Cloud Computing, Managed Services & Co

Was die Systemhäuser 2012 erwartet

30.11.2011 von Ronald Wiltscheck
Wir haben bei den 75 größten Systemhäusern nachgehakt, mit welchen Kundenanforderungen sie im kommenden Jahr rechnen.

Nun hat das Trendthema Cloud Computing die Systemhaus-Szene vollends im Griff. Sowohl kleine als auch große Systemhäuser befassen sich ernsthaft mit diesem Thema: Entweder sie bieten ihren Kunden selbst Cloud-Dienste aller Art an, oder sie vermitteln diese Services und lassen sie von großen Providern bereitstellen.

Die Trends 2012
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Für fast 90 Prozent der von uns befragten 75 größten Systemhäuser in Deutschland ist Cloud Computing ein ganz wichtiges Geschäftsfeld. Vor einem Jahr war es nur für etwas mehr als die Hälfte (59,3 Prozent) der großen Dienstleister ein wichtiges Thema, und 2009 stand Cloud Computing noch gar nicht auf der Agenda der Top-Systemhäuser in Deutschland.

Virtualisierung über dem Zenit

Immerhin konnten sie sich fachlich auf das Thema schon seit Längerem vorbereiten, die Virtualisierungstechniken, Basis jeder Cloud-Implementierung, beschäftigen Anwender und Anbieter schon seit geraumer Zeit. 2009 war die Virtualisierung noch das alles beherrschende Thema. 95,7 Prozent der befragten großen IT-Dienstleister in Deutschland gaben Mitte 2009 zu Protokoll, dass sie vornehmlich Virtualisierungsprojekte für ihre Kunden realisierten.

Dies war für uns ein Grund, genauer nachzufragen. Im Jahr darauf wollten wir nun von den Systemhäusern wissen, welche Art von Virtualisierungsprojekten sie betreiben. 2010 teilten knapp 70 Prozent der IT-Dienstleister mit, dass sie hauptsächlich die Server- und Storage-Installationen ihrer Kunden virtualisieren. Nur unwesentlich geringer (67,8 Prozent) war damals der Anteil derjenigen, die im Geschäft mit Desktop- und Client-Virtualisierung ihre Zukunft sahen.

Doch mittlerweile scheint der Höhepunkt der Virtualisierungswelle schon überschritten zu sein. In diesem Jahr glaubt nur noch etwas mehr als die Hälfte der von uns befragten Systemhäuser, dass Unternehmen ihre IT-Infrastruktur noch weiter virtualisieren werden. Sogar im Desktop-Bereich (56,1 Prozent) sieht es so aus, als ob die Bereitschaft, die verbliebenen Fat Clients aufzugeben, abnehmen würde.

Nicht viel anders steht es um das Server- und Storage-Segment: Dort rechnen nur noch 54,4 Prozent der von uns befragten Systemhäuser mit weiterem Virtualisierungsbedarf. Hier stimmen also die Dienstleister weitgehend mit den großen Virtualisierungsanbietern wie VMware oder Citrix überein. Für sie galt das virtualisierte Rechenzentrum nur als Wegbereiter für das Cloud Computing.

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Managed Services kommen an

Insgesamt scheint die Bereitschaft der Anwender zu steigen, bislang intern betriebene IT-Dienste an Partner auszulagern. Zum einen belegt das Interesse der Anwender am Cloud Computing diesen Trend, zum anderen wächst offenbar die Nachfrage nach klassischen Auslagerungsprojekten.

Darauf deutet das von 33,2 auf 45,6 Prozent gestiegene Interesse am Outsourcing hin. In Zeiten guter konjunktureller Bedingungen wollen viele Unternehmen Projekte beginnen, um ihre eigene IT-Abteilung effizienter aufzustellen oder ganz aufzugeben.

Dazu passt auch, dass die so genannten Managed Services nach wie vor en vogue sind. Diese Art von externen Betriebsdiensten umfasst in der Regel etwa Verwaltungs- und Wartungsleistungen für Client- und Server-Installationen inklusive Aufgaben wie Backup der Daten, Absichern der IT-Infrastruktur vor internen und externen Gefahren sowie Patch-Management.

Dienste aus der Wolke

Welche Cloud-Services betreiben die Systemhäuser?
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Derartige Betreibermodelle werden zunehmend auch als On-Demand-Dienste angeboten, bei denen Anwender Leistungen nur nach Verbrauch zahlen. Damit sind die Grenzen zu Cloud-Diensten fließend. Daher haben wir uns bei den großen Systemhäusern hierzulande auch danach erkundigt, welche Dienste sie aus der Wolke anbieten wollen.

Dabei hat sich gezeigt, dass bereits 75,4 Prozent der IT-Dienstleister entsprechende Dienste im Portfolio führen. Dazu zählen sowohl die private Cloud als auch öffentliche Dienste, die für jedermann zugänglich sind.

89,5 Prozent der Systemhäuser beschäftigen sich ganz konkret damit, Cloud-Dienste in ihr Portfolio zu integrieren. Der Großteil von ihnen kann entsprechende Services den Kunden bereits zur Verfügung stellen, sieben Prozent verfolgen konkrete Pläne, die in absehbarer Zeit in den Betrieb überführt werden sollen. Von diesen Systemhäusern offerieren die meisten (79,5 Prozent) Infrastruktur als Service (IaaS = Infrastructure as a Service).

Damit ist das klassische Rechenzentrum gemeint, das mittels Cloud-Technologien mandantenfähig gemacht wurde. Endkunden können dadurch auf viele Bestandteile der eigenen IT-Infrastruktur verzichten, etwa auf Server-Hardware. Kleinere Unternehmen sind durchaus in der Lage, ihre gesamten Rechenzentrumskapazitäten aus der Wolke zu beziehen.

Vermittlung von IaaS-Angeboten

Viele Systemhäuser vertreiben Cloud-Services Wiederverkäufer
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Doch nur die wenigsten der befragten Systemhäuser treten selbst als IaaS-Betreiber an, diese Aufgaben übernehmen meist darauf spezialisierte Provider wie Colt, Amazon sowie Hersteller wie IBM, Fujitsu und Hewlett-Packard. Systemhäuser vermitteln diese IaaS-Angebote an ihre Kunden, reichern diese Rechenzentrumsleistungen gegebenenfalls mit eigenen Services an und passen sie den Kundenwünschen entsprechend an.

Alternativ dazu statten diese Dienstleister die kundeneigenen Rechenzentren mit Cloud-Technologien aus und betreiben diese Data Center auf Wunsch auch für ihre Kunden. Aus diesen Gründen ist der Anteil der IaaS offerierenden Systemhäuser verglichen mit anderen XaaS-Diensten so hoch, schon im Vorjahr war IaaS mit 68,9 Prozent der häufigste Cloud-Dienst.

Software als Service (SaaS) ist dieses Jahr die Nummer zwei im Ranking der beliebtesten Cloud-Dienste aus der Wolke. Das war im Vorjahr noch nicht der Fall: Gerade mal vier von zehn Systemhäusern hatten 2010 SaaS im Portfolio, derzeit sind es fast Drittel (65,5 Prozent). Offenbar steigt die Nachfrage nach Software aus der Wolke enorm an, denn noch vor einem Jahr war SaaS nur die Nummer sechs der am häufigsten gewünschten Cloud-Services.

2010 boten schon 64,4 Prozent der Cloud-affinen Systemhäuser hierzulande Security als Managed Service an, die Nachfrage nach derartigen Dienstleistungen blieb auch 2011 relativ stabil auf einem hohen Niveau (61,4 Prozent). Ähnlich verhält es sich auch bei dem Thema Cloud-Storage. Fast sechs von zehn Sys-temhäusern mit Cloud-Erfahrung (59,1 Prozent) bieten ihren Kunden an, ihre Daten in einem Datenzentrum außerhalb ihres Geschäftssitzes zu sichern. Im Vorjahr lag der Anteil der Cloud-affinen Dienstleister, die Backup in der Wolke offerierten, auch schon bei beachtlichen 57,8 Prozent.

Steigender Bedarf an Backup-Diensten

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Insgesamt räumen Unternehmen der Datensicherung ohnehin einen immer höheren Stellenwert ein: War Storage im Vorjahr nur für 35,6 Prozent der Systemhäuser ein wichtiges Geschäftsfeld, so stieg der Anteil derjenigen, bei denen Backup- und Recovery-Projekte im Kommen sind, auf 42,1 Prozent. Ähnlich stark (von 28,8 auf 35,1 Prozent) nahm die Nachfrage nach Security-Lösungen zu.

Ein weiterer vom Markt gut angenommener Dienst ist Platform as a Service (PaaS). Darunter verstehen Marktforscher die im externen Rechenzentrum bereitgestellten Softwareentwicklungsumgebungen, Datenbanken oder gar komplette Betriebssysteme. Als Paradebeispiel für eine Plattform in der Wolke gilt Microsofts "Azure". Etwa jedes zweite Systemhaus mit Cloud-Erfahrung (52,3 Prozent) bietet damit zusammenhängende Plattformdienste an, hier gab es gegenüber dem Vorjahr (48,9 Prozent) keine großen Veränderungen zu verzeichnen.

Anbieter setzen auf PC-Dienste

Umso mehr Bewegung gab es im Geschäft mit Managed Desktop Services. Diesen in der aktuellen Erhebung erstmals gezielt abgefragten Dienst hat bereits mehr als jedes zweite Cloud-affine Systemhaus in sein Portfolio aufgenommen. Im Fragebogen vom Vorjahr gaben nur vereinzelte Dienstleister in Freitextfeldern an, die Desktops ihrer Kunden aus der Ferne zu managen.

Offenbar verlangen mittlerweile immer mehr Unternehmen auch für ihre dezentrale Infrastruktur nach externen Betreibermodellen. Zudem gibt es mehr und mehr Anfragen nach Desktop-Virtualisierung. Sie könnte den externen Betrieb der Arbeitsplatzrechner auf ein neues Niveau hieven, wenn etwa die Betriebssysteme der dezentralen Installationen in einem zentralen Rechenzentrum laufen.

Möglicherweise ist das steigende Interesse an Desktop-Virtualisierung dem Trend zum privaten Endgerät im Berufsalltag geschuldet. Immer mehr Arbeitgeber stellen es ihren Angestellten frei, ihr eigenes mobiles Endgerät, ob Tablet-PC oder Smartphone, mit ins Unternehmen zu bringen und dort geschäftlich zu nutzen. Dieser von Marktforschern auch als "Consumerization" oder "Bring Your own Device" (ByoD) bezeichnete Trend zeigt zudem enorme Auswirkungen auf das herkömmliche Mobility-Geschäft.

Private IT im Office nutzen
Bring your own PC
Firmen und Angestellte können vom Einsatz privater iPads & Co. im Büro profitieren. Lesen Sie hier, was zu beachten ist.
IT-Security:
Welche Sicherheits-Parameter gelten für die privaten Geräte? Welche Art der Verschlüsselung wird eingesetzt?
Lizenzen und Software:
Zentrale Softwarebeschaffung oder Eigenbezug der Software durch den Mitarbeiter, eventuell über Home Use-Programme (wie beispielsweise Microsoft Home Use Program)?
Den Business Case für BYoPC richtig rechnen:
Wie hoch sind die Zusatzkosten für die Virtualisierung und den Ausbau der Server? Was kostet BYoPC insgesamt (Total Cost of Ownership)?
Prüfung und Update der IT-Richtlinien:
Pflichtbestandteile der neuen UOD-Richtlinie sind Verantwortlichkeiten, Regelungen zu Wartung, Ersatz und Leihgeräte und Bestimmungen zum finanziellen "Zuschuss" (bei Ausscheiden des Mitarbeiters rückzahlbares Darlehen oder "verlorener Zuschuss", jährliche Beteiligung des Arbeitgebers).
Datenschutzrecht:
Einsicht, Nutzungs- und Zugriffsrechte des Arbeitgebers auf die privaten Geräte explizit regeln, die Grenzen des Beschäftigtendatenschutzes einhalten!
Steuerrecht:
Anschaffung des PC als Werbungskosten oder Anrechnung des geldwerten Vorteils bei Überlassung von Firmen-Software zu privater Nutzung?

IT wird mobiler

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Und hier stieg das Interesse der Systemhäuser am stärksten: Befasste sich im Vorjahr nicht einmal jeder dritte Befragte (27,1 Prozent) mit Mobility, so nahm 2011 der Anteil derjenigen, die dies als wichtiges Geschäftsfeld einstufen, auf 40,4 Prozent zu. Auf die Vielzahl der Projektanfragen von Kunden reagierte Computacenter auf besondere Art: Deutschlands größtes Systemhaus hat den Apple-Integrator HSD Consult von der Gravis-Gruppe übernommen.

Auch andere Systemhäuser berichten von vielen Kunden, die iPads und iPhones sicher in ihre Netze einbinden möchten. Denn mit der Beschaffung der passenden Endgeräte ist es nicht getan. Auch die für das tägliche Business notwendige Software muss auf diesen Devices zuverlässig arbeiten

Für viele mobile Mitarbeiter geht es allerdings nicht allein um das passende Smartphone oder den Tablet-PC, sie wollen und müssen für ihre Kunden und Partner stets erreichbar sein. Dazu zählt, dass sie unterwegs ihre E-Mails abrufen können, dass Anrufe am Festnetzanschluss automatisch auf ihr Mobiltelefon weitergeleitet werden und dass ihr CRM-System auch auf dem Smartphone die volle Funktionsvielfalt bietet. Nur unter diesen Voraussetzungen bringen die neuen Mobilgeräte die versprochenen Effizienzverbesserungen.

5 aktuelle Tablets im Vergleich
Best in Cloud 2011
Die COMPUTERWOCHE präsentiert Ihnen die fünf Best in Cloud"-Finalisten aus der Kategorie Software as a Service (SaaS) - Hyprid Cloud.
NetApp und Cloud Germany
NetApp ist auf den Bereich Storage-Systeme und Software spezialisiert. Der Hauptsitz des international tätigen Unternehmens liegt in Sunnyvale, Kalifornien. In den weltweit rund 150 Niederlassungen sind 11 000 Mitarbeiter beschäftigt. Das FORTUNE Magazins hat den Anbieter dieses Jahr auf Platz 5 der „Best Companies to Work For“- Liste gewählt. <br>Projekt: Informations- und Selfservice-Module aus der Cloud für Kartenkunden.
Drivve
Drivve entwickelt und vertreibt Softwarelösungen für die Bereiche Dokumenten-Management, Scan-Middleware und Workflow-Anwendungen. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Mainz ist seit 1995 am Markt. <br>Projekt: BPO-Anbieter aeveo bezieht Archivsysteme aus der Cloud.
Retarus GmbH
Die Retarus GmbH bietet seit 1992 Software für eine elektronische Kommunikation von Unternehmen sowie zur Automatisierung und Optimierung von Geschäftsprozessen an. Seinen Hauptsitz hat das Unternehmen in München, internationale Niederlassungen finden sich unter anderem in Australien, Dubai oder den USA. <br>Projekt: Cloud-basierende Fax-Services für SAP- und Microsoft-Umgebungen.
Strato AG
Der Internetdienstanbieter Strato AG wurde 1997 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Berlin. Mit rund einer Millionen Kunden und über vier Millionen gehosteten Domains ist das Unternehmen der zweitgrößte Anbieter auf dem europäischen Webhosting-Markt. <br>Projekt: Speicher aus der Cloud (Consumer).
SupplyOn AG
Im Jahr 2000 wurde SupplyOn von international tätigen Automobilzulieferunternehmen mit dem Ziel gegründet, den gesamten Produktentstehungsprozess mithilfe einer Internet-Plattform für Lieferanten zu vereinfachen. Der Hauptsitz des Anbieters ist in Halbergmoos bei München. <br> Projekt: Collaboration-Plattform für die Automobil- und Fertigungsindustrie; hier mit Hybrid-Cloud-Projekt “AirSupply” vertreten, das europäischen Luftfahrtunternehmen ein einheitliches Supplier-Portal zur Verfügung stellt.

Nur wenige UCC-Anbieter

All diese Komponenten lassen sich unter dem Oberbegriff "Unified Communications" (UC) zusammenfassen. Oft wird dieses Leistungsbündel noch um Gruppenarbeit erweitert und unter der Sammelbezeichnung "Unified Communications and Collaboration" (UCC) vermarktet. Doch die Zahl der darauf spezialisierten IT-Dienstleister ist begrenzt, gerade einmal jedes vierte Systemhaus (26,3 Prozent) befasst sich schwerpunktmäßig mit dieser Thematik. Ebenfalls relativ gering ist die Menge der Cloud-Spezialisten in diesem Umfeld, lediglich fünf IT-Systemhäuser vermitteln TK-Dienste aus der Cloud.

Druckdienste bleiben gefragt

Größeres Entfaltungspotenzial bietet das Geschäft mit Managed Print Services. Darunter versteht man alle über den reinen Verkauf von Druckern hinausgehenden Services wie etwa die Abrechnung anhand der ausgedruckten Seiten, automatische Benachrichtigung des Technikers im Störungsfall oder bedarfsorientierte Bestellung von Verbrauchsmaterialien, aber auch komplexe Softwareprojekte etwa für das Drucken aus der Cloud oder die Weitergabe der Druckdaten an ausgewählte Endgeräte.

Web 2.0 im Kommen

Befragt nach neuen Themen auf ihrer Agenda zeigten die Systemhäuser, dass sie Social Media im Auge behalten, aber bisher nicht als vordringlich ansehen. Soziale Netzwerke wie Twitter oder Facebook erachten nur 17,5 Prozent der IT-Dienstleister hierzulande als wichtigen Trend. Dafür geht es mit dem Thema Business Intelligence stetig bergauf.

Fast jedes fünfte Systemhaus (19,3 Prozent, im Vorjahr: 13,6 Prozent) beschäftigt sich mit BI-Projekten. Immer mehr Anwenderunternehmen wollen Informationen etwa über Kunden und Absatzzahlen analysieren, um neue Märkte zu erschließen oder bestehende Geschäftsbeziehungen zu erweitern. (jha)