Statements zur Messe

Was Topmanager von der CeBIT halten

25.02.2009 von Karin Quack
Das Image der CeBIT unter den Topmanagern der deutschen IT-Branche hat sich in diesem Jahr offenbar verbessert. Zwar gibt es nach wie vor kritische Stimmen, aber die Mehrzahl der Befragten erwartet von der Messe gerade in der Wirtschaftskrise eine Leitfunktion.

Thomas Schröder, Sun Microsystems

Thomas Schröder, Sun Microsystems
Foto: Sun Microsystems

Die diesjährige CeBIT werde ein starker Indikator dafür sein, inwieweit die IT von der Finanzkrise betroffen ist, das steht für Thomas Schröder, den Geschäftsführer von Sun Microsystems, fest: "In den vergangenen Jahren sind die Besucher- und Ausstellerzahlen stetig zurückgegangen, obwohl sich die CeBIT immer weiter geöffnet hat. Das wurde der Messe auch zum Vorwurf gemacht - zu wenig fokussiert, zu stark diversifiziert. Mit dem diesjährigen Ansatz, Kernthemen aufzugreifen und zu positionieren - auch mit dem Partnerland Kalifornien, das eines der wichtigsten IT-Standorte weltweit ist - bekommt die Messe wieder einen stärkeren Fokus."

Er glaube zwar nicht, dass sich das positiv auf die Besucherzahlen auswirke, so Schröder weiter, aber er erwarte, dass nur diejenigen zur CeBIT fahren, die konkret Investitionen planen: "Es wird also weniger Besucher geben, die einfach so über die Messe tingeln."

Andererseits würden die Hersteller heute nicht mehr auf die CeBIT warten, um ihre Neuheiten zu veröffentlichen, räumt der Sun-Geschäftsführer ein: "Den Ansporn, auf die Messe zu gehen, um sich über das Neueste zu informieren, gibt es nicht mehr. Das wird sich auch nicht mehr ändern." Was es auf der CeBIT aber sehr wohl gebe, sei der Austausch von Best Practices und Erfahrungen sowie Communities: "Letztere agieren zwar hauptsächlich im Netz. Es ist aber erstaunlich, wie viele Leute auf unseren Community-Day im Rahmen der CeBIT kommen. Es gibt also in diesen Kreisen durchaus eine soziale Komponente - um Geschäfte zu machen, sich mit Technik auseinanderzusetzen und neue Ideen zu finden."

Sun präsentiert sich in diesem Jahr auf zwei Themenständen: Open Source und Green IT. "Durch den Open-Source-Stand locken wir eine Community auf die CeBIT, die sonst möglicherweise nicht nach Hannover kommen würde", so Schröder: "Wir wollen zeigen, wie Unternehmen ihr Geschäft mit Open-Source-Software betreiben können, wie der Business Case dazu aussieht und welche Einsparungen sich damit realisieren lassen."

Reinhard Clemens, T-Systems

Reinhard Clemens, T-Systems
Foto: Telekom AG

Für Reinhard Clemens, Chief Executive Officer, T-Systems ist die CeBIT die "Leistungsschau" im ICT-Geschäft: "Sie bietet uns wie keine andere Messe eine Plattform, unsere Innovationskraft zu zeigen. Unsere Kunden kommen, um sich über Neuerungen zu informieren. So geballt und so anschaulich können sie sich selten einen Überblick über unser umfangreiches Leistungsportfolio verschaffen."

Clemens erinnert daran, dass die CeBIT 2009 in einem angespannten wirtschaftlichen Umfeld stattfindet: "Ich erwarte, dass viele Unternehmen vor Ort sein werden, um sich Anregungen für notwendige Erneuerungen der IT-Landschaften zu holen und die Betriebskosten zu senken." Selbstverständlich werde er selbst die CeBIT besuchen: "Fast der gesamte T-Systems-Vorstand wird dort sein." (Siehe auch das aktuelle COMPUTERWOCHE-Interview mit Reinhard Clemens.)

Volker Smid, Hewlett-Packard

Volker Smid, Hewlett-Packard

Hewlett-Packard verzichtetet - wie schon in den vergangenen Jahren - auf eine CeBIT-Präsenz. Als Novell-Chef hatte sich der frischgebackene HP-Geschäftsführer Volker Smid hingegen stets für eine Teilnahme entschieden.

So begründet Smid, warum er der größten deutschen IT-Messe in diesem Jahr fern bleibt: "Die CeBIT ist ein wesentlicher Bestandteil der IT-Landschaft, der von Vielen geschätzt wird. Allerdings muss man auch als Hersteller immer wieder über Effizienz nachdenken. Der Schwerpunkt von HP liegt auf gezielten Kundenveranstaltungen wie der 'Technology at Work' oder dem 'Software Universe'. Insofern hat sich bei HP nichts verändert." (Smids Einschätzung der Wirtschaftslage finden Sie unter: "Die Krise als Chance". Außerdem hat die COMPUTERWOCHE bereits ein großes Interview mit dem HP-Chef geführt.)

Peter Gérard, IDS Scheer

Peter Gérard, IDS Scheer
Foto: IDS Scheer

Der Business-Prozess-Management-Spezialist IDS Scheer hat in diesem Jahr neben dem gewohnten Stand (Halle 4, E38) eine weitere Standfläche auf demselben Gang angemietet. "Wir haben so zusätzliche Möglichkeiten geschaffen, mit unseren Kunden in Ruhe gute Gespräche zu führen", erläutert der Vorstandsvorsitzende Peter Gérard: "Wir sind sicher, dass Unternehmen spätestens jetzt erkennen, dass BPM erfolgskritisch für das Überleben in der Krise ist. Wir präsentieren zur CeBIT Lösungen für das Geschäftsprozess-Management, die alle einem Ziel dienen - der Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Unternehmen."

Die CeBIT ist für Gérard nach wie vor die wichtigste Messe ihrer Art: "Wenn die Veranstalter die CeBIT als Marktplatz Nummer 1 des digitalen Business positionieren, trifft das durchaus die Realität. Die vielen Spezialmessen, die in den vergangenen Jahren entstanden sind betrachten wir eher als eine Ergänzung des Angebots."

Für eine "gute Idee" hält es der IDS-Scheer-Vorstand, dass die CeBIT Global Conferences auch in diesem Jahr wieder angeboten werden: "Damit bietet man den Entscheidern Foren, in deren Rahmen sie sich austauschen und voneinander lernen können. Das verleiht der Messe zusätzliche Attraktivität."

Wie stark diese Angebote in diesem "insgesamt kritischen" Jahr angenommen würden, könne wohl niemand sagen, räumt Gérard ein: " Ich selbst glaube, dass gerade jetzt der internationale und Teilbranchen-übergreifende Austausch eine wichtige Rolle spielt." Gérard selbst wird nach eigener Aussage mindestens an drei Tagen in Hannover sein, um bestehenden Kunden zu treffen und künftige kennen zu lernen sowie mit Journalisten und Analysten zu diskutieren.

Jochen Grützner, VATM

Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Telekombranchen-Verbunds VATM, räumt ein: "Wir sind traditionell nicht mit einem eigenen Stand auf der Messe vertreten, aber wir besuchen gerne die Stände unserer Mitgliedsfirmen." Und er nutze "natürlich" die Messe, um sich zu informieren: "Ich will dort den Markt beobachten, möglichst viele Informationen für unsere Mitglieder sammeln und mich mit ihnen austauschen."

Grützners Überzeugung: "Die CeBIT hat gute Chancen, im aktuellen Technologiewandel eine wichtige Rolle zu spielen. Deshalb kann sie durchaus auf sehr große Resonanz stoßen. Nach meinem Gefühl hat die Messe gute Themen, die sowohl die Bürger als auch die Unternehmen interessieren."

Eines dieser Themen ist nach Auffassung des VATM-Geschäftsführers die zunehmende Komplexität von Geräten auf dem Markt: "Sie bieten Daten, Sprache, Bilder in einem ab. Die Geräte wachsen jetzt so zusammen, wie man es vor Jahren unter dem Stichwort Konvergenz in den Blick gefasst hatte. Zudem versuchen die Unternehmen, bedienungsfreundliche Produkte auf den Markt zu bringen. Ich glaube, dass so etwas wie das iPhone - trotz aller technischen Unzulänglichkeiten - eine große Bedeutung für den Markt hat. Zeigt es doch, dass intelligente Telefone, die für die Menschen das Kommunizieren vereinfachen, eine immer größere Rolle spielen. Die eierlegende Wollmilchsau hat die Branche zwar noch nicht erfunden. Aber wahrscheinlich sind dafür auch die Bedürfnisse der Benutzer zu unterschiedlich." (Mehr zur VATM-Strategie finden Sie im aktuellen COMPUTERWOCHE-Interview mit Grützner.)

Volker Merk, SAP Deutschland

Volker Merk, SAP
Foto: SAP

Trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage verzichtet auch die SAP nicht auf einen Auftritt anlässlich der CeBIT 2009. "Denn sie ist", so Geschäftsführer Volker Merk, "mit rund 6000 Kundenkontakten für das Unternehmen nach wie vor die bedeutendste Messeveranstaltung in Deutschland beziehungsweise Europa." SAP trete mit derselben Ausstellungsfläche an wie im vergangenen Jahr, also mit 3500 Quadratmetern. "Darüber hinaus stellen wir auf einem zweiten Stand im Public Sector Parc Softwarelösungen für die öffentliche Verwaltung vor."

Auch in der Krise investierten Unternehmen in Software, um wettbewerbsfähiger zu werden, ergänzt Merk: "Sie treffen diese Entscheidungen allerdings noch überlegter als zuvor. Firmen, die erfolgreich aus dieser Krise hervorgehen werden, leiten die dafür erforderlichen Schritte heute ein und stellen sich jetzt auf, um künftig noch mehr Erfolg zu haben. Entscheidend für die Kunden ist, dass sich ihre IT-Investitionen schnell rentieren und sie sichtbare Erfolge erzielen."

Jürgen Kunz, Oracle Deutschland

Jürgen Kunz, Oracle

Oracle ist schon seit zehn Jahren kein CeBIT-Aussteller mehr. Der deutsche Geschäftsführer Jürgen Kunz will auf der Messe jedoch persönlich Termine wahrnehmen.

Kunz gehört zu denjenigen, die der angestrebten Business-to-Business-Orientierung der CeBIT noch skeptisch gegenüberstehen. So jedenfalls klingt seine Begründung für die Messeabstinenz von Oracle: "Für mich hat sich die CeBIT immer mehr zu einer Consumer-Messe gewandelt - mit starkem TK-Fokus. Als Softwareunternehmen sehen wir keinen Mehrwert in einer eigenen Präsenz. Wir konzentrieren uns auf unsere Hausmesse Oracle OpenWorld." (Was Oracle sonst noch umtreibt, lesen Sie im aktuellen COMPUTERWOCHE-Interview mit Kunz.)

Achim Berg, Microsoft

Achim Berg, Microsoft
Foto: Microsoft

Für Microsoft Deutschland hingegen "war und ist die CeBIT eine wichtige Messe", so der Vorsitzende der Geschäftsführung, Achim Berg: "Nirgendwo können Sie so viele Entscheider in so kurzer Zeit an einem Ort treffen und ihnen dann auch alle IT-Lösungen live demonstrieren", sagt der deutsche Microsoft-Chef, " daher sind wir auch in diesem Jahr wieder in Hannover."

Viele Unternehmen gingen davon aus, dass die CeBIT 2009 von der Wirtschaftskrise überschattet werde, ergänzt Berg: "Wir sind allerdings optimistisch und durch unsere neuen Produkte und Lösungen gut aufgestellt." Den Anwenderunternehmen rät er: "Statt die kurzfristigen Kosten für IT-Investitionen zu betrachten, sollte man den unbestrittenen Mehrwert und das Einsparpotenzial von strategisch eingesetzter IT sehen. Weltweit suchen Unternehmen gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nach Möglichkeiten, ihre Kosten zu senken und Risiken zu reduzieren, ohne ihre Innovationskraft und ihren Wettbewerbsvorteil zu verlieren. IT kann sie dabei in vielen Bereichen wirksam unterstützen."

Außerdem seien nicht alle Branchen gleich von den wirtschaftlichen Entwicklungen betroffen, weiß der Microsoft-Geschäftsführer: "Viele Mittelständler, eine unserer größten Kundengruppen (siehe auch das aktuelle COMPUTERWOCHE-Interview mit Berg), trotzen der Krise, sind in ihren Nischen äußerst erfolgreich und investieren weiter in IT." Die Stimmung im Markt sei "sicher auch aufgrund neuer Studien und Prognosen" keineswegs rosig, aber Schwarzmalerei helfe nicht weiter. Außerdem müsse man differenzieren, mahnt Berg: "Es wird vielleicht nicht mehr so stark in Hardware investiert. Software hingegen ist weiterhin gefragt. Wir gehen daher nicht davon aus, dass es größere Projektausfälle geben wird."

Michael Ganser, Cisco

Michael Ganser, Cisco
Foto: Cisco

Cisco ist auch in diesem Jahr nicht mit einem eigenen Messestandvertreten. Michael Ganser, Vorsitzender der Geschäftsleitung von Cisco Deutschland, begründet das folgendermaßen: " Wir sind kein großer Aussteller auf der CeBIT, weil wir schon seit Jahren sehr erfolgreich die Cisco Expo veranstalten. Hier zeigen wir gemeinsam mit Partnern, was Cisco sowohl für Service-Provider und große Enterprise-Kunden als auch für den Mittelstand und kleine Unternehmen oder den öffentlichen Sektor leistet."

Auf der CeBIT wird Cisco auch diesmal wieder mit Ironport und mit Partnerunternehmen (unter anderem Deutsche Telekom, Arcor und IBM) vertreten sein. Denn grundsätzlich will Ganser der Messe ihre Existenzberechtigung nicht absprechen: "Die CeBIT ist immer noch eine Impulsgeberin für die Informations- und Kommunikationsindustrie weltweit - für die ITK-Branche und, davon ausgehend, für die gesamte Wirtschaft. In der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise ist es gerade jetzt wichtig, positive Signale zu setzen und aufzuzeigen, was Unternehmen brauchen, um ihre Prozesse und Abläufe effizienter zu gestalten." Er selbst werde vor Ort sein und einige Podiumsdiskussionen besuchen. (Siehe auch das aktuelle COMPUTERWOCHE-Interview mit Ganser.)

Martin Jetter, IBM

Martin Jetter, IBM
Foto: IBM

Der Vorsitzender der IBM-Deutschland-Geschäftsführung, Martin Jetter, gibt ein "klares Bekenntnis für die IT-Messe" ab: "Die CeBIT ist nach wie vor wichtig für IBM." Im vergangenen Jahr habe die IBM eine positive Bilanz ziehen können: "Der Auszug aus Halle 1 und das neue Konzept sind aufgegangen. Wir haben über 200.000 Besucher gezählt, die über unseren Stand gelaufen sind. Damit hatte fast die Hälfte aller CeBIT-Besucher 2008 Berührung mit IBM."

Darauf, wie weit die Treue der IBM zur CeBIT reicht, will Jetter sich allerdings nicht festlegen: "Unsere Vereinbarungen mit der Messegesellschaft machen wir nicht öffentlich." Trotz der langjährigen Verträge hinterfrage auch die IBM jährlich ihr CeBIT-Engangement: "Allerdings macht man derartige Investitionen, wie wir sie für den Umzug von Halle 1 in Halle 2 getätigt haben, nicht nur für ein Jahr." (Auch mit Jetter hat die COMPUTERWOCHE ein aktuelles Interview geführt.)