Mai war offizieller Mental Health Awareness Monat. Lesen Sie hier die neuesten Forschungsergebnisse zum Thema Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt.
Mentale Gesundheit: Definition
Die Begriffe Mentale Gesundheit oder Psychische Gesundheit haben den allgemeinen Gesundheitsbegriff über die physische Gesundheit hinaus ausgeweitet. Ein Faktenblatt der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stellt noch einmal klar:
Mentale Gesundheit geht über die Abwesenheit psychischer Beeinträchtigungen oder Störungen hinaus. Arbeitszufriedenheit und -engagement zählen somit zu Indikatoren für eine stabile Psychische Gesundheit. Sie ist mit der physischen Gesundheit verknüpft und beide können sich gegenseitig beeinflussen. Nicht selten werden somatische Symptome auch auf psychische Ursachen zurückgeführt.
Was beeinflusst die psychische Gesundheit?
Die WHO nennt dazu drei grundlegende Einflüsse: Umweltfaktoren, soziale Verhältnisse und individuelle Merkmale. Zu den sozialen Verhältnissen gehören unter anderem Bildungs- und Arbeitsbedingungen.
Die Pandemie und psychische Gesundheit
Im Coronajahr 2020 hat die Psychische Gesundheit für stärkeres öffentliches Aufsehen gesorgt: Wie wirkt sich das Home-Office auf die psychische Gesundheit aus? Wie kann die Work-Life-Balance in der Heimarbeit gelingen? Wie weiter arbeiten, wenn die Kinder nicht in den Kindergarten oder die Schule dürfen?
Zahlreiche Studien wurden zu möglichen Auswirkungen der Corona-Maßnahmen auf die psychische Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger veröffentlicht. Forscherinnen für Klinische Psychologie und Psychotherapie betonen in einem Positionspapier (2020), die Pandemie sei ein potenziell toxischer Stressfaktor. Fünf Eigenschaften machten die Pandemie für sie zu einer besonderen Bedrohung für die psychische Gesundheit:
Globale Verbreitung von Covid-19 von unvorhersehbarer Dauer
Individuelle Auswirkungen auf verschiedene Lebensbereiche
Subjektiv erlebter Kontrollverlust
Systemische Auswirkungen in der Gesellschaft
Eingeschränkter Zugang zu Hilfesystemen
In der Bevölkerungsgruppe der Erwerbstätigen stellen die Forscherinnen positive und negative Auswirkungen der Arbeit im Home-Office fest. Sie fordern umfassende Präventionsprogramme, zugeschnitten auf die jeweilige Betroffenengruppe.
Eine Mental-Health-Studie (Bäuerle et al., 2020) aus Deutschland befragte über 15.000 Bürgerinnen und Bürger zu ihrer psychischen Gesundheit vor und während der Corona-Pandemie. Das Ergebnis: Die psychische Gesundheit sahen die Mehrheit der Befragten während Corona als besonders belastet an. Die Symptome reichten von Depression über Angst und Stress. Während von den Befragten vor Corona nur acht Prozent starke Depressionssymptome, neun Prozent starke Angstsymptome und 52 Prozent erhöhten Stress angaben, waren es während der Pandemie 14 Prozent mit starken Depressionssymptomen, 20 Prozent mit starker Angst und 65 Prozent mit erhöhtem Stress.
Der "Psychreport" der DAK stellt fest: 2020 gab es so viele krankheitsbedingte Fehltage wie noch nie zuvor, besonders betroffen waren Frauen. Als Ursachen wurden häufig Depression und Angststörung angegeben, die Daten beziehen sich auf über 2,4 Millionen gesetzlich Versicherte Arbeitnehmer.
In einer Literaturzusammenfassung von Hossain et al. (2020) stellen die Autoren und Autorinnen fest, dass zahlreiche Studien negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit durch die Covid-19-Pandemie nachweisen konnten, darunter fielen auffällige Entwicklungen für die Krankheiten Angststörungen, Posttraumatische Belastungsstörungen, Depression sowie weitere Diagnosen.
Unterschiede in der Gefährdung der psychischen Gesundheit zeigten sich in den Merkmalen Alter, Geschlecht, Familienstand, Bildung und Arbeitsverhältnis uvm. So waren vor allem jüngere Menschen, Frauen und Menschen aus schlechteren Bildungs- und Arbeitsverhältnissen gefährdet, negative Auswirkungen der Corona-Pandemie zu erleben. Eine wichtige Schlussfolgerung: effektive Hilfsangebote und Interventionen müssen der Bevölkerung noch besser zugänglich gemacht werden. Was können Arbeitnehmer für ihre psychische Gesundheit tun und wo finden sich Hilfsangebote?
Mental Health: Auch Aufgabe der Arbeitgeber
Arbeitgeber sind laut der Fürsorgepflicht gemäß BGB § 618 Abs. 1 dazu verpflichtet, die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen. Dazu zählen:
der Schutz der Persönlichkeit (z. B. vor Mobbing)
der Schutz der Gesundheit und des Lebens sowie
die Rücksichtnahme der Interessen der Arbeitnehmer
Somit gehört auch die psychische Gesundheit der Arbeitnehmer zur Fürsorgepflicht, im Zuge dessen gilt es in den Unternehmen vor allem die Arbeitsbelastung im Auge zu behalten.
Auch Gusy (2017) schlussfolgerte in seiner Habilitationsschrift zum Thema Arbeit und Gesundheit: Unternehmen müssen die betriebliche Gesundheitsförderspraxis ausbauen. Wichtig dabei wäre, diese Interventionen nicht nur Arbeitnehmern mit gesundheitlichen Risiken oder Beeinträchtigungen anzubieten, sondern Präventionsmaßnahmen breit zu streuen und allen Mitarbeitenden zugänglich zu machen.
Die Unternehmenskultur hat außerdem mit den Stellschrauben Autonomie, soziale Unterstützung, soziale Gerechtigkeit und Führungsverhalten einen direkten Einfluss auf die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden. Diese Ressourcen müssen gestärkt werden und Interventionen müssen an diesen Stellen ansetzen.
Auch bei der internen Gesprächskultur sollten sich Arbeitgeber die Relevanz psychischer Gesundheit bewusst machen. Führungskräfte sollten sensibel mit möglichen Stressoren umgehen und Konflikte müssen offen angesprochen werden können. Die Offensive Psychische Gesundheit, ein Kooperationsprojekt von Politik und Präventionspartnern, macht mit ihrer Kampagne auf wichtige Informationen zum Thema aufmerksam.
Wichtige Handlungshilfen und Informationen finden Führungskräfte und Beschäftigte auf der Seite des Projekts psyGA der Initiative Neue Qualität der Arbeit.
Mental Health für Arbeitnehmer
Und abgesehen von den Forderungen gegenüber Arbeitgebern, die mehr Maßnahmen initiieren und Verantwortung für die psychische Gesundheit ihrer Arbeitnehmer übernehmen sollten – was können Arbeitnehmer selbst tun?
Als erstes gilt es eine "Bestandsaufnahme" zu machen: Wie geht es Ihnen eigentlich? Hierbei kann ein Online-Test helfen, zum Beispiel der Selbsttest zur allgemeinen Gesundheit.
Empfinden Sie viel Stress? Gibt es Gefühlszustände die Sie nicht ganz einordnen können? Oder vermuten Sie vielleicht einen Burnout? In jedem dieser Fälle kann es sich lohnen, mögliche Hilfsangebote ausfindig zu machen. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.
Nun fragen Sie sich, was Sie in der Zwischenzeit (zum Beispiel bis zu einem anstehenden Arzttermin) tun können? Im nächsten Abschnitt finden Sie hilfreiche Tipps, um die mentale Gesundheit in Eigenregie zu unterstützen.
Mentale Gesundheit stärken: Tipps und Apps
Podcasts, Online Angebote, Apps: die digitalen Medien bringen auch für die psychische Gesundheit einige Vorteile und zugängliche Angebote. Hier eine Auswahl an hilfreichen Ressourcen.
Online-Trainingsprogramme
Im Zuge der Coronapandemie wurden einige Online-Trainings zur Unterstützung der mentalen Gesundheit und Resilienz entwickelt, an denen Sie von zuhause aus teilnehmen können. Hier eine Auswahl:
Stress im Griff – AOK-Programm: Stresspotentiale erkennen und besser mit ihnen umgehen lernen
Moodgym – ein wissenschaftlich entwickeltes Selbsthilfeprogramm: Hilfe bei der Vorbeugung oder Verringerung von depressiven Symptomen
iFightDepression – ein Selbstmanagement-Programm auf Basis der Vehaltenstherapie: Hilfe beim Umgang mit Depression
StarkDurchDieKrise – Online-Training: Hilfe beim Umgang mit der Coronapandemie
Meditationsapps
Meditation fördert bewusste Entspannungsmomente und somit auch das mentale Wohlbefinden. Auch für Menschen, die keine Erfahrung mit Meditation haben, gibt es einige Apps mit sachlicher Anleitung - bequem und zeitsparend. Beispiele hierfür sind:
Headspace,
7mind oder
Calm.
Podcasts
Der Podcast von 7mind "Bewusst, achtsam & gelassen" bespricht wöchentlich Impulse für Achtsamkeit und Tools zur Entspannung.
"Danke, gut." Ist ein Podcast von cosmo und der ARD und beleuchtet Mental Health in der Popkultur. Hier finden sich spannende Gespräche und interessante Tipps.
Der Podcast "Meditation für jeden Tag" bietet Anfängern und Anfängerinnen kostenlose und kurze Meditationen, ohne dass ein Abonnement abgeschlossen werden muss.
Bestseller Autorin Stefanie Stahl hostet gleich zwei Podcasts: in den Sendung "So bin ich eben!" sowie "Stahl aber herzlich" bespricht sie wichtige Themen rund um psychische Gesundheit aus der Perspektive einer Psychotherapeutin.
Wichtig: Bei ernsthaften Angstzuständen oder starken Stimmungsschwankungen sowie verstärkter Traurigkeit oder Hoffnungslosigkeit bitte an einen Psychotherapeuten, Psychologen oder Hausarzt wenden.
Lesen Sie auch:
Bäuerle, A., Steinbach, J., Schweda, A., Beckord, J., Hetkamp, M., Weismüller, B., ... & Skoda, E. M. (2020). Mental health burden of the COVID-19 outbreak in Germany: predictors of mental health impairment. Journal of primary care & community health, 11, 2150132720953682. Brakemeier, E. L., Wirkner, J., Knaevelsrud, C., Wurm, S., Christiansen, H., Lueken, U., & Schneider, S. (2020). Die COVID-19-Pandemie als Herausforderung für die psychische Gesundheit. Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie. Gusy, B. (2017). Arbeit und Gesundheit: Eine metaanalytische Befundintegration. https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/6165/Gusy_2017a.pdf?sequence=1 Hossain, M. M., Tasnim, S., Sultana, A., Faizah, F., Mazumder, H., Zou, L., ... & Ma, P. (2020). Epidemiology of mental health problems in COVID-19: a review. F1000Research, 9. |