das in einer BSA-Lösung hinterlegte Wissen kann in Backups langfristig konserviert und abrufbar vorgehalten werden. Bei konsequentem Einsatz führt dies schließlich dazu, dass bestehendes Personal mehr Prozesse steuert und überwacht.

Schließlich sollten sich Anwender darüber im Klaren sein, dass sie Revisionssicherheit und das Einhalten von Compliance-Regeln nur über die Einführung einer Business-Service-Automation erreichen. Manuelle Prozesse sind häufig fehleranfällig, kaum dokumentiert und oft nicht nachvollziehbar. Die Protokollierung und automatische Dokumentation aller Vorgänge, immer mit Bezug zum Geschäftsprozess, zählt zu den Kernbestandteilen von Business-Service-Automation.

Die Schattenseiten der Business-Service-Automation

Neue Ideen und Ansätze haben naturgemäß nicht nur Vorteile. Das gilt auch für Business-Service-Automation.

BMC

Die geplante Übernahme von Bladelogic dürfte BMC in eine deutlich bessere Position zu Hewlett-Packard bringen.

BMC bietet eine Reihe von Automationswerkzeugen inner-halb seiner BSM-Strategie an. Zunächst ist hier "Control-M" zu nennen, das seit vielen Jahren als Scheduling-Lösung zum BMC-Portfolio zählt. Das kürzlich übernommene "Runbook Automation" (RealOps) ergänzt das Spektrum.

Avisiert ist ferner die Übernahme der Firma Bladelogic zur Automation von Konfigurationsänderungen. Komplettiert wird das Portfolio durch die "Configuration-Automation"-Tools für Clients, Server und Netze. Sie stammen von der Firma Emprisa, die BMC ebenfalls erst vor kurzem gekauft hat. Als Configuration Management Database (CMDB) kommt das auf Remedy-Technik basierende "Atrium" zum Einsatz. Es liefert die zur Prozess-Steuerung und Koordination benötigten Daten. BMC steht noch vor der Aufgabe, alle Produkte zu integrieren und eine Gesamtlösung zu schaffen.

Computer Associates

CA bietet seinen Kunden zur Business-Service-Automation das im April 2006 übernommene Produkt "Cybermation" unter dem Namen "Autosys Workload Automation" an. Wie der Name verrät, konzentriert man sich auf die Job-Verteilung und Prozessinhalte, weniger auf die Prozess-steuerung. Es bleibt abzuwarten, inwiefern CA hier nachlegt. Als CMDB kommt "CA MDB" zum Einsatz, in der die Konfigurationsdaten der CA-Management-Produkte abgelegt sind.

Hewlett-Packard

Mit dem Zukauf von Opsware hat sich Hewlett-Packard eine der marktführenden Lösungen im Bereich von Business-Service-Automation verschafft. Die hohe Investition zeigt, wie ernst der Hersteller das Thema nimmt. Innerhalb des HP-Lösungsspektrums finden sich verschiedene Produkte, die gemeinsam eine BSA-Suite ergeben. Zunächst ist "HP Operations Orchestration" zu nennen. In diesem Teil der Suite werden die Prozessautomation und das Job-Scheduling vorgenommen. Unterstützt wird Operations Orchestration durch die Automation-Werkzeuge für Server, Netze, Storage und Clients. Die für die Prozess-Steuerung notwendigen Daten liegen in der "HP Universal CMDB" (ehemals Mercury). Derzeit liegt die Herausforderung für HP darin, sämtliche zugekauften Produkte zu einer integrierten Gesamtlösung zu vereinen.

IBM

In der Tivoli-Produktlinie von IBM finden sich einige Produkte wieder, die eine Rolle in der Business-Service-Automation-Strategie des Konzerns spielen. Das Job-Scheduling und die Job-Koordination wird bei IBM durch den "Intelligent Orchestrator/Workload Automation" übernommen. Die Programme "Provisioning Manager" und "System Automation" sorgen für die Desktop- und Server-Automation, während "TADDM" und "CCMDB" die notwendigen Informationen ermitteln und bereitstellen. Als BSM-Konsole offeriert IBM "TBSM".

Managed Objects

Managed Objects ist führender Hersteller im Bereich Business-Service-Management und liefert neben einer umfangreichen BSM-Konsole auch eine virtuelle CMDB, welche die Struktur und Statusinformationen von service- und prozessrelevanten Elementen speichert. Für die zweite Hälfte 2008 ist basierend auf dieser Technik die "Application Workflow Orchestration" angekündigt. In deren erster Phase will man ein Workflow-Management bereitstellen. Es soll erlauben, Service-Workflows zu definieren und diese über externe Events beziehungsweise SLA-Verletzungen anzustoßen. Regelgestützt und zeitgesteuert lassen sich dann Skripte und Prozesse ausführen, um externe Job-Scheduler zu koordinieren und Runbook-Automationen zu starten. Die Zustände eines Jobs lassen sich in der BSM-Konsole visualisieren und überwachen.

Opalis

Die "Opalis Integration Server Platform" ist ein Automationswerkzeug, das existierende Management-Tools integrieren kann und die Ausführung von Jobs in den Bereichen Disaster Recovery, Konsolidierung, Itil/ITSM, Provisioning, Security sowie der Verwaltung virtualisierter Umgebungen koordiniert. Hierfür werden out-of-the-box Itil-konforme Prozesse bereitgestellt, die Integration von zirka 30 Management-Produkten erfolgt ohne Scripting. Dies ermöglicht eine durchgängige und einheitliche Unterstützung der integrierten Systeme.

UC4

Der österreichische Hersteller UC4 ist einer der führenden Anbieter von Workload Scheduling, Runbook Automation und Prozess-Automation. Die zentralistisch aufgebaute Architektur der Lösung "Workload Automation Suite" ermöglicht es, unterschiedliche Prozesse und deren Stati miteinander in Verbindung zu bringen und die Abläufe zu koordinieren. Die Lösung kommt aus dem Bereich Workload Scheduling, für die Zukunft ist ihr Ausbau zur vollständigen Business-Service-Automation geplant.

Enigmatec

Der Hersteller Enigmatec bietet mit seinem "Virtual Orchestrator" eine Lösung zur automatisierten Verwaltung virtueller Umgebungen an. Das "Enigma Tec Management System" stellt eine Cross-Platform-Automations-lösung dar, die Policy-basierend dezentrale Peer-to-Peer-Automationen ermöglicht.

Network Automation

Der Server "Automate Business Process Automation" (BPA) der Firma Network Automation ist eine Lösung für Windows-Umgebungen und deren automatisierten IT-Betrieb auf Basis von Workflows. Die Abläufe lassen sich grafisch gestalten und mit ausführbaren Jobs, Informa-tionen sowie Abfragen zur Job-Steuerung unterlegen. Wird ein Workflow angestoßen, erfolgen die einzelnen Tasks kontrolliert entsprechend den zuvor festgelegten Definitionen.

EMC

EMC bietet momentan noch keine vollständige Suite für eine BSA-Strategie an, hat jedoch einige interessante Stand-alone-Lösungen für den Bereich Change- und Configuration-Automation im Portfolio. Das kürzlich übernommene Produkt "Voyence Control" eignet sich dazu, Konfigurationsänderungen an aktiven Netzkomponenten automatisch auszuführen und revisionsgeschützt zu verwalten. Mit dem "Automated Resource Manager" gibt es eine Lösung, die primär auf Storage Automation, also die automatische Verwaltung und Bereitstellung von Speicherplatz, ausgelegt ist.