FAQ

Was bringt die Kopplung von ERP-Software und Dokumenten-Management?

31.08.2010
Für viele Aufgaben benötigen ERP-Anwender Dokumente. Da liegt es nahe, eine Dokumenten-Management-Software (DMS) eng mit der Geschäftsapplikation zu koppeln. Wo das sinnvoll ist und wie es funktioniert, lesen Sie in diesen Frequently Asked Questions (FAQ). Die Fragen beantwortet Siegmar Deuring, Geschäftsführer des DMS-Spezialisten Solitas Informatik AG.

Während Software für das Dokumenten-Management dazu dient, elektronische Schriftstücke zu verwalten, steuert ein ERP-System Transaktionen etwa in der Buchhaltung, Warenwirtschaft und im Einkauf. Oft müssen Firmen diese unterschiedlichen Systemwelten integrieren, da für Vorgänge sowohl Transaktionsverarbeitung (Belegbuchungen) als auch Dokumente (Rechnungen, Verträge und Angebote) erforderlich sind.

1. Was bringt die Integration von Dokumenten-Management- und ERP-Systemen?

Die Integration der Systeme bewirkt zunächst einmal, dass die im ERP-System erzeugten geschäftlichen Belege wie Rechnungen, Lieferscheine, Bestellungen etc. in einem automatisierten Verfahren archiviert werden und für den schnellen Recherchezugriff zur Verfügung stehen. Vereinfachung und Verbesserung beschränken sich aber nicht nur auf im ERP-System erzeugte Dokumente und Daten, sondern können auf komplette Geschäftsprozesse ausgeweitet werden.

Aufgrund des gewachsenen Aufgabenspektrums spricht man heute zunehmend vom Enterprise-Content-Management (ECM). ECM-Systeme führen Daten und Dokumente aus allen Anwendungen eines Unternehmens inklusive Daten und Dokumenten von Partnern und Lieferanten in einer Lösung zusammen und bieten über das bloße Archivieren und Dokumenteverwalten hinausgehende Funktionen. Vor allem bei der Verarbeitung von eingehenden Dokumenten (Eingangspost, Fax, E-Mails, EDI) lassen sich erhebliche Effizienzpotenziale erschließen. Denn der hohe manuelle Anteil, der durch Medienbrüche und die Verarbeitung von Papierbelegen entsteht, führt zu hohen Erfassungskosten sowie Fehlern.

Durch Integration von ECM und ERP lässt sich der Lebenszyklus von Dokumenten innerhalb der Geschäftsprozesse transparent abbilden. Eine ideale Unternehmenslösung vermeidet Medienbrüche, beschleunigt Verarbeitungsprozesse und verkürzt Durchlaufzeiten.

Folgende Vorteile kann die Kopplung von ECM- und ERP-Systemen bieten

2. Für welche typischen Abläufe wird die ERP-/DMS-Kopplung heute genutzt?

Es gibt einige typische Abläufe zwischen ERP- und DMS-Systemen, die heute bereits in vielen Unternehmen integriert sind.

Recherche: Insbesondere sind dies Recherchen aus den operativen Anwendungen oder Analysesystemen heraus: Ob in der Buchhaltung die Originalrechnung gesucht wird, im Service ein Reklamationsschreiben eingesehen werden oder bei einer Vertriebsanalyse der Drill-down auf den einzelnen Beleg heruntergehen soll - hier leisten integrierte elektronische Archive bereits gute Dienste. Mit einem Klick auf beliebige Text- oder Zahlenwerte gelangt man zu den archivierten Dokumenten. Doch die Weiterentwicklung in Richtung ECM eröffnet darüber hinaus die Möglichkeit, durch die Kopplung von ERP und ECM vollständige Geschäftsprozesse zu implementieren. Dabei kann das ECM-System in Verbindung mit einem integrierten Workflow-System die Lücken zwischen ERP-Systemen und eventuell vorhandenen Insel-Systemen schließen.

Rechnungseingangsprüfung: Ein häufig realisierter Prozess ist die Rechnungseingangsprüfung bis hin zur automatisierten Buchung und dem Zahlungslauf (siehe "Ratgeber Rechnungseingangsverarbeitung"). Der Ablauf sieht dann etwa so aus: Die eingehenden Rechnungen werden direkt nach dem Einscannen samt Inhaltsdaten komplett in die entsprechenden Verarbeitungsprozesse übernommen. Alle für die ERP-Buchung relevanten Informationen wie Bestell- und Rechnungsnummer, Bankverbindung sowie Zahlungskonditionen werden dafür automatisch (per OCR = Optical Character Recognition) extrahiert. Anschließend gleicht das System die ausgelesenen Belegdaten mit den vorhandenen Kreditorenstammdaten aus dem ERP-System ab, prüft sie gegen die Vertrags- und Bestellsysteme und bereitet die Rechnungsbelege für die Zahlung vor. Fehler lassen sich dank der systemgeführten Plausibilitätskontrollen weitgehend vermeiden. Doppelsendungen erkennt das System und sortiert sie aus. Gibt es bei der Klassifizierung Unsicherheiten, erhält der Anwender vom System den Hinweis, dass der jeweilige Beleg nochmals manuell zu überprüfen ist. Dabei lernt das Klassifizierungssystem selbständig und ist beim nächsten Mal in der Lage, einen ähnlichen Fall eigenständig zu verarbeiten.

3. Wie lassen sich Workflows zwischen DMS- und ERP-Software steuern?

Ein wichtiger Bestandteil von ECM-Software ist ein flexibles Workflow-Modul. Grafische Editoren für Workflows sowie auch eine grafische Anzeige des Workflow im Client für den Anwender gehören mittlerweile zum Standard. Beispielsweise sieht ein Sachbearbeiter in einer grafischen Ansicht an seinem Bildschirm, wer ein Dokument vor ihm bearbeitet hat und wer das Schriftstück nach ihm noch zur Bearbeitung erhält. Ferner lassen sich Kommentare hinterlegen und Bearbeitungszeiten festhalten. Die Bearbeitung jedes einzelnen Vorgangs bleibt so während der gesamten Aufbewahrungszeit nachvollziehbar.

4. Wie erscheint die ERP-/DMS-Integration für den Nutzer?

Bei einer optimalen Integration stehen die ECM-Funktionen direkt in der ERP-Oberfläche zur Verfügung. Der User arbeitet mit diesen Funktionen, ohne die ERP-Oberfläche zu verlassen. Ein eigener ECM-Client kommt zum Beispiel an der Poststelle zum Einsatz, wo Eingangspost gescannt wird. Auch an anderen Arbeitsplätzen, an denen kein ERP-System verfügbar ist, kann für Recherchezwecke ein ECM-Client genutzt werden. Die Einbindung in Web-Portale oder der Zugriff mittels Browser gehört mittlerweile zum Standard. Beispielsweise kann man so Kunden den Zugriff auf archivierte Angebote, Aufträge oder Rechnungen einräumen.

5. Was leisten Standardschnittstellen zwischen ERP- und DMS-Systemen?

Viele ECM-Systeme verfügen über standardisierte Schnittstellen zu den verbreiteten ERP-Systemen. Aber auch weniger gängige ERP-Systeme können mittels einer COLD-Schnittstelle (Computer Output on Laserdisk) oder individuell geschaffenen Schnittstellen angebunden werden. Beim COLD-Verfahren werden automatisiert Metadaten aus dem Druckstrom herausgefiltert und zusammen mit den Dokumenten abgelegt und weiterverarbeitet.

Die Verfügbarkeit von ERP-Schnittstellen ist ein wesentliches Kriterium bei der Auswahl des ECM-Systems. Die Schnittstellen sorgen für die sichere Übernahme der Druckdaten ins elektronische Archiv und übergeben die Daten (Datum, Rechnungs-, Kundennummer, Namen, Artikelbezeichnungen etc.) an die Dokumentenerwaltung, so dass ein problemloses Widerfinden gesichert ist.

6. Wann reichen die in manchen ERP-Systemen vorhandenen DMS-Funktionen nicht aus?

Viele in ERP-Systeme integrierte Dokumenten-Management-Funktionen sind lediglich auf die Archivierung von im ERP-System erzeugten oder benötigten Dokumenten und Daten optimiert und zugeschnitten. Wenn das Unternehmen aber zusätzlich alle in der jeweiligen Umgebung vorhandenen Systeme einbinden will, ist ein eigenständiges ECM-System angebracht.

Eine solche Software stellt außerdem ein ERP-unabhängiges Archiv zur Verfügung: Auch wenn die ERP-Software ausgetauscht wird, sind alle steuerrelevanten Daten und Dokumente revisionssicher aufbewahrt. (fn)